Ulcinj

Küstenstadt in Montenegro
(Weitergeleitet von Dulcigno)

Ulcinj (montenegrinisch-kyrillisch Улцињ, albanisch Ulqin bzw. Ulqini) ist die südlichste Stadt Montenegros. Sie liegt in der nach ihr benannten Gemeinde an der Adria und nahe der Grenze zu Albanien.

Ulcinj
Улцињ
Ulqin/Ulqini
Wappen von Ulcinj
Ulcinj (Montenegro)
Ulcinj (Montenegro)
Basisdaten
Staat: Montenegro Montenegro
Gemeinde: Ulcinj
Koordinaten: 41° 55′ N, 19° 12′ OKoordinaten: 41° 55′ 28″ N, 19° 12′ 12″ O
Höhe: 20 m. i. J.
Fläche: 255 km²
Einwohner: 11.488 (2023)
Bevölkerungsdichte: 45 Einwohner je km²
Telefonvorwahl: (+382) 030
Postleitzahl: 85360–85362
Kfz-Kennzeichen: UL
Struktur und Verwaltung (Stand: 2024)
Bürgermeister: Omer Bajraktari
Postanschrift: Bulevard Gjerg Kastrioti Skenderbeu pn
85360 Ulcinj
Webpräsenz:

Ulcinj hat eine sehenswerte Altstadt. Unmittelbar in der Nähe befindet sich der „kleine Stadtstrand“ (montenegrinisch Mala Plaža, albanisch Plazh i Vogël). Das Stadtbild zeigt deutliche Spuren der osmanischen Vergangenheit, zahlreiche Moscheen, darunter die Kirchenmoschee und die Namazgjahu-Moschee, verteilen sich über die Stadt.

Ulcinj ist der heutige Name der Stadt in der montenegrinischen beziehungsweise serbischen, bosnischen und kroatischen Sprache. Im Albanischen – das ebenfalls Amtssprache der Gemeinde ist – heißt sie Ulqin in der unbestimmten Namensform oder Ulqini in der bestimmten Form. Auf Italienisch wird sie Dulcigno, auf Türkisch Ülgün genannt.

Der Ortsname geht zurück auf die antike Bezeichnung Ulcinium, woraus sich im Altserbischen zunächst Lьcinь und dann Ocinj gebildet hat. Die heutige slawische Namensform Ulcinj mit ul- am Anfang entstand jedoch durch den Einfluss des albanischen Namens. Das Albanische wiederum führt den antiken Ortsnamen direkt fort, mit typischem Lautwandel q aus lat. k: Ulqin(i) < Ulcinium.[1] Das initiale d- im italienischen Dulcigno stammt aus einer Verschmelzung mit der Präposition de („aus“).[2]

Etymologisch wird der Ortsname mit der altalbanischen (und noch heute dialektalen) Form ulk für „Wolf“ (hochalbanisch ujk) verbunden.[3]

 
Panorama Ansicht der Altstadt von Ulcinj

Geschichte

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Blick auf die Altstadt

Die ersten namentlich bekannten Bewohner der Gegend um Ulcinj waren die Illyrer. In der Antike bestand eine Siedlung griechischer Kolonisten, die – so haben archäologische Grabungen ergeben – im 5. Jahrhundert v. Chr. zur Stadt erweitert wurde. In der Zeit des Hellenismus stand der Ort unter dem Einfluss der verschiedenen kurzlebigen illyrischen Königreiche und gelangte 163 v. Chr. als Olcinium (= Stadt der Olcinjaten, ein illyrischer Stamm) unter römische Herrschaft. Unter diesem Namen wird Ulcinj bei Plinius dem Älteren in der Naturalis historia zum ersten Mal schriftlich erwähnt.

Während der römischen Herrschaft war Ulcinj eine befestigte Siedlung römischer Bürger; in ihr lebte auch eine kleinere Anzahl an Griechen. Sie hatte den status eines oppidum civium Romanorum und wurde später municipium – also eine eigenständige Stadt römischen Rechts. Zu dieser Zeit war Ulcinj eine fortschrittliche und lebendige Stadt, mit Steinhäusern, Wasserzufuhr und ausgeprägten Verkehrswegen.[4]

Nach der Teilung des Römischen Reiches fiel Ulcinj 395 mit der Provinz Praevallis an Ostrom und die Bewohner nahmen das Christentum an. In der Spätantike war Ulcinj Bischofssitz; das Bistum existierte mit Unterbrechungen bis zum Beginn der Türkenherrschaft im 16. Jahrhundert.

 
Ulcinj 1573

Ulcinj gehörte im 9. und 10. Jahrhundert und dann wieder im 12. Jahrhundert zu den serbischen Reichen Duklja und Raszien und kurz auch zum Nemanjiden-Staat. Es wurde zu einem bedeutenden Handels- und Seefahrtszentrum des serbischen Staates. Nach 1355 übernahmen die Balšići die Herrschaft über die Stadt. Mehrfach stand Ulcinj auch unter venezianischer Herrschaft, meist war die Stadt jedoch faktisch unabhängig. Ihre Einwohner, die „Dulcinoten“ (italienisch), waren gefürchtete Piraten in der Adria.

Nach dem Tod von Balša III. 1421 eroberten die Venezianer Ulcinj, es wird für 150 Jahre Teil des Venezianischen Albanien. In dieser Zeit siedelten sich in Ulcinj sowie auch im Umland Venezianer an, diese besaßen in der Stadt eine eigene Kolonie sowie ein Konsulat. Als Teil des Patriziats von Ulcinj wurden im Spätmittelalter unter anderem die Adelsfamilien Campanario, Paladino, Rosa, Taliaferri und Pamaltotti erwähnt. Neben dem Lateinischen als Amtssprache herrschte auch vor allem die albanische Sprache in der Bevölkerung immer weiter vor.[4]

Von 1571 bis 1880 war Ulcinj Teil des Osmanischen Reiches. Eine 1718 unter Feldmarschall Johann Matthias von der Schulenburg begonnene Belagerung durch venezianische Truppen – zur See und zu Land – wurde aufgrund des Frieden von Passarowitz wieder aufgehoben. Durch Sklavenhandel kamen vor allem im Lauf des 18. und 19. Jahrhunderts einige Schwarze in die Stadt und ließen sich – wenn sie freigekommen waren – dort nieder, sodass in der Stadt eine Gemeinde Schwarzer entstand, die nach dem Ende der osmanischen Herrschaft fast vollständig verschwand.[5]

Im Krieg mit dem Osmanischen Reich eroberte Montenegro am 20. Januar 1878 Ulcinj. Beim Abschluss des Vorfriedens von San Stefano wurde Ulcinj von den Russen aber wieder der Hohen Pforte zugestanden, während Montenegro nur ein paar Dörfer am Shkodrasee bekam. Der Berliner Kongress revidierte die Vereinbarungen von San Stefano auch in Bezug auf Ulcinj und sprach die Stadt Montenegro zu. Das Osmanische Reich weigerte sich aber, die Stadt zu räumen. Erst nach Intervention der Großmächte, unter anderem durch eine gemeinsame Flottendemonstration vor der türkischen Küste, gaben die Osmanen nach. Am 30. November 1880 wurde Ulcinj endgültig dem Fürstentum Montenegro angeschlossen.[6]

Seit 2008 ist Ulcinj die Bezirkspartnerstadt des 23. Wiener Gemeindebezirks Liesing. Der entsprechenden schriftlichen Vereinbarung waren vier Jahre kultureller und infrastruktureller Zusammenarbeit mit dem südlichsten Gemeindebezirk der österreichischen Hauptstadt vorangegangen.[7]

Bevölkerung

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Zweisprachiges Straßenschild in Ulcinj (montenegrinisch/albanisch)

Die aktuelle Volkszählung von 2023 hat eine Einwohnerzahl von 11.488 ergeben, genauere Daten zur Deklaration der Einwohner stehen noch aus.[8]

Zur 2011 durchgeführten Volkszählung lebten in der Stadt 10.707 Menschen. In umliegenden Ortschaften lebten weitere 9.214 Personen, was für die gesamte Gemeinde Ulcinj eine Einwohnerzahl von 19.921 ergab.[9] Von ihnen bezeichneten sich 14.076 (70,66 %) als Albaner, 2.478 (12,44 %) als Montenegriner, 1.145 (5,75 %) als Serben, 780 (3,92 %) als ethnische Muslime, 449 (2,25 %) als Bosniaken und 232 (1,17 %) als Roma und Balkan-Ägypter. Daneben leben in der Gemeinde noch weitere kleinere Bevölkerungsgruppen, zudem gab ein Teil der Befragten keine Antwort bezüglich der Ethnie.[9]

Bevölkerungsentwicklung der Stadt[10]
Volkszählung 1948 1953 1961 1971 1981 1991 2003 2011 2023
Einwohner 4385 4919 5705 7459 9140 11.144 10.828 10.707 11.488

Tourismus

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Markt in Ulcinj

Ulcinj ist eine touristisch gut erschlossene Stadt mit einer Vielzahl von Hotels und Pensionen. Außerhalb der Stadt beginnt der „Große Strand“ (montenegrinisch Velika Plaža, albanisch Plazhi i madh), der sich bis zur albanischen Grenze mit einer Länge von 13 Kilometern erstreckt. Somit ist dies der längste Sandstrand an der östlichen Adriaküste. Dazu gehört auch das FKK-Gebiet auf der Insel Ada an der Mündung des Flusses Bojana. Vor den Jugoslawienkriegen war Ulcinj ein beliebtes Reiseziel für Deutsche, Italiener, Franzosen und Engländer.

 
Strandpromenade von Ulcinj

Vor allem seit den 1990er Jahren machen Albaner aus dem Kosovo einen großen Teil der Touristen in Ulcinj aus. Auch bei Diaspora-Albanern ist Ulcinj heute ein beliebtes Urlaubsziel.

Söhne und Töchter der Stadt

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Literatur

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  • Peter Bartl: Die Dulcignoten. Piraterie und Handelsschiffahrt im Adriaraum (18. Jahrhundert). In: Südosteuropa unter dem Halbmond. Untersuchungen über Geschichte und Kultur der südosteuropäischen Völker während der Türkenzeit. Prof. Georg Stadtmüller zum 65. Geburtstag gewidmet. München 1975, S. 17–27.
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Commons: Ulcinj – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Aleksandar Loma: Sloveni i albanci do XII veka u svetlu toponomastike. In: Stanovništvo slovenskog porijekla u Albaniji. Titograd 1990, S. 298 (serbisch): „Naprotiv, srazmerno ran albanski refleks bio bi Ulqí, odr. Ulqini < Ulcinium, sa -q- < lat. k pred l, dakle sa tretmanom kao kod latinskih pozajmljenica. [...] U svakom slučaju, Albanci su antičko ime Ulcinja primili neposredno od dalmatinskih Romana, a ne posredstvom slovenskog oblika stsrp. Lьcinь (-nj)”
  2. Ulcinj. In: mirjanadetelic.com. Abgerufen am 7. Mai 2018 (serbisch).
  3. Joachim Matzinger: Rezension von: “Vladimir Orel, Albanian Etymological Dictionary”. In: Die Sprache. Band 40, 1998, S. 238: „Die ältere Form ulk findet sich nicht nur [...] im čamischen Dialekt, sondern auch in anderen alban. Dialekten [...] und dem Altalban. [...] Nachzutragen ist noch, daß diese ältere Lautgestalt auch im ON Ulqin [...] fortlebt“
  4. a b Jovan Vukmanović: Etnički procesi i sastav stanovništva u Ulcinju. In: Etnološki pregled. Band 10, 1972, S. 19–29 (serbisch).
  5. Mustafa Canka: Only Memories and Emptiness Remain: The History of Ulcinj’s Afro-Albanian Community in Montenegro. In: LeftEast, 30. September 2013 (englisch).
  6. Peter Bartl: Albanien. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Pustet, Regensburg 1995, ISBN 3-7917-1451-1, S. 98.
  7. Wiener Rathauskorrespondenz vom 28. Oktober 2008
  8. Preliminary results of the 2023 Census of Population, Households, and Dwellings. In: Statistical office of Montenegro. Abgerufen am 20. Februar 2024.
  9. a b Popis stanovništva, domaćinstava i stanova u Crnoj Gori 2011. godine. (PDF) In: monstat.org. Statistikbüro Montenegros, 12. Juli 2011, abgerufen am 13. August 2016 (serbokroatisch/englisch, Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden hier mehrere Nennungen aus der Volkszählung zu den Gruppen „ethnische Muslime“ sowie „Muslime“ (Religion) zusammengefasst).
  10. Montenegro censuses. In: pop-stat.mashke.org. Abgerufen am 11. Mai 2018.
  11. Hajro Ulqinaku. In: www.ulqini.de. Abgerufen am 27. April 2016.