Acesulfam-K

chemische Verbindung
(Weitergeleitet von Acesulfam K)

Acesulfam-K ist ein synthetischer, hitzebeständiger Süßstoff. Der Chemiker Karl Clauß entdeckte 1967 bei der Hoechst AG zufällig bei der Synthese von Oxathiazinondioxiden eine süß schmeckende Verbindung.[6]

Strukturformel
Strukturformel von Acesulfam-K
Allgemeines
Name Acesulfam-K
Andere Namen
  • Acesulfam
  • 6-Methyl-3,4-dihydro-1,2,3-oxathiazin-4-on-2,2-dioxid
  • 6-Methyl-1,2,3-oxathiazin-4(3H)-on-2,2-dioxid
  • Kalium-6-Methyl-2,2-dioxid-1,2,3-oxathiazin-4-olat
  • E 950[1]
  • POTASSIUM ACESULFAME (INCI)[2]
Summenformel C4H4KNO4S
Kurzbeschreibung

farbloser, süß schmeckender Feststoff[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 55589-62-3
EG-Nummer 259-715-3
ECHA-InfoCard 100.054.269
PubChem 23683747
Wikidata Q132037
Eigenschaften
Molare Masse 201,24 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,86 g·cm−3 (20 °C)[4]

Schmelzpunkt

> 225 °C (Zersetzung)[3]

Löslichkeit

gut in Wasser (250 g·l−1 bei 20 °C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[5]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[5]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Der Lebensmittelzusatzstoff, der zu den Süßungsmitteln zählt, wird als E 950 deklariert.

Molekülstruktur und Nachweis

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Acesulfam gehört zu den Heterocyclen, da das Molekül einen Sechsring mit drei Heteroatomen (Sauerstoff, Schwefel und Stickstoff) enthält (Oxathiazinring).

Der chemische Nachweis von Acesulfam in unterschiedlichen Matrices gelingt nach adäquater Probenvorbereitung durch die Kopplung chromatographischer Verfahren mit der Massenspektrometrie, wie z. B. der HPLC-MS.[7][8]

Eigenschaften

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Acesulfam-K ist ein weißer Feststoff, der sich in kaltem Wasser gut, in heißem sehr leicht löst. Wasser/Ethanol-Gemische sind ebenfalls gut geeignet. Die Lagerung ist durch die hohe chemische Stabilität unproblematisch.[9]

Der Süßstoff ist das Kaliumsalz des Acesulfams, das Acesulfam-Kalium oder Acesulfam-K mit einer Süßkraft, die ungefähr 200-mal so stark ist wie die der Saccharose.[10]

Herstellung

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Die Herstellung erfolgt in mehreren Schritten, ausgehend vom Natriumsalz des 4-Chlorphenols:[11]

 
Synthese von Acesulfam

Als industrielles Verfahren hat sich gegenüber früheren Varianten mit Fluorsulfonylisocyanat (FSO2NCO)[12] oder Amidosulfofluorid (H2NSO2F)[13] das sogenannte SO3-Verfahren durchgesetzt.[14]

 
Industrielle Synthese von Acesulfam K

Dabei wird ein Salz der Amidosulfonsäure, bevorzugt ein Trialkylammoniumsalz, mit Diketen in Methylenchlorid zum Acetoacetamid-N-sulfonat umgesetzt. Das gelöste Acetoacetamid-N-sulfonat wird zu einer Lösung von Schwefeltrioxid in Methylenchlorid gegeben, wobei Cyclisierung zu einem SO3-Addukt stattfindet. Das SO3-Addukt wird mit Wasser zu Acesulfam-H, der sog. Süßstoffsäure, hydrolysiert und mit KOH in den Süßstoff Acesulfam-K überführt. Schonende Prozess- und Isolierungsbedingungen, sowie die effiziente Aufarbeitung der Flüssigphasen[15] ermöglichen gute Ausbeuten (>80 %) und Reinheiten über 99,5 %.

Verwendung

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Aufgrund seiner Hitzebeständigkeit kann Acesulfam-K auch zum Kochen und Backen verwendet werden. Es schmeckt dem natürlichen Zucker sehr ähnlich, hat aber in höherer Konzentration einen leicht bitteren Geschmack.

Acesulfam-K wird beispielsweise für Getränke und Fruchtjoghurts[16] verwendet, meist in Kombination mit anderen Süßstoffen, wie Aspartam. Es ist außerdem in Zahnpasta enthalten, da es keine Karies auslöst.

Zulassung und mögliche Gefahren

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Acesulfam-K ist seit 1990 in Deutschland zugelassen und wird unter dem Markennamen Sunett[17] vertrieben. Der Zuckerersatzstoff wurde 1991 vom zuständigen Fachausschuss (JECFA) der Weltgesundheitsorganisation für unbedenklich erklärt.[10]

Von Lebewesen wird Acesulfam-K leicht resorbiert und wird über die Nieren ausgeschieden. Bei Menschen wurde der Stoff bereits in der Muttermilch nachgewiesen. In Tierversuchen wurde nachgewiesen, dass es sich bei dem Stoff um ein Klastogen handelt und Schäden an Chromosomen begünstigt. Eine wissenschaftlich fundierte Bewertung wird dadurch erschwert, dass kaum unabhängige Untersuchungen veröffentlicht wurden.[10]

Die erlaubte Tagesdosis wurde vom wissenschaftlichen Lebensmittelausschuss der EU-Kommission (Scientific Committee on Food, SCF) bei Erwachsenen auf 9 mg pro Kilogramm Körpergewicht festgesetzt.[18]

Umweltrelevanz

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Acesulfam-K wird vom Körper größtenteils unverändert wieder ausgeschieden[19] und kaum bis gar nicht in Kläranlagen abgebaut, so dass die Substanz in großen Mengen in Flüsse und Seen gelangt, wo sie sich nachweislich anreichert.[10][20] Es gilt daher auch als Abwasser-Marker für Oberflächenwasser und Grundwasser. Konzentrationen in Oberflächengewässern reichen bis in den zweistelligen Mikrogramm-pro-Liter-Bereich, in Untersuchungskampagnen mit einer Vielzahl von Zielsubstanzen stellt Acesulfam häufig die Substanz mit den höchsten gemessenen Konzentrationen dar. Sogar im Trinkwasser wurde Acesulfam in Deutschland und einigen anderen Ländern bereits nachgewiesen.[21][19][22][23] Der Rhein bei Basel trägt über ein ganzes Jahr betrachtet mehr als 42 Tonnen des Süßstoffs in Richtung Nordsee.[24] Es entsteht Amidosulfonsäure als Abbauprodukt, das ebenfalls persistent und schädlich für Wasserorganismen ist.[20][25]

Literatur

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Commons: Acesulfam-K – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu E 950: Acesulfame K in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 27. Juni 2020.
  2. Eintrag zu POTASSIUM ACESULFAME in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 28. Dezember 2020.
  3. a b c Eintrag zu Acesulfam-K. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 5. Februar 2014.
  4. Eintrag zu 6-Methyl-1,2,3-oxathiazin-4(3H)-on-2,2-dioxid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 5. April 2020. (JavaScript erforderlich)
  5. a b Datenblatt Acesulfame K bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 13. Mai 2017 (PDF).
  6. Karl Clauß und Harald Jensen (1973): Oxathiazinondioxide, eine neue Gruppe von Süßstoffen. In: Angewandte Chemie. Bd. 85, Nr. 22, S. 965–973. doi:10.1002/ange.19730852202.
  7. Waldemar Ens, Frank Senner, Benjamin Gygax, Götz Schlotterbeck: Development, validation, and application of a novel LC-MS/MS trace analysis method for the simultaneous quantification of seven iodinated X-ray contrast media and three artificial sweeteners in surface, ground, and drinking water. In: Analytical and Bioanalytical Chemistry. Band 406, Nr. 12, 2014, S. 2789–2798, doi:10.1007/s00216-014-7712-0, PMID 24590107.
  8. Noora Perkola, Pirjo Sainio: Quantification of four artificial sweeteners in Finnish surface waters with isotope-dilution mass spectrometry. In: Environmental Pollution. Band 184, 2014, S. 391–396, doi:10.1016/j.envpol.2013.09.017, PMID 24100049.
  9. Waszkiewicz-Robak, B. (Szkola Glowna Gospodarstwa Wiejskiego, Warszawa (Poland). Wydzial Zywienia Czlowieka), Swiderski, F.: Some functional properties of highly intensive sweeteners. In: Przemysl Spozywczy (Poland). 1. Januar 2000 (fao.org [abgerufen am 9. Mai 2016]).
  10. a b c d Lexikon der Zusatzstoffe. Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe. E 950 Acesulfam K Deutsches Zusatzstoffmuseum, abgerufen am 15. März 2024
  11. Patent US6727359: Composition comprising 6-methyl-3,4dihydro-1,2,3-oxathiazin-4-one-2,2-dioxide, its salts, preparation thereof and uses therefor. Angemeldet am 26. Juli 2002, veröffentlicht am 27. April 2004, Anmelder: BDL, Erfinder: Nianshou Tian, Haiming Liu.
  12. Karl Clauß, Harald Jensen: Oxathiazinondioxide, eine neue Gruppe von Süßstoffen. In: Angewandte Chemie. Band 85, Nr. 22, 1973, S. 965–973, doi:10.1002/ange.19730852202.
  13. Patent DE2453063: Verfahren zur Herstellung von Acetoacetamid-n-sulfofluorid. Angemeldet am 8. November 1974, veröffentlicht am 13. Mai 1976, Anmelder: Hoechst, Erfinder: Hartmut Pietsch, Karl Clauß, Harald Jensen, Erwin Schmidt.
  14. Patent EP0218076B1: Verfahren zur Herstellung der nicht-toxischen Salze des 6-Methyl-3,4-dihydro-1,2,3-oxathiazin-4-on-2,2-dioxids. Angemeldet am 27. August 1986, veröffentlicht am 3. Januar 1990, Anmelder: Hoechst, Erfinder: Dieter Reuschling, Adolf Linkies et al..
  15. G. Roscher, H. Litterer et al., Europäische Patentschrift EP 638 076, veröffentlicht am 16. September 1998.
  16. Artikel Joghurt ohne Zuckerzusatz auf www.lebensmittelklarheit.de
  17. Registerauskunft für Registernummer 1004466 (Wortmarke „Sunett“), Deutsches Marken- und Patenamt, Stand 3. Februar 2013.
  18. Bundesinstitut für Risikobewertung: Bewertung von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen. (PDF-Datei) Hintergrundinformation Nr. 025/2014 des BfR vom 1. Juli 2014, abgerufen am 30. November 2015.
  19. a b Sandro Castronovo, Arne Wick, Marco Scheurer, Karsten Nödler, Manoj Schulz, Thomas A. Ternes: Biodegradation of the artificial sweetener acesulfame in biological wastewater treatment and sandfilters. In: Water Research. 2016, doi:10.1016/j.watres.2016.11.041.
  20. a b Umweltbundesamt – Kurzdossier Spurenstoffe von Acesulfam-K, Seite 6, Stand Mai 2024, abgerufen am 7. Juli 2024
  21. Deutschlandfunk, Forschung Aktuell, Sendung vom 22. September 2011 Acesulfam: Unbehelligt durch Klo, Kanal und Kläranlage.
  22. Robert Loos, Raquel Carvalho, Diana C. Antonio, Sara Comero, Giovanni Locoro, Simona Tavazzi, Bruno Paracchini, Michela Ghiani, Teresa Lettieri, Ludek Blaha, Barbora Jarosova, Stefan Voorspoels, Kelly Servaes, Peter Haglund, Jerker Fick, Richard H. Lindberg, David Schwesig, Bernd M. Gawlik: EU-wide monitoring survey on emerging polar organic contaminants in wastewater treatment plant effluents. In: Water Research. 2013. doi:10.1016/j.watres.2013.08.024.
  23. Andreas Fath: Rheines Wasser – 1231 Kilometer mit dem Strom, Carl Hanser Verlag, München 2016, ISBN 978-3-446-44871-1, S. 135–142.
  24. Andri Bryner: Flüsse sauber halten ist Vorsorge fürs Trinkwasser. In: eawag.ch, 9. September 2014, abgerufen am 15. März 2020.
  25. H412 nach Sicherheitsdatenblatt Amidosulfonsäure