Jüdischer Friedhof Wankheim

Friedhof in Deutschland
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Der Jüdische Friedhof von Wankheim wurde 1774 von der jüdischen Gemeinde Wankheim angelegt. Im Zusammenhang mit der Verlegung der jüdischen Gemeinde Wankheim nach Tübingen (um 1884) ging er an diese über und wurde bis 1943 für Beerdigungen jüdischer Bürger aus Tübingen und Umgebung genutzt. Heutzutage ist er weitgehend eine Gedenkstätte.

Tor und Hinweistafel
Alte Grabsteine
Gedenkstein von 1949 für die 14 Tübinger, die von den Nationalsozialisten ermordet worden waren
Neuere (vor 1941) Grabsteine, zumeist mit lateinischer Schrift
Letzte Beisetzung (Mai 1941). A. Schäfer war an den Folgen seiner Haft im KZ Dachau, wohin er nach den Novemberpogrome 1938, verschleppt worden war, gestorben
Umfriedeter Hain an einem Waldrand im Mai

Der Friedhof liegt auf der Gemarkung Wankheim, nördlich des Ortskerns in der Entfernung etwa 2 km Luftlinie. Er liegt an einer kleinen Straße zwischen Wankheim und Kusterdingen, die früher die eigentliche Verbindung zwischen diesen Orten war. Er befindet sich in der Nähe der B28 Tübingen–Reutlingen nordwestlich der Ausfahrt Kusterdingen/Wankheim am Waldrand. Parallel zu der B28 führt dort ein Weg zwischen den Anschlussstellen Tübingen (gegenüber der Burgholzkaserne) und Kusterdingen/Wankheim. Auf der Kusterdinger Höhe kreuzt er sich mit der oben erwähnte Straße Wankheim–Kusterdingen. Von dieser Kreuzung aus ist der Friedhof in nordwestlicher Richtung gut sichtbar. Der Friedhof ist gewöhnlich geschlossen und kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden.

Geschichte

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Im Jahr 1774 pachteten vier bis fünf jüdische Familien aus Wankheim ein Grundstück und legten darauf einen Friedhof an. Sie bezahlten eine Pacht von bis zu drei Gulden pro Jahr. Das älteste Grab stammt von 1788/89 und hat wie andere Gräber aus dieser Zeit eine hebräische Beschriftung und keine Grabeinfassung.

Die israelitische Gemeinde Wankheim bemühte sich seit 1843, das Friedhofsgelände zu kaufen. Da der Wankheimer Gemeinderat einen hohen Betrag dafür forderte, zogen sich die Verhandlungen, auch unter Einschaltung der entsprechenden Oberbehörden, über vier Jahre hin. Die jüdische Gemeinde erwarb den Friedhof 1845–1848; er wurde 1863 erweitert.

Um 1900 wurde der Friedhof noch einmal erweitert, da auf ihm bis 1941 auch die in Tübingen und Reutlingen verstorbenen jüdischen Personen beigesetzt wurden. Auf dem Friedhof befindet sich ein Gedenkstein für 14 aus der jüdischen Gemeinde Tübingen in der Verfolgungszeit 1933 bis 1945 umgekommene Menschen. Er wurde von Viktor Marx, der die Gefangenschaft in mehreren Lagern überlebte, errichtet. Die ersten drei Namen sind die der Toten aus seiner eigenen Familie:

  • Marga Marx (1909–1942), seine Frau
  • Ruth Marx (1933–1942), seine 8-jährige Tochter
  • Blanda Marx (1878–1942), seine Mutter
  • Max Löwenstein
  • Sophie Löwenstein
  • Ilse Löwenstein
  • Selma Schäfer (1887–1942)
  • Salomo Spiro
  • Karoline Spiro
  • Martha Spiro
  • Elfriede Spiro
  • Hans Spiro
  • Edwin Spiro
  • Anne Erlanger (1883–1942)

Die letzte Bestattung fand im Mai 1941 statt: Albert Schäfer.

1943 übernahm die Gemeinde Wankheim den Friedhof. 1949 wurde die Begräbnisstätte im Rahmen der Restitution an die israelitische Kultusgemeinde Württemberg in Stuttgart zurückgegeben, die heute die Eigentümerin ist.[1]

Geschichte der jüdischen Gemeinde Wankheim

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Im reichsritterschaftlichen Wankheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1882. Sie entstand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. David Dessauer aus Nordstetten erhielt von den Grundherren Wankheims, den Freiherren von Saint-André, die Erlaubnis zur Niederlassung. Der Wankheimer Ortsherr Friedrich Daniel von Saint-André erlaubte vier Juden gegen eine „Schutzgebühr“ die Ansiedlung in seinem Dorf. Ihnen folgten mehrere Familien aus Unterdeufstetten, Braunsbach und Haigerloch. Die Familien handelten mit Trödelwaren, Vieh, Hopfenstangen und anderen Waren sowie anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen.

Es gab eine Synagoge, eine Religionsschule, ein rituelles Bad und den Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1832 wurde die Gemeinde dem Bezirksrabbinat Mühringen zugeteilt.

Durch den Zuzug weiterer Familien entstand eine jüdische Gemeinde, die 1807 insgesamt 23 Mitglieder zählte und in der Folgezeit rasch wuchs. Um 1844 gab es 118 jüdische Einwohner in 25 Haushalten. Die meisten jüdischen Familien begann bereits 1806 abzuwandern, als mit besonderer Erlaubnis des württembergischen Königs Friedrich I. fünf jüdische Familien aus Wankheim nach Esslingen umziehen konnten. Nach 1860 zogen viele Wankheimer Juden nach Tübingen und Reutlingen um. 1886 lebte nur noch eine Jüdin, die 1887 wegzog, in Wankheim.[2]

Siehe auch

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Commons: Jüdischer Friedhof Wankheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Jüdischer Friedhof Wankheim bei Alemannia Judaica.
  2. Wilhelm Böhringer: 1887 zog die letzte Jüdin weg …

Literatur

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  • Wilhelm Böhringer: 1887 zog die letzte Jüdin weg. Die Geschichte der israelitischen Gemeinde in Wankheim. In: „Tübinger Blätter“ 61, 1974, S. 13–19. Abgedruckt auch und mit aktuellen Fotos versehen in: 900 Jahre Wankheim, Ortschaft Wankheim 2011, S. 220–233.
  • Frowald Gil Hüttenmeister: Der jüdische Friedhof Wankheim, Theiss, Stuttgart 1997, ISBN 3-8062-1195-7 (= Beiträge zur Tübinger Geschichte; Bd. 7)
  • Anne-Christin Schöne: Pars pro toto oder 137 von 55000. Über die richtungsweisende Konservierung des jüdischen Friedhofs in Kusterdingen-Wankheim. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege 4/2023, S. 262–269.
  • Benigna Schönhagen: Der Jüdische Friedhof Wankheim. Stätte der Erinnerung, historisches Dokument und Gedenkort (= Schriftenreihe des Fördervereins für Jüdische Kultur in Tübingen e.V., Bd. 2). Verlag der faire Kaufladen, Tübingen 2021.

Koordinaten: 48° 30′ 30,5″ N, 9° 6′ 3″ O