WikiCon-Präsentation 8. September 2017 in Leipzig
(Originalfolien mit teils gerafftem, nachbearbeitetem Kommentar)



Man sieht mit Blick auf die deutschsprachige Diskussion zu den Wikipedia-Entwicklungszielen für 2030:
Die zusammengelegten Diskussionvolumina zu den Zyklen 2 und 3 wirken kümmerlich
im Vergleich zum Auftaktzyklus. Doch soll es weder darum gehen, Ursachenforschung
zu diesem dramatisch rückläufigen Diskussionsinteresse zu betreiben –
obwohl der Verdacht nahe liegt, dass auf so langer Strecke schnell mal die Puste ausgehen kann –,
noch um eine Abrechnung mit der Foundation hinsichtlich eventueller Unterschlagungen von Anregungen
aus der deutschsprachigen Sektion bei den unterdessen vorliegenden Zielformulierungen.

Worum es stattdessen jetzt gehen wird, ist das Herausfiltern von Diskussionsextrakten
für unsere deutschsprachige Sektion mit dem Ziel,
einiges zu sichern und zeitnah auf den Weg zu bringen,
was zum einen dringlich wichtig und zum anderen zeitnah machbar erscheint.


Zur Voraborientierung mein Präsentationsschema:



Die nachfolgend präsentierten, gekürzten und anonymisierten Diskussions-Extrakte
betreffen die genannten drei Hauptkomplexe.
Zu den daraus jeweils abgeleiteten Handlungsfeldern habe ich
ein leicht verständliches Schaubild-Schema entwickelt,
das mit unterschiedlichen Inhalten wiederholt zum Einsatz kommt
und zwecks Fixierung der Essenz in je eine ausformulierte These mündet.

In der an die Gesamtpräsentation anschließenden Diskussion soll es darum gehen zu prüfen:
1. wie wichtig und dringlich das jeweilige Betätigungsfeld ist;
2. wie es nach Eurer Einschätzung jeweils um die zeitnahe Machbarkeit steht.


Nun also der erste Diskussionsblock:



Hier wird oben in Sachen Qualitätssicherung ein WikiProjekt Aktualisierung angeregt;
mittig wird ein hoffnungslos ausgeufertes Feld beklagt,
für das unsere Personaldecke völlig ungenügend ist;
müssen wir also, auf schreibende Bots warten, wie es unten heißt, um überhaupt wieder Land zu sehen?

Das wäre fatal: Qualitätssicherung durch Aktualisierung ist selbstverständlich
schon jetzt das Gebot der Stunde bei vielen Wikipedia-Artikeln.
Was also tun bei reichlich mehr als zwei Millionen Artikeln
und verhältnismäßig kleiner Besetzung?



1. Das Aktionsfeld muss sinnvoll begrenzt werden.
Als lohnender Beginn kommt etwas aus dem Tausenderpaket in Betracht:
Artikel, die es in jeder Wikipedia geben sollte.
Zusätzlich kann publikumsorientiert die Artikel-Abrufstatistik mit herangezogen werden.
2. Verabredungen treffen (z. B. an Stammtischen, in Regionalstützpunkten,
in Fachredaktionen oder portalspezifischen Wikipedianer-Workshops);
3. beieinander bleiben und andere Interessenten dazunehmen.


Die These in Sachen systematischer Qualitätssicherung lautet:



Nun zu anderen Diskussionsbeiträgen, die auf ein der Qualitätssicherung benachbartes Thema zielen:



Die Forderung nach Autorenangaben beim Artikel
wird hier als wichtiges Ergänzungsmittel für Transparenz
und für erleichterte Kommunikation bei der Qualitätssicherung angesprochen.
Auf zwei diesbezüglichen Wunschlisten zu technischen Verbesserungen (Nr. 15 und 25)
ist diese Forderung jüngst mit reichlichem Zuspruch ebenfalls artikuliert worden.

Fassen wir die Vorteile näher ins Auge, die sich daraus ergeben:



Der Begriff „gewichtete Autorenanzeige“ vermeidet den z. T. ungern gesehenen
Hauptautorenbegriff und lässt der Wertschätzung des kollaborativen Wirkens mehr Raum:
Viele sind sehr oft am einzelnen Artikel beteiligt, manche mit besonderem Gewicht.
Als Kooperationstreiber wurde die Autorenanzeige vor Kurzem
in dem Feddbackrücklauf von Bibliotheksbeschäftigten
anlässlich einer Wikipedia-Fortbildungsveranstaltung
noch höher gewichtet als die Danke-Funktion.

Intransparenz bezüglich der Artikel-Ersteller ist geradezu die Achillesferse der Wikipedia,
wenn es um Ansehensfragen des Projekts in Wissenschaftskreisen geht.
Indem bessere Orientierung diesbezüglich möglich wird,
besteht Aussicht auf Reputationsgewinn im Bildungswesen allgemein
wie auch speziell im universitären Bereich.
Der Islamwissenschaftler und Wikipedianer Professor Patrick Franke mit dem Benutzernamen PaFra
ist anscheinend zu genau diesem Schluss gelangt,
als er in der Wikipedia die Bamberger Islamenzyklopädie (BIE) angesiedelt hat.


Auch dazu abschließend die These:



Betrachten wir einen weiteren Diskussionsstrang:



Das Hereinkommen für Neulinge ist schwieriger geworden und kein Selbstläufer:
Unterstützung tut not! Doch auch für uns Langzeitwikipedianer sind Zuspruch
und Anerkennung wichtige Motivationshelfer und Schutzmittel gegen Verbitterung –
am Ende vermutlich auch für die gern mal Polternden...



1. Ein stringentes Wikipedia-Know-how-Vermittlungskonzept
wird als elementare Unterstützungsgrundlage gebraucht;
2. Sichtungsfeedback für die Neuen ebenso – auch in sinnvoll automatisierter Form:
Der Bot gratuliert zum 1., 5., 10. und 20. gesichteten Edit
und geht dann zum Countdown bis zur Erlangung des Sichterstatus über:
„noch 30 / nur noch 20 / die letzten 10 Edits bis zur Erlangung des Sichterstatus“;
3. mit Dank und Wertschätzung auch unter den Eingesessenen nicht geizen:
Anerkennungskultur erwächst aus der Einübung!


Und die These dazu:



Nun zu einer weiteren Anregung aus der Perspektivdiskussion 2030:



Offen bleiben für Neues:
In dieser Perspektive gewinnt der Horizont 2030 wieder an Attraktivität –
schließlich wurde Rom auch nicht an einem Tag erbaut.
Was lässt sich damit anfangen, wenn man den Gedanken projektbezogen entfaltet?



1. Nicht für alle Neuen alles auf einmal!
Stattdessen bedarfsdifferenzierte Einsteigerkurse bzw. –bausteine
entwickeln und bewerben: z.B.
a) zur Technik des Editierens,
b) zum Umgang mit Regeln und Richtlinien,
c) zu Kommunikationsmöglichkeiten und -formen in der Wikipedia (u. a. m.)

2. + 3. Die möglichen Weiterqualifizierungsinteressen und Weiterqualifizierungsfelder
in der Wikipedia dürften im technischen Bereich
wie in den Artikel-Großfeldern bis 2030 kaum ausgehen.
Organisieren wir uns also im Rahmen unserer individuellen Bedarfe!


Auch dazu die These:



Wo die Projektreise tatsächlich hingehen kann und ab wann,
liegt wiederum bei uns selbst.
Denn von allein kommt nichts Erbauliches in Gang.

Das will wohl auch ein letzter hier aufgegriffener Diskussionsimpuls
in Richtung 2030 besagen:



Man muss wie ich kein Freund der Untergangsszenarien und der vielen Untergänge sein,
die vermeintlich immer schon begonnen haben.
Und doch steckt in diesem Statement ein Kern, der ernstgenommen sein will:
Das Wikipedianer-Bild vom freischwebend-ungebundenen Freiwilligen,
der ausschließlich der eigenen Lust und Laune folgt und zu nachhaltiger Kooperation
wenig taugt, wird uns nicht gut in die Zukunft bringen.
Es entspricht auch nicht der Realität, die viele von uns erleben und gestalten,
wenn sie Dienstleistungen fürs Projekt oder für Kolleginnen und Kollegen erbringen.

Aber wenn es an die Umsetzung von Ideen und sinnvollen Vorhaben geht,
gibt es leider oft mehr Verbalaktion als wirkliches Anpacken –
und dann ist es eben doch wieder die ominöse Freiwilligkeit,
die Untätigkeit und das Versanden von Vorhaben erklären soll.


Wie könnte es anders und besser gehen?



Der dargestellte Bedingungsdreiklang mag auf den ersten Blick trivial wirken;
die praktische Erfahrung besagt etwas anderes.
Klein und mit Bekannten anzufangen, dürfte am ehesten erfolgversprechend sein.
Möge aus ermutigenden Beispielen wie diesem der eine oder andere Schneeballeffekt sich ergeben!


Bleibt noch die These:



Summa summarum gibt es also viel zu tun,
das nicht ein gutes Dutzend Jahre warten sollte oder darf,
sondern unmittelbar angegangen werden kann bzw. muss:



Das selbstverständlich nicht repräsentative Handzeichen-Meinungsbild vor Diskussionsbeginn
ergab hinsichtlich Dringlichkeit und Machbarkeit der fünf genannten Startimpulse
bei den Teilnehmenden folgende Prioritätenabfolge:

  • Frustvorbeugung
  • Aktualisierung/Qualitätssicherung
  • gewichtete Autorenanzeige
  • bedarfsdifferenzierte Wikipedia-Lehre
  • tragfähige Verantwortungsübernahme


Nachspann zu vernetzten Handlungsfeldern

Inhaltliche Schnittmengen der vorliegenden Präsentation zeigten sich bei der
Leipziger WikiCon sowohl anfangs bei der WMDE-Alpha-Tour zu den Zielen 2018
für das Handlungsfeld 1, wo es um das Gewinnen und Halten von Autoren ging,
als auch in der Podiumsdiskussion am Sonntag zum Thema:
„Was kümmert mich die Strategie der Wikimedia-Foundation?“

Der letzte Satz der Präambel zur Ausrichtung der Strategie enthielt
in der zum Termin vorliegenden deutschsprachigen Fassung ein zentrales Versprechen:
2030 werden wir nicht „die Summe allen Wissens“ erreicht haben,
aber wir werden es jedem ermöglicht haben, sich unserem Bemühen anzuschließen.

In der Tat muss es schon jetzt und in die Zukunft hinein darum gehen vorzusorgen,
dass Neue und dass die richtigen Neuen bei uns andocken.



Gerade auf den Begriff zivilgesellschaftliches Projekt ist Akzent und Wert zu legen.
Denn wem dieser Begriff etwas sagt und zusagt, der oder die könnte bei uns genau richtig sein.

Das also wäre mal ein Wikipedia-Werbebanner, wie es das Projekt sehr gut brauchen könnte.
Und der darin enthaltene Link zur inhaltlichen Verbesserung
sollte im Sinne der Bedarfsdifferenzierung unterschiedliche Auswahlmöglichkeiten anbieten:
(1) Fehlerkorrektur im aufgerufenen Artikel / (2) inhaltliche Nachbesserungsvorschläge auf der Diskussionsseite /
(3) Autoren-Tutorium / (4) Fachportale bzw. –redaktionen als Anlaufstellen für die eigenen Interessen
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