ISF München
Das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. – ISF München ist eine 1965 von Burkart Lutz begründete gemeinnützige Forschungseinrichtung in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Das Institut hat derzeit ca. 40 wissenschaftliche Mitarbeiter und forscht vorwiegend auf dem Gebiet der Arbeits- und Industriesoziologie.
Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF München) | |
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Rechtsform | eingetragener Verein |
Gründung | 1965 |
Sitz | München |
Zweck | Förderung der sozialwissenschaftlichen Forschung |
Vorsitz | Andreas Boes, Wolfgang Dunkel, Eckhard Heidling, Norbert Huchler, Tobias Kämpf, Klaus Schmierl |
Beschäftigte | Ca. 40 |
Website | www.isf-muenchen.de |
Institut
BearbeitenDie Räume des Instituts befinden sich in einem denkmalgeschützten Jugendstilmietshaus im nördliche Stadtbezirk Maxvorstadt von München.
Zu den Auftraggebern des ISF zählen Ministerien (insbesondere das Bundesministerium für Bildung und Forschung) und Stiftungen (etwa die Hans-Böckler-Stiftung oder die Volkswagenstiftung), die Europäische Union, aber auch Unternehmen und Gewerkschaften. Das Institut war an drei Sonderforschungsbereichen beteiligt: am SFB 101 „Theoretische Grundlagen sozialwissenschaftlicher Berufs- und Arbeitskräfteforschung“ (1972–1986),[1] am SFB 333 „Entwicklungsperspektiven von Arbeit“ (1986–1996)[2] und am SFB 536 „Reflexive Modernisierung – Analysen zur Transformation der industriellen Moderne“ (1999–2009), in dem es mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (u. a. Ulrich Beck), der Technischen Universität München, der Universität Augsburg und der Universität der Bundeswehr München zusammenarbeitete.[3]
Das ISF München finanziert sich weitgehend über Projektgelder und verfügt nur über eine geringe öffentliche Grundförderung durch den Freistaat Bayern.[4] 2013 wurde das Institut von einer Strukturkommission des Landes Bayern unter Vorsitz von Ernst Theodor Rietschel evaluiert.[5]
Arbeits- und Forschungsgebiete
BearbeitenDas ISF stellt empirische Untersuchungen in Betrieben und Unternehmen an, insbesondere mit den Mitteln der qualitativen Sozialforschung (Intensivinterviews, Fallstudien), die es mit theoretischer Reflexion zur Entwicklung von Arbeit und Gesellschaft verbindet; auch Öffentlichkeitsarbeit und Praxistransfer gehören zu seinen Aufgaben.
Bekannt geworden ist das Institut durch seine Forschung auf dem Gebiet der Humanisierung der Arbeitswelt. Am ISF München ist u. a. der so genannte „Münchner Betriebsansatz“ entwickelt worden („Betrieb als Strategie“, Burkart Lutz, Günter Bechtle, Norbert Altmann, Dieter Sauer), der dem Betrieb eine entscheidende Rolle im Zusammenspiel von Kapitalstrategien und Arbeit zuweist. Auch die Theorie der segmentierten Arbeitsmärkte (Werner Sengenberger) ist maßgeblich hier erarbeitet worden. Eine große Rolle spielten auch Arbeiten zur systemischen Rationalisierung (Norbert Altmann, Dieter Sauer), die in lebhafter Kooperation und Auseinandersetzung mit dem Soziologischen Forschungsinstitut an der Georg-August-Universität Göttingen (SOFI) und dessen Theorie der "neuen Produktionskonzepte" entstanden.
Heute stehen vor allem folgende Forschungsthemen im Mittelpunkt:
- Entgrenzung der Arbeit (Flexibilisierung, Subjektivierung und „radikale Vermarktlichung“ von Arbeit, Verschränkung von Arbeit und Leben)
- Erfahrungswissen, subjektivierendes Arbeitshandeln, interaktive und kooperative Arbeit in Produktion, Dienstleistung und Berufsbildung
- Qualifizierung, Arbeitsmarkt, Arbeitsgestaltung in Handwerk sowie kleinen und mittleren Unternehmen
- „Verteilte Arbeit“: Netzwerke, Projektmanagement und neue Organisationsstrukturen im internationalen Kontext
- Internationalisierung von Unternehmen: interkulturelle Arbeit, Wandel von Arbeitsorganisation und Wissensmanagement, „Grenzgänger“
- Informatisierung der Arbeit: Arbeitsvermögen, Technik, Interessen der Beschäftigten
- Industrielle Beziehungen und Mitbestimmung: Herausforderungen für die Akteure und neue Strategien
- Folgen der demografischen Entwicklung für Arbeitsmarkt und Betrieb
- Neue Formen der Dienstleistungsarbeit und virtuelle Unternehmen (Medien, IT, personenbezogene Dienstleistungen)
- Soziale Nachhaltigkeit und regionales Wirtschaften
Publikationen
BearbeitenDie Publikationen des Instituts bis zum Jahre 2000 stehen seit April 2010 öffentlich zugänglich als durchsuchbare Volltexte im Internet.[6]
Literatur
Bearbeiten- ISF München (Hrsg.): 1965-1990 – Vorträge zum 25jährigen Bestehen des ISF und zum 65. Geburtstag von Burkart Lutz. München. Online
- ISF München (Hrsg.): 50 Jahre. Kurzdokumentation der Festveranstaltung am 16. Oktober 2015 im Literaturhaus München. München. Online
- Dieter Sauer: Geschichte des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung in München. In: Stephan Moebius, Andrea Ploder (Hrsg.): Handbuch Geschichte der deutschsprachigen Soziologie. Band 1: Geschichte der Soziologie im deutschsprachigen Raum. Springer VS, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-07613-9, S. 1025–1044
- Sarah Nies, Dieter Sauer: Theoriegeleitete Fallstudienforschung. Forschungsstrategien am ISF München. In: Hans J. Pongratz, Rainer Trinczek: Industriesoziologische Fallstudien. Entwicklungspotenziale einer Forschungsstrategie. Edition Sigma, Wiesbaden 2010, S. 120–163.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Karl Martin Bolte: Vorwort. In: Werner Kudera, G. Günter Voß (Hrsg.): Lebensführung und Gesellschaft: Beiträge zu Konzept und Empirie alltäglicher Lebensführung. Leske + Budrich, Opladen 2000, ISBN 3-8100-2745-6, S. 7.
- ↑ Karl Martin Bolte: Vorwort. In: Werner Kudera, G. Günter Voß (Hrsg.): Lebensführung und Gesellschaft. Beiträge zu Konzept und Empirie alltäglicher Lebensführung. Leske + Budrich, Opladen 2000, ISBN 3-8100-2745-6, S. 8.
- ↑ SFB 536 Reflexive Modernisierung auf der Seite des ISF München.
- ↑ ISF München: Das Institut. In: isf-muenchen.de. Abgerufen am 20. Februar 2019.
- ↑ Strukturkommission Bayern 2013: Evaluierungsbericht Strukturkommission Bayern 2013 (StrukBY2013). Ergebnisse der Begutachtungvon 13 durch den Freistaat Bayern finanziertennichtuniversitären Forschungseinrichtungen. Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, München 18. März 2013, S. 26–27, 223–235 (bayern.de [PDF; 1,8 MB]).
- ↑ Pressemitteilung vom 19. April 2010 auf der Seite des Informationsdienstes Wissenschaft, online
Koordinaten: 48° 9′ 36″ N, 11° 34′ 16,4″ O