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Rheinischer Merkur

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  • "Ein politischer Opiumesser", in: Rheinischer Merkur vom 1. August 1952
    • Anmerkungen zu den Memoiren Franz von Papens
    • von Dr. Edgar Stern-Rubarth, London
    • Am Tage, als mich die kurz zuvor erfolgte "Machtergreifung" aus meiner Aufgabe und vermeintlichen Lebensstellung entfernte, traf ich den neuen Vizekanzler Franz von Ppaen bei einem diplomatischen Empfang, an dem übrigens zufällig auch der damalige Nuntius, heute Papst Pius XII., teilnahm. Ich erzählte Papen, dem ich, wie manchen seiner Vorgänger, während seiner Kanzrschaft nähergekommen war, von meiner jüngsten Erfahrung. Sichtlich entrüstet erbot er sich sofort, nun zu intervenieren, und ich hatte einige Mühe, ihn davon zu überzeugen, dass ich a) nicht die geringste Absicht verspürte, dem Hitler-Regime irgendwelche Dienste zu leisten, b) dass er sich und mir mit einem solchen Versuch den schlechtesten Dienst erweisen würde.
    • Der Charame und die persönliche Gutherzigkeit, zugleich aber auch die politische Ahnunglosigkeit dies alten Herrenreiters, die sich in dieser Episode spiegeln, bestanden vor und während seines unseligen Auftreten auf der politischen Bühne. Und bestehen, so scheint es, auch nach den Aventuren und Prüfungen fort, die ihn während und nach seiner Verquickung mit dem "Tausendjährigen Reich befallen haben. Seine Memoiren - wohl nicht ganz zufällig drei Monate vor ihrer deutschen Ausgabe auf Englisch bei André Deutsch in London erschienen - sind, wie er ehrlich zugibt, eine Apologia pro vita sua; denn "Autobiographien können niemals wirklich objektiv sein". Die seine soll vielmehr "als Beitrag zu Mosaik der Geschichte gewertet werden." Wirklich? Ach nein, Herr von Papen, dazu fehlen in diesen über 600m Druck seiten zu viele unentbehrliche Steinchen, tragen zu viele eine falsche oder gar keine Farbe.
    • Der Staatsmann-Komplex
    • "Jahre voll blutiger Gewalttat, brutalen Mords, sozialen Umsturzes - dennoch kaum mit seiner Andeutung berüht in seinen Memoiren", so schreibt ein angesehner englischer Kommentator: "die Memoiren nicht einer Spinne, sondern einer Fliege", ein anderer; "er spricht jetzt von den abscheulichen Ereignissen des 30. Juni, aber damals bat er, 'Hitlers Hand in Dankabrkeit für diese Ereignisse schütteln zu dürfen", ein dritter. Wenn er und sein MEHR-als-Übersetzer, Brian Connell, sich vielleicht aus materiellen Gründen über die Sensationswirkung dieses elegant und flott geschriebenen Buches freuen dürfen: der Staatsmannkomplex eines unverbesserlichen Ulanen und Spielers wird daraus kaum die nötigen Korsettstangen im Nachheinein ziehen können. Diejenigen, die durch die Fassade dieser Kavaliersfigur mit den buschigen Brauen, den trueherzig-wasserklaren Äuglein, dem sorgsam gescheitelten, schwarzen, heute schlohweißen Haupthaar sahen und - um beim kavalleristischen Bilde zu bleiben - die Hinterhand, recte den Hinterkopf, vermissten, versuchten schon 1932 dem "unvermuteten Knazler" solche Korsettstagnen (und zugleich Scheuklappen und Maukorb) anzulegen. Das Zentrum, empört über Papens Dolchstoß gegen seinen Vertrauensmann Dr. Brüning, versagte sich.
    • Unter Führung eines begabten, phantasiereichen und von parlamentarischen Bindungen freien Mannes, des jüngst allzu früh verstorbenen Bonner Wohnungsbauministers Eberhard Wildermuth, wurde damals der Versuch gemacht, in einem neuen Deutschen Nationalverein die dezimierten Parteien der Mitte von den Demokraten bis zu Konservativen Vereinigung zusammenzufassen. Um, wie wir unter uns einverständlich festgelgt hatten, "Papen an die Leine zu legen". Er selbst, wie immer in seiner Laufbahn, überzeugt davon, dass er schon die Zügel in der Hand behalten werde, begünstigte den Versuch, und sein Staatssekretär Erwin Planck - wie sein Chef ein professioneller Reitersmann - unterstützte ihn. Er schlug fehl, teils auf Grund der typischen Querelles allemandes, teils infolge der Kurzlebigkeit des Papen-Regimes, des Zerwürfnisses innerhalb des Präsidial-Kabinetts zwischen Papen und Schleicher.
    • "Wenn zwei dasselbe tun...
    • Heute spricht Papen von den Idealen der Kaiserzeit und in einem Atem damit von der britischen Monarchie als Konzeption und Beispiel bei dem Husaenstreich seienr Kanzlerschaft. Wie er beide auf einen Nenner bringt, ist sein Geheimnis. Heute wirft er Brüning vor, dass er versucht habe, mit Verordnungen zu regieren, sieht aber in dem Gleichen während seiner eigenen Herrschaft eine "staatsmännische Tat" - inwiefern, ist wieder sein Geheimnis. Heute gibt es er sich als Mann der deutsch-französischen Verständigung (die er, durch seine Ehe mit der Tochter des großen Mettlacher Keramikindustriellen Villeroy Grenzlanddeutscher geworden, seit 1918 angestrebt habe) und im Wege des Hitlerschen Antibolschewismus als eine Art Vorausdenker des Atlantikpakts aus. Der krausen Logik, die ihm dennoch die Förderung und Miterverantwortung für Hitlers offensichtliche Weltherrschaftspläne gestattete, wird auch höchstens ein Psychiater zu folgen vermögen.
    • Dass er bei diesem, milde gesagt, unheimlich egozentrischen SPiel die Figuren nach Bedarf verrückt oder schwinden lässt, die neben ihm auf diesem Schachbrett einer tragischen Partie gestanden haben, nimmt nach alledem kaum noch Wunder. Nicht nur, dass Hugenberg, der allzuschlaue Silberfuchs und Groener, immerhin in vier Kabinetten und bis zur Bildung der Regierung Papen Wehrminister, dabei völlig ins belanglose Fußvolk geraten; auch dass Papen, mit fast naiver Unbewusstheit, seine eigenen engsten und treusten Mitarbeiter und gesinnungsfreude abtut, die den Mitarbeiter und Gesinnugnsfreunde abtut, die den Mordgesellen und Folterknechten der Gestapo zum Opfer fielen - das kann ihm auch der wohlwollendste Kritiker seiner sogenannten Erinnerungen nicht verzeihen. Edgar Jung, Verfasser von Papens Marbruger Rede vom 17. Juni 1934 (seiner einzigen spürbaren Auflehnung" gegen den Nazismus), seine "rechte Hand" von Bose - sie sind kaum, Dr. Klausener, Führer der Katholischen Aktion, der Papen als guter Katholik eng verbunden war, ist überhaupt nicht erwähnt, und nur dem "engsten Freunde", von Ketteler der fast drei Jahre nach dem verhängnisvollen 30. Juni 1934, im April 1937, "liquidiert" aus der Donau gezogen wurde, widmet er ein paar merkwürdig distanzierte Worte. Natürlich verurteilt er - persönlich zweifellos kein Antisemit und human in seiner Grundanschauung - den Massenmord und die grausame Verfolgung der Juden und die Gestapomethoden im allgemeinen. Aber auch das, schwächlich belegt durch einen Angriff des "Völkischen Beobachters" auf den Kanzler von Papen als "Beschützer" der Juden, wirkt fast frivol in seiner Oberflächlichkeit.
    • Man braucht seine Einstellung gegenüber dem komplottiereden Amtsstuben - General Kurt von Schleicher nicht zu ändern, wenn man vor allem auch die Behandlung dieses Opfers der "Nacht der langen Messer" erschütternd, vielleicht empörend findet. Wie stolz hörten wir Papen erzählen, dass ihm Hindenbrug bei seinem erzwungenen Rücktritt vom Kanzleramt sein Bild im Silberrahmen, überreicht habe, mti der Aufschrift: "Ich hatt' einen Kameraden..." Und nun wird in seiner Darstellung der eigne gute Kamerad seines Westentaschen-Staatsstreichs zum finsteren Verschwörer, ja zum Haupt Hauptschuldigen der blutigen Hanswurstiade, an der eine Welt zugrundeging, der Mord, dem Schleicher und seine Gattin zum Opfer fielen, verblasst gegenüber dem Bilde eines gewissenlosen Intriganten, der mit Francois-Poncet gepaktelt, Brünings außenpolitische Arbeit unergraben, 'Papen selbst betrogen haben soll. Was immer an der (teilweise überraschend neuen) Darstellung wahr sein mag: hier fehlt auch jenen Nuance der Ritterlichkeit, die sich einstige Mitverschworene eines Adels- und Offizeirsregiems mit den "Idealen der Kaiserzeit" schulden.
    • Ähnliche Schuld lädt Papen auf sich die Art und Weise, wie er die Tat und die Männer des 20. Juli 1944 - vorwiegend Angehörige seiner eigenen Kaste und seines Offiziersberufs - behandelt, bzw. mit vornehmen Abstand übergeht. Verglichen mit Männern, wie von Hassell, von der Schulenburg und Albrecht Bernstorff, erscheinen seine Haltung und sein Handeln zugleich opportunistisch und schwächlich", so sagt dazu der vornhemste udn wohlwollendste seiner englischen Kritiker, Harold Nicolson. Es muss freilich zugegeben werden, dass eine Anerkennung des späten Versuchs, Deutschland und die Welt von dem Toben eines bösartigen Irren zu erlösen, besonders schwierig für den Mann wäre, der - so stellt er jetzt FEST -W IWDER BESSERES wISSEN durch dick und Dünn zu jenem unseligen hielt - um seinerseits die Hand am Hebel zu behalten, so meint er in fortbestehender, fast entwaffender Selbstübschätzung. Er behauptet auch, dass er diesen "Widerstand" mit anerkennenswerter Courage geleitet habe, denn sein Name habe ja immer obenan gestanden auf der Liste der künftig von der Gestapo "Umzulegenden". Träfe das zu: wie kommt es dann, dass er alle Massenmorde, vom 30. Juli 1934 bis zum Ende, überlebt, Missionen, wie diejenige in Wien und in Akarada durchgeführt hat?
    • Liegt es nicht viel näher, dass die Beseitigung seiner gelegentlichen unwirksamen Vor- und Ratschläge (einschließlich eines frühen, der Fürher solle die NSDAP auflösen, den Papen verzeichnet!) Hitler weit weniger wichtig erschien als das aristokratische Aushängeschuld, der verbindlche und präsentable "Garant" seiner künftigen Mäßgigung, der sich je nach Bedarf vorscheiebn und desavouieren ließ? Der ihm ein Konkordat brachte, ohne seine Hetze gegen Kirchen und Klerus verhindern zu können; der ihm Schuschnigg ans Messer lieferte, schimmerlos, wie er naiv zugibt, in bezug auf Hitlers wirkliche Absichten, der in einer Schlüssestellung in Anakra wichtige Informationen zu beschaffen vermochte. Hier jedoch wird die Selbstrechtfertigung zur Groteske: Papen sieht nicht, das Moyzischs Darstellung er "Operation Cicero", dass er weiterverbreitete Film ist seiner gelungenen Maske ihm ein einziges Mal die überelgene Rolle gegenüber den quadratschädigen, letztlich stupiden Machthabern des Naziregimes, den Himmler und Konsorten, verleiht, und er versucht zu beweisen, dass diese faktisch erheblichen strategischen Nutzen aus seinem Material, aus den photographierten Dokumenten des britischen Botschafters Knatchull-Hugessen gezogen hätten...
    • "Unheilige Allianz"
    • Wenn Papens Buch in seiner deutschen Version "Der Wahrheit eine Gasse!" betitelt wird, so wird das eine verflixt enge Sachkasse sein. Denn das, was er auf den 618 Seiten seines Textes unterdrückt, ist fast noch bezeichnender als das Ausgesagte. Bei dieser Steeplechase überspringt er nicht nur sämtliche vorangegangenen Memoirenwerke deutscher und ausländischer Augenzeugen, die Anerkennung seiner wertvollen Dienste für Nazisache in Goebbels Dokumenten (und in Gestalt des Goldenen Parteiabzeichens und - eigenhändig durch Hitler im August 1944! - des Ritterkreuzes mit Schwertern des Kriegsverdienstkreuzes), sondern auch all die peinlich aktenkundigen Feststellungen des Nürnberger Prozesses. Daß dieser, wie immer man ihn sonst beurteilen, mag, Papen und Schacht von der Anklage des "Kriegsverbrechens" freigesprochen hat, scheint juristisch unzweifelhaft begründet. Wie hoch beider moralische Schuld zu bewerten ist, schon weil sie, wie zuvor in Harzburger Hugenberg, den "böhmischen Gefreiten" salonfähig gemacht und seiner verworrenen Sache, seiner Gossenpolitik des Knüppels, der Sündenbockjagd und der verdrängten Minderwertigkeitskomplexe hunderttausende Urteilsloser, politisch Ahnungsloser zugeführt haben: darüber macht sich offenbar Papen keine Gedanken.
    • Denn er kann ja immer noch nicht verstehen, weshalb die übrigen Parteien "mit ihm nicht zusammenarbeiten wollten"; ein Zusammenstehen gegen ihn ist ihm immer noch eine "unheilige Allianz", und "ein Staatsmann mit wirklichem Verantwortlichkeitsgefühl muss mitunter bereit sein, die ungerechte Zensur seiner Freunde hinzunhemen". Es ist nicht seine Schuld, dass es seiner , der Stimme des wahren Staatsmanns nicht gelang, das zu erreichen, was in seinen Augen sein Verbleiben als Hitlers Schleppenträger rechtfertigt: "seine Wandlung vom Parteipolitiker zum Staatsmann." Die alten, abgedroschenen Schlagworte von Deutschlands heiliger Mission (wie sie hitler auffasste?), von den grundlegenden christlichen Anschauungen (nach Kirchenminister Kerrl ist "Adolf Hitler der wahre Heilige Geist", nach einer Protoklamation der "Deutschen Christen vom 6.4.1937 ist "Adolf Hitlers Wort Gottes Gebot und genießt göttliche Autorität") müssen herhalten, um Papen Rolle als Steigbügelhalter, dann Stellvertreter, schließlich erst geprügelter und dann gestreichelter Diener seines "Führers" zu rechtfertigen. Denn auch ihn, so gibt er nach dem Gewaltstreich gegen Wien zu, hatte der allgemeine Rausch ergriffen.
    • Flucht in den Wunschtraum
    • Wenn man gegalubt hat, den Mann des Turfs, des Salons, des errenklubs zu erkennen - mit einem Gemisch von Sympathie, wie sie ein leichtsinniger, aber persönlich waghalisger, nie ganz entmutiger Spieler genießt, und von Entrüstung über die Gefährdung anderer, die er damit heraufbeschwört, so wird dieses - zugestandemeraßen jeder Tiefe entbehrende - Bild durch die Bekenntnisse Papens peinlich verwischt. Es sind viele, die heute in Deutschland - und nicht wenige, die auch in andern Ländern - auf der Suche nach einer Selbstrechtfertigung sind. Deutsche, die ehrlich die Frage nach eigener Schuld oder Mitschuld zu bewanworten, für die Gesamtheit ihres Volkes (einschließlich der Opfer und Vertriebenen des Nationalsozialismus, die irgendwie und irgendwann auch an Unterlassungen teilhaben!) neue moralische Rückgratstärkung zu schaffen suchen. Ihnen hat Franz von Papen einen schlechten Dienst erwiesen. Denn wenn sich solche Schuld so leicht wegdisputieren lässt, wie das hier in geschmeidiger, für den Außenstehenden und den mangelhaft Unterrichteten durchaus plausibler Form gescheiht, dann brauchen sich Kleinere als der einstiger Reichskanzler, spätere Vizekanzler und Botschafter Adolf Hitlers nicht groß den Kopf zu zerbrechen. Von da bis zur neuen Dolchstoßlegende, zum Abtun von Massenmorden, KZ.s und Gaskammern als Greuelmärchen" ist dann nur noch ein kleiner Schritt!
    • Aber wenn Papen schon keine kriminelle Schuld auf sich nimmt - aus eherlicher Überzeugung, sicherlich, denn er kann nicht aus seiner Haut - so müsste ihm das "Plu qu'un crime - une betise!" geläufig sein, das abwechselnd Fouché und Tallexrand zugeschrieben wird. Ich fürchte, er sieht in Franz von Papen eine Mischung aus beiden, und die katastorphale Dummheit nur - bei allen anderen. Er hat sich unlängst dagegen verwahrt, dass er, "der mit weißbehandschuhten Händen jeder Sache das Grab gegeraben hat, der er Lippendienste leistete" (Hugh Trevor Roper, der Historiker der letzten Tage Hitlers) ein Monokel trage. Ich fürchte, es ist eine Brille mit Spiegelgläsern, in denen er in gigantischer Vergrößerung einen souveränern Staatsmann mit weißer Weste erblickt, scharf abgehoben von einem immer mehr verschwimmenden Hintergrunde von Blut und Wahnsinn, von Schattengestalten in braunen und schwarzen Uniformen, die zu Pygmäen schrumpfen.
    • Vielleicht aber hat er, wie Thomas de Quincey in seinen "Bekenntnissen eines englischen Opiumessesrs" einfach ein Rezept gefunden, um einer allzu peinlichen Wirklichkeit in die Welt seiner Wunschträume zu entfliehen.



  • Schachbrech einer tragischen Partie
  • schuld leicht wegdisputiert in geschmeidiger für wenig unterrichtet plausib form, brauch klei als eins rk ni kopf zerbrechen, neu dolschtole abtu massmord nur kl schritt
  • kei rkimm schul auf si nimmt, aus ehrl überzeugung, dnen kann ni aus haut, geläuf sei schli verb, fehl; mischu fouch u tall; katastroph dummhei sieh nur anderen; verwahr weissbehandshcuht händ jed sach grab gegrbaen hab, der lippdi leistete; sieht se gig vergörss ein souv staama mit weiss west; schar abgeho von immer mehr verschwi hintgru von blut u wahnsi, schattges pygmä shcurmpfen; reze gefu um pei wirkkei i nwelt wunträu entfleiehn
  • schlüsselstellu in ankara
  • charme, pers gutherzigkeit, pol ahnulo
  • autobiograp kö niemal obje, beitra mos geschi;
  • zu viele unentbehrl Steinch trag zu viele ei falsch od gar kei Farbe.
  • moral schul weil hi salonfäh, gosspol knüppel, sündbockjag u verdrä minwerkom hutaus urtlo, pol ahnlo zugeführ hab, ma pap kei geda
  • heirat grenzlanddt.
  • unseligen auftreten pol bühne

Vaterland

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  • Papen meldet sich wieder", in: Vaterland vom 12. August 1952
    • Der ehemalige deutsche Richskanzler in der Zeit zwischen der Weimarer Republik und der Diktaturherrschaft Hitlers, Vizekanzler und Hitler und nachher dessen Botschafter in Wien und Ankara, v. Papen, hat in London seine Lebenserinnerungen herausgegeben. Der englische Band ist für die weiteste Öffentlichkeit bestimmt; die deutsche Ausgabe, die im Herbst dieses Jahres im Paul-List-Verlag, München, erscheinen wird, wird durch eine breitere Darstellung der Vor-Hitler-Zeit ergänzt werden. Sweot deutsche Auszüge aus der englischen Ausgabe bekannt wurden, enthalten diese Lebenserinnerungen wenig Neues. Wirklich neu sind die Angaben v. Papens, daß er im Auftrag der Männer vom 20. Juli versucht habe, mit Präsident Roosevelt in Verbindung zu treten, um die Haltung der Westmächte im Hinblick auf einen Putsch gegen Hitler zu sondieren. Die Anfrage sei aber ohne Antwort geblieben. Neu ist auch die Erwähnung, daß ihm von amerikanischen Stellen während seiner Inhaftierung in Nürnberg Giftpillen vermittelt worden seien: Diese Tatsache wirft auch neues Licht auf den Selbstmord Görings unmittelbar vor der Hinrichtung der Kriegsverbrecher in Nürnberg. Vielleicht sind auch Göring bewusst Giftpillen zugespielt worden.
    • Im übrigen sind die Memoiren v. Papens selbstverständlich ein Rechtfertigungsversuch des Autors für seine politische Haltung in der Zeit nach Ende des ersten Weltkrieges bis zu seiner Verhaftung unmittelbar vor der deutschen Kapitulation im Jahre 1945. Einer der wohlwollendsten englischen Kritiker dieser Memoiren, der frühere britische Diplomat Harold Nicolson, billigt v. Papen den guten Glauben zu, das Gute gewollt zu haben, daß er glaubte, stark und klug genug zu sein, um Schlechtigkeit in Gutes verwandeln zu können. Aber er war nicht so schlau wie Hitler und nicht so raffiniert wie Göring und Goebbels. v. Papen rechtfertigt seine Zusammenarbeit mit Hitler als einen Versuch, die radikalen Elemente der nationalsozialistischen Bewegung zu neutralisieren. Mit welchem Erfolge ist bekannt. v. Papen spricht von den "abscheulichen Ereignissen des 30. Juni", aber nichts davon, dass er damals darum bat, "Hitlers Hand in Dankbarkeit für diese Ereignisse schütteln zu dürfen" und dafür ausgezeichnet wurde, neben Hitler photographiert zu werden, obwohl die Maschinenpistolen für ihn bereits geladen war. Dafür wurden die engsten Mitarbeiter von Papens Edgar Jung, von Bose, Dr. Klausener abgeknallt. Diese Männer sind in den Memoiren von Papens entweder überhaupt nicht oder nur so nebenbei erwähnt. Nur dem "engsten Freund" von Ketteler, der drei Jahre nach dem 30. Juni "liquidiert" aus der Donau gezogen wurde, sind einige wenige Worte gewidmet. Dafür wird Hindenburg, von dem er nach seinem Rücktritt als Reichskanzler ein Bild mit der eigenhändigen Widmung "Ich hatt' einen Keraden" als Andenken erhielt, als der große Schuldige an der verhängnisvollen Entwicklung zum Naziregime hin dargesellt. Man mag Hindenburg beurteilen, wie man will, die Darstellung von Papens läss doch jedes Gefühl für den 2guten Kameraden" vermissen. Aber nicht sosehr, das, was der Verfasser sagt, ist interessant, sondern, was er nicht sagt, und er sagt nichts oder nur sehr wenig von dem, was an Verhängnisvollem und Katastrophalen seiner Politik anhaftete. Man weiß von Herrn von Papen nun doch zu viel, als daß das Verschweigen in seinen Memoiren von diesem 2zUVIEL2 Abstrich gemacht werden könnten.
    • Bei allen positiven QUalitäten, die Herr von Papen zweifellos aufzuweisen hat, war er doch eine der verhänhnisvollsten Figuren der unmittelbaren Vor-Nazi-Zeit, vor allem der Nazi-Zeit selber.
    • Er war der Beinahe-Staatsmann, zum ganzen Staatsmann fehlte ihm aber die Hauptsache, Charakter.
    • Wo er nach außer noch Charakter zeigt, bekam er sofort Angst vor sich selber, bekam er Angst vor dem Charakter. Er zeigte in vieler Hinsicht Klugtheit und Mut, aber er war auch hier nur beinahe klug und beinahe mutig und nahm im entscheidenden Momente Klugheit und Mut wieder zurück.
    • Klugheit wurde von ihm in Intrigantenum umgefälscht, Mut in substanzlose Verwegenheit.
    • Der alte Herrenreiter und Derybbesucher wettete immer auf mehrere Pferde, am liebsten auf Durchbrenner. Der Start seiner politischen Ritte begann meistens verheißungsvoll, aber im entscheidenden Momente scheute der Gaul oder der Reiter. Er war Moralist mit machiavellistischen Allüren oder Machivallist mit moralischen Allüren. Er war auch hier beinahe Moralist und beinahe Machiavellist. Er war klug genug, um die deutsche Katastroph, die von Hitler heraufbeschworen wurde, vorauszusehen, und er begann den Wettlauf mit dieser Katastrophe. Er war verwegen genug, mit dem Gift von Verfassungsbrüchen das Gift des Nationalismus unwirksam machen zu wollen, das nationalsozialistische Gift aber war WIRKUNGSVOLLER: er glaubte, die nationalsozialistische Korruption lenken und den Teufel am Nasenring führen zu können. Aber man kann den Teufel nicht lenken, sondern ihm nur gehorchen oder widerstehen. Von Papen gehorchte beinahe und widerstand beinahe. Er war kein Teufel, aber beinahe.
    • Von Papen hatte konstruktive Ideen, namentlich in wirtschaftspolitischer Hinsicht. Das Wirtschaftsprogramm seiner Kanzlerzeit darf sich sehen lasen, aber der Mann hinter diesem Programm genoss wegen seiner charakterlichen Haltung kein Vertrauen. In seinen Memoiren greift er Brüning heftig an, weil er keine ausschließliche Rechtspolitik betrieb. Aber heute weiß doch jedes politische Kind, dass die extreme Rechte zu jener Zeit mit dem unglückseligen Hugenberg an der Spitze ein unmöglicher Koalitionspartner war. Seine Seelenverwandtschaft mit Hugenberg übte aber eine seltsam Anziehungskraft auf von Papen aus, der aber glaubte, Hugenberg überspielen zu können. Von Papen wollte mit seiner Konkordatspolitik den Frieden zwischen der Kirche und dem neuen Staate herstellen, aber er war zu schwach, um zu verhindern, dass das Konkordat zu einem bloßen Instrument der Fesselung der deutschen Katholiken wurde.
    • Statt in die Freiheit führte er die Katholiken ins Ghetto.
    • Am raschesten hatte ihn seine ehemaligen politischen Freunde der Zentrumspartei erkannt, die ihn aus ihrer parlamentarischen Fraktion ausschlossen: Daher auch die Rache an seinem erbittersten Gegner in der Fraktion, an Brüning in den Memoiren von Papens. Die ganze demokratische Entwicklung in Deutschland war ihm in der Seele zuwider, und er hat mit seiner Totengräberarbeit an der Demokratie wie kein zweiter dem Nationalsozialismus zum Siege verholfen. Jede beinahe mutige Tat wurde unter seiner Hand zu einer Tragödie für andere. Das war der Fall nach seiner Münster-Rede im Jahre 1932, war vor allem der Fall nach seiner Marbruger Rede 1934, die seinen engsten Mitarbeitern das Leben kostete. Dass er selber haarscharf am Tode vorbeiging, verdankte er nur seiner Charakterlosigkeit, die für Hitler wertpvll genug war, um sie für seine politischen Zwecke auszunutzen. Er war von einer ungeheuren ehrgeizigen Unruhe getrieben, die ihn ständig zur Flucht vor sich selber trieb. Er kannte keine Treue als die Treue zu seiner Charakterlosigkeit, die beinahe ein Art von Größe aufweist, wenn für dieses Wort überhaupt der Ausdruck "Größe" angewandt werden kann.
    • Von Papen wurde in Nürnberg von der Schuld des Kriegsverbrechens freigesprochen, wohl mit Recht. Das spricht ihn aber nicht frei von der Geschichte, der letzten und höchsten Instanz in der Beurteilung geschichtlicher Persönlichkeiten. Von Papens politische Haltung kann ganz gewiss nicht unter einen Tatbestand des Strafrechtes gestellt werden.
    • Auf das, was er getan hat kann aber das schlimme Wort angewandt werden, das abwechslungsweise Taylleyrand und Fouché zugeschrieben wird: plus qu'un crime - une betise.
    • Dass sich von Papen erneut der Öffentlichkeit stellt, zeigt nur, dass er auch nach den Fallen des Vorhanges über seine politische Tätigkeit nicht Fingerspitzengefühl genug besitzt, um zu wissen, dass seine Rechtferitgungsschrift nur aufzeigt, wie ungerechtfertigt seine politische Tätigkeit war. Wenn seine Lebenserinnerungen ihn als einen Mann mit weißer Weste erweisen, dann wird auch der wohlwollendste Leser nur eine mit allen Wassern gewaschene weiße Weste sehen.


Mementos

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  • pol ritte begannen meist verheißungsvoll, entshcei mome scheu gaul od reiter;
  • Moralist mit machiavellis Allüren od Machivallist mit moralis Allüren
  • schwach verhi kon instru fess kath wurde
  • Beinahe-Staatsmann, wo charakter zeigte bekam angst vor si selbst
  • wettete immer auf merhere pferde, liebsten durchbrenner
  • Klugheitin Intrigantenum umgefäl, Mut in substanzlo Verwegheit.
  • dt ausgabe breite darstellung vor-hi-zei
  • zeig viel hinsi klughei u mut, beinahe klug u beinahe mut u nahm ent momen klugheit u mut zurück
  • gift verfassubrüch gif ns unwirksam machen
  • totengränerarbeit an demokratie hat wie kei zwei dem ns sieg verholfen. jede beinah muti tat unt han zu einer tragödie für andere
    • war von ungeheuren ehrgeizigen unruhe getireb, stä fluch vor si selbst trieb; kannte kei treue als treu zu sei charakterlosigkeit, beinahe art größe aufweist, wenn für wor überhau ausdrück größe angewan werd kann
  • kriegsverbr mit re freigespro, spri ab ni frei vor gesch, letz u hch insta beur geschich persö; haltu kann ni tatbesta strafrech gestellt werden. ni verbre fehl
  • erinnerungen mann weiß wes erweisen, wir auch wohlwoll leser nur ei mit all wassern gewasch weiß weste sehen; nach en pol tät ni finspitzge genu wiss refertiguschri aufzei ungerefer pol tät war
  • Blasius, S. 92: wohlverdiente versenkung

Zeit im Bild

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Zeit im Bild, Nr. 6 vom 22. Februar 1948

  • S. 8
    • Franz von Papens Memoiren. Aus der Hexenküche des 3. Reiches
    • Herr Lammers fliegt die Treppe hinunter
    • 100 Personen ohne Gerichtsverhandlung hingemordet. Die außergewöhnliche Unverschämtheit des Herrn Lammers. 3 Uhr nachts. Hitler am Telefon. Ich werde Botschafter in Wieng
      • Die Memoiren des Franz v. Papen wurden im Chateau de Lesbioles bei Mondorf in Luxemburg geschrieben, als er sich in der Haft der alliierten Armeen befand. Infolge besonderer glücklicher Umstände ist "Zeit im Bild" in der Lage, sie ihren Lesern mitteilen zu können. Die Redaktion teilt in keiner Weise die Meinung des Memoirenschreibers und gibt dieselben auszugsweise, aber inhaltlich unverändert wieder.
      • Fortsetzung und Schluss
      • Man erschießt oder verhaftet meine Mitarbeiter
        • Jetzt setze ich mich an meinen Schreibtisch und richte ein Schreiben an Hitler mit der Aufforderung, mich unverzüglich zu empfangen. Inzwischen hatte ich in Erfahrung gebracht, daß bei der Besetzung meiner Büros in der Voßstraße mein Pressereferent, Major a.D. v. Bose, "wegen Widerstandes gegen seine Verhaftung" kurzerhand erschossen, und daß meine beiden persönlichen Adjutanten, Herr v. Tschirsky [Tschirschky] und Graf Kageneck, verhaftet seien.
        • Hitler ließ mir sagen, dass er mich sogleich zu empfangen wünsche. In der Reichskanzlei angekommen, sagte man mir, das Kabinett habe sich soeben versammelt. Ich würde den Kanzler im Kabinettssaal finden. Als ich den Saal betrat, fand ich die gesamte Reichsregierung einem offensichtlich soben begonnen Vortrage Hitlers lauschend. Der Kanzler erhob sich bei meinem Erscheinen, schritt auf mich zu und wünschte mich auf meinen Sitzen neben dem seinen zu führen. Ich erklärte ihm, daß ich ihn nur allein zu sprechen wünsche und keineswegs die Absicht habe, meinen Sitz im Kabinett einzunehmen, den ich bereits vor 14 Tage zur Verfügung gestellt hätte. Hitler schien verwirrt und erregt. Wir begaben uns in den anstoßenden Raum.
      • Ein Regime von Mord und Totschlag
        • Nachdem ich meiner Empörung über die schmachvolle Behandlung des zweithöchsten Beamten des Reiches Ausdruck gegeben hatte, sagte ich ihm, er werde wohl nicht erwarten, daß ich noch eine Stunde länger Mitglied einer Regierung sein könne, die ein Regime von Mord und Toschlag vertrete und nun offensichtlich zu decken suchen werde. Unnötig, hinzuzufügen, dass H. versuchte, die Notwendigkeit der Aktion zu verteidigen und den Mord an Bose als gerechtfertigt zu erklären, weil dieser seit langem durch landesverräterische Konspiration mit der ausländischen Presse sich strafbar gemacht und außerdem seiner Verhaftung Widerstand entgegengesetz habe. Ich verlangte Beweise und eine eingehende Untersuchung sowie die sofortige Enthaftung meiner Adjutanten. Was mich anbetreffe, so bedauere er sehr meinen Entschluss sofortiger Demission. Indessen erklärte er mir, er werde erst etwa in einem Monat in der Lage sein, diese Demission öffentlich bekanntzugeben, um "die so nötige Beruhigung der öffentlichen Meinung nicht dadurch zu stören".
        • Meine politische Reputation, erwiderte ich, verlange gebietrisch eine sofortige Bekanntgabe. Ich könne unter keinen Umständen dulden, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehe, ich bliebe im Amte und decke mit meiner Autorität die Vorgänge des 30. Juni
      • [Kasten: Das Chamäleon Meißner. Hier sehen wir Herrn Meißner vor Gericht, den Mann, von dem Papen sagt, er habe den alten Hindenburg "eingesperrt". Genannt das "Chamäleon", weil er seine Farbe so gut zu wechseln verstand, diente Staatsekretär Meißner ebenso "treu" dem Sozialdemokraten Ebert wie Hindenburg und später Hitler. Ein ebenso ehrgeiziger wie charakterloser Berufspolitiker.
        • Es half alles nichts. Da die Presse von der Regierung völlig kontrolliert wurde, wußte ich, daß es aussichtslos sei, die Öffentlichkeit ohne seine Zustimmung zu unterrichten. Indessen hoffte ich doch, mich nächster Tage mit Hindenburg in Verbindung setzen zu können. Hitler beschloss diese Unterredung mit dem Bitte, ich möge mich wenigstens morgen im Reichstag einfinden, wo er dem deutschen Volk Rechenschaft über alles ablegen wolle.
      • Hitler: Ich übernehme die Verantwortung!
        • Selbstverständlich bin ich dieser monstruösen Sitzung ferngeblieben, in der er der erstaunten Mitwelt erklärte, er übernehme allein die volle Verantwortung für die Erschießung von etwa 80-100 Personen, die ohne jedes Gericht - ob schuldig oder nicht - hingemordet waren. Ihre tatsächliche Anzahl ist nie bekanntgegeben worden. Aber ich erfuhr an diesem Tage, dass mit anderen auch der mir nahestehende jungkonservative E. Jung erschossen worden sei. Meine Bemühungen, diesen Fall aufzuklären, waren ebensowenig von Erfolg wie im Fall Bose.
        • E. Jung hatte nach meiner Ernennung zum Vizekanzler Fühlung mit mir genommen; ich hatte ihn früher nicht gekannt. Er war ein scharfsinniger, geistvoller Mensch. Er hat mir in meiner vielbesetzten Zeit manchen Entwurf für eine Rede geliefert. Aber ich habe sie nach meinem eigenen Geschmack umgearbeitet und vervollständigt. E. Jung hatte leider die Gewohnheit, in den oppositionellen Parteikreisen die Mitarbeit, die er mir leistete, allzusehr zu unterstreichen. Man darf annehmen, dass dies der Grund war, der ihm am 30.6. das noch junge, unvollendete Leben gekostet hat.
        • Am Tage nach der Reichstagssitzung erfuhr ich, daß mein Fehlen auf der Regierungsbank erregtes Aufsehen verursacht habe. So hatte ich wenigstens die Genugtuung, daß meine engeren Freunde daraus meine Trennung von dieser Regierung erfuhren.
      • Der Zwischenfall Lammers
        • Am Nachmittag erschien der Staatssekretär der Reichskanzlei, Dr Lammers, in meiner Wohnung. Der Führer bitte mich, den Posten eines Botschafters beim Vatikan anzunehmen. Mit dem Zusatz: Die Gehaltsfrage solle so großzügig behandelt werden, wie ich es nur wünsche.
        • Das war zuviel. Ich bin ein höflicher Mann ungd erzogen, mich in allen Gelegenheiten des Lebens wie ein Gentleman zu benehmen. Aber ich habe Herrn Lammers die Treppe hinuntergeworfen, und ihn beauftrgat, dem Führer zu sagen, ich hielte diesen "Bestechungsversuch" für eine außergewöhnliche Unverschämtheit. Meine Frau hatte dieser Szene beigewohnt. Sie war von jeher jeder politischen Kooperation mit den Nazis auf das äußerste abgeneigt gewesen und hatte mit einem untrüglichen Instinkt mich immer gewarnt. Jetzt fand ich zum ersten Male ihre volle Billigung.
      • Der Kordon um Neudeck
        • Die Versuche, mit Hindenburg in Fühlung zu kommen, waren völlig vergeblich. Einer meiner persönlichen und treuen Mitarbeiter, der Frhr. W. v. Ketteler, hatte isch sofort insgesheim nach Ostpreußen zum Herrn von Oldenburg-Januschau begeben, der ein Nachbar und alter Freund des Feldmarschalls war. Er hoffte, von dort aus den Feldmarschall über die tatsächlichen Vorgänge unterrichten und zum Eingreifen bewegen zu können. Unter Mitwirkung des Staatssekretärs Dr. Meißner war ein undruchdringlicher Kordon um Neudeck gezogen und nur Hitler genehme Leute hineignelassen. Inwieweit dies mit dem Einverständnis des Sohnes des Feldmarschalls geschehen ist, vermag ich nicht zu sagen. Ich habe den Eindruck, daß Oskar v. H., der sich intern sehr für politische Fragen interessierte, diesen Ring hätte durchbrechen können, wenn er der Überzeugung gewesen wäre, daß die Autorität seines Vaters das gleitende Schiff hätte aufhalten müssen.
        • Später begab ich mich zu meinem alten Freunde Schaffgotsch ins Riesengebirge und
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        • versuchte von dort aus nach Neudeck vorzudringen. Alles vergeblich. Hindenburg, so wurde mir wiederholt bedeutet, sei so krnak, daß er bedauere, meinen Besuch nicht empfangen zu können. Nach seinem Tode hat mir einer der ihn behandelnden Ärzte erzählt, daß der Marschall in diesen Juli-Tagen oft nach mir verlangt habe.
        • Bevor ich Berlin nach diesen Schreckenstagen verließ, oblag mir noch die traurige Pflicht, meinem Mitarbeiter Bose die letzte Ehre zu erweisen. Seine bedauernswerte Gattin mit zwei noch unerwachsenen Kindern und sein Schwiegervater, der General der Art. Kühne, waren verzweifelt. Man hatte versucht, die sterblichen Überreste Boses einem Krematorium zu übergeben, um sie, wie die anderen Opfer des 30. Juni wortlos verschwinden zu alssen. Ich verlangte - und erreichte nach schärfstem Druck - die Erlaubnis zu einer ordnugnsmäßigen Beerdigung und Trauerfeier. In der Kapelle des Schöneberger Friedhofs habe ich dem ausgezeichneten, durch Mörderhand gefallenen Mann in tiefster Bewegung Worte des Dankes und der Anerkennung widmen dürfen, bevor wir ihn zur ewigen Ruhe bestatteten. Es war eine selbstverständliche Pflicht, mich später der Witwe und ihrer Kinder anzunehmen.
      • Gestapo. Ermordet meine beiden Freunde
        • Ich darf hier gleich anfügen: Ein beweis für irgendeine unzulässige Verbindung Boses mit ausländischen Journalisten ist natürlich nie gesucht und erbracht worden. Dagegen erzählten meine Mitarbeiter, daß Bose im Besitz aktenmäßiger Unterlagen über das Vorleben Himmlers gewesen sei, derentwegen man ihn umgebracht habe. Nach dem, was sich vier Jahre später in Wien ereignete hat, wo mein Freund und Mitarbeiter, der Fhrr. v. Ketteler, auf unerklärliche Weise verschwunden und später ermordet aufgefunden wurde, besteht für mich nicht der geringste Zweifel, daß der gleiche Agent der Gestapo, der damals als Mitarbeiter in Boses Abteilung saß, diese beiden Menschen auf dem Gewissen hat. Meine persönlichen Adjutanten waren bald befreit worden. Herrn v. Tschirsky hatte man im Kz. B. sogar den Kopf nach Sträflingsart glatt rasiert.
      • Mit Pistolen an der Haustüre
        • Am Vorabend des Mordes an Bundeskanzler Dollfuss traf ich wieder in Berlin ein, um meine Sachen einzupacken und mich ins Privatleben zurückzuziehen.
        • Plötzlich um drei Uhr nachts ein heftiges Läuten an meinem Hause. SS-Leute begehren Einlass. Mein Sohn und ich sind der Meinung, dass ich sehr warhscheinlich verhaftet werden solle. Wir begeben uns, mit Pistolen bewaffnet, zur Haustüre. Der Verdacht bestätigt sich nicht.
        • Die SS-Männer erklären, von der Reichskanzlei zu kommen mit dem Befehl sofort eine telefonische Verbindung zwischen Hitler und mir herzustellen. Hitler befinde sich in Bayreuth und versuche vergeblich seit Stunden, mich zu erreichen.
        • Die Verbindung wird hergestellt. Hitler beginn. "Sie wissen ja, was in Wien vorgefallen ist: Sie müssen sofort dorthin und versuchen, alles in Ordnung zu bringen." Ich. "Ich habe keine Ahung, waas in Wien vorgefallen ist. Komme eben vom Lande zurück und begreife nicht, was Sie in Wien von mir wollen. Ich bin im Begriff, meine Koffer zu packen udn Berlin endgültig zu verlassen."
        • Hitler, höchst erregt, gibt darauf eine kurze Schilderung der dramatischen Vorgänge in Wien, die zur Ermordung Dollfuß' führten, und fährt fort: "Sie sind die einzige Persönlichkeit, die die Lage retten kann. Ich flehe Sie an, folgen Sie meiner Bitte."
        • "Sie werden nach allem, was vorgefallen ist, nicht erwarten, Herr Hitler, daß ich ohne genaue Kenntnis aller Vorgänge und der Politik, die Sie künftig in Wien zu befolgen gedenken, eine solche Aufgabe übernehmen könnte. Dazu hat der 30. Juni unüberbrückbare Hindernisse zwischen uns geschaffen."
        • "Dann kommen Sie wenigstens zu einer Aussprache sofort hierher. Sie haben doch immer für die österreichische Frage ein ebsodneres Interesse gezeigt. Mein Sonderlfugzeug steht zu Ihrer Verfügung, so daß Sie beim Hellwerden starten können."
      • Das Böse Gewissen
      • Ich sagte zu und flog in den Morgenstunden nach Bayreuth. Dort fand ich Hitler und seine ganze Umgebung wie ein Ameisenhaufen in größter Erregung. Es war schwer, ein annähernd genaues Bild von dem Wiener Putsch und der Rolle der Hitlerschen Promoteure zu gewinnen. Selbst wenn man in völliger Unkenntnis der Zusammenhänge in diese Gesellschaft hineingeraten wäre, hätte man auf den ersten Blick begriffen, daß man hier ein sehr schlechtes Gewissen hatte und nun die Folgen fürchtete. Für mich stand von vornherein fest, daß die maßlose Politik der österreichischen NSDAP unter Führung von Hitlers Kondottieri Habicht zu diesem Staatsstreich geführt hatte.
        • Das war also in wenigen Tagen nach dem 30. Juni der zweite blutige Exzeß der Partei die versprochen hatte. Deutschland auf friedlichem Wegen zu sozialem Frieden, Wohlfahrt und Ansehen zu bringen. Es war klar, daß beide Vorgänge einen tiefen Eindruck in der gesamten Welt hervorrufen und daß die Regierungsmethoden der Partei den politischen Kredit des Reiches aufs schwerste schädigen mußten.
        • [Kasten: In jenen Tagen um den 30. Juni waren Verhaftungen an der Tagesordnung. Kein Mensch war mehr sicher zu hause. Der Terror der SA und SS tobte sich überall aus]
      • Eine Verbrecherische Politik
        • Als alle diese Gedanken durch meinen Kopf zogen, war mir klar, daß der Entschluß, vor den ich heute gestellt wurde, mit der größten Verantwortlichkeit zu prüfen war. Auch heute nachdem feststeht, daß durch eine verantwortungslose, ja verbrecherische Politik unser Vaterland und seine Zukunft für Generationen zerstört sind, glaube ich, daß unter Abwägung der damaligen Lage und Umstände meine Entschluss gerechtfertigt, ja notwendigt war.
        • Der Versuch Hindenburgs, durch Einspannung der größten Partei des Reiches in die politische Verantwortung die Stabilität des Landes wiederherzustellen, war - das mußte ich heute erkennen -, trotz aller Sicherheitsmaßnahmen, die wir uns bemüht hatten einzuschalten, offensichtlich nahe daran, zu scheitern. Jeder mit voller Verantwortung an der Entwicklung der Dinge seit 1932 behaftete und an führender Stelle stehende Mann konnte nur mit großer Sorge der Zukunft entgegensehen. Gab es einen Ausweg? Die Partei beherrschte das Land. Das Ermächtigungsgesetz, das die Parteien des neugewählten Reichstags Hitler gegeben hatten, sowie die dann einsetzende Auflösung dieser Parteien, machten eine demokratische Kontrolle oder mindestens Opposition des Gsetzgebungsapparates unmöglich. Der einzige Ordnungsfaktor, die Reichswehr, hatte am 30. Juni jammervoll versagt. Hindenburg war todkrank. Es blieb nur die Hoffnung, daß der gesunde Sinn und Instinkt des deutschen Volkes sich innerhalb der Partei auswirken werde, nachdem Arbeiterschaft, Landvolk und Intelligenz in breiten Massen hineinströmte. Es blieb auch die Hoffnung, daß Hitler, durch die Ereignisse belehrt, in Zukunft seine politischen Methoden ändern werde, insbesondere, wenn er offen und rücksichtlos beraten wurde.
        • Konnte ich mich unte solchen Umständen der Pflicht entziehen, wenigstens in der österreichsichen Frage alles zu tun, um nach dieser Katastrophe zu retten, was noch zu retten war und zu versuchen, den außenpolitischen Kredit des Reiches wiederherzustellen? Es war wahrlich keine verlockende Aufgabe, die vor mir lag und über deren innere Schwierigkeiten ich mir nicht die geringsten Illusionen machte. Einfacher und angenehmer wäre es sicher gewesen und hätte in allem viel mehr den Wünschen meiner Familie entsprochen, wenn ich eine reinliche Scheidung von Leuten vollzogen hätte, mir denen ich in Erziehung und Denken nichts gemeint hatte.
        • Ich fand, daß trotz aller vorausgegangenen Insulte gegen meine Person, ich mich der Verantwortung gegen das Land nicht entziehen dürfte. In langen Auseinandersetzungen beschwor mich Hitler, die österreichische Angelegenheit aus dem Zusammenbruch zu retten. Ich erwiderte, daß ich im Prinzip dazu bereit sei, wenn eine Reihe zu stellender Bedingungen erfüllt werde.
        • Ich legte ihm dar, daß der geschichtlich notwendige Zusammenschluss unserer Lädne nur und ausschließlich auf dem Wege einer friedlichen Evolution verfolgt werden könne, gleichgültig wie lange Zeit dieser Prozess in Anspruch, nehmen werde. Die erste Vorbedingung der Widergewinnung des österreichsichen Vertrauens sei die völlige Ausschaltung der reichsdetschen NS-Partei aus der innerpolitischen
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  • S. 14
        • Entwicklung Oesterreichs sowie die sofortige Kaltstellung des bisherigen reichsdeutschen Führers des österreichischen Partei, seines Vertrauensmannes Habicht.
        • Die letzte Bedingung stieß auf schärfsten Widerspruch. Eine Zurückziehung Habichts in diesem Augenblick bedeutete eine Schulderklärung Hitlers für den Dollfussmord. "Vielleicht in einigen Wochen."
        • Ich entgegnete: "Wenn Sie auf meine Berufugn Wert legen, muß Habicht in 24 Stunden abgesetzt sein - und zwar persönlich von Ihnen, hier in diesem Hause, vor meinen eigenen Augen."
      • Hitler unterzeichnet
        • Der Kampf währte einige Stunden. Als Hitler sah, daß ein Kompromiss mit mir unmöglich war, lenkte er ein. Ich forderte außer meiner Anwesenheit bei der Entlassung Habichts eine schriftliche Festlegung meiner Vorbedingungen und seine Unterschrift. So fertigte ich ein Dokument, das mir freie Hand garantieren würde. Es enthielt folgende Grundforderungen:
        • 1. Der Anschluss Oesterreichs kann nur auf dem Wege einer langsamen friedrlichen Evolution in Aussicht genommen werden. Es darf in dieser Frage, die im Laufe der Geschichte und erst jetzt soviel Bruderblut gekostet hat, nicht ein Tropfen kostbaren duetschen Blutes fürderhin vergosssen werden.
        • 2. Alle Einwirkung der reichsdeutschen NSDAP unmittelbar oder mittelbar in die österreichsiche Politik wird vom Führer den Parteiorganisationen srikte utnersagt.
        • 3. Der bisherige Führer der NSDAP in Oesterreich, Habicht, wird sofort abberufen.
        • 4. Ich unterstehe als Gesandter in Wien ausschließlich dem Führer und keiner anderen Instanz. In österreichischen Angelegenheiten habe ich jederzeit unmittelbares Vortragsrecht. Am Abend unterzeichnete Hitler das Dokument. Gleichzeitig war Habicht im Flugzeug eingetroffen und wurde in meiner Gegenwart seiner sämtlichen Funktionen entsetzt (Herr von Ribbentrop hat diesen Kondottiere offensichtlich auf Grund seiner Verdienste um das Reich 1939 nach Beginn des Krieges als Staatssekretär in das Auswärtige Amt berufen.)
      • Hindenburg stirbt
        • Der FM (Feldmarschall) hatte unter mein Ernennungsdekret die letzte Unterschrift seines Lebens gesetzt. Wenige Tage später schloss er seine Augen für immer. Sein Sohn Oskar erzählte mir, daß er mit besonderer Freude begrüßt habe, mich auf dem wichtigen Posten in Wien zu sehen und daß er noch in seinen letzten Tagen oft nach mir gefragt habe.
        • Der große aufrechte Mann mit dem gütigen Herzen, gleichgeachtet als Solat wie als Oberhaupt des Staates - ein Mitkämpfer von Königsgrätz und ein Zeuge der Kaiserkrönung von Versailles - er hatte sich in hohem Alter willig bereit erklärt, das geschlagene und gedemütigte Reich zu einer friedlichen Entwicklung bergan zu führen. Nun hatte die Vorsehung ihn uns entrissen - in einem Augenblick kritischster innerer Gährung und Auseinandersetzung, wo nur seine von der Weisheit des Alters unterstützte Autorität das von Parteileidenschaften zerrissene Volk vor weiteren Erschütterungen zu bewahren vermocht hätte. Es war ein Verhängnis für die deutsche Geschichte, daß der Herrgott ihn nicht noch ein halbes Jahr länger im vollen Besitze seiner geistigen und körperlichen Kräfte belassen hatte.
      • Der würdelose Blomberg
        • Nach Lage der Dinge konnte die weitere revolutionäre Entwicklung nur durch einen Mann aufgehalten werden, der gegenüber den militanten Kräften der Partei und der jetzt völlig in ihrem Dienste stehenden Polizei (Göring) über die Wehrmacht als Ordnungsfaktor verfügte. Der Feldmarschall hatte, als er Hitler zum Kanzler berief, den Mann seines persönlichen Vertrauens, den General von Blomberg, als Wehrministr berufen. Diese Wahl sollte die verhängnisvollste Wirkung auf die Zukunft haben. Denn: Herr v. Blomberg geriet schon nach zwei Monaten so vollständig unter den suggestiven Einfluss Hitlers, daß er als der "Promotor" der Partei und aller ihrer extremen Wünsche bezeichnet werden muß. Offensichtlich ohne jeden politischen Blick und ohne genügend hohes Verantwortungsgefühl, das ein Minister über sein Ressort hinaus für die allgemeine Wohlfahrt des Staates besitzen muß, geriet er völlig unter den Einfluss der Parteimaschine, die nur zu willig war, die Wehrmacht - unter der Devise der Arbeitsbeschaffung - neu aufzurüsten, um sich am Ende ihrer als politisches Werkzeug skrupellos zu bedienen. Das Bild dieses Mannes wird vervollständigt durch den Mangel an persönlicher Würde, den man einer Persönlichkeit seiner Herkunft und Erziehung niemals hätte zutrauen können und an dem er dann gescheitert ist. Hindenburg würde sich im Grabe herumgedreht haben, ob solchen Mangels an Ehrgefühl und Pflichtbewusstsein, den Tugenden, die er, der Feldmarschall, in so hohem Maße verkörperte.
      • Im Totenzimmer
        • Den toten Feldmarschall noch einmal zu sehen und von ihm Abschied zu nehmen, wurde mir wenigstens nicht verwehrt. Ich betrat das einfache, schlichte Sterbezimmer mit einem Herzen voller Wehmut, ich fand die hohe Stirn und die nun geschlossenen Augen, die geraden Formlinien dieses markanten Kopfes von einem Frieden verklärt, der nur der ewige Lohn eines so langen pflichttreuen Lebens sein kann.
        • Mit Bittereit gedachte ich der Hindernisse, die sich der friedvollen Vollendung der von uns geplanten Reorganisation des deutschen politischen Lebens entgegengestellt hatten. Der Mann, der die Entscheidung Hindenburgs vom 2. Dezember 1932 umgeworfen hatte, war nun selbst ein Opfer der revolutionären Bewegung geworden, die er damals noch mit parlamentarischen Mitteln zu meistern gehofft hatte. Wie anders wäre das Schicksal Deutschlands verlaufen, wenn General von Schleicher mit mir die Arbeit unter Hindenburg fortgesetzt hätte. Das entsetzliche Ende dieses Dramas, das hätte allerdings auch ein Jules Verne nicht vorausahnen können. Jetzt hieß es, den Mut und das Verantwortungsgefühl in beide Hände zu nehmen.
      • Ein Prinz als Nachfolger
        • Im Frühjahr 1934, als der Feldmarschall zu kränkeln begann, hatte ich mit ihm über die Frage seiner Nachfolgerschaft gesprochen. Es war natürlich eine Frage von höchster Bedeutung und Aktualität. Hitler hatte mir früher oft versichert, er beabsichtige nach dem Tode des Feldmarschalls einen Hohenzollernprinzen in die Stellung des Reichspräsidenten zu bringen und wenn das Experiment gut verlaufe, könne man später auch an eine Restauration denken. Zuvor wolle er das Reich nach innen und außen wieder kräftigen und zu einem Faktor der europäischen Politik machen. Der Kronprinz genoß nicht seine Gunst.
      • Das Fenster auf!
        • Er behauptete, die Kronprinzessin habe nach einem Besuch Hitlers in Cäcilienhof gesagt, man müsse schnell die Fenster öffenen um zu lüften.
        • Diese Geschichte ist sicherlich von Parteileuten und Antimonarchisten erfunden. Denn der sprichwörtliche Takt der hohen Frau hätte niemals eine solche Bemerkung erlaubt. So empfahl ich Hilter wiederholt, schon jetzt einen ihm sympathischen Sohn des Kronprinzen in seinem persönlichen Gefolge einzureihen, um ihn kennenzulernen und der späteren Entwicklung einen Start zu geben. Prinz August Wilhem von Preußen, ein enthusiastisches Parteimitglied, konnte ihn am besten über Charakter und Eigenschaften seiner Neffen unterrichten. Daß Hitler damals eine solche Nachfolgeregelung ernsthaft durchdachte, weiß ich aus einer mir später bekanntgewordenen Anordnung. Er hatte in diesen Tagen sich einem Reichsminister, der Parteimitglied war, gegenüber ausführlich im Sinne einer späteren Restitution der Krone ausgesprochen und gesagt, er selsbt wolle vorher die Rolle Friedrich Wilhelms I., des Vaters Friedrich des Großen, des Erneuerers Preußens spielen. Die Leistung dieses Königs müsse daher popularisiert werden. Jannings wurde beauftragt, sofort einen Film herzustellen, der diesem Ziel diene.
        • Aber, noch ehe diese Entscheidung irgendwie ausgereift war, sollte sie schon im Keim zerstört werden. Hitler unternahm eine Reise nach Rom, um Mussolini zu sehen. Selbstverständlich mußte er auch dem Souverän seinen Besuch machen. Es scheint, daß König Victor Emanuel, dessen innere Abneigung gegen den Duce beannt war, diesen neuen Diktator nur mit kalter Höflichkeit behandelt hat. Auch wird Mussolini Hitler nicht vorenthalten haben, wie sehr die Widerstände der Krone und der sogen. Hofclique seine Arbeit erschwert hätten. Jedenfalls kam Hitler mit einem Eindruck zurück, der sich mir gegenüber mit den Worten Luft machte: "Wenn ich noch kein Antimonarchist gewesen wäre - jetzt würde ich es bestimmt sein."
        • Indessen durfte man hoffen, daß solche flüchtigen Eindrücke nicht bleiben und wichtige Entscheidungen maßgeblich beeinflussen würden. Dem klarblickenden Staatsmann konnte doch nicht entgangen sein, wie klug gerade Mussolini gehandelt hatte, als er auf die monarchistische Gesinnung Italiens Rücksicht nahm und nicht versucht hatte, die Exekutive und Leitung des Staates in seiner Person zu vereinigen
        • Hindenburg war selbstverständlich Monarchist und würde in jedem passenden Augenblick entsprechend gehandelt haben. Ich schlug ihm daher vor, ein politisches Testament aufzusetzen, in dem er Hitler die Restiution der Krone empfahl - als eine Regierungsform, die nach 1100 Jahren geschichtlicher Erfahrung dem deutschen Volk am sichersten die Vorzüge einer weisen konstituionellen Leitung verbürgen würde. Dieses Testament als Vermächtnis des alten Feldmarschalls konnte von Hitler als Sprungbrett benutzt werden, die Frage - auch gegen sichere Widerstände in seiner Partei - einer sofortigen Lösung zuzuführen.
        • Oskar von Hindenburg übergab mir das Testament nach dem Heimgang seines Vaters, um es Hitler auszuhändigen. Das Testament hat niemals das Licht der Öffentlichkeit gesehen. Seine Existenz ist bis heute dem deutschen Volke verheimlicht worden.
        • Es ist bekannt, daß unmittelbar nach dem Ableben des Reichspräsidenten Hitler diese Würde ursurpierte. Seitdem hat er monarchistische Regungen im Volk bis auf das Messer bekämpft. Als die Beisetzung des Prinzen Wilhelm von Preußen, des ältesten Sohnes des Kronprinzen, der auf dem Schlachtfelde gefallen, sich in Potsdam unter stärkster Teilnahme der Bevölkerung vollzog, gab ihm dies den Anlass, sämtliche Prinzen aus regierenden Häusern sofort aus den Frontstellungen zu entfernen. Diese jungen Prinzen hatten ausnahmslos ihre Pflicht gegen das Vaterland getreulich erfüllt; sie kämpften an allen Fronten wie jeder deutsche Grenadier. Diese Ordre, die sie vom Wehrdienst ausschloss, war eine Diffamierung, die sicherlich keines der ehemaligen regierenden Häuser verdient hatte und die sonderbar kontrasierte mit der von Hitler stets zur Schau gestellten Verehrung Friedrichs des Großen und preußischer Tradition. Als später der Prinz Eitel Friedrich seine Augen schloss - ein Prinz, der durch seine persönliche Tapferkeit an der Spitze der Garde im ersten Weltkrieg weithin bekannt ist und der völlig unpolitisch war -, musste er bei Nacht und Nebel, wie ein räudiger Hund verscharrt werden. Kein Soldat in Uniform durfte seinem Sarge folgen.
      • Modernes Heidentum
        • Die Möglichkeit einer Restauration verfolgte Hitler wie ein böser Traum. Wahrscheinlich war ihm bewusst, wie kritisch ein großer Teil des Volkes seiner und der Partei Amtsfhrung gegenüberstand, wie tief im Volke die Sehnsucht nach einer geordneten Regierung war, wo Recht vor Macht ging, wie es die preußischen Könige und die anderen Landesherren immer gehalten hatten.
        • Die große Trauerfeier für den entschlafenen Reichspräsidenten an der Stätte seines einstigen Ruhmes, in Tannenberg, gestaltete sich zu einer bewegten nationalen kundgebung, in die der Nachruf seines nunmehrigen Nachfolgers einen falschen Ton brachte. Die Schlussworte:
        • "Großer Feldherr, gehen un ein in Walhalla." kontrasierten seltsam mit dem gläubigen Christentum Hindenburgs. Es war die Manifestation des modernen nationalsozialistischen Paganismus gegen alles, was in deutschen Landen noch an die Grundalgen einer tausendjährigen abendländischen Kultur erinnerte.