Grundsatz

Erkenntnis, Aussage oder Regel
(Weitergeleitet von Gesetzmäßigkeit)

Grundsatz (auch, aber nicht synonym: Axiom, Prinzip; englisch principle) ist eine Aussage, Erfahrung, Erkenntnis oder Regel, welche die Grundlage für nachfolgende Handlungen, Tätigkeiten oder Unterlassungen bildet.

Allgemeines

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Der Grundsatz ist eine „grundlegende Regel“[1] oder „grundlegende Bestimmung“.[2] Justus Georg Schottelius übersetzte 1641 den grammatischen Begriff aus lateinisch lex vel regula fundamentalis.[3] Ein Grundsatz galt seither als grundlegender Satz eines Beweises: „Auch diese (Wissenschaft) geht aus gewissen Grundsätzen, da man eher nicht vergnügt [zufrieden, d. Verf.] ist, bis man sieht, wie eines vernunftmäßig aus dem andern folgt.“[4] Damit avancierte der Begriff zu einer besonderen Angelegenheit der Philosophen,[5] aber auch in der Mathematik.[6] Goethe bemerkte 1811, dass man für die Dichtkunst an sich keinen Grundsatz hatte finden können.[7]

In die Theologie drang der Grundsatz in Form des Dogmas vor.[8] Das Wort Axiom hat Johann Christoph Sturm 1670 als „Grundsatz“ übersetzt, ist aber durch letzteren Begriff nicht verdrängt.[9] Ebenso hat sich Prinzip als eigenständiger Begriff mit unterschiedlichem Begriffsinhalt etabliert.

Anforderungen

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Grundsätze und Systeme von Grundsätzen müssen im Regelfall folgende Anforderungen erfüllen:

Grundsätze jedweder Art bestimmen weltweit große Bereiche des Alltags und insbesondere vieler Fachgebiete. Werden sie als geschriebene Rechtsnormen oder ungeschriebene Konventionen von vielen befolgt, ergibt sich für ihre Normadressaten eine hohe Sicherheit.

Philosophie

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Immanuel Kant zufolge liegen aller Erkenntnis allgemeine Grundsätze des Verstandes a priori zugrunde als Bedingungen aller möglichen Erfahrung.[11] Auf Grundsätzen können andere Urteile beruhen, Grundsätze können aber niemals anderen Grundsätzen unterworfen werden. Kant teilt die Grundsätze als grundlegende theoretische Erkenntnisse in mathematische oder dynamische ein, denn sie betreffen entweder die Anschauung oder das Dasein.[12][13]

Als grundlegende sittliche Norm ist die Maxime Kant zufolge das subjektive, den Willen lenkende Prinzip zum Handeln und ist vom objektiven Prinzip (den Gesetzen) zu unterscheiden.[14][15] Der kategorische Imperativ Kants hinterfragt, ob eine Handlung moralisch gut sei, ob sie einer Maxime folgt, deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre und ob alle betroffenen Personen nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt werden, sondern auch als Zweck an sich.[16]

Rechnungswesen

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Im Rechnungswesen gibt es die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Hierbei ist zwischen den formellen und den materiellen Grundsätzen zu unterscheiden:[17]

Es handelt sich um teils geschriebene, teils ungeschriebene Regeln zur Buchführung und Bilanzierung.

In der Rechtswissenschaft bedeutet „Prinzip“ ähnlich einem Grundsatz eher eine Leitlinie, ein Ziel, das möglichst weitgehend verwirklicht werden soll. Der Rechtsgrundsatz ist ein „besonders wichtiger, grundlegender Rechtssatz“.[18] So wird beispielsweise das Vertragsrecht von dem Rechtsgrundsatz, dass Verträge einzuhalten sind (lateinisch pacta sunt servanda), beherrscht. „Grundsatz“ bedeutet allgemein „Regel mit Ausnahmevorbehalt“ oder „Pflicht mit Ausnahmevorbehalt“ wie der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Anhörung der Betroffenen), richterliche Neutralität, Öffentlichkeitsprinzip (keine Geheimjustiz).

Das Adverb grundsätzlich bedeutet in der Rechtssprache, dass es auch Ausnahmen (Einzelfall) geben kann, während es in der Umgangssprache eher in der Bedeutung „immer, aus Prinzip“ (keine Ausnahmen) verwendet wird. Soll etwas ausnahmslos gelten, wird von „stets, regelmäßig oder immer“ gesprochen.

In Art. 38 Abs. 1c der Statuten des IGH werden als dritte Rechtsquelle die Allgemeinen Rechtsgrundsätze (englisch general principles of law) genannt. Darunter sind jene Regeln zu verstehen, die in einer Vielzahl von nationalen Rechtsordnungen übereinstimmend gelten.[19] Allgemein sind Rechtsgrundsätze, wenn sie zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort, in allen Teilen und für jeden Fall geltende Prinzipien oder Grundwerte darstellen.[20] „Allgemeine Rechtsgrundsätze“ müssen aus gut entwickelten innerstaatlichen Rechtsordnungen stammen, zu denen nicht notwendigerweise Deutschland zählen muss.[21] Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Unionsrechts kann nur Vorrang vor nationalem Recht entfalten, wenn er durch eine EU-Richtlinie konkretisiert wird.[22]

Grundsatzentscheidungen sind Urteile oder Beschlüsse der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die Rechtsfragen von grundsätzlichem Interesse erstmals klären oder eine bedeutende grundsätzliche Änderung in der Interpretation geltenden Rechtes vornehmen. Dabei zeigen sie den Weg auf für die Konfliktlösung in zukünftigen Fällen.[23]

Bankwesen

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Im Bankwesen gab es bis Dezember 2006 vom ehemaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen herausgegebene Verwaltungsvorschriften, die das Geschäftsvolumen, die Risikopositionen oder die Liquidität der Kreditinstitute limitierten oder reglementierten. Sie hießen Grundsatz I, Grundsatz Ia, Grundsatz II und Grundsatz III, die allesamt durch die Kapitaladäquanzverordnung oder Spezialgesetze abgelöst wurden.

Weitere Gebiete

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Siehe auch

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Wikiquote: Grundsatz – Zitate
Wiktionary: Grundsatz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Gerhard Köbler: Etymologisches Wörterbuch. 1995, S. 172.
  2. Deutsche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtswörterbuch. Band IV, 1939–1951, Sp. 1514.
  3. Justus Georg Schottelius: Teutsche Sprachkunst. 1641, S. 473.
  4. Christian Knorr von Rosenroth: Pseudodoxia Epidemica. 1680, S. 37.
  5. Johann Christoph Gottsched: Beobachtungen über den Gebrauch und Missbrauch vieler deutscher Wörter. 1758, S. 123.
  6. Johann Friedrich von Flemming: Der vollkommene Teutsche Soldat. 1726, S. 31.
  7. Johann Wolfgang von Goethe: Dichtung und Wahrheit. Jubiläums-Ausgabe, 1811, S. 23.
  8. Walther Mitzka (Hrsg.): Trübners Deutsches Wörterbuch. Band 3, 1939, S. 253.
  9. Johannes Tropfke: Geschichte der Elementarmathematik. Band 4, 1923, S. 34.
  10. Holden Härtl: Implizite Informationen: Sprachliche Ökonomie und interpretative Komplexität bei Verben (= studia grammatica. 68). Akademie-Verlag, Berlin 2008, ISBN 3050045027.
  11. Max Apel/Peter Ludz, Philosophisches Wörterbuch, 1958, S. 114
  12. Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Buch 2, 1781, S. 194
  13. Kant-Lexikon: Grundsätze des reinen Verstandes | Rudolf Eisler. Abgerufen am 9. Juli 2023.
  14. Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785, S. 420
  15. Heinrich Schmidt: Philosophisches Wörterbuch, 13. Aufl. hg. v. Justus Streller. Kröner: Stuttgart 1955.
  16. Max Apel/Peter Ludz, Philosophisches Wörterbuch, 1958, S. 142
  17. Wolfgang Becker/Stefan Lutz, Gabler Kompakt-Lexikon Modernes Rechnungswesen, 2007, S. 97 ff.
  18. Gerhard Köbler, Etymologisches Wörterbuch, 1995, S. 331
  19. Burkhard Schöbener (Hrsg.), Völkerrecht: Lexikon zentraler Begriffe und Themen, 2014, S. 21
  20. Hans-Werner Rengeling, Rechtsgrundsätze beim Verwaltungsvollzug der Europäischen Gemeinschaften, 1992, S. 83
  21. Karl Doehring, Völkerrecht, 1999, Rn. 408
  22. EuGH, Urteil vom 10. Mai 2011, Az.: C-147/08 (Römer) = NJW 2011, 2187
  23. Kye Il Lee, Die Struktur der juristischen Entscheidung aus konstruktivistischer Sicht, 2010, S. 179