Code de commerce

das französische Handelsgesetzbuch
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Der Code de commerce ist ein aus den Idealen der Französischen Revolution geborenes, 1807 erlassenes Gesetzeswerk des französischen Handelsrechts. 1808 in Kraft getreten, ergänzt er die Vorschriften des privatrechtlichen Code civil. Dieser war wenige Jahre zuvor erst wirksam geworden. Der Code de Commerce zählt zu den Grands Codes der napoleonischen Ära.

Geschichte

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Soweit sich der Code civil an den revolutionären Freiheitswerten, etwa Vertragsfreiheit oder Eigentumsschutz, orientierte, fehlte dem Code de Commerce diese Konsequenz. Eher stand er noch in der Tradition des proto-industriellen Code Marchand (Ordonnance du Commerce) Colberts,[1] beteuerte deutlich merkantilistische Züge. Die Erwartung an einen besonderen Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit erfüllte sich für die Protagonisten nur in Teilen, tendenziell wurden Gewerbe und Handel durch die Vorschriften eher kontrolliert, denn entfesselt.

Auch war der Code de Commerce keine Kodifikation im umfassenden Sinne, eher eine Ansammlung von Einzelfallregelungen. Von diesen erlangten allerdings einige große Bedeutung, so wurde etwa der Handelskauf schriftlich fixiert. Erstmals wurde auch das seit dem 18. Jahrhundert praktizierte Aktienrecht und das Recht der Kommanditgesellschaft auf Aktien normativ festgehalten. Dabei stellte der Code – in Abgrenzung zum deutschen Handelsgesetzbuch – systematisch auf das objektive Handelsgeschäft (acte de commerce) ab; in Deutschland wurde hingegen auf das Rechtssubjekt abgestellt, den handelnden Kaufmann nach Typus (commerçant).[2] Hintergrund war, dass Frankreich keine Sondergerichtsbarkeiten (hier für Kaufleute) etablieren wollte, Sondergerichtsbarkeiten waren durch die Revolution gerade erst erfolgreich überwunden worden.

Der Code de Commerce startete mit einem Fundus von 648 Artikeln, verteilt auf vier Bücher: Allgemeines Handelsrecht, Seehandelsrecht, Unternehmenskonkurs und Handelsgerichtsbarkeit. Ersteres Buch enthielt beispielsweise Bestimmungen zu den Kaufleuten, Gesellschaften, Handelsbüchern und zum Wechselrecht. Dieser Bestand wurde in der Folgezeit eklatant verkürzt auf etwa 150 Vorschriften, die weitgehend ohne Anknüpfungspunkte in der Rechtsordnung verblieben. Viele Rechtskomplexe waren ausgegliedert worden, so das Gesellschafts- und Insolvenzrecht, andere fanden sich in der Zivilprozessordnung und dem Gerichtsverfassungsgesetz wieder, so die Bestimmungen zum Handelsgerichtsrecht. Darunter litt nicht nur die Rechtsqualität, das unsystematische Nebeneinander der Normen führte auch zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Dieser versuchte man 1947 erstmals durch Pläne zur Reintegration der ausgelagerten Materien in den Code zu begegnen, was aber noch daran scheiterte, dass ergebnislos über den Sinn eines selbstständigen Handelsgesetzbuches gestritten wurde. Der 1993 dann nochmals angestrengte Rekodifikationsprozess wurde 2007 erfolgreich abgeschlossen.

Der moderne Code de Commerce ist nun in neun Bücher aufgeteilt:

  • Handel im Allgemeinen;
  • Handelsunternehmen und wirtschaftliche Interessengruppen;
  • Bestimmte Formen von Verkaufs- und Exklusivitätsklauseln;
  • Preis- und Wettbewerbsfreiheit;
  • Handelbare Instrumente und Garantien;
  • Geschäftliche Schwierigkeiten;
  • Handelsgerichtsbarkeiten und die Organisation des Handels;
  • Reglementierte Berufe;
  • Bestimmungen über die überseeischen Gebiete.

Handels- und Gewerbefreiheit genießen Verfassungsrang, ohne dass sich einfachgesetzliche Vorschriften dazu antreffen ließen. In der modernen Literatur wird seither diskutiert, ob eine gesetzessprachliche Anpassung vollzogen werden soll, denn der Begriff des droit commercial (Handelsrecht) wird teils als zu eng für die Gegebenheiten erachtet, weshalb droit des affaires (Wirtschaftsrecht) vorgeschlagen wird. Als kompliziert erweist sich im Namensfindungsprozess und in der legislativen Planung die mehrseitige ministeriale Zuständigkeit (Berührungspunkte liegen beim Finanz-, Justiz,- Industrie- und Verbraucherschutzministerium).

  • Historische Gesetzesmaterialien, in: Projet de Code de Commerce présenté par la commission nommée par le gouvernement le 13 germinal an IX Paris, De l`Imprimerie de la République. Paris 1801–1802.
  • Code de Commerce in der Version von 1807
  • Christian Daniel Erhard, Christoph Bergfeld (Hrsg.): Napoleons I. Handelsgesetzbuch. Nach der neuesten officiellen Ausgabe verdeutscht, mit einer Einleitung und einigen erklärenden Anmerkungen, auch einem vollständigen Sachregister. 1. Aufl., Reprint [der Ausg.] Dessau und Leipzig, Voss, 1808, 2., verb. . Ed. Herms, Holm bei Hamburg 1994, ISBN 3-9804038-1-5.
  • Aktuelle Fassung: Nicolas Rontchewsky (Hrsg.), Eric Chevrier, Pascal Pisoni (Autoren): Code de commerce 2017, 112. Aufl., 2016. ISBN 978-2-247-16031-0.

Literatur

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  • Silvia Kristin Karmann: Die Ordonnance de la marine und die französische Versicherungspraxis: die Entwicklung des Versicherungsvertragsrechts in Frankreich vom Guidon de la mer bis zum Code de commerce. Dissertation, Universität Augsburg, 2020. Duncker & Humblot, Berlin 2021. ISBN 978-3-428-58157-3.
  • Natalia Alexandra Medla: Präventive Unternehmenssanierung im deutschen und im französischen Recht : rechtsvergleichende Analyse unter Berücksichtigung der Reform des Code de Commerce durch das Gesetz vom 26. Juli 2005. (Schriften zum Insolvenzrecht Band 23; zugleich Dissertation Universität Köln 2007). Nomos, Baden-Baden, 2008. ISBN 978-3-8329-3693-8.
  • François Licari, Jochen Bauerreis: Das neue französische Handelsgesetzbuch: Ein kritischer Beitrag zur Methode der codification à droit constant. Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 12 (2004) 132 ff.
  • Friedrich Sieburg: Das Geld des Königs. Eine Studie über Colbert. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1960.
  • Hans Jürgen Sonnenberger, Reinhard Dammann: Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht. (= Schriftenreihe Recht der internationalen Wirtschaft.). 3. Auflage 2008. ISBN 978-3-8005-1405-2.
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Anmerkungen

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  1. Zeit des „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV.
  2. Christoph Bergfeld: Preußen und das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch. In: Ius Commune, Band XIV (1987), S. 101 (104).