Sigwart, Siegwart, Sigwarth und Siegwarth (im Folgenden der Einfachheit halber einheitlich die wahrscheinlich älteste Schreibweise Sigwart) ist der Namen einer weitverzweigten Glasmacherfamilie, deren Hauptverbreitungsgebiet der Schwarzwald war. Aber auch Verbindungen zu Glashütten im restlichen Deutschland (u.a. Welzheimer Wald und Saarland), in der Schweiz, in Frankreich und in Italien sind vorhanden. Glasmeister und Glasmacher aus den Sigwart-Familien sind seit der Mitte des 16. Jahrhunderts belegt, und waren bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts an etlichen Glashütten beteiligt (Waldglashütten, in denen u.a. Schwarzwaldglas hergestellt wurde). Die letzten Glashütten mit Sigwart-Beteiligung in Deutschland waren bis Ende des 19. Jahrhunderts in Betrieb, in der Schweiz gibt es heute noch eine in Betrieb befindliche Glashütte, die ursprünglich von Mitgliedern der Sigwart-Familie gegründet wurde, die Glasi Hergiswil.
der Name - Schreibweise und Herkunft
BearbeitenDen Namen gibt es in unterschiedlichen Schreibweisen, wobei "Sigwart", "Siegwart", "Sigwarth" und "Siegwarth" im deutschsprachigen Raum am häufigsten vorzufinden ist. Je nach Region überwiegt u.U. eine bestimmte Schreibweise, so ist z.B. in der Schweiz hauptsächlich die Schreibweise "Siegwart" verbreitet. Es gibt auch davon abweichende Schreibweisen, z.B. "Siegwardt". Die verschiedenen Glasmacher-Familien stehen jedoch in nachgewiesenen Verwandtschaftsverhältnissen, auch bei unterschiedlicher Schreibweise. Häufig kam es zu einem Wechsel der Schreibweise, wenn sich der Aufenthaltsort einer Glasmacher-Sippe änderte, und z.B. ein anderer Ortspfarrer den Namen in einer abweichenden Schreibweise ins Tauf- oder Trau-Register aufnahm (vergleiche Namensrecht_(Deutschland)).
Im Ausland sind folgende Schreibweisen anzutreffen (es handelt sich hierbei um Nachkommen der aus deutschsprachigem Gebiet stammenden Auswanderer):
Frankreich: Sigvart, Siquart, Sigward
Italien: Siguard
Der Namen leitet sich von einem germanischen Vornamen ab, und setzt sich zusammen aus althochdeutsch sigu (Sieg) und althochdeutsch warth (Wärter oder Hüter)[1] (vgl. Siegward).
Herkunft der Familie
BearbeitenDer älteste derzeit bekannte nachweisliche Vorfahre der Sigwart-Glasmacher ist Clevis Sigwart (* ca. 1540/1545 in Rudersberg oder Walkersbach, † ca. 1610 in St. Blasien), in manchen Quellen wird er statt "Clevis" auch "Dobias" oder "Derbus" genannt. Ausgehend von ihm sind seine Nachkommen an den verschiedenen Glashütten genealogisch nachvollziehbar.
In der Umgebung von Rudersberg/Welzheimer Wald tauchen vor Clevis noch weitere Personen mit dem Familiennamen Sigwart auf[2][3][4][5][6][7][8], allerdings konnte hier bisher noch kein direkter Zuhammenhang zu den Glasmachern hergestellt werden. Außerdem befindet sich im Welzheimer Wald auch der Ursprung der Theologen- und Gelehrten-Familie Sigwart[9], bekannte Nachkommen dieser Linie sind u.a. Johann Georg Sigwart, Georg Friedrich Sigwart, Georg Carl Ludwig Sigwart, Heinrich Christoph Wilhelm Sigwart, Christoph Sigwart und Ulrich Sigwart.
Darüberhinaus gibt es in verschiedenen Sekundärquellen noch Klärungsversuche, woher die weiteren Vorfahren der Sigwart-Glasmacher stammen könnten, so wird u.a. über eine Herkunft aus dem norddeutschen oder friesischen Raum spekuliert. In diesem Zusammenhang wird als Herkunftsort ein Dorf namens "Akkenmünde"[A 1] genannt[1].
Wappen
BearbeitenAus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt das Wappen. Die im 16. Jahrhundert aufgeschriebene Überlieferung über die Entstehung des Wappens sagt folgendes: Als Anerkennung für eine kriegerische Tat überreichte der Landesherr dem Ahnen das Wappen, das er und seine Nachkommen in Zukunft führen sollen[1]. Versch. Varianten dieses Wappens sind im Folgenden dargestellt:
Blasonierung: Im blauen Schild ein schwarzer Turm mit Tor, einem darüber liegenden Fenster, letztere durch weiße Linien gekennzeichnet. Aus dem Tor ragt ein linker Arm mit Schwert hervor, im Fenster eine fliegende Taube, ebenfalls weiß.
Bei einer älteren Variante ist der Grund des Tores und des Fensters blau. Die erwähnten weißen Linien sind dort nicht vorhanden.[1]
Es gibt noch ein anderes Sigwart-Wappen, das Wappen der schwäbischen Theologen- und Gelehrten-Linie. Deren Wappen wurde in der Literatur auch schon fälschlicherweise für die Glasmacher-Sippe verwendet(siehe Warndt?!???):
Glashütten
BearbeitenDeutschland
BearbeitenAn folgenden Glashütten-Standorten waren Mitglieder der Familien Sigwart zusammen mit anderen bekannten Glasmacher-Familien (wie die Dilger, Greiner, Mahler, Schmid, Thoma, Tritschler, u.a.) als Gründer oder Teilhaber beteiligt, und als Glasmeister/Glasmacher tätig:
Steinbach
BearbeitenZeitraum: ??? bis ???
Zugehörigkeit: ???
erwähnte Sigwart: ???
Erste nachweislich dokumentierte Glashütte der Sigwarts. Heute ist Steinbach ein Ortsteil von Rudersberg.
Blasiwald
BearbeitenZugehörigkeit: Kloster St. Blasien
erwähnte Sigwart: ???
Es gab nicht eine Glashütte mit Namen "Blasiwald", sondern es waren mehrere Glashütten, die im Wald von St. Blasien standen (heute: Blasiwald, Ortsteil von Schluchsee):
- Habsmoos (siehe Kröll ..) ???
- Windberg (1597 bis 1716), wobei die Hütte einmal versetzt wurde --> laut KHS ????
- Muchenland (1597 bis 1622) ???
- Althütte (1622 bis 1646) ???
- Eisenbreche ???
- ... ???
Es gab auch keine Glashütte mit Namen "St. Blasien", zuweilen wird dies in der Literatur jedoch so erwähnt, gemeint ist dann eine der Glashütten im Blasiwald oder seltener eine der anderen Glashütten, die zum Kloster St. Blasien gehörten.
Brunnenwald
BearbeitenZeitraum: 1611 bis 1685 und 1690 bis 1740[1]
Zugehörigkeit: Herrschaft Bonndorf, zu Kloster St. Blasien gehörend
erwähnte Sigwart: 1611: Glasmeister Thomas Sigwart und Hans Sigwart aus der Glashütte Steinbach[1]
Die Hütte lag in der Nähe von der ehemaligen Gemeinde Gündelwangen, heute ein Ortsteil von Bonndorf.
Rothwasser-Hütte
BearbeitenZeitraum: 1634 bis 1723[10] oder 1634 bis 1656 (bis zum Anteilsverkauf)[1]
Zugehörigkeit: Landgrafen zu Fürstenberg
erwähnte Sigwart: 1634: Peter Sigwart und Thomas Sigwart von St. Blasien[1]
Aus der Glashütte und den umliegenden Wohnhäusern entwickelte sich die ehemals selbstständige Gemeinde Altglashütten, heute ein Ortsteil von Feldberg.
Neuglashütten
BearbeitenZeitraum: ? bis ?
Zugehörigkeit: Landgrafen zu Fürstenberg ????
erwähnte Sigwart: ???
Diese Hütte ist durch die Verlegung der oben erwähnten Rothwasser-Hütte an einen neuen Standort entstanden. Neuglashütten ist heute ein Ortsteil von Feldberg.
Todtmoos
BearbeitenZeitraum: 1658 bis 1730/1740[1]
Zugehörigkeit: Kloster St. Blasien ???
erwähnte Sigwart: ???
Von dieser Glashütte zeugt heute noch der Ortsteil Glashütte der Gemeinde Todtmoos.
Knobelswald
BearbeitenZeitraum: 1685 bis 1727
Zugehörigkeit: Kloster St. Peter
erwähnte Sigwart: ???
Die Hütte lag im Knobelswald (auch Gnobeldobel genannt[11]) zwischen Neukirch und St. Märgen, heute ist Glashütte ein Ortsteil von St. Märgen. Es soll schon vor 1685 eine Glashütte im Knobelswald gegeben haben[11], vermutlich auf der sog. Redeck.
Grünwald
BearbeitenZeitraum: ? bis ?
Zugehörigkeit: Kloster St. Blasien
erwähnte Sigwart: ???
Grünwald ist heute ein Ortsteil der Gemeinde Lenzkirch.
... (siehe Neuzling, Warndt)
Äule
BearbeitenZeitraum: 1716 bis 1878[10]
Zugehörigkeit: Kloster St. Blasien
erwähnte Sigwart: 1716: Johann Sigwart[1]
Am 24. April 1716 schloss Abt Augustinus v. St. Blasien einen Vertrag mit 10 Glasmeister der Familie Sigwart.[1] Äule, auch "hintere Aha" genannt, ist heute ein Ortsteil von Schluchsee. Aus der damaligen Zeit stehen noch die Kapelle und umliegenden Wohnhäuser, die Glashütte selbst existiert nicht mehr. Die Geschichte der Glashütte wird an einer Schautafel gegenüber des Hütten-Standorts kurz dargestellt.
Bubenbach
BearbeitenZeitraum: 1727 bis 1872
Zugehörigkeit: Vorderösterreich
erwähnte Sigwart: ???
Am 16. April 1727 schlossen die Glasmacher, die von der Glashütte im Knobelswald kamen, mit der vorderösterreichischen Stadt Bräunlingen einen Vertrag über die Nutzung der Wälder auf dem Gebiet des heutigen Dorfes Bubenbach[12], heute ein Ortsteil von Eisenbach. Die erste Glashütte war bis in die 1780er Jahre in Betrieb, die zweite Glashütte ...
Herzogenweiler
BearbeitenZeitraum: ? bis ?
Zugehörigkeit: Kloster St. Blasien ???
erwähnte Sigwart: ???
Wiedergründung von Herzogenweiler durch ??? und ??? Sigwart ...
weitere Glashütten
BearbeitenAn folgenden Glashütten-Standorten waren zumindest einzelne Mitglieder der Familien Sigwart als Glasmeister oder Glasmacher tätig:
- Achern ???
- Gaggenau identisch mit Mittelberg/Moosbronn??? nein, siehe Anton Rindenschwender
Nach Gaggenau wurde die Fertigung gelegt, nachdem die Mittelberger Glashütte schließen mußte.
- Herrenalb ???
- Herrenwies ???
- Mittelberg
- Moosbronn
- Buhlbach
- Schwarzenberg/Schönmünzach
- Rodalben
- Otterberg
- Friedrichsthal
- Fischbach (wo??)
- Illingen
- Oppenau
- Lauterbach
- Gegenbach (siehe Wittichen)
Schweiz
Bearbeiten- Flühli
- Hergiswil (heute noch in Betrieb: Glasi Hergiswil)
- Mammern?
- ...
Frankreich
Bearbeiten- Harreberg (bei Sarrebourg in Lothringen)
- Lettenbach (bei St. Quirin in Lothringen)
Italien
Bearbeiten- Lodrino im Tessin (ein bekannter Nachkomme dieser Linie ist Constantin Siegwart-Müller)
Literatur
Bearbeiten- Dr. Eberhard E. von Georgii-Georgenau: Biographisch-genealogische Blätter aus und über Schwaben. Emil Müller, Stuttgart 1879, S. 934–943.
- Dr. Christoph Sigwart: Genealogie und Geschichte der Familie Sigwart. Tübingen 1895.
- Karl Heinrich Siegwart: Die Siegwart und die edle, freie Glasmacherkunst. Interlaken, CH 1936.
- Wilhelm Fladt: Die Dorfchronik von Bubenbach. In: Hermann Cris Busse (Hrsg.): Mein Heimatland. 23. Jahrgang - Heft 7/8. Freiburg i. Breisgau 1936, S. 279–285.
- Joseph L. Wohleb: Aus der Geschichte der fürstenbergischen Glashütten. Badische Druckerei & Verlag J. Boltze, Allensbach 1950.
- Ludwig Moser: Badisches Glas. Seine Hütten und Werkstätten. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1969.
- Karl Greiner: Die Glashütten in Württemberg. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1971.
- Marianne Oesterreicher-Mollwo: Die Glasmacher im Schwarzwald. Bildverlag, Freiburg i. Breisgau 1980.
- Albrecht Schlageter: Auf Spurensuche. Die Glasmacher und ihre Hütten im Südschwarzwald und Markgräflerland (12. Jhd. bis etwa 1680). In: Das Markgräflerland. Heft 1, 1987, S. 104–155.
- Franz Fettinger (Hrsg.): Auf dem hohen Wald. Heimatgeschichte von Eisenbach, Bubenbach und Oberbränd. Druckerei Steinhart, Titisee-Neustadt 1991, ISBN 3-9800890-1-0.
- Heinz Horat: Vom Feuer geformt: Die Geschichte der Glashütte Hergiswil. Hergiswiler Glas AG, Hergiswil, CH 1992, ISBN 3-85928-026-0.
- Ursula Kröll: Glaskunst im Schwarzwald. Von Glashütten, Alchemisten und schönen Gläsern. Waldkircher Verlag, Waldkirch 1994, ISBN 3-87885-276-2.
- Planungsteam Glasträgerweg/Landratsamt Waldshut (Hrsg.): Der Glasträgerweg. Auf den Spuren der Glasträger durch den Südschwarzwald. 1. Auflage. Schillinger, Freiburg 2001, ISBN 3-89155-262-9.
- Walter Neutzling: Die Glashütten und Glasmacher im und am Rande des Warndts. Heimatkundlicher Verein Warndt e.V., Völklingen-Ludweiler 2002.
- Karl Heinrich Siegwart: Die Siegwart' und die edle, freie Glasmacherkunst. Hrsg.: Dominik Siegwart. Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-9226-4 (von Dominik Siegwart redigierte Ausgabe des Manuskripts des Autors).
- Dominik Siegwart: Konrad Siegwart, der Bäckermeister von Fützen. Spurensuche, Biographie und Familienchronik. Shaker Media, Aachen 2009, ISBN 978-3-86858-492-9.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g h i j k Karl Heinrich Siegwart: Die Siegwart und die edle, freie Glasmacherkunst. Interlaken 1936.
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Bestand A 44: Urfehden. Abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Bestand A 44: Urfehden. Abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Bestand A 44: Urfehden. Abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Bestand A 44: Urfehden. Abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Bestand A 44: Urfehden. Abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Bestand A 44: Urfehden. Abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Bestand A 44: Urfehden. Abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Dr. Christoph Sigwart: Genealogie und Geschichte der Familie Sigwart. Tübingen 1895, S. 3.
- ↑ a b Ursula Kröll: Glaskunst im Schwarzwald. Von Glashütten, Alchemisten und schönen Gläsern. Waldkircher Verlag, Waldkirch 1994, ISBN 3-87885-276-2.
- ↑ a b Ludwig Heizmann (Hrsg.): Die Gemeinden der Amtsbezirke Donaueschingen und Neustadt in historischer Darstellung. München 1933, S. 41. Zitiert nach Familienverband Tritschler e.V.: Neukirch. Abgerufen am 21. Oktober 2013.
- ↑ Franz Fettinger (Hrsg.): Auf dem hohen Wald. Heimatgeschichte von Eisenbach, Bubenbach und Oberbränd. Druckerei Steinhart, Titisee-Neustadt 1991, ISBN 3-9800890-1-0, S. ?.
Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ es könnte sich hierbei um en:Akkerwoude handeln
[[Kategorie:Glasmacher]]