Birgit Lohmeyer
Birgit Lohmeyer, Geburtsname Birgit Hölscher[1] (* 10. September 1958 in Hamburg[2]), ist eine deutsche Diplom-Pädagogin und Schriftstellerin[3], die sich auch politisch engagiert.
Bildung und Beruf
BearbeitenBereits Ende der 1970er Jahre begann Birgit Hölscher, Insassen der Hamburger Justizvollzugsanstalten zu besuchen. Ab 1980 studierte sie Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg mit den Schwerpunkten außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung, Devianzpädagogik und absolvierte das Ergänzungsstudium auf dem Fachgebiet Kriminologie.[4] Das Studium schloss sie im Jahr 1985 als Diplompädagogin ab. Anschließend war sie zehn Jahre lang im Bereich Suchtprävention und -beratung tätig.
Ab dem Jahr 2003 ist sie für die Koordinatorin der Fortbildung zuständig und wirkt als Redakteurin der Verbandszeitschrift sowie in der Websiteredaktion der Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH). Seit September 2015 schreibt sie als Redakteurin für die Mitgliederzeitschrift der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beim Landesverband Mecklenburg-Vorpommern.
Schriftstellerisches Werk
BearbeitenSeit 1998 ist sie freie Autorin und verfasst Erzählungen, Kurzgeschichten und Romane, außerdem Buchrezensionen und journalistische Texte für Web und Print. Ihre Erfahrungen in Gefängnissen, in der Drogenszene und im Hamburger Rotlichtviertel St. Pauli verarbeitet sie schreibend. Zu Beginn ihrer schriftstellerischen Tätigkeit veröffentlichte sie ihre Bücher unter dem Namen Birgit H. Hölscher, wobei der Zusatz H. eine Abkürzung für ihren damaligen Spitznamen Houdini war.[1][4]
Birgit Lohmeyer ist ein Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller sowie im PEN Deutschland und unterrichtet literarisches Schreiben. So ist sie z. B. seit 2006 als Kursleiterin der Ferienakademie „Kreatives Schreiben“ des Westfälischen Literaturbüros (WLB) in Unna tätig. Im Jahr 2008 gründete sie die Wismarer Lesebühne „WortReich“.
Weitere Tätigkeitsfelder sind experimentelle Fotografie, Bucheinbandgestaltungen, literarische Soundcollagen und Internetkunstprojekte.
Zivilgesellschaftliches Engagement
BearbeitenSie lebt seit 2004 auf dem Forsthof Jamel in der Gemeinde Gägelow in Nordwestmecklenburg. Seit 2007 veranstaltet sie zusammen mit ihrem Mann Horst Lohmeyer das jährliche Open-Air-Rockfestival Jamel rockt den Förster für Demokratie und Toleranz, wofür sie 2011 den Paul-Spiegel-Zivilcourage-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland erhielten.[5] 2012 wurden sie mit dem Bürgerpreis der deutschen Zeitungen ausgezeichnet.[6] Die Leser, Hörer und Zuschauer des NDR und vier großer norddeutscher Tageszeitungen wählten beide zu „Helden des Nordens 2011“.[7] Am 75. Tag der Menschenrechte 2023, wurde dem Ehepaar der Humanismus-Preis für Menschenrechte vom Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg und der Humanismus Stiftung verliehen. Hintergrund dieser Auszeichnungen ist, dass sich das Ehepaar dagegen wehrt, dass das Dorf Jamel eine Hochburg der Neonazi-Szene in Mecklenburg-Vorpommern ist.[8][9]
In der Nacht zum 13. August 2015 brannte die Scheune des Forsthofes der Familie Lohmeyer völlig nieder. Ein Feriengast habe kurz vor dem Feuer eine unbekannte Person auf dem Forsthof bemerkt, sagte Birgit Lohmeyer nach dem Brand. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) äußerte am selben Tag, dass er wegen des Engagements des Ehepaares Lohmeyer von einem rechtsextremen Hintergrund ausgehe.[10] Laut Staatsanwaltschaft wurde das Feuer vorsätzlich gelegt.[11] Der oder die Täter konnten nicht ermittelt werden.[12]
Politisches Engagement
BearbeitenIm September 2018 trat Birgit Lohmeyer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bei. Sie kandidierte im Mai 2019 für den Kreistag Nordwestmecklenburg[13] und die Gemeindevertretung Gägelow, errang in beiden Fällen jedoch kein Mandat.
Verfilmung
BearbeitenBirgit und Horst Lohmeyer sind Hauptdarsteller in dem künstlerischen (Split-Screen-Technik) Dokumentarfilm „Dialoge“ in Regie von Carmen Blazejewski.[14] Die Uraufführung fand am 7. Oktober 2016 im Grünen Salon der Volksbühne Berlin statt.[15]
Auszeichnungen/Nominierungen
BearbeitenLiteraturpreise
Bearbeiten- 2001 Marlowe – Beste Kriminalkurzgeschichte der Raymond-Chandler-Gesellschaft
- 2001 Nominierung für den Frauenkrimipreis der Stadt Wiesbaden
- 2003 Nominierung für den Agatha-Christie-Krimipreis
- 2005 Deutscher Kurzkrimi-Preis – 3. Platz
Würdigung für das zivilgesellschaftliche Engagement
Bearbeiten- 2011: Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage
- 2011: Botschafter der Toleranz von Bündnis für Demokratie und Toleranz[16]
- 2011: Helden des Nordens 2011
- 2012: Bürgerpreis der deutschen Zeitungen
- 2015: Georg-Leber-Preis für Zivilcourage[17]
- 2017: Preis „Das unerschrockene Wort“ vom Bund der Lutherstädte[18]
- 2018: Preis für Popkultur für „Gelebte Popkultur“ (Jamel rockt den Förster)[19]
- 2018: 1 Live Krone für das Jamel-rockt-den-Förster-Festival (Sonderpreis)[20]
- 2019: Live Entertainment Award (Preis der Jury)[21]
- 2022: Regine-Hildebrandt-Preis der SPD[22]
- 2023: Johannes-Stelling-Preis der SPD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern
- 2023 Humanismus-Preis der Humanismus Stiftung Berlin und des Humanistischen Verband Deutschlands
Werke
BearbeitenAls Birgit H. Hölscher
Bearbeiten- Therapie mit Todesfolge. Elefanten Press, Berlin 1998, ISBN 3-88520-907-1.
- Kaputtmacher. Elefanten Press, Berlin 1999, ISBN 3-88520-912-8.
- Süßer Sumpf. Hamburger Abendblatt, Hamburg 2000, ISBN 3-921305-95-0.
- Der Strohmann von Steilshoop. Hamburger Abendblatt, Hamburg 2001, ISBN 3-921305-87-X.
- Letzte Ausfahrt Wilhelmsburg. Hamburger Abendblatt, Hamburg 2002, ISBN 3-921305-05-5.
- Treibjagd an Bord. Roman. Scherz Verlag, Bern 2003, ISBN 3-502-51884-X –> weitere Auflage (2016): Fischer Verlag, Frankfurt 2016, ISBN 978-3-596-31449-2.
- Tod im Heuckenlock. Hamburger Abendblatt, Hamburg 2003, ISBN 3-921305-16-0.
Als Birgit Lohmeyer
Bearbeiten- Sokops Rache. Hinstorff Verlag, Rostock 2012, ISBN 978-3-356-01484-6.
- Wellers Zorn. Hinstorff Verlag, Rostock 2013, ISBN 978-3-356-01559-1.
- Hamburg Blues. Vier Fälle für Last. Magma-Verlag, Rieps-Cronskamp 2013, ISBN 978-3-943992-08-3.
- Nur die Kogge war Zeuge. Hinstorff Verlag, Rostock 2015, ISBN 978-3-356-01872-1.
Als Mitwirkende
Bearbeiten- 2022: nachkommen. Wenn Töchter ihren Müttern schreiben, München, ISBN 978-3-948819-04-0.
Krimikurzgeschichten
Bearbeiten- Der Koch, meine Schwester und das Schicksal. In: A.C. Busch (Hrsg.): Mord zwischen Messer und Gabel. Gerstenberg, 1999.
- Fat is beautiful. In: T. Kruse, M. Bick (Hrsg.): Mordsgewichte. Piper, 2000.
- Die Piste der toten Känguruhs. In: A.C. Busch, A. Heuner (Hrsg.): Bei Ankunft Mord. Gerstenberg, 2000.
- Ein altes Hausrezept. In: A. Cibach (Hrsg.): Alter schützt vor Morden nicht. Gerstenberg, 2000.
- Cyber Park. In: A.C. Busch, A. Heuner (Hrsg.): Mord im Grünen. Gerstenberg, 2001.
- Mutti. In: I. Schmitz, I. Coelen (Hrsg.): Teuflische Nachbarn. Scherz, 2001.
- Rache ist nicht süß. In: P. Gerdes (Hrsg.): Flossen hoch. Leda, 2002.
- Anröchter Bruchstück. In: H. P. Karr, J. Kehrer, H. Knorr (Hrsg.): Mord am Hellweg. Grafit, 2002.
- Nackte Angst. In: A. Cibach (Hrsg.): Liebestöter. Scherz, 2003.
- Die Mona war ihr Schicksal. In: V. Albers (Hrsg.): Tod am Kai. Rowohlt, 2003.
- Thanksgiving 2084. In: A.C. Busch, A. Heuner (Hrsg.): Festtagsmorde. Gerstenberg, 2003.
- Willkommen daheim. In: V. Albers (Hrsg.): Mordsjubiläum. Scherz, 2003.
- Bomben auf Kranenburg. In: Mord am Niederrhein. Grafit, 2004.
- Zwei Fremde in Hamm. In: Mehr Morde am Hellweg. Grafit 2004.
- Zwiespalt. In: Meerumschlungen. Verlage zwischen den Meeren, 2004.
- Der Schrei der Alraune. In: G. Wischmann (Hrsg.): Tatort FloraFarm. Verlag Juwi Mac Millan Group, 2004.
- Die Täuschung. In: M. Bick (Hrsg.): Die Winterreise. Gerstenberg, 2004.
- Nie wieder Mieder. In: H. P. Karr, J. Alberts (Hrsg.): Hotel Terminus. Ein Kriminalroman von 12 Autoren. Aufbau 2005.
- Harte Arbeit. und Velvet Heaven. In: St. Pauli Kurverwaltung (Hrsg.): St. Pauli – Streifzüge auf dem Kiez. Edition Nautilus, 2006.
- Das Schnurren des Tigers. In: S. Schubarsky, F. Henz (Hrsg.): Tatort Internet – Kärntner Krimipreis 2006. Wieser Verlag, 2006.
- Heimat. In: Förderverein Stadtbibliothek Wismar (Hrsg.): Wismarer Stadtgespräche. Verlag Koch & Raum, 2008.
- Wismar Calzone. und Der Schatz von Ahrenshoop. In: H. P. Karr (Hrsg.): Endstation Ostsee. KBV, 2009.
- Süßer Sumpf. In: Volker Albers (Hrsg.): Alstertod und Hafenmord. Das große Hamburg-Krimi-Lesebuch. Anthologie. Junius Verlag, Hamburg 2020, ISBN 978-3-96060-529-4, S. 373–410.
Filmografie
Bearbeiten- 2016: Dialoge. Dokumentarfilm (103 Min.)
Weblinks
Bearbeiten- Literatur und Tonträger von Birgit Lohmeyer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Webpräsenz der Schriftstellerin
- Jamel rockt den Förster
- Kurzbiographie und Angaben zum Werk von Birgit Lohmeyer bei Literaturport
- Christoph Amend, Jochen Wegner: Birgit Lohmeyer, wie geht Zivilcourage? In: Alles gesagt? Interviewpodcast von Zeit Online. 6. Juni 2024 .
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Jochen Wegner, Christoph Amend: Interviewpodcast "Alles gesagt?": Birgit Lohmeyer, wie geht Zivilcourage? In: Die Zeit. 6. Juni 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 20. Juni 2024]).
- ↑ Birgit Lohmeyer: Birgit Lohmeyer. Wir sind der Osten, 9. September 2003, abgerufen am 24. November 2023.
- ↑ Einsam im Nazi-Dorf. In: Berliner Morgenpost. 14. Februar 2011, abgerufen am 15. Juli 2011.
- ↑ a b Birgit Lohmeyer – Autorin. Abgerufen am 24. November 2023.
- ↑ Zentralrat der Juden in Deutschland: Paul-Spiegel-Zivilcourage-Preis 2011 an Künstler-Ehepaar Lohmeyer. 2. Februar 2011, archiviert vom am 16. August 2011; abgerufen am 10. Juni 2022.
- ↑ svz.de: Künstlerehepaar aus Jamel erhält Bürgerpreis. 21. Februar 2012.
- ↑ ndr.de: Nazi-Gegner sind "Helden des Nordens 2011". ( vom 8. Januar 2012 im Internet Archive) 17. Dezember 2011.
- ↑ Allein unter Nazis. In: Der Spiegel. 1/2011, 3. Januar 2011.
- ↑ Silke Hasselmann: Im Dorf der Intoleranz. ( vom 23. November 2014 im Internet Archive) auf: ndr.de, 19. November 2014.
- ↑ Nach Brand: Ehepaar bekommt Polizeischutz. ( vom 15. Januar 2016 im Internet Archive) In: NDR. 13. August 2015.
- ↑ Feuer in Jamel: Polizei findet Brandbeschleuniger. 14. August 2015, abgerufen am 31. Oktober 2016.
- ↑ Polizei stellt Ermittlungen im Fall Jamel ein. 18. November 2015, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 18. November 2015; abgerufen am 31. Oktober 2016.
- ↑ "Jamel rockt den Förster": Lohmeyer tritt für SPD an. NDR.de, 1. Juni 2019, abgerufen am 1. Juni 2016.
- ↑ Carmen Blazejewski: „Dialoge“ mit Birgit und Horst Lohmeyer. In: carmen-blazejewski.de. 2017, archiviert vom am 7. Januar 2018; abgerufen am 10. Juni 2022.
- ↑ Preview: „Dialoge“ mit Birgit und Horst Lohmayer… Grüner Salon, 7. Oktober 2016, abgerufen am 7. Januar 2018.
- ↑ Jamel. Ehepaar Lohmeyer erhält Zivilcourage-Preis. Endstation rechts, 24. Mai 2011, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 24. November 2016; abgerufen am 23. November 2016.
- ↑ Georg-Leber-Preis für Zivilcourage. IG Bauen-Agrar-Umwelt, 13. August 2015, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 10. September 2017; abgerufen am 10. September 2017.
- ↑ Horst und Birgit Lohmeyer sowie Markus und Susanna Nierth – Preisträger „Das unerschrockene Wort 2017“. Nibelungenstadt Worms, 2017, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. September 2017; abgerufen am 10. September 2017.
- ↑ Gewinner 2018. preisfuerpopkultur.de, 19. Oktober 2018, abgerufen am 25. Oktober 2018.
- ↑ 1LIVE Krone Sonderpreis für "Jamel rockt den Förster" 1 Live, 3. Dezember 2018.
- ↑ Die 14. Verleihung des Deutschen Live-Entertainment-Preises in der Frankfurter Festhalle. Live Enertaiment Award, 1. April 2019, abgerufen am 9. Mai 2019.
- ↑ Regine-Hildebrandt-Preis der SPD
Personendaten | |
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NAME | Lohmeyer, Birgit |
ALTERNATIVNAMEN | Hölscher, Birgit H. (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Diplom-Pädagogin und Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 10. September 1958 |
GEBURTSORT | Hamburg |