Bāyazīd Bistāmī

persischer islamischer Mystiker (Sufi)
(Weitergeleitet von Bayazid Bastami)

Bāyazīd Bistāmī, eigentlich Abū Yazīd Taifūr ibn ʿĪsā al-Bistāmī (persisch ابو يزيد طيفور پور عيسى پور آدم پور سروشان بسطامى, DMG Abū Yazīd Ṭeifūr-Pūr-e ‘Īsā-Pūr-e Ādam-Pūr-e Sorūšān-e Basṭāmī * 803 in Bastam, Provinz Semnan, Iran; † 875) war ein persischer islamischer Mystiker des Sufismus.

Mausoleum und Moschee in Bastam/Provinz Semnan

Bāyazīds Großvater war ein Zoroastrier aus Persien, der zum Islam konvertiert ist.[1] Bāyazīd lebte nach Angaben frühislamischer Biographien in strenger Askese und Meditation.[2] Wie bei vielen anderen Sufis war Hungern und Armut ein wichtiger Teil seines spirituellen Wegs.[3] Neben Ibrahim ibn Adham ist er der einzige bekannte frühe Sufi, von dem auch ein zölibatäres Leben überliefert ist.[4] Bāyazīd hat keine Bücher geschrieben, das Wesentliche seiner Lehre ist durch seine Schüler überliefert.[2]

Bāyazīd glaubte als erster Sufi daran, die eigene Auflösung (fana) erreicht zu haben. Er habe sich aus seinem Ich geschält und die Vereinzelung erreicht. Zeitweise habe er die Einheit zwischen dem Geliebten, dem Liebenden und der Liebe erreicht. Orientalisten sehen hier einen Einfluss aus indischen Lehren, speziell von dem indischen Philosoph Shankara. Zeitgenössische Sufis bezweifelten diesen Erfolg und bedauerten Bāyazīd für seinen Irrtum, darunter Dschunaid und al-Hallādsch. Sie meinten, Bāyazīd sei nur an die Schwelle des fana gekommen und dort stehengeblieben.[2]

Der Grabturm (gumbad) seines Mausoleums in Bastam ist ein besonders charakteristisches Beispiel für einen Turmtyp des 11. bis 14. Jahrhunderts.[5]

Bāyazīd als berauschte Figur

Bearbeiten

Bāyazīd bildet in vielen populären Texten als berauschter Sufi den Gegenpol zum nüchternen Sufi, der von seinem Zeitgenossen Dschunaid dargestellt wird. Beide Figuren gehören zu einer Auslegungstradition, die im 11. Jahrhundert mit al-Hudschwiris Sufi-Handbuch Kashf al-mahjub begründet wurde.[6] Der Rausch (sukr) von Bāyazīd meint in diesem Kontext nicht ausschließlich Trunkenheit oder Drogenrausch, sondern kann auch als leidenschaftliche, liebende Ekstase verstanden werden.[7] Bāyazīds unkontrollierte Berauschtheit wird in diesen Texten als eine funktionierende, aber doch minderwertige Form der Annäherung an Gott diskutiert, während der nüchterne Weg von Dschunaid als die überlegene Variante dargestellt wird. Es ist unklar, wie weit das Leben Bāyazīds mit diesen Anekdoten übereinstimmt, am wahrscheinlichsten ist, dass der Sufi von späteren Autoren sowohl wegen seiner bemerkenswerten Ekstasefähigkeit als auch wegen seiner auf hohem Niveau gescheiterten Einheit mit Gott für diese Rolle ausgewählt wurde.[8]

  • Sufi Bayezid Bastâmi: „Licht über Licht“: Aussprüche und Unterweisungen. Verlag Heilbronn, Heilbronn 1990, ISBN 3-923000-51-0

Literatur

Bearbeiten
  • Ulrich Holbein: Ich ging ohne mich zu Gott: Lebensbilder komischer Derwische. Synergia Verlag, 2014, ISBN 978-3-944615-16-5, S. 42– 102
  • Ulrich Holbein: Narratorium. 255 Lebensbilder. Ammann Verlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-250-10523-7. S. 117– 120.
  • Ulrich Holbein (Hg.): Ich ging ohne mich zu Allah in: Dies Meer hat keine Ufer. Klassische Sufi-Mystik. Marix Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-86539-207-7. S. 263- 315
  • Adel Theodor Khoury: Bistami (Abu Yazid al-Bistami). In: Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann, Peter Heine: Islam-Lexikon. Geschichte – Ideen – Gestalten. Herder, Freiburg / Basel / Wien 1991, Band 1, S. 129 ff.
  • Louis Massignon: Essai sur les origines du lexique technique de la mystique musulmane. 2. Auflage. Paris 1968, S. 273–286. (1. Auflage 1922)
  • Hellmut Ritter: Die aussprüche des Bāyezīd Bisṭāmī. Eine vorläufige skizze. In: Fritz Meier (Hg.): Westöstliche Abhandlungen. Rudolf Tschudi zum siebzigsten Geburtstag überreicht von Freunden und Schülern. Harrassowitz, Wiesbaden 1954, S. 231–243 (Digitalisat).
Bearbeiten
Commons: Bayazid Bastami – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. al-Qushayri, Abu 'l-Qasim (2007). Alexander D. Knysh; Muhammad Eissa, ed. Al-Qushayri’s Epistle on Sufism: Al-Risala al-qushayriyya fi ʿilm al-tasawwuf. Alexander D. Knysh (trans.) (1st ed.). Garnet Pub., Reading UK, ISBN 978-1-85964-186-6, S. 32.
  2. a b c Eliade, Mircea: Geschichte der religiösen Ideen, Band III/1. Herder, Freiburg 1983, S. 126–127.
  3. Valerie J. Hoffman: Eating and fasting for God in Sufi tradition. In: Journal of the American Academy of Religion, 1995, S. 470.
  4. Tor Andræ: In the Garden of Myrtles: Studies in Early Islamic Mysticism. State University of New York Press, Albany 1987, S. 46.
  5. Robert Hillenbrand: The Flanged Tower at Basṭām. In: Ders.: Studies in Medieval Islamic Architecture. Band 2. The Pindar Press, London 2006, S. 379
  6. Jawid A. Mojaddedi: Getting Drunk with Abū Yazīd or Staying Sober with Junayd: The Creation of a Popular Typology of Sufism. In: Bulletin of the School of Oriental and African Studies, University of London, Vol. 66, No. 1 (2003), S. 1
  7. Matthew Long: Intoxication. In: John Andrew Morrow (Hrsg.): Islamic Images and Ideas: Essays on Sacred Symbolism. S. 75–100.
  8. Jawid A. Mojaddedi: Getting Drunk with Abū Yazīd or Staying Sober with Junayd: The Creation of a Popular Typology of Sufism. In: Bulletin of the School of Oriental and African Studies, University of London Vol. 66, No. 1 (2003), S. 12–13.