Flaschensammeln

Beschäftigung, pfandhaltiges Leergut zu sammeln
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Das Flaschensammeln betrifft das Einsammeln und die Rückgabe von Pfandflaschen und -dosen durch Personen in Deutschland, die damit meist ihr Privat-Einkommen aufbessern.

Flaschensammler in einer Großstadt
Europäische Länder mit Flaschenpfandsystemen
  • Pfand für PET-Flaschen und Getränkedosen
  • Pfand für PET-Flaschen, nicht Getränkedosen
  • Flaschenpfand geplant
  • Kein Flaschenpfand
  • Um Pfandflaschen zu sammeln, suchen Flaschensammler Orte auf, bei denen ein größeres Aufkommen von diesem Leergut mit Einweg- und Mehrwegpfand zu erwarten ist. Das sind Stadtzentren, Fußgängerzonen, Treffpunkte und Tourismusziele, es werden jedoch auch Leute direkt angesprochen und manche Sammler bieten einen Abholservice an.

    Ziel der Einführung des Pfandsystems auf Leergut von Getränkeverpackungen ist die Entlastung der Umwelt, die Müllvermeidung und ein gesichertes Recycling. Durch die Bepfandung der meisten Getränkeverpackungen in Deutschland und die damit verbundene Menge der aus Unkenntnis oder Bequemlichkeit weggeworfenen Pfandverpackungen ist die Tätigkeit lukrativ. Nach Angaben des Umweltbundesamtes gingen 2012 fast 96 Prozent der Flaschen zurück in den Handel.[1] An dieser hohen Rückgabequote haben Flaschensammler einen oft missachteten Anteil.[2]

    Soziologie

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    Aufkleber der Kampagne Pfand gehört daneben
     
    Pfandring an einem Abfalleimer

    Flaschensammler, die gezielt der Beschäftigung des Flaschensammelns nachgehen, sind in Städten in Deutschland ein gewohntes Bild, sowohl beim Absuchen der Flächen nach Großereignissen als auch beim Durchsuchen von Mülleimern z. B. auf Bahnhöfen. Ebenso trifft man auf sie beim Einlösen ihrer Fundstücke am Rückgabeautomaten.

    Schon mehrfach beobachteten oder befragten Soziologen die Flaschensammler. Sebastian J. Moser erkennt im Flaschensammler eine eigene Sozialfigur, also einen zeitgebundenen Idealtypus, der ein bestimmtes Licht auf die Gesellschaft wirft. Moser stellt in seiner Dissertation 2014 fest, nicht die Armut vereine die „ansonsten sehr heterogene[n] Gruppe der Flaschensammler, sondern die Sehnsucht nach einer festen Tagesstruktur und einer Aufgabe, die an Arbeit erinnert“.[3][4] Auch sei ihnen wichtig, unter Menschen zu kommen und nicht zu vereinsamen, denn meist hätten diese Personen keinen oder keinen großen Bekanntenkreis. Nach seinen Studien kämen sie auf 100 bis 150 Euro im Monat, und auch ein anderes Forscherteam kommt auf drei bis zehn Euro am Tag.[5]

    Neben dem rein monetären Ziel geben Flaschensammler in Interviews auch an, es sei für sie eine mit Arbeit vergleichbare Beschäftigung, ein Hobby oder eine Art Sucht, oder sie seien auch an dem Erhalt der Umwelt interessiert. Voraussetzung hierfür ist einerseits der monetäre Wert der Flaschen, der in Deutschland (heute) vor allem auf dem Verpackungsgesetz beruht, andererseits, dass die ursprünglichen Besitzer der Flaschen sie zurücklassen. Alban Knecht datiert den Beginn dieser Beschäftigung auf die Public-Viewing-Großveranstaltungen im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.[6][7]

    Der Soziologe Stefan Sell sieht vor allem nicht ausreichendes Einkommen als Beweggrund für das Flaschensammeln. Er konstatiert insbesondere die starke Zunahme der Niedriglohn-Jobs, den Zerfall der Tarifbindung in vielen Branchen und die Entwertung des Sozialstaatmodells seit den frühen 1990er Jahren als Ursachen für das Aufkommen dieser Beschäftigung.[7] Nach der globalisierungskritischen Attac Deutschland sind die Flaschensammler zu einem Symbol einer immer ärmer werdenden Gesellschaft geworden.[8]

    Durchschnittlich sind 80–85 Prozent der Flaschensammler männlich und meist über 65 Jahre alt. Die zweitgrößte Gruppe sind junge Immigranten, die noch nicht in Deutschland Fuß gefasst haben.[5] Die meisten seien von Armut betroffen, aber nicht obdachlos.[7]

    In der DDR

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    In der DDR wurde das Sammeln von Flaschen, aber auch anderer Wertstoffe wie Altpapier, Gläser oder Schrott, durch die Schulen und Massenmedien angeregt, um sie dann bei einer SERO-Annahmestelle einzulösen, vor allem für Kinder eine Möglichkeit, ihr Taschengeld aufzubessern und Klassenausflüge zu finanzieren.[9] Die Wirtschaft der DDR war auf das Wiederverwerten aufgrund fehlender Rohstoffe angewiesen und integrierte das Sammeln in den Schul- und Pionieralltag.[10] Regional und zeitweise gab es zu erfüllende Sammelquoten.

    Siehe auch

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    Literatur

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    Commons: Pfandring – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

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    1. Kurt Schüler: Aufkommen und Verwertung von Verpackungsabfällen in Deutschland im Jahr 2012. In: Texte. 50/2015, Juni 2015, Umweltbundesamt.
    2. Sebastian J. Moser: Pfandsammler: Erkundungen einer urbanen Sozialfigur. Hamburger Edition HIS, 12. März 2014 – 270 Seiten
    3. Studie über Pfandsammler. Auf Sinnsuche, Spiegel Online, 6. Juli 2014.
    4. Warum Menschen Flaschen sammeln (0:28 min). 3sat, 27. September 2019.
    5. a b Flaschensammler Männlich, einsam, über 65. Deutschlandfunk Kultur, 1. Juni 2015.
    6. Philipp Catterfeld und Alban Knecht: Pfand, Konsum und Armut. Warum Flaschensammeln? In: Flaschensammeln. Überleben in der Stadt. S. 169–172.
    7. a b c Frederik Rother: Flaschensammler und ihr Alltag. Für eine Handvoll Euro. Deutschlandfunk, 20. August 2019.
    8. Alexandra Rau: Alltag Flaschensammeln: Ethnographie einer informellen Arbeitspraxis. Herbert Utz Verlag, 2016, ISBN 978-3-8316-4323-3, S. 12 (google.de [abgerufen am 27. August 2019]).
    9. SERO: Auf der Jagd nach Altstoffen. MDR.de, 5. Juni 2019, abgerufen am 16. September 2019.
    10. Recycling „Made in DDR“ – Teil 2. In: Wertstoffblog. Abgerufen am 17. September 2019 (deutsch).