Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitän

Kapitän der von 1829 bis 1991 existierenden Donaudampfschiffahrtsgesellschaft

Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitän bezeichnet als Eigennamenkompositum (und damit unberührt von der Rechtschreibreform) inoffiziell einen Kapitän der von 1829 bis 1991 existierenden Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft (DDSG).

Betrachtet man das Wort als Gattungsbegriff, gilt seit der Rechtschreibreform 1996 – und damit erst nach Auflösung des ursprünglichen Unternehmens – die Schreibweise mit drei f, also Donau­dampfschifffahrts­gesell­schafts­kapitän. Davor traten drei f nur bei Worttrennung auf.

Das Wort ist ein populäres Beispiel für die Bildung von Mehrfachkomposita in der deutschen Sprache.

Die Schönbrunn, Baujahr 1912, einst Paradeschiff der DDSG, wurde auch von einem Donau­dampf­schifffahrts­gesellschafts­kapitän gesteuert

Sprachliches

Varianten

Das Wort ist ein beliebtes Beispiel für komplexe Mehrfachkomposita und deren Probleme im Bereich der Linguistik und Computerlinguistik in Thesauren, Übersetzungsprogrammen und Suchabfragen. In Österreich, wo die Gesellschaft beheimatet war, ist es wahrscheinlich das Paradebeispiel. Es wird gerne als Ausgangspunkt für Wortspielereien wie die Ableitung noch längerer künstlich zusammen­gesetzter – aber grammati­kalisch korrekter – Hauptwörter wie

  • Donau­dampfschifffahrts­gesellschafts­kapitäns­anwärter­posten
  • Donau­dampfschifffahrts­gesellschafts­kapitäns­kajüten­schlüsselloch
  • Donau­dampfschifffahrts­elektrizitäten­hauptbetriebswerk­bauunterbeamten­gesellschaft
  • Oberdonaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänsmützenkokarde

und ähnlichem genutzt.

Wortlängen-Rekorde

Donau­dampfschifffahrts­elektrizitäten­hauptbetriebswerk­bauunterbeamten­gesellschaft ist das Wort, das in verschiedenen Ausgaben des Guinness-Buchs der Rekorde[1] mit einer Länge von 79 Buchstaben als das längste veröffentlichte Wort in der deutschen Sprache angegeben wird. Gemäß der Rechtschreibreform von 1996 mit drei aufeinanderfolgenden ‚f‘ („-‍schifffahrt-“) hat das Wort 80 Buchstaben. Es sind keine Belege dafür bekannt, dass jemals eine Gesellschaft dieses Namens existierte und es sich bei diesem Namen nicht bloß um ein Kunstwort handelt, das zur Erzielung einer besonderen Wortlänge erzeugt wurde.

Amtlich belegt ist hingegen das Rindfleisch­etikettierungs­überwachungs­aufgaben­übertragungs­gesetz, 63 Buchstaben, in Mecklenburg-Vorpommern (von 1999, 2013 aufgehoben[2]). Belegt ist auch die Grundstücks­verkehrs­genehmigungs­zuständigkeits­übertragungs­verordnung (GrundVZÜV, 67 Buchstaben, von 2003, 2007 wieder aufgehoben).[3]

Kulturelle Rezeption

Wolfgang Menzel behauptet in seinem Kurztext für Kinder Das längste Wort der Sprache, dass Ober­donau­dampfschifffahrts­gesellschafts­kapitän jenes wäre. In diesem Text erklärt er Schritt für Schritt aus welchen Teilen das Wort zusammengesetzt ist. Das „Ober-“ fügt er hinzu, da die Schiffe bis zur oberen Donau (dort bis Kelheim) fahren.[4] Im alltäglichen Gebrauch dürfte das Wort aber nie verwendet worden sein.

Die in Paris geborene Schriftstellerin Michèle Métail lernte dieses Wort im Jahre 1972 in Wien kennen, wo sie Germanistik studierte. In ihrer Übersetzung ins Französische heißt es Le capitaine de la compagnie des voyages en bateau à vapeur du Danube. Inspiriert durch die französische Version begann sie Verse zu basteln, die jeweils aus sechs Substantiven bestehen, wobei sie bei jedem neuen Vers vorne ein neues Wort hinzufügte und hinten das letzte wegließ.
Der ganze deutsche Komplex nennt sich Donauverse und besteht aus 2888 Versen, da die Donau als genauso viele Kilometer lang galt und der Text wie ein Fluss fließt. Er ist Teil ihres seit damals entstehenden Mammutprojekts, das sie „unendliches Gedicht“ nennt, ohne Verben auskommt und dessen andere Teile in den Sprachen Französisch, Altfranzösisch, Chinesisch und Englisch geschrieben sind. Bis April 2004 waren es insgesamt 25.000 Verse, die auf einer 20 Meter langen Papierrolle Platz gefunden hatten.[5][6][7]

Begriffsgeschichte

Zu seiner Verbreitung trug auch der gleichnamige Tango bei, der von den damals schon in Wien lebenden Künstlern Erich Meder[8] (1897–1966, Text) und Karl Loubé[8] (1907–1983, Musik) geschaffen wurde. Veröffentlicht wurde er erstmals im Jahre 1936[9] im traditionsreichen Wiener Musikverlag Ludwig Doblinger[8] im Palais Dietrichstein an der Dorotheergasse.
Das Lied erzählt über das verzwickte Liebesleben eines Donau­dampfschifffahrts­gesellschafts­kapitäns: Jeder möchte gerne auf der Donau fahren, weil die Gegend so schön ist, aber vor einem sollte einen das Schicksal bewahren – nämlich „[d]aß man nicht am Ende fährt als Kapitän“. Die Uniform macht einen zwar sympathisch, die Damen sind hingerissen und taumeln vor Liebesglück, aber man fährt von Ort zu Ort und kann nirgendwo bleiben: „Kaum hat man sich geseh’n, heißt es auf Wiederseh’n.“ Und wegen des langen Titels will auch kein Mädchen einen Brief schreiben. Der Refrain beginnt mit den Worten: „Kein Lied war je so schön, als das vom Donau­dampfschiffahrts­gesellschafts­kapitän […]“

Eine „unnachahmliche“[10] und in Deutschland sehr bekannte Interpretation stammt von Peter Igelhoff, der nach der Schlagerchronik von Wolfgang Adler auch der Erstinterpret gewesen sein soll, was sich mit seiner Übersiedelung nach Berlin zeitlich knapp ausgehen kann.[11] Andere berühmte Interpreten waren etwa Peter Alexander, Karel Gott, Heinz Conrads und Ernst Mosch mit den Egerländer Musikanten.

Wiktionary: Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Guinness-Buch der Rekorde Ausgabe ’92, ’93, ’94, ’95, Längste Wörter
  2. Steffen Trumpf, dpa: Beschluss im Schweriner Landtag: Längstes Wort Deutschlands hat ausgedient. Spiegel Online, 3. Juni 2013, abgerufen am 3. Juni 2013.
  3. http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP16/93/9377.html
  4. Wolfgang Menzel: Kleeblatt. Das Lesebuch – Ausgabe 2001 Bayern, neue Rechtschreibung, Schülerband 3. Jahrgangsstufe, Schroedel Verlag, ISBN 3-507-40803-1, S. 10, Immer längere Wörter lesen. @1@2Vorlage:Toter Link/www.schroedel.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven) (PDF) Online-Textprobe, 15. Januar 2002
  5. Wolfgang Seibel: Michèle Métails Wortballungen@1@2Vorlage:Toter Link/oe1.orf.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven), eine Sendung der Reihe Kulturjournal auf Ö1 vom 22. Januar 2007
  6. Michèle Métail – Sprachperformance, Veranstaltung vom 28. April 2004 im Literaturhaus Salzburg durch Verein Literaturhaus und Französisches Kulturinstitut Innsbruck
  7. Michèle Métail – Samuel Fischer-Gastprofessorin im Sommersemester 2005. Oliver Lubrich, Bernhard Metz, Peter Szondi-Institut Berlin, 15. August 2005
  8. a b c Gema Onlinedatenbank (Memento vom 3. Juni 2009 im Internet Archive): GEMA-Werk.-Nr. 643747-001, Aufruf: 23. Januar 2008
  9. Mail vom Musikverlag Doblinger am 23. Januar 2008, siehe Diskussionsseite.
  10. Geburtstag von Peter Igelhoff (Memento vom 25. Juni 2007 im Internet Archive) – Sendung des WDR 3 in der Reihe Zeitzeichen am 22. Juli 2004
  11. Wolfgang Adler: Schlagerchronik. 2. Auflage. SFB, Band 3, 1987, Webinformation