Baudouin (Belgien)

König der Belgier (1951–1993)
(Weitergeleitet von Baudouin I.)

Baudouin – gebürtig französisch Baudouin Albert Charles Léopold Axel Marie Gustave, niederländisch Boudewijn Albert Karel Leopold Axel Marie Gustaaf, deutsch Balduin Albert Karl Leopold Axel Marie Gustav – (* 7. September 1930 auf Schloss Stuyvenberg, Laeken; † 31. Juli 1993 in Motril, Spanien) aus dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha war von 1951 bis 1993 König der Belgier.

König Baudouin (Foto, 1960)
Büste von König Baudouin vor der Brüsseler Kathedrale

Nach der Abdankung seines Vaters Leopold III. folgte ihm Baudouin am 16. Juli 1951 als belgischer König nach.[1]

Bis zur Thronbesteigung 1951

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Die königliche Familie wurde nach der Landung der Alliierten 1944 von den Deutschen zunächst ins sächsische Hirschstein und im März 1945 nach Strobl in Österreich verschleppt.[2] Am 7. Mai 1945 erfolgte die Befreiung durch US-amerikanische Truppen, und König Leopold III. sah sich von der belgischen Öffentlichkeit mit Vorwürfen konfrontiert, er habe im Krieg gegen die Deutschen zu früh kapituliert. Er konnte deshalb zunächst nicht nach Belgien zurückkehren. Der Bruder des Königs, Prinz Karl von Belgien, nahm daher die Regentschaft mit der Begründung wahr, dass sich sein Bruder in „der Unmöglichkeit zu regieren“ befinde.[3]

Da man keine politische Lösung der Kontroverse um den König fand, gab es eine Volksabstimmung für oder gegen die Rückkehr des Königs, wobei 58 % der Wählerschaft zu Gunsten des Königs stimmten, mit starken regionalen Unterschieden. Am 22. Juli 1950 kehrte der König nach Brüssel zurück. Doch nach schweren Unruhen, vor allem von wallonischen Arbeitern, dankte Leopold III. ab und schlug vor, seine königlichen Befugnisse seinem Sohn Prinz Baudouin zu übertragen. So legte dieser am 17. Juli 1951 seinen Eid auf die Verfassung ab und wurde der fünfte König der Belgier.

Regierungszeit 1951 bis 1993

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König Baudouin und Königin Fabiola (1969)

Im Sommer 1960 besuchte Baudouin Léopoldville, die Hauptstadt des Kongo. Am 29. Juni, einen Tag vor der Unabhängigkeit des Kongo von Belgien, machte der deutsche Fotograf Robert Lebeck das berühmt gewordene Foto vom Degendieb von Léopoldville, das später zu einem Symbol für das Ende des Kolonialismus in Afrika wurde.

Anlässlich seines 25-jährigen Thronjubiläums 1976 wurde die König-Baudouin-Stiftung ins Leben gerufen, die sich die Verbesserung der Lebensbedingungen der belgischen Bevölkerung zum Ziel gesetzt hat.

Baudoin und Fabiola waren streng katholisch.[4] Weil sein Glaube dagegen sprach, weigerte sich Baudouin 1990, ein Gesetz zu unterzeichnen, das eine Fristenregelung für Schwangerschaftsabbruch vorsah. Die Regierung erklärte Baudouin deshalb auf dessen eigenen Wunsch hin am 4. April 1990 für regierungsunfähig. Für diesen Fall sieht die Verfassung vor, dass die gesamte Regierung die Funktion des Staatsoberhauptes übernimmt. Nachdem alle Regierungsmitglieder das Gesetz unterzeichnet hatten, erklärte die Regierung am nächsten Tag, dem 5. April 1990, Baudouin wieder für regierungsfähig.[5]

 
Grabstätte König Baudouins in der Liebfrauenkirche (Laeken)

Baudouin regierte 42 Jahre bis zu seinem Tod am 31. Juli 1993, als er in der Villa Astrida in Motril in Südspanien an Herzversagen starb. Die Trauer um den Tod des „einzigen Belgiers“ wurde in der Bevölkerung über alle Sprachgrenzen hinweg tief empfunden. Baudouin wurde in der königlichen Gruft in der Liebfrauenkirche zu Laeken, Belgien, beigesetzt. Da er keine Kinder hatte, wurde Baudoins Bruder Albert sein Nachfolger.

Ereignisse um die Ermordung Lumumbas

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Eine im Jahre 2002 einberufene Fachkommission des belgischen Parlaments untersuchte die Ereignisse um die Ermordung des ersten kongolesischen Ministerpräsidenten Patrice Lumumba (* 2. Juli 1925; † 17. Januar 1961). Die Demokratische Republik Kongo war am 30. Juni 1960 in die Unabhängigkeit entlassen worden. In ihrem Schlussbericht kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass König Baudouin von den Plänen zur Ermordung Lumumbas wusste.[6] Fest steht, dass die belgische Regierung die Lumumba feindlich gesinnten Kräfte im Kongo logistisch, finanziell und militärisch unterstützte. Ein Großteil der Schuld wird unmittelbar König Baudouin zugeschrieben, der unter Umgehung der politischen Instanzen seine eigene postkoloniale Politik betrieben haben soll.

Titel und Ehrungen

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Am 29. September 2024 verkündete Papst Franziskus während einer Messe im Rahmen eines offiziellen Besuchs in Belgien, nachdem er am Vortag die Königliche Krypta besucht hatte, in der Baudouin und Fabiola begraben sind, seine Absicht, das Verfahren zur Seligsprechung des verstorbenen Königs einzuleiten.[7]

König Baudouin heiratete am 15. Dezember 1960 die spanische Adelige Fabiola Mora y Aragón (* 11. Juni 1928 in Madrid; † 5. Dezember 2014 in Brüssel), eine ehemalige Krankenschwester und Kinderbuchautorin. Die Ehe blieb kinderlos, da alle Schwangerschaften der Königin mit Totgeburten endeten.

Vorfahren

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Ahnentafel Baudouin, König der Belgier von 1951 bis 1993
Ururgroßeltern

 
Leopold I., König der Belgier
(1790–1865)
⚭ 1832
Prinzessin
Louise d’Orléans
(1812–1850)

Fürst
Karl Anton (Hohenzollern)
(1811–1885)
⚭ 1834
Prinzessin
Josephine von Baden
(1813–1900)

Herzog
Max Joseph in Bayern
(1808–1888)
⚭ 1828
Prinzessin
Ludovika Wilhelmine von Bayern
(1808–1892)

König
Michael I. (Portugal)
(1802–1866)
⚭ 1851
Prinzessin
Adelheid von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg
(1831–1909)

König
Oskar I. (Schweden)
(1799–1859)
⚭ 1823
Prinzessin
Josephine de Beauharnais von Leuchtenberg
(1807–1876)

Herzog
Wilhelm I. (Nassau)
(1792–1839)
⚭ 1829
Prinzessin
Pauline von Württemberg
(1810–1856)

König
Christian IX. (Dänemark)
(1818–1906)
⚭ 1842
Prinzessin
Luise Wilhelmine von Hessen
(1817–1898)

König
Karl XV. (Schweden)
(1826–1872)
⚭ 1850
Prinzessin
Luise von Oranien-Nassau
(1828–1871)

Urgroßeltern

Prinz
Philippe, Graf von Flandern (1837–1905)
⚭ 1867
Prinzessin
Maria Luise von Hohenzollern-Sigmaringen (1845–1912)

Herzog
Carl Theodor in Bayern (1839–1909)
⚭ 1874
Prinzessin
Maria Josepha von Portugal (1857–1943)

König
Oskar II. (Schweden) (1829–1907)
⚭ 1857
Prinzessin
Sophia von Nassau (1836–1913)

König
Friedrich VIII. (Dänemark) (1843–1912)
⚭ 1869
Prinzessin
Louise von Schweden (1851–1926)

Großeltern

 
Albert I., König der Belgier (1875–1934)
⚭ 1900
Elisabeth, Herzogin in Bayern (1876–1965)

Prinz Carl von Schweden, Herzog von Västergötland (1861–1951)
⚭ 1897
Prinzessin Ingeborg Charlotte von Dänemark (1878–1958)

Eltern

 
Leopold III., König der Belgier (1901–1983)
⚭ 1926
Prinzessin Astrid von Schweden (1905–1935)

 
König Baudouin (1930–1993)

Siehe auch

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Literatur

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  • Baudouin I. in: Internationales Biographisches Archiv 43/1993 vom 18. Oktober 1993, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • José-Alain Fralon: Baudouin. L’homme qui ne voulait pas être roi, Fayard, Paris 2001, ISBN 2-213-60578-5.
  • Christian Koninckx (Hrsg.): Le roi Baudouin. Une vie, une époque. Racine, Bruxelles 1998, ISBN 2-87386-138-X.
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Commons: Baudouin I. (Belgien) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Jiri Louda, Michael MacLagan: Les Dynasties d’Europe. Bordas, 1995, ISBN 2-04-027115-5, Tafel 82.
  2. Monarchie.be – Eintrag König Baudouin
  3. Monarchie.be – Eintrag Prinzregent Charles
  4. Baudouin I.: König mit Mission. Belgien gedenkt Baudouin I. – Er verstand sich vor allem als Katholik., in: Die Tagespost, 27. August 2023
  5. 25 Jahre Abtreibungsgesetz in Belgien: Für Erzbischof Léonard „ein Drama“ (Gerard Cremer, Ostbelgien Direkt, 5. April 2015)
  6. Vgl. dazu Annelies Verdoolaege, Paul Kerstens: The South African Truth and Reconciliation Commission and the Belgian Lumumba Commission: A Comparison. In: Africa Today. Band 50, Nr. 3, Frühjahr 2004, ISSN 0001-9887, S. 75–91.
  7. Ann Willems, Sandra Cardoen: Paus Franciscus start procedure op tot zaligverklaring van wijlen koning Boudewijn: “Moedige man die weigerde moorddadige wet te ondertekenen”. In: VRT. 29. September 2024, abgerufen am 1. Oktober 2024 (niederländisch).
VorgängerAmtNachfolger
Leopold III.König der Belgier
1951–1993
Albert II.
LeopoldHerzog von Brabant
1934–1951
vakant, ab 1993 Philippe