Gotthard Friedrich Stender
Gotthard Friedrich Stender (lettisch Gothards Frīdrihs Stenders; * 27. August 1714 in Lassen, Herzogtum Kurland und Semgallen; † 17. Mai 1796 in Sonnaxt), genannt der alte Stender (lett. Vecais Stenders), war ein kurländischer lutherischer Pastor und Baltist.[1] Er gilt als Begründer der lettischen säkularen Literatur und verfasste eine Grammatik und ein Lexikon der lettischen Sprache. Außerdem war Stender als Erfinder tätig.
Leben
BearbeitenGotthard Friedrich Stenders Vater, Hermann Konrad Stender, war Pastor im kurischen Lassen. Dieser und Rektor Isack Bauer in Subbath unterrichteten ihn in klassischen und orientalischen Sprachen. Von 1736 bis 1739 studierte er in Jena und Halle Theologie, alte Sprachen und Rhetorik. Danach war er Lehrer am Franckeschen Waisenhaus. Dessen pietistische Richtung führten ihn zu einer freieren Auffassung des Christentums. Nach seiner Rückkehr nach Kurland wirkte er als Hauslehrer auf dem Gut Groß-Bersteln (Lielbērstelē, westlich von Rundāle) und studierte Mathematik.[2] 1742 wurde er als Konrektor an der Mitauschen Stadtschule angestellt.
1744 wurde Stender Pastor von Birsgallen im Kreis Riga. Die geistliche Arbeit am lettischen Volke begründete seine Vertrautheit mit der lettischen Sprache. 1752 beraubten ein Feuer und eine Viehseuche ihn seiner Habe und er wurde Pastor im litauischen Záimen. Da er dort keine Muße fand, gab er das Amt 1759 auf und wanderte nach Helmstedt aus. Dem Herzog von Braunschweig fertigte er einen Globus von drei Fuß Durchmesser. 1760 wurde er Rektor der neuerrichteten Realschule in Königslutter. Er war Mitglied der Deutschen Gesellschaft zu Göttingen.[3]
1763 zog er nach Hamburg, von wo aus er durch Vermittlung des russischen Gesandten am dänischen Hof als Professor der Geographie nach Kopenhagen berufen wurde. Auch König Friedrich V. wünschte einen Globus, den Stender in einer Größe von 23 Fuß Durchmesser konstruierte. Infolge schwieriger politischer Verhältnisse und misslicher Finanzlage wurde seine Professur zwei Jahre später wieder aufgehoben, und er kehrte nach Kurland zurück. Im Jahr 1765 entwickelte er eine der ersten Waschmaschinen.[4]
1766 wurde er Adjunkt und drei Jahre später Nachfolger des Pastors Georg Christoph Radetzky (1688–1769) in Selburg (Sēlpils) und Sonnaxt (Sunākste). Zuletzt war er Probst der Selburgschen Diözese und Pastor zu Sonnaxt. Er verfasste mindestens 15 theologische und philosophische Schriften, darunter seine Augstas gudrības grāmata no pasaules un dabas (Das Buch der hohen Weisheiten über Welt und Natur) von 1774.
Familie
BearbeitenGotthard Friedrich Stender war mit Anna Elisabeth Braunschweig (1716–1784) verheiratet. Beider Sohn Alexander Johann Stender (1744–1819) machte sich als Theologe und Lexikograph einen Namen.
Ehrungen
BearbeitenZu seinem 300. Geburtstag gab die lettische Post eine Gedenkmarke zum Wert von 1,39 Euro mit seinem Porträt heraus.[5] Ferner gab es 2014 eine 5-Euro-Silbermünze zu Stender.
Schriften
Bearbeiten- Neue vollständige lettische Grammatik; 1761
- Beschreibung einer neuen höchst bequemen Waschmaschine; 1765[4]
- Katechismus in Versen, zu einem erleichterten Religionsunterricht; 1781
- Lettische Grammatik; 1783
- Gedanken eines Greises über den nahen Zustand jenseit des Grabes; 1786
- Lettisches Lexicon; 1789
- Wahrheit der Religion wider den Unglauben der Freygeister und Naturalisten; Hartknoch, 1784
- Philosophische Gedanken über wichtige Gegenstände: als Beylagen zu den Gedanken eines Greises über den nahen Zustand jenseit des Grabes; 1795
- Fabeln und Erzählungen zur Bildung des Witzes und der Sitten der Letten nach ihrer Denkungs- und Mundart abgefasst
Literatur
Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens
- August Bielenstein: Stender, Gotthard Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 46 f.
- Wolfgang P. Schmid: Gotthard Friedrich Stender (1714–1796) und die Entwicklung der lettischen Schriftsprache. In: Klaus Garber, Martin Klöker (Hrsg.): Kulturgeschichte der baltischen Länder in der Frühen Neuzeit. Mit einem Ausblick in die Moderne. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2003, ISBN 3-484-36587-0, S. 219–228.
- Carola L. Gottzmann, Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs. De Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019338-1, S. 1244–1246.
- Māra Grudule: Stenderu dzimta Sēlijā. In: LZA vēstis. Band 64, Nr. 5/6, 2010, S. 79–95 (online [PDF]).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Gotthard Friedrich Stender (1714 – 1796). In: EEVA: Digital Text Repository for Older Estonian Literature. Abgerufen am 25. April 2014 (estnisch).
- ↑ Olga Jesse: Gotthard Friedrich Stender (1714–1796). In: Ilze Krokša, Aina Balaško (Hg.): Vācu kultūra Latvijā. Ieskats vācu-latviešu novadu kultūras un vācu biedrību vēsturē = Deutsche Kultur in Lettland. Einblick in die Geschichte der deutsch-lettischen Regionskulturen und die deutsche Vereinsgeschichte. Latvijas Vācu Savienība, Riga 2009, ISBN 978-9984-39-832-7, S. 34–35.
- ↑ Titelblatt der Beschreibung einer neuen höchst bequemen Waschmaschine, Mitau 1765.
- ↑ a b Gotthard Friedrich Stender: Beschreibung einer neuen höchst bequemen Waschmaschine. Kanter, Mitau 1765 (online).
- ↑ Briefmarkenkatalog: Gotthard Friedrich Stender, abgerufen am 8. Mai 2017.
Weblinks
Bearbeiten- Werke von und über Gotthard Friedrich Stender in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Stender, Gotthard Friedrich. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
Personendaten | |
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NAME | Stender, Gotthard Friedrich |
ALTERNATIVNAMEN | Stender, Friedrich; Stenders, Gothards Fridrichs; Stender, der alte |
KURZBESCHREIBUNG | kurländischer lutherischer Pastor, Autor und Erfinder |
GEBURTSDATUM | 27. August 1714 |
GEBURTSORT | Lassen |
STERBEDATUM | 17. Mai 1796 |
STERBEORT | Sonnaxt |