Fumarsäure

Naturstoff, organische Verbindung, Stoffwechselprodukt, Lebensmittelzusatzstoff
(Weitergeleitet von (E)-2-Butendisäure)

Fumarsäure ist der Trivialname einer in der Natur vorkommenden organisch-chemischen Substanz. Die ungesättigte Dicarbonsäure trägt den IUPAC-Namen (E)-Butendisäure und wird auch trans-Butendisäure oder Acidum Fumaricum genannt. Ihre Salze heißen Fumarate. Die isomere Z-Form heißt Maleinsäure.

Strukturformel
Strukturformel von Fumarsäure
Allgemeines
Name Fumarsäure
Andere Namen
  • (E)-Butendisäure (IUPAC)
  • trans-Butendisäure
  • trans-Ethylendicarbonsäure
  • Acidum Fumaricum
  • Paramaleinsäure
  • FUMARIC ACID (INCI)[1]
  • E 297[2]
Summenformel C4H4O4
Kurzbeschreibung

farblose, geruchlose Kristalle[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 110-17-8
EG-Nummer 203-743-0
ECHA-InfoCard 100.003.404
PubChem 444972
ChemSpider 10197150
DrugBank DB01677
Wikidata Q139857
Arzneistoffangaben
ATC-Code

D05AX01

Eigenschaften
Molare Masse 116,07 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[3]

Dichte

1,64 g·cm−3 (20 °C)[3]

Schmelzpunkt

287 °C (geschlossene Kapillare)[3]

Sublimationspunkt

200 °C[3]

Dampfdruck

< 0,1 Pa[3] (20 °C)

pKS-Wert
Löslichkeit

schlecht in Wasser (4,9 g·l−1 bei 20 °C)[3]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[6] ggf. erweitert[3]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 319
P: 264​‐​280​‐​305+351+338​‐​337+313[3]
Toxikologische Daten
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−811,7 kJ/mol[7]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Geschichte

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Die Verbindung wurde von dem Apotheker Ferdinand Ludwig Winckler erstmalig aus der Pflanze Fumaria officinalis (Gemeiner Erdrauch) isoliert und beschrieben. Im Jahre 1937 erhielt Albert Szent-Györgyi den Medizin-Nobelpreis für seine biochemischen Arbeiten unter anderem auch zur Fumarsäure.

Vorkommen und Herstellung

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Fumarsäure kommt in größeren Mengen in verschiedenen Pflanzen, Pilzen und Flechten vor. Ihren Namen erhielt sie vom Gewöhnlichen Erdrauch (Fumaria officinalis), der größere Mengen der Säure enthält.

 
Gewöhnlicher Erdrauch (Fumaria officinalis)

Synthetisch wird Fumarsäure durch Isomerisierung aus Maleinsäure hergestellt. Dies geschieht durch Erhitzen auf über 150 °C, durch UV-Bestrahlung oder katalytisch in wässriger Lösung.

Sie entsteht in allen Organismen (z. B. in mehreren Gattungen der Mucorales) auf verschiedenen biochemischen Stoffwechselwegen:

Eigenschaften

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Fumarsäure hat unter Normaldruck keinen Schmelzpunkt, sondern sublimiert ab etwa 200 °C. Sie bildet bei Raumtemperatur weiße, fast geruchlose, brennbare Kristalle. Die wässrige Lösung reagiert stark sauer: 1 l Wasser mit darin gelösten 4,9 g Fumarsäure hat einen pH-Wert von 2,1.[3] Die zweiprotonige Säure hat einen pKs1 von 3,0 und einen pKs2 von 4,5.[4] Die Verbindung löst sich nur wenig in Wasser. Bei 15,5 °C lösen sich in 100 g Wasser nur 0,428 g Fumarsäure, bei 100 °C steigt die Löslichkeit auf 9,97 g pro 100 g Wasser.[8] Der Flammpunkt von Fumarsäure liegt bei 273 °C, die Zersetzungstemperatur bei > 350 °C und die Zündtemperatur bei 375 °C.[3]

Verwendung

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Fumarsäure ist als Lebensmittelzusatzstoff E 297 zugelassen und dient als Säuerungsmittel. In der Synthesechemie wird es für die Polyester-Herstellung verwendet. In der Biotechnologie wird Ammoniak stereoselektiv an die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung angelagert, es bildet sich enzymkatalysiert L-Asparaginsäure. Viele – insbesondere aminogruppenhaltige – pharmazeutisch wirksame Substanzen werden als Salze der Fumarsäure verabreicht. Fumarsäureester wie Fumarsäuredimethylester und Fumarsäuremonoethylester werden zur Behandlung der Schuppenflechte sowie seit März 2013 der schubförmig-remittierenden multiplen Sklerose eingesetzt.[9]

In der Schweineaufzucht nutzt man Fumarsäure als Futterzusatz für Ferkel, um colibedingten Infektionen vorzubeugen, indem damit der pH-Wert im Darm ausreichend niedrig gehalten wird.

Es konnte nachgewiesen werden, dass Fumarsäure als Futterzusatz bei Lämmern deren Methanproduktion um bis zu 70 % senken kann.[10]

Fumarsäure wird auch in Kosmetikartikeln eingesetzt. Sie findet dort als Puffersubstanz Verwendung und stabilisiert den pH-Wert des Kosmetikums.[11]

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Commons: Fumarsäure – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu FUMARIC ACID in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 28. Dezember 2019.
  2. Eintrag zu E 297: Fumaric acid in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 6. August 2020.
  3. a b c d e f g h i j k l m Eintrag zu Fumarsäure in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  4. a b c A. Reichert: Potentiometrische Titrationen in Theorie und Praxis. (Memento vom 1. April 2007 im Internet Archive)
  5. a b chem.wisc.edu: pKa Data, Compiled by R. Williams (PDF; 645 kB).
  6. Eintrag zu Fumaric acid im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  7. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-25.
  8. K. Lohbeck, H. Haferkorn, W. Fuhrmann, N. Fedke: Maleic and Fumaric Acids. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2012. doi:10.1002/14356007.a16_053.
  9. Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft: Grünes Licht für Fumarsäure und Teriflunomid zur Behandlung der schubförmigen Multiple Sklerose. (Memento vom 25. Mai 2013 im Internet Archive) 23. März 2013.
  10. m.phys.org: Scientists look to cut cow flatulence vom 21. März 2008, abgerufen am 30. November 2019.
  11. Marina Bährle-Rapp: Aleurites moluccana. In: Springer Lexikon Kosmetik und Körperpflege. 4. Auflage. Springer, 2012, ISBN 978-3-642-24688-3, S. 221 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).