Kaliumcyanid

chemische Verbindung
(Weitergeleitet von Cyankali)

Kaliumcyanid (oft auch Cyankali bzw. Zyankali oder Cyankalium genannt, Summenformel KCN) ist das Kaliumsalz der Blausäure (HCN). Es handelt sich hierbei um einen hochgiftigen, farblosen, wasserlöslichen Feststoff, der sowohl bitter riecht als auch schmeckt. Es ist für seine enorme Toxizität sowie Verwendung in der Goldgewinnung bekannt.

Strukturformel
K+-Ion Cyanid-Ion
Allgemeines
Name Kaliumcyanid
Andere Namen
  • Zyankali
  • Cyankalium
  • Blausaures Kalium
Summenformel KCN
Kurzbeschreibung

farblose Kristalle mit bitterem Geschmack und Geruch[1][2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 151-50-8
EG-Nummer 205-792-3
ECHA-InfoCard 100.005.267
PubChem 9032
Wikidata Q192470
Eigenschaften
Molare Masse 65,12 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Dichte

1,55 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

634 °C[1]

Siedepunkt

1625 °C[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 290​‐​300+310+330​‐​372​‐​410
EUH: 032
P: 262​‐​273​‐​280​‐​302+352+310​‐​304+340+310​‐​314[1]
MAK

DFG/Schweiz: 5 mg·m−3 (gemessen als einatembarer Staub)[1][5]

Toxikologische Daten
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−113,0 kJ/mol[11]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Eigenschaften

Bearbeiten
 
Tödliche Dosis Kaliumcyanid

Kaliumcyanid bildet farblose Kristalle, die bittermandelartig riechen, einen Schmelzpunkt von 634 °C haben, sich gut in Wasser, aber nur schlecht in Alkohol lösen. Genetisch bedingt können nur etwa 20–40 % der Menschen den Bittermandelgeruch wahrnehmen.

Mit Säuren (im Magen durch Magensäure oder auch schwachen Säuren wie Kohlensäure) wird aus Kaliumcyanid und anderen Cyaniden Blausäure freigesetzt, die den typischen „Bittermandelgeruch“ besitzt. Bei längerem Lagern bildet sich durch Aufnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Luft Kaliumcarbonat.

Toxische Wirkung

Bearbeiten

Beim Menschen

Bearbeiten

Bei einem erwachsenen Menschen mit ca. 80 kg beträgt die tödliche Dosis LDLo (oral) etwa 230 mg Cyanid (CN). Hautresorption ist möglich. Es ist unklar, ob diese letale Dosis auch über Hautresorption möglich ist. Die niedrigste berichtete letale Dosis LDLo (oral) beim Menschen betrug bei oraler Aufnahme 2,86 mg/kg Körpergewicht.[12] Hellrote Schleimhautblutungen weisen beim Leichnam auf Zyankali hin.

Der Cyanid-Wirkstoff wird meistens als Kaliumcyanid („Zyankali-Kapseln“) oder als ein anderes Salz der Blausäure (z. B. Natriumcyanid) verwendet. Beim Zerbeißen und Verschlucken einer solchen Kapsel entfaltet sich die toxische Wirkung beim Auflösen des Zyankalis und der anschließenden Freisetzung der Cyanid-Ionen (siehe Cyanidvergiftung).

Das Cyanid-Ion blockiert die Sauerstoffbindungsstelle der Cytochrom-c-Oxidase (Komplex IV der Atmungskette), was zur inneren Erstickung führt. Cyanid-Ionen werden durch das Enzym Rhodanase zu Thiocyanat-Ionen umgewandelt. Diese werden über die Niere ausgeschieden.

Nach Vergiftung mit kleineren Mengen, falls sie nicht tödlich verlaufen, kann es zu neurologischen Spätschäden kommen. Solche Vergiftungen behandelt man u. a. mit Natriumthiosulfat zur Unterstützung der hepatischen Metabolisierung, 4-Dimethylaminophenol und Hydroxycobalamin.

Bei Tieren

Bearbeiten

Fische sterben bei einer Cyanidkonzentration im Wasser von 1–5 µg/l. Für kleinere Säugetiere wie Mäuse oder Ratten liegt die letale Dosis LD50 bei oraler, subkutaner oder intramuskulärer Aufnahme bei 5–8,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.[7][8][10]

Herstellung

Bearbeiten

Die technische Herstellung erfolgt aus Blausäure und Kalilauge (Neutralisation und nachfolgendes Eindampfen).

 

In früherer Zeit wurde Kaliumcyanid durch Einwirken von Kohlenstoffmonoxid und Ammoniak auf Kaliumcarbonat (Pottasche) bei hohen Temperaturen hergestellt. Bei dieser von Eisen katalysierten Reaktion entstehen neben Kaliumcyanid auch Wasser, Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid:

 

Im Labor wird es durch Erhitzen von Blutlaugensalzen wie Kaliumhexacyanidoferrat(III) und Schwefelsäure hergestellt. Die entstandene Blausäure wird dann mit Kalilauge neutralisiert, und das Kaliumcyanid kann z. B. mit Ethanol ausgefällt werden.

Auch die Herstellung durch die Reduktion von Kaliumcyanat bei höheren Temperaturen ist möglich:

 

Verwendung

Bearbeiten

Kaliumcyanid wird bei industriellen Fertigungsprozessen eingesetzt und dort hauptsächlich zur Goldgewinnung (Cyanidlaugerei) und in galvanischen Bädern, aber auch in der organischen Synthesechemie verwendet (besonders zur Herstellung von Nitrilen).

In der Medizin wird es als Bestandteil in Drabkin-Lösungen verwendet, die zur spektroskopischen Konzentrationsbestimmung von Hämoglobin eingesetzt werden.[13]

Sicherheitshinweise

Bearbeiten

Lagerung

Bearbeiten

Bei der Lagerung von Kaliumcyanid müssen die entsprechenden Behälter dicht geschlossen sein. Die Lagerung hat kühl und trocken und unter Verschluss zu erfolgen (Lagerklasse: 6.1BS, Nicht brennbare giftige Stoffe, fest).

Handhabung

Bearbeiten

Es ist unbedingt zu vermeiden, dass Stäube und Dämpfe von Kaliumcyanid eingeatmet werden. Deswegen muss bei der Handhabung eine Schutzmaske getragen werden. Kaliumcyanid ist hautresorptiv. Um Berührungen mit der Haut abzuwenden, sind Gummihandschuhe und entsprechende Laborkleidung zu tragen.

Entsorgung

Bearbeiten

Zur weitgehenden Entgiftung lassen sich Cyanide oxidativ zerstören, z. B. mittels Wasserstoffperoxid, siehe entsprechenden Entsorgungshinweis im Artikel Cyanide.

Nachweis

Bearbeiten

Das klassische Analyseverfahren von Kaliumcyanid besteht im Nachweis der Cyanid-Ionen (CN): Zur alkalischen Probelösung wird im Unterschuss Eisen(II)-sulfat-Lösung zugegeben. Sind Cyanid-Ionen vorhanden, bildet sich nach der Zugabe von Eisen(III)-Salzen Berliner Blau.

Literatur

Bearbeiten
  • Eintrag zu Kaliumcyanid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 20. Juni 2014.
Bearbeiten
Wiktionary: Zyankali – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b c d e f g h i Eintrag zu Kaliumcyanid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  2. Ramesh Babu: The only taste: Cyanide is acrid. In: Hindustan Times. 8. Juli 2006, abgerufen am 7. Juli 2024 (englisch).
  3. Serkos A. Haroutounian: Potassium Cyanide. In: Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis. 15. Mai 2001, doi:10.1002/047084289x.rp208 (englisch).
  4. Nicht explizit in Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP) gelistet, fällt aber mit der angegebenen Kennzeichnung unter den Gruppeneintrag salts of hydrogen cyanide with the exception of complex cyanides such as ferrocyanides, ferricyanides and mercuric oxycyanide and those specified elsewhere in this Annex im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 151-50-8 bzw. Kaliumcyanid), abgerufen am 2. November 2015.
  6. W. B. Deichmann: Toxicology of Drugs and Chemicals. Academic Press, New York 1969, S. 191.
  7. a b Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics. Vol. 161, 1968, S. 163.
  8. a b Nippon Yakurigaku Zasshi. (Japanese Journal of Pharmacology.) Vol. 54, 1958, S. 1057.
  9. Archives of Toxicology. Vol. 54, 1983, S. 275.
  10. a b C. D. Barnes, L. G. Eltherington: Drug Dosages in Laboratory Animals – A Handbook. Berkeley, Univ. of California Press, 1973, S. 209.
  11. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-20.
  12. W. B. Deichmann: Toxicology of Drugs and Chemicals. Academic Press, New York 1969, S. 191.
  13. Axel M. Gressner, Torsten Arndt: Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer-Verlag, 2019, ISBN 978-3-662-48986-4 (google.de [abgerufen am 20. Februar 2020]).