Domäne (Biologie)

Rangstufe der biologischen Systematik
(Weitergeleitet von Drei-Domänen-System)

Die Domäne (englisch domain) ist in der jetzt allgemein akzeptierten systematischen Einteilung der Lebewesen nach Carl R. Woese (University of Illinois), Otto Kandler und Mark L. Wheelis[1] die höchste Klassifizierungskategorie. Im Allgemeinen ist die unter der Domäne liegende Rangstufe das Reich (lateinisch regnum, englisch kingdom), diese kann aber auch ausgelassen sein (s. u.).

LebewesenDomäne (Biologie)Reich (Biologie)Stamm (Biologie)Klasse (Biologie)Ordnung (Biologie)Familie (Biologie)Gattung (Biologie)Art (Biologie)

Rangstufen innerhalb des Systems der Lebewesen (ohne Zwischenstufen)

Phylogenetischer Baum mit den drei Domänen (nach Carl Woese u. a., basierend auf den Sequenzen der rRNA)

Man kann die Lebewesen auch danach unterscheiden, ob in den Zellen ein Zellkern vorhanden ist oder nicht. Diese Einteilung in nur zwei Gruppen war früher üblich. Sie beruht jedoch nicht auf den Verwandtschaftsverhältnissen und ist deshalb keine systematische Einteilung.

Viren, Viriforme, Viroide, Satelliten und Prionen als nicht-zelluläre Gebilde[2] werden nicht generell unter den Lebewesen eingeordnet und unterliegen (mit Stand Juli 2022 bis auf die Prionen) einer eigenen Taxonomie. Da bei diesen Organismen nicht von einer gemeinsamen Abstammung ausgegangen wird, existieren eine Reihe maximal großer Verwandtschaftsbereiche, „Realms“ (engl. realms) genannt. Da die Rangstufe „Domäne“ hier nicht definiert ist, tritt der Rang „Realm“ hier als oberster Rang an die Stelle von „Domäne“ – oberhalb von Reich (engl. kingdom). Nach der Evolutionstheorie wird davon ausgegangen, dass alle zellulären Organismen einen gemeinsamen Ursprung haben, Sie bilden daher einen Verwandtschaftsbereich „Biota“, dem alle drei Domänen angehören und der den Viren-Realms entspricht.

Systematische Einteilung der Lebewesen

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Heutige Einteilung in Domänen

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Die systematische Einteilung der Lebewesen richtet sich nach ihrer Verwandtschaft. Alle Lebewesen werden nach diesem System heute in drei Domänen eingeteilt:

Die Domäne der Eukaryoten ist in Regna (Reiche) unterteilt, ein Erbe der klassischen Unterteilung der Lebewesen in das Reich der Tiere und das der Pflanzen (von denen später das der Pilze abgetrennt wurde).

Die Domänen der Bakterien und Archaeen sind dagegen traditionell direkt in Phyla (Stämme) unterteilt. Dies ist noch eine Reminiszenz aus Zeiten, als beide Gruppen zusammen zu einem Reich „Monera“ (syn. Prokaryoten) zusammengefasst wurden. Aufgrund von Metagenomanalysen wurden in letzter Zeit jedoch sehr viele Kandidaten-Phyla vorgeschlagen. Um der hohen Diversität in diesen Domänen zu entsprechen, versucht man, diese ihrerseits in Supergruppen wie Superphyla und (nun doch) Reiche zu gruppieren, wie es bereits Woese et al. 1990 u. a. für die Euryarchaeota vorgeschlagen hatten (Zitat: …the Bacteria, the Archaea, and the Eucarya, each containing two or more kingdoms).

Die systematische Unterteilung in drei Domänen beruht in erster Linie auf der unterschiedlichen Struktur der ribosomalen Ribonukleinsäure (rRNA). Bakterien und Archaeen unterscheiden sich außerdem in der Zusammensetzung ihrer Zellmembran und in der Biochemie ihres Stoffwechsels. Die Eukaryoten unterscheiden sich von den beiden anderen Domänen vor allem durch den Zellkern in ihren Zellen.

Für die Domäne Eukaryota ist auch die Bezeichnung Eukarya oder Eucarya gebräuchlich. Woese, Kandler und Wheelis verwendeten bei ihrem 1990 veröffentlichten Vorschlag zur Einteilung der Lebewesen in drei Domänen die Schreibweise Eucarya.

Historische Systematik

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Im früheren System der Lebewesen wurde nicht zwischen Bakterien und Archaeen unterschieden. Anhand ihrer Zellstruktur wurden alle Lebewesen in zwei Gruppen (mit der englischen Bezeichnung empire oder superkingdom) eingeteilt, wobei die Archaeen den Bakterien zugerechnet wurden, da sie ebenso wie diese keinen Zellkern haben:

  • Prokaryoten: Lebewesen ohne Zellkern (umfasst die Domänen der Bakterien und Archaeen)
  • Eukaryoten: Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern haben

Diese Einteilung ist keine taxonomische Einteilung im verwandtschaftlichen System der Lebewesen.

Anstelle der modernen Bezeichnungen Prokaryoten und Eukaryoten wurden früher die Bezeichnungen Prokaryonten und Eukaryonten genutzt. Sie sind auch heute noch sehr gebräuchlich und gelten allgemein als zulässig.

Ursprung der Eukaryoten

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Der Drei-Domänen-Stamm­baum nach Woese und die Eo­zyten-Hypothese (Zwei-Domänen-Stammbaum) nach Cox et al., 2008[3] und Eme et al., 2023.[4]

Die Eukaryoten sind vermutlich aus Archaeen der Asgard-Gruppe (im Umfeld der Hodarchaeales, Heimdall-Archaeen) hervorgegangen. Außer der Ausbildung eines abgegrenzten Zellkerns (möglicherweise unter Mithilfe von Viren) haben diese in einer Symbiogenese Bakterien (genauer: α-Proteobakterien, früher favorisiert: Rickettsiales, seit 2023: Iodidimonadales) aufgenommen. Dadurch wurden diese Bakterien zu OrganellenMitochondrien, Hydrogenosomen, Mitosomen – insgesamt auch genannt MROs (englisch mitochondrion-related organelles);[5][4] siehe auch Eozyten-Hypothese. In diesen Szenario wären die Archaeen paraphyletisch. Um dies zu vermeiden, müssten die Eukaryoten im Sinn der Kladistik den Archaeen zugeordnet werden.[3] Allerdings stößt bei einer solchen Entstehung mittels Symbiogenese die kladistische Methodik ohnehin an ihre Grenzen.

  • Carl R. Woese, Otto Kandler, Mark L. Wheelis: Towards a natural system of organisms: Proposal for the domains Archaea, Bacteria, and Eucarya. In: Proceedings of the National Academy of Sciences USA. Band 87, 1990, S. 4576–4579 (PDF).

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Carl R. Woese, Otto Kandler, Mark L. Wheelis: Towards a natural system of organisms: Proposal for the domains Archaea, Bacteria and Eucarya. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 87, Nr. 12, 1990, S. 4576–4579 (pnas.org [PDF]).
  2. gelegentlich als Acytota bezeichnet, im Gegensatz zu den Cytota (zellulären Organismen, siehe Stefan Hintsche: System der Lebewesen, 2012).
  3. a b C. J. Cox, P. G. Foster, R. P. Hirt, S. R. Harris, T. M. Embley: The archaebacterial origin of eukaryotes. In: Proc Natl Acad Sci USA. 105. Jahrgang, Nr. 51, 2008, S. 20356–20361, doi:10.1073/pnas.0810647105, PMID 19073919, PMC 2629343 (freier Volltext), bibcode:2008PNAS..10520356C (englisch).
  4. a b Laura Eme, Daniel Tamarit, Eva F. Cáceres, Courtney W. Stairs, Valerie De Anda, Max E. Schön, Kiley W. Seitz, Nina Dombrowski, William H. Lewis, Felix Homa, Jimmy H. Saw, Jonathan Lombard, Takuro Nunoura, Wen-Jun Li, Zheng-Shuang Hua, Lin-Xing Chen, Jillian F. Banfield, Emily St. John, Anna-Louise Reysenbach, Matthew B. Stott, Andreas Schramm, Kasper U. Kjeldsen, Andreas P. Teske, Brett J. Baker, Thijs J. G. Ettema: Inference and reconstruction of the heimdallarchaeial ancestry of eukaryotes. In: Nature, Band 618, S. 992–999; doi:10.1038/s41586-023-06186-2. Dazu:
  5. Michelle M. Leger, Martin Kolísko, Courtney W. Stairs, Alastair G. B. Simpson: Mitochondrion-Related Organelles in Free-Living Protists. In: Hydrogenosomes and Mitosomes: Mitochondria of Anaerobic Eukaryotes, Springer, Reihe Microbiology Monographs (MICROMONO), Band 9, 10. August 2019, S. 287–308; doi:10.1007/978-3-030-17941-0_12, ResearchGate.