Allylchlorid

chemische Verbindung
(Weitergeleitet von 3-Chlorpropen)

Allylchlorid (3-Chlorpropen) ist eine giftige, umweltschädliche und leicht entzündliche Flüssigkeit, die bereits bei Raumtemperatur verdampft. Die gasförmige Substanz ist schwerer als Luft und besitzt einen stechenden, senfölartigen Geruch. Allylchlorid ist vor allem für Fische gefährlich und hat die Formel CH2=CH–CH2Cl.

Strukturformel
Struktur von Allylchlorid
Allgemeines
Name Allylchlorid
Andere Namen
  • 3-Chlorpropen
  • 3-Chlorprop-1-en
Summenformel C3H5Cl
Kurzbeschreibung

leichtentzündliche, farblose bis rote Flüssigkeit mit senfölartigem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 107-05-1
EG-Nummer 203-457-6
ECHA-InfoCard 100.003.144
PubChem 7850
Wikidata Q420473
Eigenschaften
Molare Masse 76,53 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

0,94 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

−136 °C[1]

Siedepunkt
Dampfdruck
  • 398 hPa (20 °C)[1]
  • 590 hPa (30 °C)[1]
  • 849 hPa (40 °C)[1]
  • 1245 hPa (50 °C)[1]
Löslichkeit

schlecht in Wasser (4 g·l−1 bei 25 °C)[1]

Brechungsindex

1,4157 (20 °C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 225​‐​301+311+331​‐​315​‐​319​‐​335​‐​372​‐​341​‐​351​‐​400
P: 201​‐​210​‐​273​‐​280​‐​301+310+330​‐​302+352+312[1]
MAK
  • aufgehoben, da wahrscheinlich krebserzeugend [1]
  • Schweiz: 1 ml·m−3 bzw. 3 mg·m−3[5]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Geschichte

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Die Verbindung wurde erstmals 1857 durch die Chemiker Auguste André Thomas Cahours und August Wilhelm Hofmann durch die Umsetzung von Allylalkohol mit Phosphortrichlorid hergestellt.[6][7]

Gewinnung und Darstellung

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Allylchlorid wird durch Umsetzen von Propen mit Chlor hergestellt. Da bei niedrigen Temperaturen bevorzugt die Addition von Chlor an die Doppelbindung zum 1,2-Dichlorpropan stattfindet, führt man industriell den Prozess bei hohen Temperaturen (~500 °C) durch, um über eine radikalische Reaktion eines der Wasserstoffatome in Allylstellung gegen Chlor auszutauschen.

Eigenschaften

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Physikalische Eigenschaften

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Allylchlorid schmilzt bei −136 °C und siedet unter Normaldruck bei 45 °C. Die Dampfdruckkurve ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 2,24083, B = 365,121 und C = −154,919 im Temperaturbereich von 286,4 bis 317,1 K.[8] Die Dichte ist geringfügig kleiner als die von Wasser und beträgt 0,94 g·cm−3.

Chemische Eigenschaften

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Mit Lewis-Säuren und unedlen Metallen wie Aluminium oder Magnesium geht Allylchlorid heftige Reaktionen ein.[9] Die Verbindung neigt zur Polymerisation.[1] Die Polymerisationswärme beträgt −91 kJ·mol−1 bzw. −1189 kJ·kg−1.[10]

Sicherheitstechnische Kenngrößen

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Allylchlorid bildet entzündlichbare Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei −32 °C.[1][11] Der Explosionsbereich liegt zwischen 3,26 Vol.‑% (105 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 11,2 Vol.‑% (360 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[1][11] Die Grenzspaltweite wurde mit 1,17 mm bestimmt.[1][11] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[1][11] Die Zündtemperatur beträgt 390 °C.[1][11] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.

Verwendung

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Allylchlorid ist Ausgangsstoff für Lack- und Polymeradditive, Silikone, Wasserbehandlungsprodukte und Arzneistoffe. Mehr als 90 % des weltweit anfallenden Allylchlorids werden zu Epichlorhydrin umgesetzt.[1]

Sicherheitshinweise

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Allylchlorid ist ein Kontaktgift und kann auch über die Haut aufgenommen werden. An den Augen ruft es Schwellungen, Rötungen und einem verschwommenen Blick hervor und kann bis zur völligen Blindheit führen. Außerdem können Hautrötungen, Gliederschmerzen, Erbrechen, Husten, Hals und Kopfschmerzen, Schwindel auftreten. Bei längerem Kontakt kann Allylchlorid zum Tod führen.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Eintrag zu 3-Chlorpropen in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 24. November 2024. (JavaScript erforderlich)
  2. B. Tollens: Haloidäther des Allylalkohols. In: Annalen der Chemie und Pharmacie. 156, 1870. S. 151–159.
  3. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-112.
  4. Eintrag zu 3-chloropropene im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 107-05-1 bzw. Allylchlorid), abgerufen am 2. November 2015.
  6. A.W. Hofmann, A. Cahours: Researches on a new class of alcohols in Philosophical Transactions of the Royal Society of London 147 (1857), 555–574.
  7. Rolf Werner Soukup: Chemiegeschichtliche Daten organischer Substanzen, Version 2020, S. 12 pdf.
  8. Joffe, J.J.; Jampolskaja, E.S.: On the Pressure of the Saturated Vapour of Allyl Chloride in Zh. Prikl. Khim. (Leningrad) 17 (1944) 527–528.
  9. Lawrence H. Keith, Mary Walker: Handbook of Air Toxics Sampling, Analysis, and Properties. CRC Press, 1995, ISBN 978-1-56670-114-3, S. 161 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Brandrup, J.; Immergut, E.H.; Grulke, E.A.; Abe, A.; Bloch, D.R.: Polymer Handbook, 4th Edition, Wiley-VCH 2003, ISBN 978-0-471-47936-9, S. II/370.
  11. a b c d e Chemsafe Datenbank für sicherheitstechnische Kenngrößen im Explosionsschutz, PTB Braunschweig/BAM Berlin, abgerufen am 24. November 2024.