Motive
BearbeitenReise ins Innere
BearbeitenMarlow reist ins Zentrum der kolonialistischen Landnahme. Bei seinem Bewerbungsgespräch sieht er, wartend im Büro der Gesellschaft an der Wand das Ergebnis der nationalen Aufteilung:
„… a large shining map, marked with all the colors of a rainbow. There was a vast amount of red—good to see at any time, because one knows that some real work is done in there, a deuce of a lot of blue, a little green, smears of orange, and, on the East Coast, a purple patch, to show where the jolly pioneers of progress drink the jolly lager-beer. However, I wasn't going into any of these. I was going into the yellow. Dead in the center. And the river was there—fascinating—deadly—like a snake.“
„… an einem Ende eine leuchtende Landkarte, mit allen Farben des Regenbogens bemalt. Es gab viel Rot darauf – gut anzusehen, weil man weiß, dass dort nützliche Arbeit geleistet wird; verteufelt viel Blau, ein wenig Grün, ein paar Streifen Orange und, an der Ostküste einen Fleck Purpur. Doch ich wollte ja in keines davon. Ich würde ins Gelbe gehen. Gerade in den Mittelpunkt. Und auch der Strom war da, berückend, toddrohend, wie eine Schlange.“
Das Innere ist dem externen Betrachter nicht zugänglich, wer es erforscht, begibt sich in Gefahr:
„In a few days the Eldorado Expedition went into the patient wilderness, that closed upon it as the sea closes over a diver. Long afterwards the news came that all the donkeys were dead. I know nothing as to the fate of the less valuable animals. They, no doubt, like the rest of us, found what they deserved.“
„Wenige Tage darauf begab sich die Eldorado-Expedition in die geduldige Wildnis, die sich über ihr schloss wie das Meer über einem Taucher. Viel später kam die Nachricht, dass alle Esel tot waren. Über das Schicksal der weniger wertvollen Tiere weiß ich nichts. Sie alle haben wohl, wie wir anderen auch, das Schicksal gefunden, das sie verdienten.“
Natur als Immanenz, als Lebensquell
Bearbeiten„The brown current ran swiftly out of the heart of darkness, bearing us down towards the sea with twice the speed of our upward progress; and Kurtz's life was running swiftly too, ebbing, ebbing out of his heart into the sea of inexorable time.“
„Der dunkle Strom rann schnell aus dem Herzen der Finsternis hinaus und trug uns doppelt so schnell, wie wir heraufgefahren waren, der Küste zu; und auch Kurtz' Leben rann schnell dahin, verebbte aus seinem Herzen in das unerbittliche Meer der Zeit.“
Die fremde Kultur
BearbeitenRassismus im Werk
BearbeitenChinua Achebe sieht bei Conrad »die Wilden« in dem Werk als bloße Fortsetzung, Ausstülpung der Natur. Diese Zuschreibung halte ich zwar für plausibel. So schreibt er etwa, als der Flussdampfer von der Station wieder die Rückreise antritt:
Mammon als Religion, Ideologie des Profits
BearbeitenDiverses
Bearbeiten- Schattenprojektionen
- „Die Sonne stand niedrig; und wie sie so nebeneinander vorgebeugt hin schritten, schienen sie mühsam ihre beiden lächerlichen Schatten von ungleicher Länge, die langsam hinter ihnen über das hohe Gras glitten, ohne einen Halm zu beugen, den Hügel hinauf zu schleppen.“
- „Plötzlich öffnete sie ihre nackten Arme und warf sie grade über ihrem Kopf hoch, wie in dem unsinnigen Verlangen, den Himmel greifen zu können, und zugleich schossen auch die schnellen Schatten über die Erde, hüllten ringsum den Strom ein und zogen den Dampfer in ihre Umarmung.“
- „Sie streckte die Arme aus wie nach einer zurückweichenden Gestalt, streckte sie schwarz, mit gefalteten, bleichen Händen quer durch den schmalen, mattschimmernden Lichtstreifen des Fensters. “
- Autobiografisches
Nach Verlust seiner Anstellung als Kapitän der Otago suchte Conrad mehrere Monate in London, sich einzuschreiben. Im November 1889 fuhr er nach Brüssel, um bei Albert Thys nach einer Arbeit als Flusskapitän nachzusuchen. Er erhielt die Stelle des Dänen Johannes Freiesleben, der Ende Januar 1890 von kongolesischen Stammesangehörigen getötet worden war. Im Mai brach Conrad in Bordeaux an Bord der Ville de Maceio nach Afrika auf. Auf der Reise begegnete er bei Grand-Popo dem französischen Kriegsschiff Le Seignelay, das ein Dorf im Landesinneren beschoss. Conrad verarbeitete dieses Erlebenis so:
„Einmal, erinnere ich mich, kamen wir an ein Kriegsschiff, das weitab der Küste vor Anker lag. Es war nicht einmal eine Niederlassung zu sehen, und der Panzerkreuzer beschoss den Urwald. Es ergab sich, dass die Franzosen an dieser Stelle gerade einen ihrer Kriege im Gange hatten. Die Flagge hing schlaff wie ein Fetzen am Toppmast. Die Mündungen der langen Acht-Zoll-Geschütze standen ringsherum über den niedrigen Rumpf hinaus; die träge, ölige Dünung hob und senkte das Schiff langsam und ließ die dünnen Masten schwanken. In der leeren Unendlichkeit von Land, Himmel und Wasser lag der Kreuzer da, unverständlich, und feuerte in einen Erdteil hinein. Bumm, ging eines der achtzölligen Geschütze los; eine schmale Stichflamme blitzte auf und verging, ein weißes Rauchwölkchen verwehte, ein schlankes Geschoss heulte kurz auf – und nichts geschah. Nichts konnte geschehen. Es lag etwas wie Irrsinn in dem Beginnen, eine fürchterliche Komik in dem Anblick; und es wurde nicht besser, als jemand an Bord mir ernsthaft versicherte, irgendwo, außer Sicht, befände sich ein Lager der Eingeborenen. Er nannte sie Feinde!“
Joseph Conrad
BearbeitenKindheit und Herkunft
BearbeitenDie Familien von Józefs Eltern stammten mütterlicher– wie väterlicherseits, die Korzeniowski und Bobrowski, wie über mehrere Generationen nachvollziehbar und dem späteren Schriftsteller auch bekannt, aus Podolien, einer Landschaft südwestlich Kiews, die im Rahmen der polnischen Teilung 1793 ein Gouvernement des russsischen Reiches wurde.[1]:8–9 Beide Familien gehörten der Szlachta an, also dem polnischen (Klein-)Adel, der in Berdytschiw damals einen Gutteil der polnischen Bevökerungsminderheit ausmachte – die überwiegende Mehrheit stellten die Juden gefolgt von den als Ruthenen bezeichneten Slawen.[2]:17–18 Als nun aber der väterlichen Familienbesitz wegen Beteiligung am Novemberaufstand 1830 konfisziert worden war, hatte auch der 1820 geborene Vater Apollo Korzeniowski, der von 1840 bis 1846 in St. Petersburg Jura und Philologie ohne Abschluss studierte, sein Erbe verloren. Vielleicht erklärt sich daher die lange Verlobungszeit mit Ewa Bobrowski von 1847 bis 1856. Die Eltern heirateten am 4. Mai 1856 auf dem Familiensitz der Mutter. Im Jahr darauf wurde der einzige Sohn geboren. Damals verdiente Apollo seinen Lebensunterhalt als Verwalter eines Gutshofes. Daneben schrieb er Dramen und Gedichtzyklen polnisch-patriotischen Inhalts, eine Tätigkeit, die er Schritt um Schritt ausweitete, da er wohl keine Begabung zum Führen eines landwirtschaftlichen Betriebs hatte. 1861 entschloss er sich, nach Warschau zu ziehen, vorgeblich, um eine Zeitschrift für Politik, Geschichte, Literatur und Kunst zu gründen (Dwutgotnick (sic!), poln. Die Vierzehntägliche), tatsächlich wollte er wohl auch dem Januaraufstand nahe sein.[1]:10–13
Jedenfalls wurde er im Oktober von der zaristischen Obrigkeit verhaftet und im nächsten Frühjahr, nachdem ihm der Prozess gemacht war, zur Verbannung nach Wologda verurteilt, einer Stadt 400 km nordöstlich von Moskau. Nachdem in der Haft in der Zitadelle von Warschau schon der Vater erkrankt war, trifft es nun auch den vierjährigen Jozef und später die Mutter Ewa, die später in der stadt mit dem Jahresmittel von 2,4 °C an Tuberkulose erkrankte. 1863 wurde es der Familie erlaubt, in ein etwas milderes Klima zu ziehen, nach Tschernihiw, 120 km von Kiew entfernt. Als außerdem der Mutter die Erlaubnis erteilt wurde, sich behandeln zu lassen und sich mit dem Sohn für drei Monate zu Verwandten begab, lernte dieser die ganze Familie kennen, die alle vorbeikamen, um der Mutter „Achtung und Liebe“ zu erweisen. Zurück im Exil, starb die Mutter, im April 1865.[1]:15–19
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c Renate Wiggershaus: Joseph Conrad. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2000. ISBN 3-423-31034-0
- ↑ John Henry Stape: Im Spiegel der See. Die Leben des Joseph Conrad. Deutsch von Eike Schönfeld. Marebuchverlag, Hamburg 2007. ISBN 978-3-86648-071-1