Evangelisch-lutherische Kirche Šilutė

Kirchengebäude in Litauen
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Die Evangelisch-lutherische Kirche Šilutė (litauisch Šilutės evangelikų liuteronų bažnyčia) ist eine Evangelisch-lutherische Kirche im Zentrum der Stadt Šilutė (Heydekrug) in Litauen.

Evangelisch-lutherische Kirche Šilutė
(Šilutės evangelikų liuteronų bažnyčia)
Die Kirche im Jahre 2012
Die Kirche im Jahre 2012

Die Kirche im Jahre 2012

Baujahr: 1924 bis 1926
Einweihung: 10. November 1926
Architekt: Curt Gutknecht
Innenausmalung:
Richard Pfeiffer
Stilelemente: Neugotik
Bauherr: Evangelische Kirchengemeinde Heydekrug
(Kirchenprovinz Ostpreußen, Kirche der Altpreußischen Union)
Turmhöhe:

50 m

Lage: 55° 20′ 33,7″ N, 21° 28′ 1″ OKoordinaten: 55° 20′ 33,7″ N, 21° 28′ 1″ O
Anschrift: Lietuvininkų g. 21
Šilutė
Klaipėda, Litauen
Zweck: Evangelisch-lutherische Gemeindekirche
Pfarrei: Lietuvininkų g. 19
99134 Šilutė
Tel. (+370) 441 52718
Landeskirche: Evangelisch-Lutherische Kirche in Litauen
Webseite: silute.lelb.eu

Kirchengebäude

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Baugeschichte

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Im benachbarten Werden (litauisch: Verdainė) gab es schon im Mittelalter eine Kirche, an der seit 1588 evangelische Pastoren bezeugt sind. Die zweite Pfarrstelle in Werden war bis 1913 mit dem für Heydekrug zuständigen Pfarrer besetzt. Nach einer Zeit der Selbständigkeit der Kirchengemeinde Heydekrug wurden beide Gemeinden 1939 wieder zusammengelegt.

1913 wurde der Grundstein für die Kirche von Heydekrug gelegt, die ursprünglich als Kaiser-Wilhelm-Jubiläumskirche gedacht war. Nach einem Baustopp im Ersten Weltkrieg wurde der Bau 1924 fortgesetzt und 1926 vollendet. Das Grundstück für die Kirche stellte der Verleger und Mäzen Hugo Scheu (litauisch Hugo Šojus) kostenlos zur Verfügung.

Baubeschreibung

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Der Architekt Curt Gutknecht errichtete die Kirche[1] im neugotischen Stil. Es handelt sich um einen massiven verputzten Bau mit halb eingezogenem Turm, der 50 Meter hoch ist.

Der Innenraum hat ein Tonnengewölbe, das auf acht Säulen ruht, mit denen auch die Emporen verbunden sind. Altar und Kanzel sind aus Ebenholz. Über dem Altar befindet sich ein überlebensgroßer geschnitzter Kruzifixus.

Die gesamte künstlerische Ausgestaltung des Kircheninnern stammt vom Königsberger Professor Richard Pfeiffer.

 
Fresko von Richard Pfeiffer

Der Kircheninnenraum wird beherrscht von dem die Altarnische umgebenden einzigartigen Fresko von Richard Pfeiffer. Auf einer Fläche von achtzig Quadratmeter sind 120 überlebensgroße Figuren abgebildet, darunter rund 80 Porträts von Persönlichkeiten der Kirchengeschichte, das die Gemeinschaft der Heiligen symbolisieren. In der Mitte über dem Altar knien Adam und Eva vor dem Lamm Gottes, rechts und links schließen sich biblische und historische Personen an, darunter die Reformatoren Martin Luther und Johannes Calvin sowie Paul Gerhardt, Lucas Cranach und Albrecht Dürer, Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel, August Hermann Francke, Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, Friedrich Bodelschwingh, Matthias Claudius, Amalie Sieveking und viele andere.[2] Es ging dem Künstler um eine Darstellung der anbetenden Kirche.

Auch die übrige Kirche – so über der Orgel und den Eingängen – ist mit biblischen Gleichnissen und Symbolen vom selben Künstler ausgemalt.

 
Orgel

Die Orgel entstand zur Zeit des Kirchenbaus. Sie war eines der letzten Werke des Orgelbaumeisters Eduard Wittek (1857–1927) aus Elbing (heute polnisch: Elbląg), der dort die Orgelbauanstalt von August Terletzki übernommen hatte.

Das Instrument[3] verfügt über eine pneumatische Traktur, wobei die üblichen Spielhilfen vorhanden sind. Bis vor 2002 befand sich die Orgel in unspielbarem Zustand. Danach wurde versucht, sie zu reparieren, wobei allerdings 2003 durch einen Wasserschaden die Hauptwerkswindlade total durchnässt wurde. Anlässlich einer Reparatur im gleichen Jahr wurde vom Gebläse zum Spieltisch ein Bypass angelegt.

Derzeit wird das Instrument nur für einfache Begleitung im Gottesdienst als geeignet befunden. Eine generelle Restaurierung steht noch aus.

Disposition der Orgel

1. Manual C–f3
Bordun 16′
Prinzipal 8′
Gambe 8′
Konzertflöte 8′
Oktave 4′
Rohrflöte 4′
Kornett 3-4fach
2. Manual C–f3
Schalmye 8′
Hohlflöte 8′
Vox coelestis 8′
Gemshorn 8′
Liebl. Gedackt 8′
Aeoline 8′
Flaut travers 4′
Pedal
Subbass 16′
Echobass 16′
Prinzipalbass 16′
Oktavbass 8′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, I/P, II/P
    • Superoktavkoppeln: II/I, I
    • Suboktavkoppeln: II/I

Kirchengemeinde

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Innenschrift an der Kirche „Das Wort sie sollen lassen stahn“

Bis zum Jahr 1913 wurde Heydekrug mit seinen umliegenden Ortschaften von der 1621 gegründeten Kirche Werden (litauisch: Verdainė) aus versorgt, deren zweite Pfarrstelle für diese Aufgabe vorgesehen war[4]. Im Jahr 1913 wurde Heydekrug selbständig, die Kirchengemeinde[5] war patronatslos und es bestand Gemeindewahl. Im Jahr 1925 zählte die Kirchengemeinde insgesamt 5500 Gemeindeglieder, die in der Stadt und in acht umliegenden Kirchspielorten wohnten. Im Jahre 1939 wurden die Kirchengemeinden Heydekrug und Werden zur Pfarrei Heydekrug-Werden vereinigt.

Bis 1926 gehörte der Kirchenkreis Heydekrug zur Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union (APU). Nach 1927 wurde für die Gemeinden im Memelgebiet ein eigener Landessynodalverband mit speziellem Konsistorium innerhalb der APU gebildet.

Heute gehört die Kirchengemeinde in Šilutė zur Evangelisch-lutherischen Kirche in Litauen.

Kirchspielorte

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Bis 1945 gehörten zum Kirchspiel der Kirche Heydekrug neun Orte:[5]

Deutscher Name Litauischer Name
Adlig Heydekrug Šilutė, dvaras
*Bismarck (=Rupkalwer Moor) (anteilig) Žalgiriai
Groß Augstumalmoor (anteilig) Aukštumalo Pelkė
Heydekrug Šilutė
Lapallen Lapaliai
Rupkalwen Rupkalviai
Szieszgirren/Schießgirren Šyšgiriai
Szlaszen/Schlaßen Šlažai
Trakseden Traksėdžiai

In der Zeit von 1913 bis 1945 amtierten an der Kirche Heydekrug als Geistliche:[4]

  • Ludwig Fr. Theodor Eicke, 1913–1943
  • Fritz Moser, 1928–1945
  • Ernst Daudert, 1943–1945

Kirchenbücher

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Die Kirchenbücher der Kirche Heydekrug haben sich größtenteils erhalten und werden im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg aufbewahrt:[6]

  • Taufen: 1913 bis 1926
  • Trauungen: 1913 bis 1944
  • Begräbnisse: 1913 bis 1944.

Kirchenkreis Heydekrug

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Denkmal in der Nähe der Kirche für den Schriftsteller Hermann Sudermann in Šilutė, Litauen

Vor 1945 (zwischen 1920 und 1939 im Memelland gelegen) war Heydekrug Zentrum eines Kirchenkreises in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Zu ihm gehörten neun Kirchspiele:[5]

Deutscher Name Litauischer Name
Heydekrug Šilutė
Kinten Kintai
Paleiten Paleičiai
Paszieszen
1939–45: Paßießen
Pašyšiai
Ramutten Ramučiai
Ruß Rusnė
Saugen Saugos
Werden Verdainė
Wieszen
1939–45: Wießen
Vyžiai

Literatur

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  • Ulrich Schoenborn: Das Überflüssigste ist das Allernotwendigste – Richard Pfeiffer und die Fresken in der Kirche von Heydekrug. Annaberger Annalen 2007 (PDF; 4,4 MB)
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Commons: Evangelisch-lutherische Kirche Šilutė – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2: Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen, 1968, S. 99, Abb. 419–427
  2. Beschreibung der Kirche (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive) auf memelland-adm.de
  3. Jörg Naß, Orgelinventar der evang. lutherischen Kirche Litauens. Durchsicht der Orgel 2009 (Memento des Originals vom 22. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rinck.ch
  4. a b Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, S. 55
  5. a b c Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3: Dokumente, Göttingen, 1968, S. 510
  6. Christa Stache, Berichtigungen und Ergänzungen zum Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin, Teil I: Die östlichen kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der Union, Berlin (1992³) 2001 (Stand: 1. Oktober 2001)