Urodynamische Untersuchung

Methode zur Untersuchung der Harnblase
(Weitergeleitet von Blasendruckmessung)

Die Urodynamik ist eine Untersuchungsmethode, bei der mit Hilfe von Drucksonden und Elektroden die Funktionsweise der Harnblase untersucht wird (Blasendruckmessung). Sie wird in der Urologie und Kinderurologie angewandt.[1][2] Nach einer anderen Definition ist die Urodynamik „die Lehre von Harntransport und Harnentleerung.“[3]

Indikation

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Die Indikation zur urodynamischen Untersuchung besteht, wenn Anamnese sowie klinische und morphologische Befunde eine Funktionsstörung des unteren Harntrakts vermuten lassen und wenn von ihr wesentliche Erkenntnisse für das therapeutische Vorgehen zu erwarten sind.[4]

Untersuchungsablauf

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Bei der Untersuchung werden je ein spezieller Druckmess-Katheter in die Blase und in den Enddarm eingeführt. Nach initialer Entleerung der Blase wird diese anschließend durch den Katheter mit körperwarmer Infusionslösung gefüllt und gleichzeitig wird durch einen zweiten Kanal der Druck innerhalb der Blase gemessen. Der zweite Drucksensor, der in den Anus eingeführt wird, misst den Druck, der von außen auf die Blase einwirkt, z. B. wenn der Patient presst oder hustet. Dadurch kann der Druckunterschied zwischen Blase und Bauchhöhle ermittelt werden. Die Aktivität der Beckenbodenmuskulatur, wozu auch der Blasenschließmuskel gehört, wird durch drei Klebe- oder Nadelelektroden gemessen. Bei Standard-Untersuchungen an Erwachsenen und Kindern sollen hierfür nur Klebeelektroden verwendet werden.

Kann der Patient ausreichend sitzen, findet die Untersuchung auf einem speziellen Toilettenstuhl oder auf einem urologischen bzw. gynäkologischen Untersuchungsstuhl statt. Auf dem Stuhl wird durch einen Auffangmechanismus, der sich darunter befindet, gemessen, ob und wie viel Urin der Patient bei der Blasenfüllung unwillkürlich verliert und wie viel Urin bei der abschließenden Blasenentleerung abgegeben wird.

Video-Urodynamik

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Bei der sogenannten Video-Urodynamik-Untersuchung (obligat bei Querschnittslähmungs-Patienten) wird bei der Füllung der Harnblase Röntgenkontrastmittel verwendet und es kann zeitgleich mit der urodynamischen Messung eine Miktionszystographie durchgeführt werden, wenn eine Röntgen-Untersuchungs-Einheit zur Verfügung steht (Kontrastmittelröntgen der Harnblase, Ausscheidungsurographie, Urographie, früher Urografin-Test[5]).

Nach einer neueren Definition ist die Video-Urodynamik eine Kombination aus der Ausscheidungs-Zystourethrographie und der elektromyographischen Blasendruckmessung. Sie gilt als Goldstandard für die Beurteilung einer neurogenen Blase in der Pädiatrie. Die Untersuchung ist schmerzhaft. Sie dauert abhängig vom Umfang der durchgeführten Verfahren und von der Kapazität der Blase zwischen 30 Minuten und einer Stunde.

Auswertung

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Die gesamten Messwerte werden kontinuierlich dokumentiert und aufgezeichnet. Die so erhaltenen Druck- und Flusskurven werden mit Unterstützung von Computersystemen vom Untersucher ausgewertet und interpretiert.

Folgende Messungen werden beschrieben:[6]

Die Blasendruckmessung dient zur Beurteilung

Diagnostische Aussagen

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Mit dieser Untersuchungstechnik lassen sich die verschiedenen Blasenfunktionsstörungen wie Harninkontinenz, überaktive Blase und unteraktive Blase, neurogene Blasenstörungen und so weiter unterscheiden und in Schweregrade einteilen. Außerdem dient die korrespondierende Röntgen-Untersuchung (MCU) der morphologischen Darstellung des unteren Harntraktes und zum Nachweis oder zum Ausschluss eines vesikorenalen Refluxes. Die Untersuchungstechnik wird benötigt, wenn nicht-invasive Untersuchungen wie die Uroflowmetrie die Ursache einer Blasenfunktionsstörung nicht zweifelsfrei klären können. Aber auch insbesondere zur Diagnostik und zur Kontrolle der neurogenen Blase sind regelmäßige urodynamische Untersuchungen indiziert.

Geschichte

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Früher sprach man diesbezüglich von einer Urorhythmographie beziehungsweise von einer Urokymographie. Ein Kymograph ist ein Druckmesser.

Die Video-Urodynamik wurde 1964 von Earl R. Miller in die Medizin eingeführt.[7][8]

Literatur

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  • Hans Palmtag, Mark Goepel, H. Heidler (Hrsg.): Urodynamik. Fort- und Weiterbildungskommission der Deutschen Urologen (Arbeitskreis Urologische Funktionsdiagnostik und Urologie der Frau), 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2007, 282 Seiten

Einzelnachweise

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  1. Daniela Schultz-Lampel, Mark Goepel, Christian Hampel (Hrsg.): Urodynamik. 4. Auflage, Springer-Verlag, Heidelberg 2022, ISBN 978-3-662-59065-2.
  2. Paul Abrams, Roger Feneley, Michael Torrens: Urodynamik für Klinik und Praxis. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1987, ISBN 978-3-642-71580-8.
  3. Linus Geisler (Hrsg.): Lexikon Medizin. 4. Auflage, Verlag Naumann & Göbel, Köln ohne Jahr [2005], ISBN 3-625-10768-6, S. 1724.
  4. Rolf Beetz: Urologische Untersuchungen. In: Karl Schärer, Otto Mehls (Hrsg.): Pädiatrische Nephrologie. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2002, ISBN 3-540-41912-8, S. 57–63, Zitat S. 59.
  5. Heinz Walter, Günter Thiele (Hrsg.): Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete, Loseblattsammlung, 6. Band, Urban & Schwarzenberg, München / Berlin / Wien 1974, ISBN 3-541-84006-4, S. U 41.
  6. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 269. Auflage, Verlag Walter de Gruyter, Berlin / Boston 2023, ISBN 978-3-11-078334-6, S. 1821.
  7. Richard Fotter: Video-Urodynamics. In: Richard Fotter (Hrsg.): Pediatric Uroradiology, 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-33004-2, S. 53 f.
  8. G. Enhornig, Earl R. Miller, F. Hinman: Urethral closure studied with cineroentgenography and simultaneous bladder-urethra pressure recording. In: Surgery, Gynecology & Obstetrics, Jahrgang 1964, Band 118, S. 507–511.