Lilo Wanders
Ernst-Johann „Ernie“ Reinhardt (* 22. September 1955 in Celle) ist ein deutscher Schauspieler und Travestiekünstler, der fast ausschließlich in einer weiblichen Rolle unter dem Namen Lilo Wanders auftritt.
Leben
BearbeitenErnie Reinhardt wurde als Sohn des Kaufmanns Hermann Reinhardt (1924–1960) und seiner Frau Karin, geb. Schubert (1929–2017), in Celle geboren und wuchs in Dorfmark bei Bad Fallingbostel in der Lüneburger Heide auf, wo sein Vater ein Lebensmittelgeschäft betrieb.[1] In Walsrode besuchte er das Gymnasium Walsrode, bis er im Alter von 18 Jahren nach Hamburg zog, um Bibliothekswesen zu studieren. Währenddessen machte er ein Praktikum in Bremen. Das Studium brach er ab. In Bremen wurde Reinhardt Mitglied eines Schwulenchors und ging mit einer schwulen Theatergruppe auf Tournee. In den 1980er-Jahren lebte Reinhardt in Hamburg und trat hier mit schwulen Ensembles und in Soloprogrammen in der alternativen Theaterszene der Hansestadt auf, u. a. mit Corny Littmann. Am 8. August 1988 eröffnete Reinhardt gemeinsam mit Littmann auf der Reeperbahn in Hamburg das Schmidt Theater. Durch schrille Unterhaltung erregte er schnell Aufsehen und erreichte eine regionale Bekanntheit.
Kurze Zeit später entstand auf der Bühne des Schmidt-Theaters die Kunstfigur Lilo Wanders, angelegt als bissige, alternde Theaterdiva mit zahlreichen Allüren. Vorbild hierfür war die Schauspielerin Evelyn Künneke (1921–2001). Anfang der 1990er-Jahre war Lilo Wanders ein fester Bestandteil der Schmidt Mitternachtsshow im NDR Fernsehen (damals N3 genannt). Lilo Wanders ist eine beim Deutschen Patent- und Markenamt auf Ernst-Johann Reinhardt eingetragene Marke. Von 1994 bis 2004 moderierte Reinhardt in der Travestie-Rolle der Lilo Wanders die Fernsehsendung Wa(h)re Liebe beim Fernsehsender VOX, was der Figur bundesweite Bekanntheit einbrachte. Mit den Theaterstücken Die Mythomanin über Evelyn Künneke und Der graue Engel über Marlene Dietrich (verfasst von Moritz Rinke) trat Reinhardt bundesweit auf. Daneben führte er als Lilo Wanders gelegentlich durch Varietéprogramme, moderierte Gala-Abende, spielte Rollen in Kino- und Fernsehfilmen und war Gast in Fernseh-Shows, wie bei Blond am Freitag im ZDF.
Im September 2010 war Reinhardt in zwei Folgen der ARD-Telenovela Rote Rosen zu sehen. Seit April 2011 führt er als Lilo Wanders Einheimische und Touristen in der „Tour de Schmidt“ und seit 2012 als Mitglied der Olivia-Jones-Familie in der „Tour de Wanders“ über die Reeperbahn und zeigt seine Lieblingsecken in und um St. Pauli. 2016 trat er in der Show „Schwiegertochter gesucht“ auf und half einer Teilnehmerin bei diversen Sexthemen.
Er ist Initiator, Mitgründer und Vorstand der 2021 gegründeten Come Out! Stiftung.[2][3]
Am 22. Dezember 2022, im Rahmen des Massengeschmack-TV Adventskalenders, hat Wanders das Sex- und Erotikmagazin Massengeschnackseln veröffentlicht.[4]
Ernie Reinhardt ist mit einer Frau verheiratet[5] und hat drei Kinder.[6] Er wohnt in Hamburg und auf einem Bauernhof im Alten Land.[7]
Auszeichnung
Bearbeiten- 2023: Jürgen-von-Manger-Preis für das Lebenswerk[8]
Filmografie
BearbeitenFilme
Bearbeiten- 1990: Werner – Beinhart! (Animation, Stimme von Frau Glör)
- 1992: Der kleene Punker (Animation, Stimme von Oma Neumann)
- 1993: Die Ratte
- 1999: Werner – Volles Rooäää!!! (Animation, Stimme von Margret Röhrich)
- 2000: Probieren Sie's mit einem Jüngeren, NR: Moderatorin
- 2000: Das Amt – Blutsbrüder
- 2001: Tatort – Exil!
- 2003: Dienstreise – Was für eine Nacht
- 2003: Suche impotenten Mann fürs Leben
- 2003: Werner – Gekotzt wird später! (Animation, Stimme von Frau Hansen und Frau Glör)
- 2005: Heisses Blut oder Vivienne del Vargos’ letzter Vorhang
- 2007: Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken
- 2011: Werner – Eiskalt (Animation, Stimme von Margret Röhrich und Frau Hansen)
- 2013: Notruf Hafenkante – Minderheitenkrieg
- 2014: Laura – Das Juwel von Stuttgart
- 2015: Halbe Brüder
- 2024: Sexuell verfügbar
Werke
Bearbeiten- Lilo Wanders: Tja, meine Lieben, Econ 1997, ISBN 3-612-26361-7.
- Lilo Wanders: Wa(h)re Liebe – A–Z, Heel 2001, ISBN 3-89880-021-0.
- Lilo Wanders: Exotische Scharfmacher, Europa Verlag Hamburg 2002, ISBN 3-203-85055-9.
- Lilo Wanders: Voll aufgeklärt: 100 Antworten auf 1000 Fragen, Moderne Verlagsges. MVG 2008, ISBN 3-636-06376-6.
- Erika Berger, Lilo Wanders: Langenscheidt Sex-Deutsch / Deutsch-Sex, Langenscheidt 2009, ISBN 3-468-73222-8.
- Lilo Wanders: Gern hätt' ich den Mann geküsst (Limited DJ Edition) Vinyl 12", EMI ELECTROLA, 1996, Cat-No.: 12P 519 661
- Lilo Wanders: Singt zwei Duette auf der Platte „Enten hätt' ich züchten sollen...“ von und mit Stephan Sulke, 2011
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Lilo Wanders im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ernie Reinhardt bei IMDb
- Website von Lilo Wanders
- Lilo Wanders in der Deutschen Synchronkartei
- „Höchstpersönlich“ mit Lilo Wanders/Ernie Reinhardt (Radio Bremen, 2004) (auf YouTube)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ "Höchstpersönlich" mit Lilo Wanders aus dem Jahre 2004. Abgerufen am 22. September 2023 (deutsch).
- ↑ Come-Out-Stiftung – Come Out Stiftung. Abgerufen am 15. Juni 2023 (deutsch).
- ↑ Menschen der Stiftung – Come Out Stiftung. Abgerufen am 15. Juni 2023 (deutsch).
- ↑ "Massengeschnackseln. Abgerufen am 22. Dezember 2022.
- ↑ Körpersaft und Rindsrouladen. 19. Mai 2010, abgerufen am 18. August 2024.
- ↑ Martin Zips: „Körpersaft und Rindsrouladen“, Süddeutsche Zeitung online, 19. Mai 2010, abgerufen am 15. Januar 2017
- ↑ Der Kommunismus ist …? Fragebogen Lilo Wanders mag den Deutschlandfunk und fühlt sich an der unteren Elbe zuhause. In: Freitag. Abgerufen am 15. September 2019.
- ↑ Tegtmeiers Erben 2023 - das Finale - Aufzeichnung vom 25. November 2023 aus dem Kulturzentrum Herne - Sendung am 2. Dezember 2023. Abgerufen am 16. Januar 2024 (deutsch).
Personendaten | |
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NAME | Wanders, Lilo |
ALTERNATIVNAMEN | Reinhardt, Ernst-Johann (wirklicher Name); Reinhardt, Ernie (Spitzname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schauspieler und Travestiekünstler |
GEBURTSDATUM | 22. September 1955 |
GEBURTSORT | Celle |