KZ Auschwitz

deutscher Lagerkomplex in Polen um das größte Vernichtungslager in der Zeit des Nationalsozialismus
(Weitergeleitet von Konzentrationslager Auschwitz)

Das Konzentrationslager Auschwitz, kurz auch KZ Auschwitz, Auschwitz oder zeitgenössisch K.L. Auschwitz genannt, war der größte deutsche Komplex aus Gefangenenlagern zur Zeit des Nationalsozialismus. Der Lagerkomplex bestand aus drei sukzessive ausgebauten großen Konzentrationslagern und vielen Außenlagern. Auschwitz hatte eine Doppelfunktion als Konzentrations- und Vernichtungslager. Er bestand aus dem Konzentrationslager Auschwitz I (Stammlager), dem Vernichtungslager Birkenau – Konzentrationslager Auschwitz II, dem Konzentrationslager Monowitz und ca. 50 weiteren Außenlagern. Der Lagerkomplex befand sich im vom Deutschen Reich annektierten Teil von Polen. Die SS betrieb den Lagerkomplex von 1940 bis 1945 am Westrand der polnischen Stadt Oświęcim (deutsch: Auschwitz).

Auschwitz-Birkenau – deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager (1940–1945)
UNESCO-Welterbe


Foto vom Torhaus des KZ Auschwitz-Birkenau, Aufnahme kurz nach der Befreiung 1945. Aufnahme Stanisław Mucha
Vertragsstaat(en): Polen Polen
Typ: Kultur
Kriterien: (vi)

Fläche: 191,97 ha
Referenz-Nr.: 31

UNESCO-Region: Europa und Nordamerika
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung: 1979  (Sitzung 3)
KZ Auschwitz (Polen)
KZ Auschwitz (Polen)
KZ Auschwitz I-III
Warschau
Lage des ehemaligen deutschen Lagerkomplexes (KZ Auschwitz I-III) in Polen
Interessengebiet des KZ Auschwitz (etwa 40 Quadratkilometer)
Animation zum Aufbau des KZ Auschwitz

Die während des Zweiten Weltkrieges europaweit gefangen genommenen Menschen wurden per Bahn in das KZ Auschwitz deportiert, etwa 90 % waren Juden. Die Herkunftsländer waren hauptsächlich Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Sowjetunion, Tschechoslowakei und Ungarn. In Auschwitz fand im Zuge des Holocaust (auch Shoah) ein systematischer und fabrikmäßiger Mord an europäischen Juden statt, aber auch andere durch das NS-Regime verfolgte Gruppen wurden dort eingesperrt und ermordet. Die Zahl der Todesopfer beläuft sich auf 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen. Die genaue Opferzahl konnte nicht ermittelt werden.

Am 27. Januar 1945 befreite die von Osten vorrückende Rote Armee den Lagerkomplex. In der Nachkriegszeit ist der Name „Auschwitz“ zu einem Symbol für den Holocaust geworden. Der Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz ist seit 1996 in Deutschland, seit 2005 international der öffentlich begangene Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

Lagerbestandteile

Auschwitz I (Stammlager)

 
Eingangstor des KZ Auschwitz I (Stammlager) mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ (2007)

Am 1. Februar 1940 erteilte der Reichsführer SS Heinrich Himmler dem Inspekteur der Konzentrationslager Richard Glücks die Weisung, im Altreich und in den besetzten Ostgebieten, geeignete Gebäudekomplexe, Gefängnisse und Lager auf deren Verwendungsmöglichkeiten als Konzentrationslager zu prüfen. In der Weisung Himmlers wurde Auschwitz auch namentlich genannt. Zwei Untersuchungen durch Glücks und den späteren Lagerkommandanten Rudolf Höß kamen zu dem Schluss, dass Auschwitz zur Errichtung eines solchen Lagers in Frage käme.[1] Daraufhin ordnete Himmler am 27. April 1940 den Bau eines Konzentrationslagers in Auschwitz an.[2]

Die Lage war unter Verantwortung des Reichsführers-SS bereits in der Planungsphase als verkehrstechnisch günstig gewählt worden. Auschwitz hatte im 19. Jahrhundert zu Österreich-Ungarn gehört und in dieser Zeit Anschluss an die Bahnlinie Wien – Krakau erhalten. Dieser Bahnanschluss vereinfachte die rasche Deportation von Juden aus vielen Gebieten Europas nach Auschwitz. Die dünn besiedelte Umgebung mit ihren Flussläufen als natürlichen Näherungs- und Fluchthindernissen schotteten die Anlage ab, so dass öffentliche Einblicke erschwert wurden.

Der später sehr große Lagerkomplex Auschwitz startete mit der Errichtung des Stammlagers, meist K.L. Auschwitz I genannt. Die SS errichtete das Stammlager in den Gebäuden einer ehemals polnischen Kaserne. Sie war relativ neu gebaut worden und gut erhalten. Am 20. Mai 1940 trafen die ersten KZ-Häftlinge im Lager ein. Das Stammlager wurde später Verwaltungszentrum. Im März 1941 ordnete Himmler eine Vergrößerung des Lagers an einem in der Nähe liegenden Dorf an. Der Block 11 war ein lagerinternes Gefängnis mit Stehbunker. Tausende seiner Häftlinge wurden selektiert und an der Schwarzen Wand erschossen. Nach Fluchtversuchen schickte die SS zu Abschreckungszwecken andere Häftlinge in den Bunker und verurteilte sie damit zum Hungertod.

Auschwitz II (Vernichtungslager Birkenau)

 
Luftaufnahme der RAF von Birkenau, aufsteigender Rauch der Verbrennungsgruben (August 1944)

Am 1. März des Jahres 1941 erhielt Rudolf Höß von Himmler aus Anlass einer Besichtigung des Stammlagers den Befehl, ein zusätzliches Arbeitslager für zunächst 100.000 Häftlinge zu bauen. Dessen Kapazität sollte später auf 200.000 erhöht werden. Im Oktober 1941 begann der Bau des riesigen zweiten Lagers.[3] Das Dorf Brzezinka (dt. Birkenau) wurde nach Umsiedlung der Bevölkerung komplett abgerissen und durch Baracken ersetzt. Verwaltungstechnisch war es dem Stammlager untergeordnet. Den Lagerbereich Auschwitz–Birkenau ließ die SS als Vernichtungslager errichten, mit dem Ziel der industrialisierten Vernichtung von Menschen. An diesem Ort wurden über eine Million Menschen ermordet, größtenteils Juden, Sinti und Roma aus ganz Europa. (Anm.: auch außerhalb des KZ-Systems betrieb die SS industrialisierte Vernichtung, vgl. Überblick zu Vernichtungslagern des NS-Regimes).

Das etwas abseits stehende „Rote Haus“ wurde am 20. März 1942 erstmals für Vergasungen benutzt. Das umgerüstete „Weiße Haus“ wurde ab Mitte 1942 als Gaskammer genutzt. Ab dem ersten Halbjahr 1943 gingen die vier neu errichteten Krematorien in Betrieb, die im Untergeschoss die großen Gaskammern des Lagers enthielten.

Die einzelnen Bereiche des 1,7 Quadratkilometer umfassenden Vernichtungslagers wurden Lagerblöcke (A, B, C etc.) genannt; sie waren nacheinander Haftort für verschiedene Opfergruppen. Es gab auf der rechten Seite (vom Eingang her gesehen) Holzbaracken für die Frauen und Kinder unter 14 Jahren. Dazu zählten das „Familienlager Theresienstadt“ bzw. das Frauenlager (Block B I). Auf der linken Seite befanden sich Ziegelbaracken für die Männer. Ab Sommer 1944 hatten ungarische Nationalsozialisten in Budapest die Macht übernommen, was von Eichmann zu verstärkten Deportationen ungarischer Juden genutzt wurde (siehe „Ungarn-Aktion“). Besondere Verfolgung erlitten neben Juden auch die so genannten „Zigeuner“. Die SS errichtete für „Zigeuner“ im Konzentrationslager einen besonderen Block und nannte ihn „Zigeunerlager Auschwitz“. Hier war auch Josef Mengele mit Experimenten an Menschen tätig.

Auschwitz III (Lager Buna, Lager Monowitz)

 
I.G. Farben: Monowitz, 1941

Im KZ Auschwitz–Monowitz, erst Auschwitz III, später Konzentrationslager Monowitz genannt, mussten KZ-Häftlinge Zwangsarbeit unter lebensunwürdigen Bedingungen verrichten (Vernichtung durch Arbeit). Gefangene, die ihre Arbeitsfähigkeit verloren, wurden selektiert und weiter in das Vernichtungslager A-II deportiert. Das Lager wurde, eine Besonderheit bei Konzentrationslagern, auf Initiative und Kosten der I.G. Farben AG zusammen mit Fabrikationsstätten der Firma ab 1941 im Ort Monowice, der auch über einen Bahnanschluss an der Bahnlinie Oswiecim-Krakow verfügte, errichtet und am 28. Oktober 1942 in Betrieb genommen.

Es war ab November 1943 ebenfalls KZ-Stammlager für weitere Nebenlager mit einem auch dafür zuständigen eigenen SS-Kommandanten.

Weitere Außenlager und Außenkommandos

 
Jawischowitz, eines der etwa 50 Außenlager des KZ Auschwitz, Überreste einer Baracke (2006)

Das KZ Auschwitz hatte etwa 50 KZ-Außenlager. Viele Häftlinge kamen dort aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen zu Tode (→Vernichtung durch Arbeit).

Die Außenlager unterstanden verwaltungstechnisch bis zur Neugliederung des Lagerkomplexes im November 1943 dem Stammlager KZ Auschwitz I. Die SS bezeichnete sie uneinheitlich, z. B. als Arbeitslager, Außenlager, Außenkommando, KZ, SS-Arbeitslager oder Zweiglager.

Diese Außenlager befanden sich zum Teil im weiteren Umkreis, auch außerhalb des Landkreises, in dem durch die Flüsse Sola und Weichsel umgrenzbaren etwa 40 Quadratkilometer großen „Interessengebiet KL Auschwitz“. Zu ihnen zählten u. a. das Außenlager Althammer, das Außenlager Blechhammer, das Außenlager Eintrachthütte, das Außenlager Fürstengrube, das Außenlager in Hindenburg, das Außenlager der Janinagrube, das SS-Arbeitslager Neu-Dachs sowie das Arbeitslager Krakau-Plaszow. In einigen Außenlagern mussten die Häftlinge in Bergwerken arbeiten. Auch den Landwirtschaftsbetrieben des KZ Auschwitz waren Nebenlager angeschlossen.

Geographische Lage

 
Karte des Lagerkomplexes Auschwitz mit den Eisenbahn-Anbindungen
 
Während der „Ungarn-Aktion“ 1944 war die Kapazität der Krematorien in Auschwitz überlastet, es wurden zusätzliche Verbrennungsgruben errichtet. Eine der Sonderkommando-Fotografien, die 1944 heimlich von einem Häftling des Sonderkommandos, vermutlich Alberto Errera, aufgenommen wurden.

Das Stammlager (Auschwitz I) ließ die SS in einer ehemaligen polnischen Kaserne, westlich der Stadt Oświęcim, errichten. Die Region gehörte zum Grenzgebiet zwischen dem 1939 durch Annexion erweiterten Deutschen Reich und dem Generalgouvernement.

Das Vernichtungslager Birkenau (Auschwitz II) wurde im Herbst des Jahres 1941 drei Kilometer entfernt nordwestlich vom Stammlager Auschwitz I neu errichtet.

Beide Lager lagen im „Interessengebiet KL Auschwitz“, einem durch die Flüsse Sola und Weichsel gebildeten Dreieck von circa 40 km² Fläche.[4][5]

Der Lagerbereich Monowitz (Auschwitz III) wurde Ende Oktober 1942 durch die I.G. Farben AG eingerichtet. Es lag sechs Kilometer östlich vom Stammlager entfernt, auf dem Gelände der Buna-Werke der I.G. Farben AG.

Die Anbindung an den Schienenverkehr erfolgte nach Norden in die Richtungen Warschau und Breslau (weiter nach Berlin). Nach Süden führte das Schienennetz in die Richtungen Prag, Budapest, Wien und Bratislava. Zwei Strecken führten in östlicher Richtung nach Krakau und weiter in die Ukrainische SSR.

Öffentliche Verwaltungsstruktur

Der nach dem Ersten Weltkrieg entstandene Landkreis Oświęcim (Auschwitz) war im Zuge einer Gemeindereform 1932 aufgelöst und den Landkreisen Wadowice und Bielsko-Biała zugeteilt worden. Bereits drei Tage nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, am 4. September 1939, wurde die Stadt Auschwitz von deutschen Wehrmachtstruppen eingenommen und einen Monat später dem Deutschen Reich einverleibt. Die nachträgliche Legitimierung durch die deutsche Besatzungsmacht erfolgte am 21. Dezember 1939 durch die sogenannte „Verordnung über die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung in den eingegliederten Ostgebieten“. Am 30. November 1940 wurde die Stadt, die nun Auschwitz genannt wurde, Verwaltungsmittelpunkt eines neuen Amtsbezirks. Dieser bestand aus der Stadt Auschwitz und den umliegenden Gemeinden Babitz, Birkenau, Broschkowitz, Dwory, Klutschnikowitz, Monowitz, Poremba-Wielka, Stara-Stawy, Wlocienitz und Zaborz-Ost. Das Gebiet um Auschwitz bildete nun im westlichen Abschnitt des neuen Landkreises Bielitz einen Teil des neuen Regierungsbezirk Kattowitz.[6]

Fast zeitgleich mit der Entscheidung Himmlers zum Bau des Lagers begann das „Zentralbodenamt“, eine Dienststelle Himmlers in seiner Funktion als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums, im April des Jahres 1940, die Enteignungen und Vertreibung der auf dem Gebiet lebenden Bewohner vorzubereiten. Die verschiedenen Flurstücke des zum Konzentrationslager auserkorenen betroffenen Gebietes befanden sich dabei teils in privatem wie auch in ehemals staatlichem (d. h. polnischem), städtischem oder kirchlichem Besitz.[7]

Zum Zeitpunkt des Beschlusses zur Lagererweiterung im März des Jahres 1941 wurde das Lager selbst und seine unmittelbare Umgebung von Seiten der SS als „Interessengebiet KL Auschwitz“ deklariert. Man erklärte das gesamte Areal zum Sperrgebiet und gliederte es mit Wirkung zum 31. Mai aus der lokalen Verwaltungs- und Gemeindestruktur aus.[8] Die Erklärung zum Interessen- und Sperrgebiet war jedoch nur der erste Schritt. Langfristig sollte das gesamte Gebiet zu einem „Gutsbezirk der Waffen-SS“ umgewandelt und damit Eigentum der SS werden.[9]

Die Verhandlungen der SS mit den Zivilbehörden über die vollständige Umwandlung in einen Gutsbezirk sollten bis zur Mitte des Jahres 1943 andauern. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Gesamtlagerbereich verwaltungstechnisch aus dem bereits erwähnten Gutsbezirk, der das Vernichtungslager Birkenau umfasste, dem eigentlichen Stammlager und dem außerhalb des Interessengebietes gelegenen Arbeitslager Monowitz. Am 31. Mai 1943 jedoch verfügte der Oberpräsident der Provinz Oberschlesien Fritz Bracht mit Wirkung zum 1. Juni 1943 für den Gesamtlagerkomplex die Bildung eines eigenständigen „Amtsbezirks Auschwitz“. Der Lagerkommandant sollte dabei fortan auch die Funktion eines „Amtskommissars“ mit sämtlichen Befugnissen der Zivilverwaltung innehaben. Die Verwaltungsstruktur des Amtsbezirks sollte bis zum Ende des Lagers und der Befreiung durch sowjetische Truppen beibehalten werden.[10]

Gaskammern und Krematorien

Der industrialisierte Massenmord fand in verschiedenen Gebäuden statt. Die Hauptaufgabe einzelner und zu diesem Zweck ausgebildeter SS-Männer war das Einschütten des Zyklon B in die Vorrichtungen der Gaskammern. Um die Psyche von SS-Männern zu schonen, wurde ein Arbeitskommando von Häftlingen gezwungen, anstrengende Arbeiten zu verrichten, beispielsweise mussten sie den Abtransport der Leichen aus den Gaskammern übernehmen und die anschließende Verbrennung der Leichen in den Krematorien und Verbrennungsgruben durchführen (→ Häftlings-Sonderkommando KZ Auschwitz-Birkenau).

Mescalin-Experimente und andere Menschenversuche

Wie im KZ Dachau wurden auch im KZ Auschwitz Experimente mit Mescalin unternommen.[11] Der Standortarzt Wirths, der SS-Hauptsturmführer Bruno Weber, Leiter des Hygiene-Institutes, und der SS-Sturmbannführer Victor Capesius, Chef der SS-Apotheke, erforschten die Wirkung von Mescalin und seine Anwendungsmöglichkeiten bei Verhören.[12]

Todesmärsche und Befreiung des Lagers

Die Anzahl der Häftlinge im Lagerkomplex betrug im August 1944 noch 140.000; im Vorfeld der Räumung befanden sich noch 31.000 aus Auschwitz sowie 36.000 in fast 30 zugehörigen Außenlagern.[13]

Zwischen dem 17. Januar und dem 23. Januar 1945 wurden noch etwa 56.000 Häftlinge von der SS aus dem Gebiet „evakuiert“ und größtenteils in Todesmärschen nach Westen getrieben. Eine Kolonne musste in das 55 km entfernte Gleiwitz marschieren, eine zweite kleinere in das 65 km entfernte Loslau. Von dort aus wurden die meisten in offenen Güterwagen nach Buchenwald, Mauthausen, Ravensbrück, Bergen-Belsen oder Mittelbau-Dora gebracht. Kleinere Gruppen kamen nach Flossenbürg, Dachau und Neuengamme. 15.000 Häftlinge mussten zu Fuß rund 250 km weiter nach Groß-Rosen marschieren.[14]

Am 27. Januar 1945 wurden die in Auschwitz verbliebenen marschunfähigen Häftlinge durch sowjetische Truppen der 322. Infanteriedivision der I. Ukrainischen Front befreit.[15][16][17] Von den noch angetroffenen etwa 7000[18] überlebenden Häftlingen verstarben – trotz medizinischer Hilfe – in den folgenden Tagen viele. Die Angaben reichen z. B. im Lager Monowitz von 600 bis 850 Personen.

Opferzahlen

Zwischen 1940 und Januar 1945 waren knapp über 400.000 Häftlinge in den drei Konzentrationslagern Auschwitz und seinen Nebenlagern registriert. Etwa zwei Drittel der registrierten Häftlinge waren Männer, ein Drittel Frauen.

Durch die vielen unregistrierten Opfer lag die Gesamtzahl jedoch weit höher, denn die meisten Deportierten wurden ohne Registrierung unmittelbar von der Rampe ins Gas geschickt. Allein die Anzahl der nach Auschwitz deportierten oder dort geborenen Kinder liegt bei etwa 232.000, von denen wiederum nur wenige überlebten.[19] In den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende waren Teile der Häftlingsunterlagen verschollen, es konnten daher vielfach nur Schätzungen publiziert werden. Die Zahl der Ermordeten beläuft sich demnach auf 1,1 bis 1,5 Millionen.

Die Wertgegenstände der Ermordeten ließ die SS in mehreren Effektenkammern des KZ sammeln; das Raubgold wurde anschließend nach Berlin geschickt.

Vereinzelten Häftlingen gelang bereits in einer frühen Ausbauphase die Flucht, so dass sie Berichte über die Zustände im Lager an die alliierten Regierungen weiterleiten konnten. (→ Vrba-Wetzler-Bericht, Pilecki-Bericht). Diese Berichte wurden von Alliierten in Nachkriegsprozessen verwendet (→ Auschwitz-Protokolle).

Wach- und Lagerpersonal

Der Großteil der ab 1940 von der SS eingesetzten über 8000 Personen zum Betreiben des Lagers bestand hauptsächlich aus den Wachmannschaften der SS-Totenkopfverbände und deren Führung. Die zentrale SS-Inspektion der Konzentrationslager (IKL) bestimmte die personellen Strukturen und die Personalentscheidungen auch in diesen drei Konzentrations- und deren Nebenlagern.

Zeit nach der Befreiung

Hilfsaktionen für befreite Häftlinge

Unmittelbar nach der Befreiung des Lagerkomplexes wurden für die dort verbliebenen Häftlinge durch sowjetisches und polnisches Sanitätspersonal sowie polnische Bürger Hilfsmaßnahmen eingeleitet.[20] Dabei wirkten auch Auschwitzüberlebende mit, so unter anderem die Ärzte Berthold Epstein und Otto Wolken.[21] Überlebende, die dazu körperlich noch in der Lage waren, konnten das Lager verlassen und nach Hause zurückkehren. Mehr als 4500 befreite Häftlinge aus mehr als 20 Ländern wurden in dem ehemaligen Konzentrationslager in Lazaretten gepflegt und medizinisch versorgt. Die Kranken litten größtenteils an Hungerdurchfall.[20] Viele der kranken Häftlinge starben trotz intensiver medizinischer Bemühungen, auch weil anfangs nicht ausreichend Sanitätspersonal zur Verfügung stand. So war kurz nach der Befreiung eine Rotkreuzschwester für 200 Kranke zuständig, die Lage besserte sich jedoch zunehmend. Es wurden in den Lazaretten schließlich Fachabteilungen eingerichtet, so unter anderem Tuberkulosestationen und Abteilungen für Innere Medizin sowie seelische Erkrankungen. Die Patienten mussten vorsichtig an die Nahrungsaufnahme wieder gewöhnt werden.[22] Aufgrund ihrer Lagererfahrungen waren viele der zu pflegenden Auschwitzüberlebenden traumatisiert. So wehrten sich beispielsweise einige von ihnen gegen die Injektion von Medikamenten aufgrund der in der Lagerhaft gemachten Erfahrungen mit todbringenden Phenolspritzen, mit denen SS-Angehörige Häftlinge ermordet hatten. Die Mehrzahl der befreiten Häftlinge konnte im April und Mai 1945 die Lazarette verlassen.[21]

Vorübergehende Nutzung als Internierungslager

Spätestens im April 1945 errichtete die sowjetische Militärverwaltung (SMAD) auf dem Gelände des ehemaligen Stammlagers und im ehemaligen Lagerbereich Birkenau einige Durchgangslager. Reichsdeutsche Kriegsgefangene und Zivilisten vor allem aus Oberschlesien wurden inhaftiert und bis Herbst 1945 (Stammlager) beziehungsweise Frühjahr 1946 (Birkenau) in die Sowjetunion deportiert. Ihre Gesamtzahl belief sich auf rund 12.000.[23] Zwischen April 1945 und Mai 1946 starben etwa 150 dieser Internierten.[24]

Teilweiser Abbruch des Lagers

 
Ruinen der KZ-Baracken vom KZ Auschwitz-Birkenau, Aufnahme 2002 vom Museumsgelände

Nach der Befreiung des KZ Auschwitz wurden bewegliche Gegenstände, darunter auch Maschinen aus den Fabrikhallen, durch die sowjetische Militäradministration in die Sowjetunion verbracht. Bei der Auslagerung ganzer Lagermagazine gelangten auch Dokumente, darunter 46 Sterbebücher, in die Sowjetunion. Sie wurden 1992 an das Staatliche Museum in Polen zurückgegeben. Wahrscheinlich ab Anfang 1946 wurde durch polnische Behörden bewegliches Lagergut aus dem ehemaligen Konzentrationslager geschafft. Allein 1946 wurden etwa 200 Holzbaracken in Birkenau abgerissen. Auch Einwohner aus der Umgebung beschafften sich dort Baumaterial und anderes bewegliches Gut.[25]

Siehe auch

Strafverfolgung

Nach Kriegsende wurden die Gewaltverbrechen im KZ-Komplex Auschwitz in verschiedenen NS-Prozessen behandelt.

Gedenkstätten, Mahnmale

 
Luftaufnahme der heutigen Gedenkstätte (ehemaliges Stammlager)
 
Blumen zum Gedenken auf den Bahngleisen der Entladerampe im KZ Auschwitz-Birkenau, März 2007

Neben verschiedenen Mahnmalen befindet sich auf dem Gelände der Hauptlager Auschwitz I und Auschwitz II heute eine polnische Gedenkstätte: das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau, in dem auch historisch geforscht wird. Seit dem 27. Juni 2007 trägt das Museumsgelände als UNESCO-Weltkulturerbe die Bezeichnung Auschwitz-Birkenau – deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager. Auch der Marsch der Lebenden findet auf dem ehemaligen Lagergelände statt. Das Internationale Auschwitz Komitee ist eine Vereinigung ehemaliger Häftlinge. Der größere Teil der Ausstellungen ist im Bereich des ehem. Hauptlagers Auschwitz I, nicht in dem damals auch als Auschwitz-Birkenau bezeichneten ehem. Hauptlager II.

In der Stadt Oświęcim befindet sich das Jüdische Zentrum Oświęcim/Auschwitz als Gedenkort und als Museum der ehemaligen jüdischen Kultur in der Region.

Dokumentarfilme

  • Auschwitz – Das Projekt (Frankreich, 2017, 57 Min, Regie E. Weiss, deutsche und frz. Fassungen) – ein Überblick über den räumlichen Ausbau der KZ-Auschwitz-Bauten von 1940 bis 1945 (Musterstadt und das Netz von Konzentrationslagern und Zwangsarbeits-Stätten in Industrie und Landwirtschaft) in der besetzten Region westlich von Krakau mittels Luftbildaufnahmen in der Gegenwart.
  • Shoah (Frankreich, 1985, Regie C. Lanzmann, mehrstündig, vorwiegend Interviews, deutsche und frz. Fassungen)
  • Auschwitz. Die Täter, die Opfer, die Hintergründe (Originaltitel: Auschwitz: The Nazis and the ’Final Solution‘; Großbritannien, 2005, 285 min., Buch: Laurence Rees) – 6-teilige Dokumentation, Interviews mit Insassen (u. a. Eva Mozes Kor, Helena Citrónová und Kazimierz Smoleń) und Wachpersonal (u. a. Oskar Gröning) und Nachstellung wichtiger Ereignisse
  • Die Auschwitz-Dialoge (Polen/Deutschland, 2007)
  • Das Geheimnis der Auschwitz-Alben. Fotos aus der Hölle. Dokumentarfilm, ZDF 2016, Regie: Winfried Laasch. Erstmals wird in dieser Dokumentation die Person und die Rolle des SS-Fotografen in Auschwitz Bernhard Walters und die chronologische Abfolge der Aufnahmen des Auschwitz-Albums untersucht.
  • 1944: Bomben auf Auschwitz? (Deutschland, 2017, Regie: Mark Hayhurst, Erstsendung am 21. Januar 2020 auf Arte) – Doku mit Spielszenen auf der Basis historischer Zitate und Interviews mit Zeitzeugen[26]
  • Ein Tag in Auschwitz. TV-Dokumentation in HD von Winfried Laasch, Friedrich Scherer. ZDF 2020. Auf Grundlage der Fotografien vom Mai 1944 aus dem privaten Fotoalbum von SS-Fotografen / Hauptscharführer Bernhard Walter (Erkennungssdienststelle im Haus-Block 26). Mitwirkend: Stefan Hördler (Historiker; Universität Göttingen), Irene Weiss (Auschwitz-Überlebende), Dario Gabbai (Auschwitz-Überlebender des Sonderkommandos), Czeslaw Mordowicz (Auschwitz-Überlebender, Blockschreiber in Block 18, später nach Absetzung im Strafkommando und schließlich erfolgreiche Lagerflucht, youtube.com).

Literatur

  • Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939–1945 Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1989. ISBN 3-498-00884-6.
  • Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma: „Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma“. Katalog zur ständigen Ausstellung im Block 13. Heidelberg, 2001, ISBN 3-929446-01-4.
  • Pierre Dietz: Briefe aus der Deportation, Französischer Widerstand und der Weg nach Auschwitz. Edition AV, Lich, Hessen 2010, ISBN 978-3-86841-042-6.
  • Pierre Dietz: Lettres d'un ouvrier déporté. De Maromme à Auschwitz, les deux résistances de William Letourneur. Edition Charles Corlet, Condé-sur-Noireau 2015, ISBN 978-2-84706-585-5 (französisch).
  • Paul Le Goupil: Resistance und Todesmarsch (Originaltitel: Un Normand dans …, übersetzt und bearbeitet von Pierre Dietz). Edition AV, Lich, Hessen 2015, ISBN 978-3-86841-137-9.
  • Gideon Greif, Peter Siebers: Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Konzentrations- und Vernichtungslager. Herausgegeben vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln in Kooperation mit dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau. Emons, Köln 2016, ISBN 978-3-95451-475-5.
  • Sybille Steinbacher: „Musterstadt“ Auschwitz. Germanisierungspolitik und Judenmord in Ostoberschlesien. Saur, München 2000, ISBN 3-598-24031-7.
  • Susanne Willems: Auschwitz : die Geschichte des Vernichtungslagers mit Fotos von Frank und Fritz Schumann, Edition Ost, Berlin, 2015, ISBN 978-3-360-01866-3.
  • Susanne Beyer, Martin Doerry (Hrsg.): „Mich hat Auschwitz nie verlassen“. Überlebende des Konzentrationslagers berichten, Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2015, ISBN 978-3-421-04714-4.
  • Ulrich Schneider: Auschwitz, Basiswissen Politik / Geschichte / Ökonomie, Mit einem Geleitwort von Henri Goldberg, Präsident der Fondation Auschwitz, PapyRossa Verlag Köln 2020, ISBN 978-3-89438-725-9.
  • Andrzej Strzelecki: Endphase des KL Auschwitz – Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1995, ISBN 83-85047-48-4.
  • Franciszek Piper: Die Zahl der Opfer von Auschwitz. Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1993, ISBN 83-85047-17-4.

Graphic Novel

Commons: KZ Auschwitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Martin Broszat (Hrsg.): Kommandant in Auschwitz, München 1963, S. 90/Fußnoteneintrag: Internationaler Militärgerichtshof, XXXVI, NO-034/Aussage des polnischen Untersuchungsrichters Jan Sehn/Aussage von Rudolf Höß.
  2. Wanda Michalak (Hrsg.): Auschwitz – faschistisches Vernichtungslager, Warschau 1981, S. 15.
  3. Martin Broszat: Anatomie des SS-Staates. Nationalsozialistische Konzentrationslager 1933 – 1945. München 1967, S. 99.
  4. Martin Broszat (Hrsg.): Kommandant in Auschwitz. München 1963, S. 95.
  5. Jan Sehn: Konzentrationslager Oświęcim-Brzezinka. Warschau 1957, S. 15.
  6. Sybille Steinbacher: Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte. 2. Auflage, Beck, München 2007.
  7. Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, Band 2, Frankfurt am Main 1990, S. 944 f.
  8. Jochen August: Geschichte und Topographie von Auschwitz-Birkenau, S. 2, Aufsatz aus Hamburger Institut für Sozialforschung (Hrsg.): Die Auschwitz-Hefte Band 1 & 2, Weinheim/Basel 2007.
  9. Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, Band 2, Frankfurt am Main 1990, S. 944.
  10. Thomas Grotum: Das digitale Archiv: Aufbau und Auswertung einer Datenbank zur Geschichte des Konzentrationslagers Auschwitz, Frankfurt/New York 2004, S. 223 f.
  11. psychedelic-science.org
  12. Langbein, Hermann (1995): SS-Ärzte im Konzentrationslager Auschwitz. In: Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Sterbebücher von Auschwitz. Fragmente 1, Berichte. München, New Providence, London, Paris: K. G. Saur, S. 67–84
  13. Andrea Rudorff (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung), Band 16 : Das KZ Auschwitz 1942-1945 und die Zeit der Todesmärsche 1944/45. Berlin 2018, ISBN 978-3-11-036503-0, S. 75.
  14. Andrea Rudorff (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden..., Band 16 : Das KZ Auschwitz 1942-1945 und die Zeit der Todesmärsche 1944/45. Berlin 2018, ISBN 978-3-11-036503-0, S. 76.
  15. Ernst Piper: 27. Januar 1945: Die Rote Armee befreit Auschwitz (Memento vom 2. Februar 2017 im Internet Archive)
  16. Nikolai Politanow: Wir trauten unseren Augen nicht. In: einestages, 27. Januar 2008.
  17. Verzeichnis der Konzentrationslager und ihrer Außenkommandos gemäß § 42 Abs. 2 BEG Nr. 130, Birkenau = Brzezinka (Auschwitz II), 26. November 1941 bis 27. Januar 1945.
  18. Andrzej Strzelecki: Endphase des KL Auschwitz – Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1995, S. 256.
  19. Klaus-Dieter Simmen: In Auschwitz geboren. In Glaube und Heimat Nr. 32/2021, 8. August 2021, S. 8
  20. a b Andrzej Strzelecki: Endphase des KL Auschwitz – Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1995, S. 256 f.
  21. a b Andrzej Strzelecki: Endphase des KL Auschwitz – Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1995, S. 260 f.
  22. Andrzej Strzelecki: Endphase des KL Auschwitz – Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1995, S. 258 f.
  23. Ewelina Miłota, Das Geheimnis von Auschwitz. Durchgangslager für Deutsche nach 1945, in: Grenzerfahrungen. Jugendliche erforschen deutsch-polnische Geschichte. Hrsg. A. Wancerz-Gluza. Vorwort von Władysław Bartoszewski und Richard von Weizsäcker. Hamburg: Körber-Stiftung 2003, S. 278.
  24. Andrzej Strzelecki: Endphase des KL Auschwitz – Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1995, S. 273 f.
  25. Andrzej Strzelecki: Endphase des KL Auschwitz – Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1995, S. 271 f.
  26. Informationen des Senders (Memento des Originals vom 25. Januar 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.arte.tv, Januar 2020.

Koordinaten: 50° 1′ 35″ N, 19° 12′ 14″ O