Bevölkerungsgeschichte

wissenschaftliche Disziplin, die die Bevölkerung in ihrer zeitlichen Entwicklung betrachtet
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Die Bevölkerungsgeschichte oder Historische Demographie ist eine wissenschaftliche Disziplin, die die Bevölkerung in ihrer zeitlichen Entwicklung betrachtet, in ihrer absoluten Zahl und ihrer Verteilung, und dabei nach den Ursachen und Wirkungen der Veränderungen in der Anzahl der Geburten, Heiraten und Sterbefälle fragt.

Bevorzugter Untersuchungszeitraum der Bevölkerungsgeschichte ist die Zeit etwa von 1550 bis 1850, in der Kirchenbücher als Quellen zur Verfügung stehen. Wird dabei auch nach sozialen Unterschieden in den Verteilungen gefragt, ergibt sich eine unmittelbare Verbindung zur Sozialgeschichte.

Nachdem es bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum vielversprechende Ansätze für eine umfassende Bevölkerungsgeschichte gab, wurde durch Arbeiten in Frankreich Ende der 1940er Jahre eine neue Entwicklungsetappe eingeleitet. Die früher wiederkehrenden Hungerkrisen wurden mit Klima- und Witterungsschwankungen, den Getreidepreisen, den Seuchenzügen (wie der Pest) und Kriegsfolgen in Beziehung gesetzt und systematisch analysiert.

Die Bevölkerungsgeschichte schritt dabei von der Anwendung zusammenfügender (aggregativer) Methoden, zum Beispiel der Zählung der Einwohner aus Steuerlisten und der Berechnung der Behausungsziffer und der Zählung der Hauptlebensereignisse Geburten, Heirat und Tod in Kirchenbüchern, zur analytischen Auswertung von Ortsfamilienbüchern fort. Neben zahlreichen Totalerhebungen und Analysen einzelner Dörfer und Städte gibt es inzwischen auch Stichproben aus Ortsfamilienbüchern, auf deren Grundlage eine repräsentative Bevölkerungsgeschichte Englands und Dänemarks geschrieben worden ist. Für eine analoge Arbeit für den deutschen Sprachraum sind in der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte Leipzig alle Vorarbeiten abgeschlossen.

Literatur

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  • Karlheinz Blaschke: Bevölkerungsgeschichte von Sachsen bis zur industriellen Revolution. Böhlaus Nachf., Weimar 1962.
  • Josef Ehmer: Bevölkerungsgeschichte und historische Demographie. 1800–2000 (= Enzyklopädie deutscher Geschichte. Bd. 71). Oldenbourg, München 2004, ISBN 3-486-55732-7 (2., um einen Nachtr. erw. Aufl., München 2013).
  • Arthur E. Imhof: Einführung in die Historische Demographie. C. H. Beck, München 1977.
  • Arthur E. Imhof: Historische Demographie und Medizin. In: Berichte der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge, Band 86, 1978, S. 167–189.
  • Gunnar Heinsohn, Otto Steiger, Rolf Knieper: Menschenproduktion. Allgemeine Bevölkerungstheorie der Neuzeit. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1979.
  • Markus Mattmüller: Bevölkerungsgeschichte der Schweiz. Teil I: Die Frühe Neuzeit 1500–1700. 2. Bände. Basel 1987.
  • Alexander Pinwinkler: Historische Bevölkerungsforschungen. Deutschland und Österreich im 20. Jahrhundert. Wallstein Verlag, Göttingen 2014, ISBN 978-3-8353-1408-5.
  • Thomas Sokoll, Rolf Gehrmann: Historische Demographie und quantitative Methoden. In: Michael Maurer (Hrsg.): Aufriß der historischen Wissenschaften. Band 7: Neue Themen und Methoden der Geschichtswissenschaft. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2003, ISBN 3-15-017033-8, S. 152–229 (zur Historischen Demographie ab der Neuzeit).
  • Günter Stangl: Antike Populationen in Zahlen. Überprüfungsmöglichkeiten von demographischen Zahlenangaben in antiken Texten. Frankfurt am Main u. a. 2008, ISBN 978-3-631-54275-0.[1]
  • Andreas Weigl: Bevölkerungsgeschichte Europas. Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2012, ISBN 978-3-8252-3756-1.
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Einzelnachweise

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  1. Holger Müller: Rezension zu: Stangl, Günter: Antike Populationen in Zahlen. Überprüfungsmöglichkeiten von demographischen Zahlenangaben in antiken Texten. Frankfurt am Main u. a. 2008. In: H-Soz-u-Kult, 1. Februar 2010.