Der mathematische Begriff der Holonomiegruppe eines Zusammenhangs eines Vektor- oder Hauptfaserbündels über einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit (abgekürzt auch einfach Holonomie) bezeichnet in der Differentialgeometrie die Gruppe linearer Transformationen, die durch den Paralleltransport von Vektoren entlang geschlossener Kurven induziert wird. Trägt eine Mannigfaltigkeit eine riemannsche Metrik, so ist deren riemannsche Holonomie durch die Holonomie des Levi-Civita-Zusammenhangs auf dem Tangentialbündel von gegeben.

Beispiele

Bearbeiten
 
Durch den Paralleltransport des tangential in Richtung Nordpol N zeigenden Vektors längs des Weges ANBA erfährt der Vektor insgesamt eine Drehung um einen Winkel  

Als Beispiel betrachten wir die Kugeloberfläche   mit der Standardmetrik aus dem   . Wir fixieren einen Punkt auf der Kugeloberfläche, etwa   wie in nebenstehender Zeichnung. Ein Element des Tangentialraums   ist dann ein tangential an der Kugeloberfläche anliegender Vektor mit Ursprung in  . Wie in nebenstehender Zeichnung angedeutet, betrachten wir den Paralleltransport dieses Vektors längs des geschlossenen Weges  . Dabei wird deutlich, dass der verschobene Vektor im Punkt   im Vergleich zum Ausgangsvektor um einen gewissen Winkel gedreht wurde, und es ist klar, dass jeder andere Vektor aus   durch diesen Paralleltransport um denselben Winkel gedreht wird, d. h., die Drehung um diesen Winkel auf dem Raum   ist ein Element der Holonomiegruppe im Punkt  . Genauso klar ist, dass man durch Verwendung anderer geschlossener Wege auf der Kugeloberfläche jeden Drehwinkel erhalten kann. Damit ist die Holonomiegruppe im Punkt   isomorph zur Gruppe   der Drehungen im zweidimensionalen Raum. Da die Kugeloberfläche wegzusammenhängend ist, erhält man in jedem Punkt eine isomorphe Holonomiegruppe. Ist nämlich   ein anderer Punkt und   ein Weg von   nach  , so erhält man aus einem Paralleltransport am Punkt   einen solchen am Punkt  , indem man einen Tangentialvektor an   zunächst längs   parallel nach   verschiebt, dort den gegebenen Paralleltransport am Punkt   anwendet und das Ergebnis längs des umgekehrten Weges   wieder zurück nach   verschiebt. Das definiert offenbar einen Isomorphismus zwischen den Holonomiegruppen an   und  .

Betrachtet man als weiteres Beispiel den euklidischen Raum   mit der euklidischen Metrik, also dem Standardskalarprodukt, so fällt der Parallelitätsbegriff mit der geometrischen Parallelität zusammen. Eine wie auch immer geartete Parallelverschiebung eines Vektors ändert dessen Richtung nicht. Wenn man also längs eines geschlossenen Weges parallelverschiebt, so erhält man den Ausgangsvektor zurück, das heißt, ein Paralleltransport an einem gegebenen Punkt ist immer die identische Abbildung. Daher ist die Holonomiegruppe in diesem Fall trivial.

Bedeutung in der Physik

Bearbeiten

Holonomiegruppen spielen eine große Rolle in der theoretischen Physik, sowohl in der Quantenfeldtheorie (siehe Wilson-Loop), als auch im Besonderen in der Stringtheorie. Hier ist die Holonomiegruppe von kompakten sechs- und siebendimensionalen Mannigfaltigkeiten von Interesse, da bei einer Kompaktifizierung der Theorie auf diesen Räumen die Anzahl der erhaltenen Supersymmetrie von der maximalen Anzahl kovariant konstanter Spinoren abhängt, die wiederum von der Holonomie bestimmt wird. Mannigfaltigkeiten von besonderem Interesse sind sechsdimensionale Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten mit SU(3)-Holonomie sowie siebendimensionale Mannigfaltigkeiten mit G2-Holonomie.

Literatur

Bearbeiten
  • Helga Baum: Eichfeldtheorie: Eine Einführung in die Differentialgeometrie auf Faserbündeln. Springer-Verlag, 2009, ISBN 978-3-540-38293-5.
  • Shoshichi Kobayashi, Katsumi Nomizu: Foundations of Differential Geometry. Band I. Wiley, New York 1963, ISBN 978-0-471-15733-5.
Bearbeiten