Automorphismus

Isomorphismus eines mathematischen Objekts auf sich selbst
(Weitergeleitet von Graphautomorphismus)

In der Mathematik ist ein Automorphismus (von griechisch αὐτός autos, „selbst“, und μορφή morphē, „Gestalt“, „Form“) ein Isomorphismus eines mathematischen Objekts auf sich selbst.

Von Symmetrien zu Automorphismen

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Ein gleichseitiges Dreieck hat drei Symmetrieachsen:

 

Außerdem verfügt es über eine dreizählige Drehsymmetrie. Um die Symmetrieeigenschaft mathematisch zu fassen, betrachtet man die zugehörigen Symmetrieabbildungen. Zu jeder Symmetrieachse gehört die Spiegelung an der Achse:

 

Die Ziffern dienen nur dazu, die Abbildung zu beschreiben, es ist zweimal dasselbe Dreieck. Symmetrieabbildungen können nacheinander ausgeführt werden. Im folgenden Beispiel ist die Hintereinanderausführung zweier Spiegelungen eine Drehung um 120°:

 

Führt man zweimal dieselbe Spiegelung nacheinander aus, erhält man insgesamt die Abbildung, die nichts verändert, die identische Abbildung. Weil die Hintereinanderausführung zweier Symmetrieabbildungen stets wieder eine Symmetrieabbildung sein soll, muss auch die identische Abbildung als eine Symmetrieabbildung betrachtet werden. Eine Figur ist unsymmetrisch, wenn sie nur diese eine, triviale Symmetrieabbildung zulässt. Die Gesamtheit der Symmetrieabbildungen bildet eine Gruppe, die Symmetriegruppe.

In der Mathematik betrachtet man häufig Objekte, die aus einer Grundmenge   und einer Zusatzstruktur   bestehen, und in der Regel gibt es eine kanonische Konstruktion, die aus der Zusatzstruktur   auf   und einer Bijektion   eine Struktur   auf   erzeugt. Insbesondere ist das für Bijektionen   möglich.

Auf das Symmetriebeispiel übertragen entspricht   der Ebene und   dem Dreieck. Für eine Kongruenzabbildung   ist   das Bilddreieck. Symmetrieabbildungen zeichnen sich durch   aus. Im abstrakten Kontext nennt man Bijektionen  , die   erfüllen, Automorphismen von  . Diese Definition deckt die meisten Fälle ab, seien es Graphen, topologische Räume oder algebraische Strukturen wie Vektorräume.

Werden die Zusatzstrukturen komplizierter, kann die harmlos erscheinende Bedingung   Probleme bereiten: Definiert man differenzierbare Mannigfaltigkeiten als Grundmengen mit Topologie und einem Atlas  , erhält man unter Umständen unter einem Homöomorphismus   einen kompatiblen, aber nicht identischen Atlas  . Würde man aber in der Definition einen maximalen Atlas fordern, wäre   für ein solches  .

Die Kategorientheorie löst dieses und andere Probleme dadurch, dass sie eine bereits vorhandene Definition für strukturkompatible Abbildungen voraussetzt (Morphismen; es muss sich nicht um tatsächliche Abbildungen handeln). Darauf aufbauend ersetzt sie die Forderung der Bijektivität (die im abstrakten Kontext nicht mehr zur Verfügung steht) durch die Existenz eines inversen Morphismus.

Definition

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Algebraische Strukturen

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Sei   eine algebraische Struktur, also eine Menge   zusammen mit (inneren) Verknüpfungen  . Eine solche algebraische Struktur könnte beispielsweise eine Gruppe  , ein Ring   oder ein Vektorraum   über einem Körper   sein. Dann versteht man in der Algebra unter einem Automorphismus   eine bijektive Abbildung der Menge   auf sich selbst, die ein Homomorphismus ist, das heißt, es gilt

 

für jedes   und alle  . Die Umkehrfunktion   ist dann ebenfalls ein Homomorphismus.[1]

Kategorientheorie

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Sei   ein Objekt. Ein Morphismus   wird Automorphismus genannt, wenn es einen Morphismus   mit

  und  

gibt,   also ein beidseitiges Inverses besitzt.[2]

Ein Automorphismus ist damit dasselbe wie[3]

Für Kategorien von algebraischen Strukturen (und den zugehörigen Homomorphismen) ist die Definition äquivalent zu der im vorherigen Abschnitt.

Automorphismengruppe

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  • Wenn die Automorphismen eines Objekts   eine Menge bilden, bilden sie mit der Verkettung als Verknüpfung eine Gruppe, die mit   bezeichnet wird.[2]
  • Ist   eine Gruppe, nennt man einen Homomorphismus   eine Gruppenoperation von   auf  .
  • Ist   ein kovarianter Funktor und   ein Objekt von  , so induziert   einen Gruppenhomomorphismus   (für kontravariante Funktoren muss man noch mit der Inversion   verketten). Ist eine Gruppenoperation von   auf   gegeben, so erhält man auf diesem Wege eine Operation von   auf  .

Spezielle Strukturen

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Allgemeines

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Ein Automorphismus eines Graphen   mit Knotenmenge   und Kantenmenge   ist eine bijektive Abbildung  , sodass   für alle   gilt.

Ein Automorphismus eines Graphen induziert einen Automorphismus des Komplementgraphen.

Der Satz von Frucht besagt, dass zu jeder Gruppe   ein Graph   existiert, sodass   isomorph zu   ist.

Beispiel

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Sei   und  :

 

Automorphismen von   sind Permutationen von  , sodass die Anwendung der Permutation auf das Diagramm wieder eine Veranschaulichung desselben Graphen ergibt. Beispiel: Die Permutation   ist ein Automorphismus, weil die Kanten nach wie vor zwischen 1 und 2 sowie zwischen 3 und 4 verlaufen:

 

Die Permutation   ist kein Automorphismus, weil die Kanten im neuen Bild   und   sind:

 

Die Automorphismengruppe des Graphen ist isomorph zur Diedergruppe der Ordnung  , sein Komplement ist ein 4-Zyklus.

Vektorräume

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Ein Automorphismus eines Vektorraums   ist eine bijektive lineare Abbildung  .

Für endlichdimensionale Vektorräume   sind Automorphismen genau diejenigen linearen Abbildungen  , deren Abbildungsmatrix bezüglich einer beliebigen Basis regulär ist. Die Automorphismengruppe wird häufig als GL(V) notiert.[4]

Allgemeines

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Ein Automorphismus einer Gruppe   ist ein bijektiver Gruppenhomomorphismus dieser Gruppe auf sich selbst, das heißt eine bijektive Abbildung   mit   für alle  .[5]

Unter Automorphismen bleiben alle strukturellen Eigenschaften der Gruppenelemente sowie diesbezügliche Konstruktionen erhalten. So erhält jeder Automorphismus die Ordnung der Elemente (d. h.   für alle  ), induziert einen Automorphismus des Zentrums und bildet Erzeugendensysteme auf Erzeugendensysteme ab.

Innere Automorphismen

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Ist   eine Gruppe und   fest, dann ist  ,   ein Automorphismus von  , genannt Konjugation mit  . Automorphismen, die auf diesem Weg entstehen, heißen innere Automorphismen. Automorphismen, die keine inneren Automorphismen sind, heißen äußere Automorphismen. Weil   ein Homomorphismus   ist und   genau dann der triviale Automorphismus ist, wenn   im Zentrum von   liegt,[6] ist die Menge   aller inneren Automorphismen nach dem Homomorphiesatz eine zu   isomorphe Untergruppe von  . Sie ist sogar ein Normalteiler in  , und die Faktorgruppe   wird mit   bezeichnet. Sie heißt Gruppe der äußeren Automorphismen. Die Einschränkung auf das Zentrum liefert einen Homomorphismus  .

Für abelsche Gruppen sind alle inneren Homomorphismen trivial, und  .

Für eine Untergruppe   erhält man durch Einschränkung der inneren Automorphismen einen injektiven Homomorphismus  . Siehe Normalisator und Zentralisator.

Beispiele

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  • Die bijektive Abbildung  ,  , ist genau dann ein Homomorphismus und damit ein Automorphismus, wenn   abelsch ist.
  • Die Gruppe   hat genau einen nichttrivialen Automorphismus, nämlich  . Das folgt daraus, dass ein Automorphismus ein Erzeugendensystem auf ein Erzeugendensystem abbildet.
  • Die Automorphismengruppe der kleinschen Vierergruppe ist isomorph zur symmetrischen Gruppe  .
  • Die Automorphismengruppe der Gruppe   ist   (durch Multiplikation).
  • Der Automorphismus   von   ist kein innerer Automorphismus, weil seine Einschränkung auf das Zentrum, die Untergruppe der Skalarmatrizen, nicht trivial ist.

Verwandte Themen

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Ein Automorphismus eines Körpers   ist eine bijektive Abbildung  , die   und   für alle   erfüllt. Ist   eine Körpererweiterung, dann nennt man diejenigen Automorphismen   von  , die   für alle   erfüllen, die  -Automorphismen von  . Sie bilden eine Gruppe, notiert   oder  . Ein Automorphismus von   ist genau dann ein  -Automorphismus, wenn er eine  -lineare Abbildung ist.

  • Die Konjugation   für   ist ein  -Automorphismus des Körpers   der komplexen Zahlen.
  • Die Abbildung   ist für   der einzige nichttriviale Automorphismus von  .
  • Der Körper der rationalen Zahlen   und der Körper der reellen Zahlen   besitzen keine nichttrivialen Automorphismen. Man bezeichnet sie deshalb auch als starr.[7] Wie das Beispiel   zeigt, überträgt sich Starrheit nicht auf Unter-, Ober-, Zwischenkörper. Dass   starr ist, erkennt man daran, dass sich jede rationale Zahl als algebraischer Ausdruck in   darstellen lässt, wobei die   als neutrales Element der Multiplikation unter Automorphismen erhalten bleiben muss. Jeder Automorphismus auf   muss entsprechend jede rationale Zahl auf sich selbst abbilden. Da er zudem die Ordnung erhält, müssen sogar alle reellen Zahlen Fixpunkt sein.[8]
  • Ist   ein endlicher oder allgemeiner perfekter Körper der Charakteristik  , dann ist   ein Automorphismus von  , der Frobeniusautomorphismus.
  • Ist   ein Körper und   eine Untermenge, dann ist   ein Unterkörper von  , genannt der Fixkörper von  . Ist   eine endliche Untergruppe, so ist   eine Galoiserweiterung vom Grad  . Die Galoistheorie stellt weitere Verbindungen zwischen Körpererweiterungen und Automorphismengruppen her.

Algebren

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Für Algebren kann man wie bei Gruppen innere Automorphismen als Konjugation mit einer Einheit definieren. Innere Automorphismen sind trivial auf dem Zentrum, und der Satz von Skolem-Noether besagt, dass für eine halbeinfache Algebra auch die Umkehrung gilt.

Funktionentheorie

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In der Funktionentheorie sind die Morphismen die holomorphen Funktionen und die Automorphismen die konformen Selbstabbildungen. Die Automorphismengruppe bspw. der offenen Einheitskreisscheibe   ist gegeben durch:

 

Einzelnachweise

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  1. Stanley Burris: A Course in universal algebra – The millennium edition. Ontario 2012, ISBN 978-0-9880552-0-9, S. 47.
  2. a b Steve Awodey: Category theory. Clarendon Press, Oxford 2006, ISBN 0-19-856861-4, S. 11.
  3. Serge Lang: Algebra. Revised Third Edition Auflage. New York 2002, ISBN 0-387-95385-X, S. 54.
  4. Automorphismus. In: Guido Walz (Hrsg.): Lexikon der Mathematik. 1. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Mannheim/Heidelberg 2000, ISBN 3-8274-0439-8.
  5. Serge Lang: Algebra. Revised Third Edition Auflage. New York 2002, ISBN 0-387-95385-X, S. 10.
  6. Serge Lang: Algebra. Revised Third Edition Auflage. New York 2002, ISBN 0-387-95385-X, S. 26.
  7. Albrecht Beutelspacher: Lineare Algebra. 7. Auflage. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-528-66508-1, S. 39–42.
  8. Reinhard Winkler: Die reellen Zahlen sind anders. In: Didaktikhefte der Österreichischen Mathematischen Gesellschaft. Band 41, 2008 (online [PDF; abgerufen am 13. Oktober 2014]).