Herrera-Stil (spanisch: Estilo Herreriano, Herrerianismo oder auch Desornamentado-Stil) ist die heutige Bezeichnung für einen spanischen Architekturstil der Spätrenaissance in der Zeit der Gegenreformation (ca. 1560–1620). Benannt ist er nach dem Baumeister Juan de Herrera, der – nach dem frühen Tod seines Vorgängers Juan Bautista de Toledo im Jahr 1567 – zwischen 1572 und 1584 die Bauarbeiten an der äußerst strengen, von König Philipp II. mitkonzipierten, Schloss- und Klosteranlage des Escorial leitete.
Charakteristika
BearbeitenDer Herrerianismo ist ein strenger und ornamentloser Stil, bei dem die Architektur der Bettelorden (Franziskaner, Dominikaner) Pate gestanden haben könnte. Baukörper sowie die Außen- und Innenwände sind weitgehend frei von kurvilinearen Linien; auch auf horizontale Gesimse, vertikale Wandauflagen wie Lisenen und Pilaster oder die Hervorhebung einzelner Bauteile durch Mittel- oder Eckrisalite wird weitgehend verzichtet. Selbst Fenster und Türen sind oft nicht oder nur äußerst zurückhaltend gerahmt – sie wirken wie in die Wand eingeschnitten; Wappenschilde, Balkone oder Balustraden fehlen. Diese extreme Stilauffassung ist jedoch nur an wenigen Bauten strikt eingehalten worden (z. B. am Escorial oder am Palacio Ducal de Lerma); andernorts erscheinen durchaus einzelne Gliederungselemente, doch insgesamt bleibt der Stil – in deutlichem Gegensatz zum vorhergehenden, teilweise sogar gleichzeitigen plateresken Stil (plateresco) – weitestgehend ornament- und schmucklos. Architekten bzw. Architekturhistoriker sprechen auch von einem „reinen Stil“.
Wichtigste Architekten
Bearbeiten- Vorläufer
- Alonso de Covarrubias (1488–1570)
- Rodrigo Gil de Hontañón (1500–1577)
- Juan Bautista de Toledo (um 1510–1567)
- Hauptvertreter
- Juan de Herrera (1533–1597)
- Francisco de Mora (1553–1610)
- Nachfolger
- Juan Gómez de Mora (1586–1648)
- Ventura Rodríguez (1717–1785)
Bauten
Bearbeiten- Vorläufer des Herrera-Stils
- Herzogspalast von Berlanga de Duero (Anfang 16. Jh.)
- Westseite der Kirche San Sebastián in Villacastín (um 1535/40)
- Alcázar von Toledo (um 1535, danach mehrfach restauriert)
- Fassade der Iglesia Santiago Apóstol in Cigales (um 1535)
- Hospital de Tavera in Toledo (1541–1603)
- Herzogspalast in Pastrana (Baubeginn um 1545)
- Herrera-Stil
- Escorial (1563–1597)
- Kirche des Klosters Uclés (1580?–1598)
- Kirche Nuestra Señora de la Asunción in Valdemorillo (16. Jh.)
- Kirche Santiago Apóstol in Cebreros (16. Jh.)
- Kirche Nuestra Señora de la Asunción in Colmenar del Arroyo (16./17. Jh.)
- Herzogspalast von Lerma (1601–1617)
- Casa de la Panadería an der Plaza Mayor in Madrid (1617–1619)
- Palacio de Santa Cruz, Madrid (1629–1637)
- Herzogspalast von Medinaceli in Medinaceli (1621–um 1650)
- Convento de las Trinitarias, El Toboso (ca. 1660–1690)
- Nachfolger
- Wohntrakt des Klosters San Isidro de Dueñas, Provinz Palencia (17. Jh.)
- Palacio de Goyeneche, Nuevo Baztán, um 1713
- Convento de San Agustín, Haro (1741)
- Palacio del Infante don Luis, Boadilla del Monte (1761–1765)
- Palacio de la Mosquera, Arenas de San Pedro (1776–1783)