Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung

dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nachgeordnete Bundesbehörde mit Sitz in Berlin

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ist eine Bundesoberbehörde und Einrichtung der Ressortforschung der Bundesrepublik Deutschland mit dem Hauptsitz im Berliner Ortsteil Lichterfelde des Bezirks Steglitz-Zehlendorf. Unter ihrer Leitlinie „Sicherheit in Technik und Chemie“ ist sie zuständig für die öffentliche technische Sicherheit und für metrologische Aufgaben in der Chemie. Die BAM hat rund 1600 Bedienstete.

Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung

Staatliche Ebene Bund
Stellung Bundesoberbehörde
Rechtsform bundesunmittelbare,
nicht rechtsfähige
Anstalt des öffentlichen Rechts[1]
Aufsichtsbehörde Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Gründung 1871
Hauptsitz Berlin
Behördenleitung Ulrich Panne[2][3]
Bedienstete 1600[4]
Haushaltsvolumen 155,1 Mio. €
+ 17 Mio. € Drittmittel[5]
Netzauftritt www.bam.de

Historische Entwicklung

Bearbeiten

Im Jahr 1871 erfolgte die Gründung einer Versuchsstation zur Prüfung der Festigkeit von Eisen und Stahl durch das preußische Ministerium für Gewerbe und Handel. Aus dieser Versuchsstation, untergebracht erst in einem Keller der Berliner Gewerbeakademie im Palais Creutz, dann in einem Schuppen auf dessen Hof, entwickelte sich die Mechanisch-Technische Versuchsanstalt.[6]

Zwischen 1904 und 1919 war die Versuchsanstalt dann das Königliche Materialprüfungsamt und von 1919 bis 1945 das Staatliche Materialprüfungsamt (MPA). Die Chemisch-Technische Reichsanstalt (CTR) existierte zwischen 1920 und 1945 als Nachfolgeeinrichtung des 1889 gegründeten Militärversuchsamtes. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 1945 MPA und CTR unter Betreuung durch den Magistrat von Berlin zusammengefasst. 1954 erfolgte die Übernahme der neu eingerichteten Bundesanstalt für mechanische und chemische Materialprüfung (BAM) durch die Bundesrepublik Deutschland und 1956 die Namensänderung in Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM). 1969 wurde das Institut eine Bundesoberbehörde und seit 1987 trägt sie die Bezeichnung Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung.

Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung 1990 übernahm die BAM 300 der 4700 Mitarbeiter des Amtes für Standardisierung, Meßwesen und Warenprüfung (ASMW) der ehemaligen DDR.[7] Darüber hinaus übernahm die BAM Teile der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW). Dazu gehört unter anderem eine Außenstelle der BAM auf dem früheren AdW- und jetzigem WISTA-Gelände in Adlershof.

 
Haupteingang der BAM am Stammgelände Unter den Eichen

Aufgaben

Bearbeiten

Die Aufgaben der BAM gehören zum Bereich Material–Chemie–Umwelt–Sicherheit. Die BAM hat den gesetzlichen Auftrag für:

  • hoheitliche Funktionen für die öffentliche technische Sicherheit (z. B. Mitarbeit am Sprengstoffgesetz)
  • Mitarbeit in der Regelsetzung (Gesetze, Verordnungen, nationale und internationale Normen)
  • Beratung der Bundesregierung, der Wirtschaft und von Organisationen
  • Entwicklung und Bereitstellung von Referenzverfahren und Referenzmaterialien
  • Weiterentwicklung von Sicherheit und Zuverlässigkeit in der Chemie und der Materialkunde
 
Gebäude der BAM in Berlin

Heute forscht die BAM zu den fünf Themenfeldern Energie, Infrastruktur, Umwelt, Material und Analytical Sciences. Aktuelle Schwerpunkte sind dabei u. a. moderne Wasserstofftechnologien, die Sicherheit von Lithium-Ionen-Batterien, Offshore-Windkraftanlagen, Nanotechnologie, additive Fertigung und zivile Sicherheitsforschung.

Eine der traditionellen Aufgaben der Bundesanstalt ist die Überprüfung von pyrotechnischen Erzeugnissen.[8]

Weitere Tätigkeiten der BAM sind die Zulassung von Gefahrgut-Umschließungen für den Gefahrguttransport, die Weiterentwicklung der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung zur Früherkennung von Schädigungen und Vermeidung von Unfällen sowie die Entwicklung und Bereitstellung von Referenzmaterialien für die analytische Chemie, z. B. in Umweltlaboratorien.[9]

Seit 2006 ist der Erhalt des Kulturerbes in der Zielvereinbarung zwischen der BAM und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie enthalten. Die Projekte zur Untersuchung der Qumranrollen, der Himmelsscheibe von Nebra, mittelalterlicher Silberstiftzeichnungen oder historischer Tinten waren prominente Beispiele.

Benannte Stelle

Bearbeiten

Die BAM ist im Rahmen von EU-Richtlinien tätig und wird in der EU als Benannte Stelle in der NANDO-Datenbank[10] aufgeführt.

Standorte

Bearbeiten

Die BAM ist auf verschiedene Standorte innerhalb Berlins und mit einem Standort vor den Toren Berlins aufgeteilt.

  • Stammgelände Unter den Eichen (UE) in Lichterfelde
  • Zweiggelände Fabeckstraße (FB) in Lichterfelde
  • Zweiggelände Adlershof (AH) in Adlershof
  • Testgelände Technische Sicherheit (TTS) in Horstwalde (Baruth/Mark) mit verschiedenen Brandprüffeldern, Fallversuchsanlagen und zwei Sprengplätzen

Die Bundesanstalt wird von Ulrich Panne geleitet. Sein Amt ist in Besoldungsgruppe B 8 der Bundesbesoldungsordnung B eingruppiert. Er führt die Amtsbezeichnung Präsident und Professor.[11]

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Walter Ruske: 100 Jahre Materialprüfung in Berlin – ein Beitrag zur Technikgeschichte. Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin 1971 (umfangreicher Band).
  • Simon Große-Wilde: Prüfen, forschen, regulieren. Die Chemisch-Technische Reichsanstalt als Ressortforschungseinrichtung von 1919 bis 1945. In: Lutz Budrass, Simon Große-Wilde, Torsten Meyer (Hrsg.): Historische Produktionslogiken technischen Wissens. Waxmann, Münster 2023, S. 181–202.
Bearbeiten
Commons: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. § 44 Abs. 1 SprengG
  2. BAM REPORT 2016/2017, Hrsg.: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Januar 2018, (PDF; 9,74 MB) (Memento vom 25. April 2018 im Internet Archive), abgerufen am 25. April 2018
  3. Organisation – Der Präsident
  4. Die BAM setzt weltweite Standards für Sicherheit. Sicherheit macht Märkte. Bei: bam.de
  5. BAM –Zahlen und Daten (Memento vom 19. Oktober 2012 im Internet Archive)
  6. Bundesanstalt für Materialforschung (Hrsg.): BAM-Report 2020. Berlin 2020, S. 130.
  7. 26. Dezember 1990 Ein Ost-Amt verschwindet im West-Amt und das Filmmuseum Potsdam bangt. In: Der Tagesspiegel Online. 25. Dezember 2010, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 22. Januar 2022]).
  8. Rahmenrichtlinie zum Qualitätssicherungsverfahren von pyrotechnischen Gegenständen der Klasse IV (Memento vom 23. November 2009 im Internet Archive) (PDF; 329 kB).
  9. Rechtliche Grundlagen für die Aufgaben der BAM (Januar 2010) (Memento vom 9. Juli 2011 im Internet Archive) PDF (abgerufen am 21. November 2021).
  10. NANDO-Datenbank
  11. Festsetzung von Zusätzen zu den Grundamtsbezeichnungen; Rundschreiben zur Bundesbesoldungsordnung B (BBesO B) – RdSchr. d. BMI v. 25.3.2021 – D3-30200/183#5 –. In: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. 25. März 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. März 2022; abgerufen am 14. Dezember 2021.

Koordinaten: 52° 26′ 31″ N, 13° 17′ 14″ O