Adolf Erman

deutscher Ägyptologe
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Johann Peter Adolf Erman ([ɛʀˈmɑ̃]; * 31. Oktober 1854 in Berlin; † 26. Juni 1937 ebenda), eigentlich Jean Pierre Adolphe Erman, war ein deutscher Ägyptologe und Begründer der Berliner Schule der Ägyptologie. Er war von 1884 bis 1914 Direktor der Ägyptischen Abteilung der Königlichen Museen zu Berlin und von 1892 bis 1923 Inhaber des Lehrstuhls für Ägyptologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Erman initiierte und leitete das Projekt des Wörterbuchs der ägyptischen Sprache.

Adolf Erman, um 1929
 
Mutter Marie Erman geb. Bessel 1834

Adolf Erman entstammte väterlicherseits der Hugenottenfamilie Erman, die sich in Berlin zu einer Gelehrtendynastie entwickelte. Er war Sohn von Georg Adolf Erman, Professor für Physik an der Universität zu Berlin, und Enkel des Physikers Paul Erman und seiner Frau Caroline, geborene Hitzig.

Seine Mutter Johanne Marie Bessel war eine Tochter des Königsberger Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel und entstammte mütterlicherseits der Gelehrtenfamilie Hagen.

Nach dem Abitur am Französischen Gymnasium Berlin studierte er an der Universität Leipzig bei Georg Ebers Ägyptologie. Wie seine Brüder wurde er Mitglied der Leipziger Burschenschaft Germania.[1][2][3] Er wechselte an die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und hörte Richard Lepsius, bei dem er auch 1877 mit einer Arbeit über Die Pluralbildung im Ägyptischen promovierte. Anschließend war er als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in der Bibliothek und in der Münzsammlung der Königlichen Museen zu Berlin tätig. Mit seiner Neuägyptische(n) Grammatik habilitierte er sich 1880. Erman heiratete am 11. Oktober 1884 Käthe d’Heureuse.

Als Nachfolger seines verstorbenen akademischen Lehrers Lepsius wurde Erman 1884 Direktor der Ägyptischen Abteilung der Königlichen Museen (Vorläufer des heutigen Ägyptischen Museums), die er bis 1914 leitete. 1885 wurde er außerordentlicher Professor für Ägyptologie an der Universität Berlin und dort von 1892 bis 1923 Lehrstuhlinhaber.

 
Grabstätte

Der Altägyptischen Religion stand Erman distanziert gegenüber. Seit seiner Jugend verfasste er kleine unpublizierte Gedichte und Novellen. 1918 wurde er in den Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste aufgenommen. 1927 erhielt er den Bayerischen Maximiliansorden. 1932 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der British Academy gewählt.[4] Im Jahre 1934 wurde er als Emeritus aus der Berliner Fakultät ausgeschlossen, da er wegen seiner Großmutter Caroline Hitzig als „Vierteljude“ galt.

Er ist auf dem Waldfriedhof Dahlem bestattet. Sein Grab ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.

In seiner Dissertation befasste sich Erman mit den Pluralformen des Ägyptischen. Er entdeckte die Beziehungen der ägyptischen Sprache zu den semitischen Sprachen im Hinblick auf die Grammatik.[5] In der Geschichte der ägyptischen Sprache erkannte er den scharfen Einschnitt beim Übergang zur neuägyptischen Sprachstufe. Für diese und die vorhergehende klassische mittelägyptische Stufe (bei Erman noch: altägyptisch) erstellte er erstmals Grammatiken.

Als Direktor des Museums publizierte er zu den Sammlungsbeständen in den seit 1889 erscheinenden Mitteilungen aus den Orientalischen Sammlungen. Seit 1882 gab er gemeinsam mit Heinrich Brugsch die Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde heraus. Ab 1888 war er Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften.[6]

Unter Federführung von Erman beantragten die Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften, die Sächsische Akademie der Wissenschaften, die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und die Bayerische Akademie der Wissenschaften beim deutschen Kaiser Wilhelm II. 1897 ein Projekt für ein neues ägyptisches Wörterbuch. Für Leipzig unterzeichnete Georg Steindorff, für München Georg Ebers, für Göttingen Richard Pietschmann, ein Schüler von Lepsius und Ebers. Da stetige Ausgrabungen von Tempeln und Gräbern große Mengen von neuen Texten zutage förderten, wollte Erman von Grund auf neu anfangen, ohne den bis dahin erreichten Stand der Wörterbücher von Heinrich Brugsch zu berücksichtigen. Das Wörterbuch der ägyptischen Sprache wurde von 1926 bis 1931 in fünf Bänden und zwei Ergänzungsbänden veröffentlicht. Es ist auch heute noch in wesentlichen Teilen eine gültige Sammlung der in Hieroglyphen geschriebenen Wörter nach den Denkmälern von Karl Richard Lepsius. Beteiligt waren daran auch Ermans Schüler Hermann Grapow und Kurt Sethe.

Schriften

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Literatur

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Commons: Adolf Erman – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Adolf Hirschfeld, August Franke: Geschichte der Leipziger Burschenschaft Germania 1859–1879. Festgabe zum zwanzigsten Stiftungsfeste am 25., 26., 27. und 28. Juli 1879. Burschenschaft Germania (Leipzig), Leipzig 1879, S. 73, Nr. 275.
  2. Emil Knaake, Wolfgang Thiele, Valerian Tornius, Hans Leohardt: Geschichte der Leipziger Burschenschaft Germania 1818–1928. Selbstverlag der Burschenschaft, Leipzig 1928, S. 216.
  3. Harald Lönnecker: „Das Thema war und blieb ohne Parallel-Erscheinung in der deutschen Geschichtsforschung“. Die Burschenschaftliche Historische Kommission (BHK) und die Gesellschaft für Burschenschaftliche Geschichtsforschung e.V. (GfbG) (1898/1909–2009). Eine Personen-, Institutions- und Wissenschaftsgeschichte (= Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert. Band 18). Winter, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8253-5672-9, S. 93, 104–107, 109, 130, 132, 221, 343 f.
  4. Deceased Fellows. British Academy, abgerufen am 25. Mai 2020.
  5. Wolfgang Schenkel: Einführung in die altägyptische Sprachwissenschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, ISBN 3-534-03506-2, S. 20.
  6. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Band 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Band 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 77.