Birne = Apfel, Nazigegner = Nazi oder alles Banane?
Es gibt eine in allen Schattierungen braune bis brd-staatsfürchtige POV-Fraktion, wahrnehmbar als Population von Edit-Warriors und Sockenpuppen-Züchtern, die eine interessante Strategie im Umgang mit staatlichen Verfolgungsbehörden pflegen. Ihr fruchtbarster Schoß findet sich rund um die ultra rechte Wochenzeitung Junge Freiheit. Als in ihrem Sinne staatstragend erscheint es dieser Zeitung als unerträglich Gegenstand der Aktivitäten des Verfassungsschutzes zu sein. Gegen Verfassungsschützern und Rechtsextremismusforschern führt sie seit Jahren eine Kampagne, die parallel auch in die Wikipedia getragen wird.
Was motiviert nun diese Warriors zu einer Kampagne, bei der das Name dropping der Verfassungschutzberichte für ihre politische Arbeit genutzt wird, in dem sie möglichst in der Lemmadefinition eines Artikel des politischen – meist antifaschistischen – Gegners das Label platzieren: laut Verfassungsschutz linksextremistisch?
Nun, der Verfassungsschutz und die ihr nahe stehende Extremismus"forschung"* hat eine lange Tradition, auf dem rechten Auge blind zu sein. Ultra Rechten wie der Junge Freiheit Worrior Alexander von Stahl sehen hier ein wichtiges im Kalten Krieg geschärftes Instrument der Rechten bedroht, ihre antifaschistischen Gegner staatlich verfolgen zu lassen, und wollen ihr politisches Spielzeug zurück.
In diesem Licht sehe ich auch die Aktivitäten hiesiger Lesezirkel der Jungen Freiheit und anderer Sympathisanten rechter Organisationen, die mit dem dazu untauglichem Mittel des N.P.O.V. Edit Wars provozieren, um den Staats-POV, das Label des VS auf ihre politischen Gegner zu platzieren.
Ziel ist zum einen, den VS wieder für eigene politische Zwecke zu instrumentalisieren, zum anderen aber durch N.P.O.V.isierung die bekannte politische Verdrehungsformel anzuwenden: Birne = Apfel, Nazigegner = Nazi.
In diesem Zusammenhang gab es eine bemerkenswerte Initiative in der Wikipedia, die das Etikettieren anhand dieser politischen Formel per Meinungsbild durchsetzen sollte. Es sollte nicht mehr aufgrund der Quelle und der Quellendiskussion zum Artikelgegenstand, die politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge erarbeitet werden, sondern schlicht per objektivierter Feinbildmarkierung das Markenzeichen des jeweiligen Chiquita-Ministeriums auf den Artikel geklebt werden.
Erfreulich: Diese Initiative konnte nur wenige überzeugen.
Externe Lektüre zum Thema: Gero Neugebauer
Zitat aus dem Fazit dieser Expertise über den Extremismusbegriff des VS von Gero Neugebauer:
- Der Extremismusansatz konnte sich in der sozialwissenschaftlichen Forschung nicht durchsetzen. Eine eigenständige, empirisch orientierte Forschungsrichtung, die sich mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden linker, rechter und religiöser Extremismen (Einstellungen, Ziele, Verhaltensweisen, Regime) befasst, ist nicht erkennbar. Ursächlich dafür dürfte die Eindimensionalität des Konzepts und seine Ausrichtung an einem normativen Demokratiebegriff sein. Damit wird es der Komplexität der Verhältnisse nicht gerecht. Es führt nicht zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern behindert sie eher. Die Forschung hat sich durchaus, auch in vergleichender Perspektive, mit den unterschiedlichsten gesellschaftlich-politischen Objekten aller politisch-ideologischen Richtungen (Parteien, Bewegungen, Gewalt, Terror, Revolutionen, autoritäre und totalitäre Regime etc.) beschäftigt und ist dabei zu einer Fülle von bedeutsamen Einsichten gelangt, ohne dass sie sich dabei des Extremismuskonzepts bedient hat.
Aus der WP Praxis: Trolledit repariert
* Knütter führt Veranstaltungen mit dem Holocaustleugner David Irving durch. Aus dem WP-Alltag: [1], [2] (<-Immer interessant, wie um den Status der Jungen Freiheit gekämpft wird. Distanzlos: Soll hier suggeriert werden, Knütter wolle Holocaustleugner bekehren?) [3], [4]
Was sagen uns die Weisen dazu?
BearbeitenMan muss das Grundgesetz vor seinen Vätern schützen und die Verfassung vor ihren Schützern. -- Wolfgang Neuss: Der totale Neuss, Hamburg 1997, S. 467
Allgemeines
Bearbeiten- VS-Aussagen sind selten informativ, i.d.R. lässt sich nur notieren: aha, x ist dem VS im Jahre xy mal bekannt gewesen
- Die Erwähnung einer Gruppe, Organisation oder Person in einem VS-Bericht hat markierenden Charakter
- Auffällig ist, das Insistieren auf VS-Erwähnungen zeichnet den User selten als jemanden aus, der die Arbeit am Artikel qualitativ voranbringen will.
- Um Wissenswertes auszusparen oder es zu entwerten, werden Autoritäten (VS) zwecks Markierung vorgeschoben. (Zweifellos ist das eine beliebte Methode der Denunziation: Die eigene politisch motivierte Mission wird hier durch den Kunstgriff der vermeintlichen Sachlichkeit (Staats-POV) kaschiert.)
- Tipp: Die Sache bei Lichte betrachten. Was mit dem Staats-POV als allgemeine Meinung dargestellt werden soll, ist, bei Lichte betrachtet, eine speziell zugeschnittene Meinung unter vielen Meinungen, die selten wissenswertes im notwendigem Umfang vermittelt. Damit ist das Wissen über den Artikelgegenstand nicht annähernd erschöpft. Meinungen über das möglichst umfassende Wissen zum Artikelgegenstand sind allerdings Sache der Leser_innen. Dieses Wissen bereitzustellen, ist Sinn und Zweck einer Enzyklopädie.