Fall ist ein kleines Kirchdorf im oberbayerischen Isarwinkel und Gemeindeteil der Gemeinde Lenggries im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.
Fall Gemeinde Lenggries
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Koordinaten: | 47° 34′ N, 11° 32′ O |
Höhe: | 773 m ü. NHN |
Einwohner: | 111 (20. März 2015) |
Postleitzahl: | 83661 |
Vorwahl: | 08045 |
Geschichte
BearbeitenAlt-Fall
BearbeitenFall verdankt seinen Namen einer Engstelle der Isar, dem Fall, richtiger: der Faller Klamm,[1] die direkt nördlich unterhalb des Ortes lag.[2] Auf alten Karten ist deshalb auch Am Fall oder Zum Faal zu lesen. Fall wird 1280 erstmals in einem Grundbuch des Herzogs von Bayern erwähnt, damals wird es dort wohl nur einen einzelnen Bauernhof gegeben haben. 1740 wird auch eine Kapelle und ein Forsthaus erwähnt. Das 1829 erschienene Repertorium weist folgenden Eintrag auf: Fall (der), W[eiler] am Einfluss der Dürach in die Isar, 3 H[äuser], 1 Capelle, 2 Wirthshäuser.[3] Der Eintrag im Topo-geographisch-statistischen Lexicon vom Königreiche Bayern (1831) lautet: Fall, Weiler mit 2 H[äusern] und 30 E[inwohnern] in der P[farrei] Lenggries des L[andgerichts] Tölz, 4 St[unden] von Lenggries. Der Ort hat auch eine Frauenkapelle.[4] Rund vierzig Jahre später heißt es: Fall, W[eiler], k[atholische] Pf[arrei] Lenggries, 33 Einw[ohner], 4 Geb[äude], 1 Kirche.[5]
Letztmals wurde Alt-Fall statistisch im Amtlichen Ortsverzeichnis für Bayern 1952 (mit Daten zum Stichtag der Volkszählung vom 13. September 1950) dokumentiert, mit 122 Einwohnern in 12 Wohngebäuden.[6]
Fall war ein beliebtes Ziel von prominenten Jägern, wie z. B. dem bayerischen Mundart-Dichter Ludwig Ganghofer oder Paul von Hindenburg. Seine zahlreichen Besuche motivierten Ganghofer zum Roman Der Jäger von Fall, der mehrfach verfilmt wurde – u. a. von Harald Reinl im Jahr 1974. In der Monarchie war Fall ein Hofjagdrevier, in dem Prinzregent Luitpold von Bayern oft jagte.
Ortsverlegung
BearbeitenFall lag an der Isar und bestand größtenteils aus Holzhäusern. Es gab ein Gasthaus, eine 1740 erbaute Kapelle sowie ein Forstamt.
Als 1954 die Bauarbeiten für den Sylvensteinspeicher begannen, wurde das Dorf abgerissen und die Bevölkerung zwangsumgesiedelt, da ab 1959 das ganze Tal mitsamt dem Dorf geflutet werden sollte. 100 Meter weiter oben (südwestlich), an der Straße zwischen Lenggries und Vorderriß, wurde eine neue Siedlung gebaut und Neu-Fall genannt. Die Grundmauern von Alt-Fall (auch Altfall) sind nur nach langen Trockenperioden sichtbar oder bei Absenkung des Wasserspiegels wegen Bauarbeiten am Damm wie im Dezember 2015. Dass dann auch die Kirchturmspitze der versunkenen Kapelle sichtbar wäre, ist ein Mythos, denn diese wurde vor der Flutung komplett abgerissen,[2] anders als im Dorf Graun im Vinschgau, wo das ursprüngliche Dorf bei der Flutung des Reschensees unterging, der Kirchturm jedoch stehenblieb und im Stausee zu sehen ist.
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Alt-Fall am 7. Dezember 2015
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Alt-Fall am 26. Dezember 2015
Neu-Fall
BearbeitenDas neue Dorf namens Fall liegt auf einer Höhe von 773 Metern,[7] somit 6 Meter über dem Stauziel des Sylvensteinspeichers. Die Einwohnerzahl betrug 113 zum Stand der letzten Volkszählung am 25. Mai 1987, bei 41 Wohneinheiten in 22 Gebäuden mit Wohnraum.[8] Müllers großes deutsches Ortsbuch von 2012 gibt 136 Einwohner an.[9] Am 20. März 2015 waren im Dorf 111 Personen mit Hauptwohnsitz bzw. einzigem Wohnsitz gemeldet.[10]
Die katholische Kirche Maria Königin ist eine Filialkirche der Pfarrei St. Jakob in Lenggries und das einzige denkmalgeschützte Gebäude in dem ab den 1950er Jahren neu errichteten Dorf.[11]
Im Ort befinden sich mehrere Häuser, die die Stiftung der Deutschen Polizeigewerkschaft vom Freistaat Bayern gepachtet hat; zu ihnen gehört auch das ehemalige Dienstgebäude des Forstamtes. Die Häuser werden für Zwecke der Stiftung genutzt.
Literatur
Bearbeiten- Ludwig Ganghofer: Der Jäger von Fall. 1883. (Volltext online im Projekt Gutenberg )
- Anton Böhm: Fall – Das versunkene Dorf. Selbstverlag, Rottach-Egern 2003.
- Anton Böhm: Fall – das Dorf und der Speicher (das Schicksal eines Dorfes). Selbstverlag, Rottach-Egern 2008.
- Stephan Bammer (Hrsg.): Die obere Isar – eine Zeitreise: Alt-Fall, Neu-Fall, Sylvensteinspeicher. Eder-Verlag, Lenggries 1997, ISBN 3-9805665-2-8.
- Vasco Boenisch, Martina Farmbauer: Versunkene Erinnerungen. Vor fünfzig Jahren verschwand ein ganzer Ort. In: Süddeutsche Zeitung. 14. November 2003.
- Karl Stankiewitz: Trockenheit lässt Dorf Fall im Sylvensteinsee sichtbar werden. In: Abendzeitung. 27. August 2018 (Volltext)
- Neu-Fall, Oberbayern. In: Baumeister. Band 57, 1960, S. 540 f. (ISSN 0005-674X)
Weblinks
Bearbeiten- Historische Karte des Gebiets (Urpositionsblätter, Blatt RISS, 1864)
- Fotos von Altfall und dem Bau des Sylvensteinspeichers
- Stefan Sessler: Versunkenes Dorf: Zwei Bewohner von Alt-Fall erinnern sich. In: Merkur.de, 14. Dezember 2015.
- Ein versunkenes Dorf taucht wieder auf. In: Süddeutsche Zeitung. 5. Dezember 2015.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Barbara Schwarz: Der Isarwinkel und Bad Tölz. Volk Verlag, München 2010, ISBN 978-3-937200-90-3, S. 30.
- ↑ a b Das Dorf Fall und der Sylvensteinstausee auf lenggries.de. Abgerufen am 12. August 2018.
- ↑ Repertorium des topographischen Atlasblattes Tölz. 1829, S. 9 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- ↑ Joseph Anton Eisenmann, Karl Friedrich Hohn (Hrsg.): Topo-geographisch-statistisches Lexicon vom Königreiche Bayern. Band 1: A–L. Palm und Enke, Erlangen 1840, S. 411 (Digitalisat – Erstausgabe: 1831).
- ↑ Joseph Heyberger, Chr. Schmitt, v. Wachter: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. In: K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Bavaria. Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern. Band 5. Literarisch-artistische Anstalt der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, München 1867, OCLC 457951812, Sp. 273, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10374496-4 (Digitalisat).
- ↑ Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, bearbeitet auf Grund der Volkszählung vom 13. September 1950, München, 1952, Spalte 64
- ↑ Höhe abgerufen (mit Rechtsklick) im BayernAtlas der Bayerischen Staatsregierung (Hinweise)
- ↑ Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand: 25. Mai 1987. Heft 450 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München November 1991, DNB 94240937X, OCLC 231287364, S. 68 (Digitalisat).
- ↑ Müllers großes deutsches Ortsbuch 2012, Berlin 2012, ISBN 978-3-11-027420-2, S. 360.
- ↑ E-Mail-Auskunft der Gemeinde Lenggries, Einwohnermelde-/Pass-/Gewerbeamt, 20. März 2015.
- ↑ Erzbistum München und Freising: St. Jakob, Lenggries. Abgerufen am 12. August 2018.