Panharmonikon

historischer mechanischer Musikautomat
(Weitergeleitet von Componium)

Das Panharmonikon ist ein mechanischer Musikautomat von Johann Nepomuk Mälzel, dem Erfinder des Metronoms. In diesem Instrument wurden nicht nur aufschlagende Zungen, sondern bereits auch durchschlagende Stimmzungen verwendet. Das Panharmonikon ist ein Vorläufer des Orchestrion. Ludwig van Beethoven schrieb seine Schlachtensinfonie Wellingtons Sieg ursprünglich für das Panharmonikon.

Panharmonikon (1846)

Es wurden mehrere Panharmoniken gefertigt. Ein 1805 konstruiertes Instrument gelangte in die Sammlung des Landesgewerbemuseums in Stuttgart und fiel dort im Zweiten Weltkrieg einem Bombenangriff zum Opfer. Eines wurde 1807 in Paris um 100.000 Franken verkauft;[1] mindestens ein weiteres, verbessertes Exemplar wurde 1808 in Wien fertiggestellt. Ein Instrument gelangte sicherlich bereits 1811 in die USA und wurde für zwei Jahre von William M. Goodrich vorgeführt. Goodrich konstruierte 1823 auch einen Nachbau.

Soweit feststellbar ist heute kein Panharmonikon mehr erhalten. Von dem in Stuttgart während des Zweiten Weltkrieges zerstörten Exemplar existieren zwei Fotos, die immerhin einen Teil der Mechanik erkennen lassen.[2] Erhalten sind außerdem einige der zugehörigen Stiftwalzen[3].

Nachbauten

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  • 1808 baute Friedrich Kaufmann einen ähnlichen Automaten nach.
  • 1817 baute die Londoner Orgelbauerfirma Flight & Robson einen ähnlichen Automaten namens Apollonicon.
  • 1821 baute Dietrich Nikolaus Winkel in Amsterdam das Panharmonikon nach und nannte diesen Nachbau Componium.[4] Das Componium wurde von zwei Stiftwalzen gesteuert, die sich gleichzeitig drehten und zugleich so in ihrer Längsachse verschoben, dass sie eine schier unendliche Zahl von melodischen Variationen erzeugen konnten.[5]
  • 1823 kopierte William M. Goodrich Mälzels Panharmonikon. Das New England Magazine berichtete im selben Jahr ausführlich darüber.[6]
  • 1826 entstand das Aeolodikon, auf dessen Entdeckung und Verbesserung Mich. Jos. Kinderfreund und der Mechaniker Wenzel Balde am 1. Aug. 1826 in Prag ein sechsjähriges Privileg erhielten. Es spielte auch Streichinstrumente.[7]
  • 1828 baute Heinrich Johann Bauer in Wien ein Orchestrion.

„Unter die größten Orchesterwerke, welche bisher verfertigt wurden, gehört ohne Zweifel das 1828 vollendete große Orchestrion von Christ. Heinrich und Joh. Bauer in Wien. Dieses Instrument hat drei Walzen, welche zugleich spielen, und wovon die untere Walze drei Register (Flöten-Forte, Piano und Pianissimo), die mittlere Walze eine Physharmonika und ein Piccolo, und die dritte Walze 25 Naturflöten, 15 Waldhörner, 15 Trompeten, 2 Pauken, eine große Trommel und 2 Becken enthält. Das Ganze befindet sich in einem, zierlich mit Bronce-Verzierungen ausgestatteten großen Kasten, dessen Herstellung an 5000 fl. C. M. kostete.“

Ritter von Kess[8]

Zeitungsberichte

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Es gibt einen Bericht aus dem Jahr 1807 über die Vorführung des Instruments in Paris, der auch den Hinweis enthält, dass das Instrument in einer Wiener Werkstätte zusammen mit von Mälzel angestellten Arbeitern gefertigt wurde.[9] 1808 reiste Mälzel ein weiteres Mal nach Paris und führte dort den Mechanischen Trompeter und das Panharmonikon vor. Das letztere wurde dort verkauft und vom neuen Besitzer gegen Eintritt im Palais Royale öffentlich ausgestellt.[10][1] Im Jahre 1808 reiste Mälzel mit seinem berühmten Panharmonikon, und mit seinem musikalischen Automaten, dem Trompeter, [wieder] nach Paris, wo er jenes um 100,000 Franken verkaufte; mit diesem aber einen beynahe noch größeren Beyfall, als mit dem Panharmonikon, bey allen Kunst, und Musik-Kennern erntete. Auf der Rückreise nach Wien wurde in München der Mechanische Trompeter mit großem Publikumserfolg erneut zur Schau gestellt. Offensichtlich hatte Mälzel für den Herzog von Leuchtenberg und Fürsten von Eichstätt, Eugène de Beauharnais, ein eigenes Instrument gebaut, denn das Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern berichtete wie folgt: Das vollendetste Instrument der Art ist ohne Zweifel das des Herzoges von Leuchtenberg und Fürsten von Eichstädt Prinzen Eugen königl. Hoh., welches in dessen Pallaste hier in München aufgestellt ist.[11]

Eine ausführliche, eher technisch gehaltene Beschreibung, mit einem eindeutigen Hinweis auf die Verwendung von durchschlagenden Zungen, gab 1809 Johann Bartholomäus Trommsdorff in seinen Annalen;[12] auch berichtete im selben Jahr das Bulletin des Neuesten und Wissenswürdigsten davon.[13] Mit 20 Jahren Abstand fasste der Brockhaus von 1827 diese Ereignisse bereits zusammen und nannte für Mälzel den falschen Vornamen Leonhard.[14] Ebenfalls 1827 berichtete The Franklin Journal darüber und bestätigte, dass ein Panharmonicon schon früher in Boston ausgestellt worden war.[15]

Einzelnachweise

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  1. a b „Nach Zeitungsnachrichten hat ein Hr. Lecuyer das Panharmonicon im Mai für 100,000 Franken gekauft, um es in dem Palais Royal öffentlich hören zu lassen, und zwar für 6 Francs, als die Hälfte der sonstigen Entree.“ Kunst- und Gewerbeblatt des Polytechnischen Vereins für das Königreich Bayern, Band 4, 1818, Seite 223-228 Online
  2. https://unheardbeethoven.org/search.php?Identifier=hess108
  3. Christian Breternitz: Die Sammlung historischer Musikinstrumente am Landesmuseum
  4. Urania: Musik-Zeitschrift für Orgelbau, Orgel- und Harmoniumspiel, Band 12, 1855, S. 20: „Eines der außerordentlichsten Instrumente dieser Gattung ist das im Jahre 1821 von Dietrich Nikolaus Winkel zu Amsterdam erbaute, „Componium“ benannte Instrument. Außer der Eigenschaft, alle Effecte der Panharmonicons wiederzugeben, besaß es auch die, über ein gegebenes Thema stets neue und richtige Variationen zu improvisiren, wenn man auf dem abgetheilten Cylinder das Thema mit einigen, dem bekannten Walzerspiele Mozarts ähnlich eingerichteten Veränderungen notiert hatte, setzte man den Mechanismus in Bewegung, der dann nun die Walzen und Register mit so überraschenden Veränderungen und so zahlreichen Combinationen wirken ließ, daß man weder Anordnung noch Wiederkehr berechnen und der Künstler selbst die Effekte nicht ahnen konnte, die sein Instrument hervorbringen würde.
  5. Roger Bragard, Ferdinand J. De Hen: Musikinstrumente aus zwei Jahrtausenden. Belser, Stuttgart 1968, S. 235
  6. The New-England Magazine, Band 6, 1832, Seite 32: In March, 1823, Mr. Goodrich undertook to complete, with the assistance of others, a Pan Harmonicon, in imitation of that of Maelzel. Mr. Savage, the proprietor of a Museum in Boylston Hall, had kept the latter for some time on exhibition in his Museum, and had made considerable progress in constructing one like it. After his death, it was determined to complete it. Mr. Goodrich was employed, and it was finished in May, 1824. From November, 1824, till sometime in 1825, he was chiefly employed in the exhibition of this instrument; but it was not productive, and, as he often stated, from the inability of his employers to fulfil their contract, he finally suffered a very serious loss
  7. Systematische Darstellung der neuesten Fortschritte in den Gewerben und Manufacturen und des gegenwärtigen Zustandes derselben; als Fortsetzung und Ergänzung des in J. 1823 beendigten Werkes: Darstellung des Fabriks- und Gewerbswesens, &c. Mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat, 1830, Seite 10,11, Online
  8. Stephan von Keeß (Hrsg.): Systematische Darstellung der neuesten Fortschritte in den Gewerben und Manufacturen und des gegenwärtigen Zustandes derselben. Als Fortsetzung und Ergänzung des im J. 1823 beendigten Werkes: Darstellung des Fabriks- und Gewerbswesens u. Mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat. Carl Gerold, Wien 1830, S. 10–11.
  9. „Sollte sich Hr. Mälzel zum Verkaufe seines Instruments entschliessen, und gesonnen seyn, ein ähnliches zu verfertigen, so könnte dies, nach seiner Versicherung, nur in Wien Statt finden, weil nur dort seine zu solchen Arbeiten eingerichtete Werkstätte ist, und weil nur seine in Wien von ihm angestellte Arbeiter ihm hierin hülfreiche Hand leisten können.“ Morgenblatt für gebildete Stände, Band 1, J.G. Cotta'sche, 1807, Seite 411-412 Online
  10. Annalen der Physik, Jahrgang 1807, Bd.2/26. Bd., Abschnitt VI. Vervollkommnung der Orgel oder das Panharmonicon, S. 214–218
  11. Kunst- und Gewerbeblatt des Polytechnischen Vereins für das Königreich Bayern, Band 4, 1818, S. 225 Dieses merkwürdige Kunst Werk bewunderten auch Münchens Bewohner am 8. Februar 1809 in einem öffentlichen Konzerte, das Hr. Mälzel auf seiner Rückreise von Paris im k. Schauspiel-Hause vor dem ganzen Hofe und einer sehr zahlreichen Versammlung gab.
  12. Johann Bartholomäus Trommsdorff: Annalen der Fortschritte, neuesten Erfindungen und Entdeckungen in Wissenschaften, Künsten, Manufakturen, Fabriken und Handwerken, Band 1, 1809, Seite 856–863
  13. Bulletin des Neuesten und Wissenswürdigsten aus der Naturwissenschaft, Band 2, Berlin 1809, Seite 166–170
  14. Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. (Conversationslexikon). Band 7, Leipzig, Brockhaus, 1827, Seite 83: Mälzel (Leonhard), k. k. östr. musik. Hofkammermaschinist in Wien, der Erfinder des Panharmonikons, aus Regensburg gebürtig und um 1776 geb. Das Panharmonikon ahmt ein ziemlich vollständiges Orchester nach, indem es durch Walzen und Blasbälge die Instrumente in Bewegung seht; besonders ist die Kraft und Bestimmtheit der Blasinstrumente, z. B. der Trompeten, bewundert worden; namentlich 1807 zu Paris. 1808 ließ M. dort ein neues Kunstwerk, einen Trompetenautomaten, hören. Vor einigen Jahren war er mit seinen Automaten und der Kempelen'schen Schachmaschine in London. Seine wichtigste Erfindung ist der Metronom oder Chronometer (Taktmesser, s. d.), für welchen er eine Fabrik in London 1816 errichtete. S. den Aufsatz von Kandler in der „Wiener musikalischen Zeitung“, 1817
  15. Journal of the Franklin Institute, Philadelphia (PA), Band 3, 1827, S. 130-133: Mr. Maelzel has been for many years distinguished for his great mechanical skill. The Panharmonicon, which was formerly exhibited here, was made by him: he is likewise the inventor of the Metronome, an instrument by which the time in music is accurately measured; it is not unknown here, and is extensively used in Europe. He has also invented, an apparatus which is attached to a Piano Forte, by which any piece of music which is played on it, is at the same time correctly written out. His speaking figures are of his own make, and far excel the attempts of Von Kempelen, although the labours of the latter, were eminently successful.

Literatur

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  • Hans-W. Schmitz: Johann Nepomuk Mälzel und das Panharmonicon. Von den Anfängen der Orchestermaschinen. In: Das Mechanische Musikinstrument, 7. Jahrgang, No. 19, März 1981
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