Die Société des Vingt, kurz Les XX oder Les Vingt, deutsch Die XX oder Die Zwanzig war eine am 28. Oktober 1883[1] gegründete Vereinigung von belgischen oder in Belgien lebenden Künstlern, darunter Fernand Khnopff, Théo van Rysselberghe, James Ensor, Rodolphe Wytsman und das Geschwisterpaar Anna und Eugène Boch.
Die Gruppe hatte keinen Vorsitzenden. Sekretär war der Rechtsanwalt Octave Maus. Seine Frau Madeleine Octave Maus (1874–1944) half ihm dabei und organisierte die Ausstellungen. Das Ziel der ‚Vingtisten‘ war, neue und unkonventionelle Kunst zu fördern. Neben Konzerten und Lesungen veranstaltete die Gruppe in Brüssel alljährlich eine Ausstellung, zu der die Mitglieder eine gleiche Anzahl weiterer Teilnehmer einluden. Dabei vertraten sie keine bestimmte ästhetische Theorie oder Tendenz, sondern standen allen innovativen Strömungen gleichermaßen offen gegenüber.
Das Verdienst der XX besteht darin, dass sie die Bedeutung einer ganzen Reihe richtungsweisender, später berühmter Künstler frühzeitig erkannten und diesen ein Forum boten. Zu den Gästen der ersten Ausstellung 1884 gehörten Auguste Rodin, John Singer Sargent und James McNeill Whistler. 1887 wurde unter anderem Georges Seurat eingeladen, außerdem Berthe Morisot und Camille Pissarro. Im Laufe des Herbstes 1888 wurde Henri de Toulouse-Lautrec, der noch nie zuvor an einer bedeutenden Ausstellung teilgenommen hatte sowie Henry van de Velde und Georges Lemmen (1865–1916) in die Gruppe aufgenommen.[2] 1890 waren sechs Bilder von Vincent van Gogh zu sehen, dessen Gemälde Der rote Weinberg bei dieser Gelegenheit eine Käuferin fand. Es handelt sich um den einzigen dokumentierten Verkauf eines Bildes aus der reifen Schaffensperiode zu Lebzeiten des Malers.
Der von der Société des Vingt angeregte Austausch trug dazu bei, dass Brüssel sich in diesen Jahren zu einem bedeutenden Zentrum der Kunst der Moderne entwickelte.
Trotz des unschätzbaren Dienstes, den die Société des Vingt den neuen belgischen und ausländischen Kunstströmungen in der Malerei, der Skulptur, der Musik und in der Literatur geleistet hatte, löste sie sich nach zehn Jahren auf. Mit dem Vereinsvermögen von 50.000 Goldfranken wurde vom Sekretär, dem Kunstkritiker und Rechtsanwalt Octave Maus (1856–1919), der alljährliche stattfindende Salon unter dem neuen Namen ‘La Libre Esthétique’ ein Jahr später eröffnet. Octave Maus wählte sich selber zum alleinigen Verwaltungsdelegierten. Wegen des Ersten Weltkrieges musste der Salon 1914 schließen.[3]
Literatur
Bearbeiten- Évocation des "XX" et de "La libre esthétique". Ausstellung im Musees Royaux des Beaux-Arts de Belgique, Art Moderne, Bruxelles, 29 April bis 10. Juli 1966. Ausstellungskatalog, Brüssel 1966
- Madeline Octave Maus; Robert L. Delevoy : Trente années de Lutte pour l'art : les XX, la libre esthétique: 1884-1914. Brüssel, Lebeer Hossmann 1980
- John Rewald: Von van Gogh bis Gauguin – Die Geschichte des Nachimpressionismus, DuMont, Köln 1987, ISBN 3-7701-2147-3
- Stephen H. Goddard, Jane Block: Les XX and the Belgian avant-garde: prints, drawings, and books, Spencer Museum of Art, 1993, ISBN 978-0-913689-35-6
- Francoise Dumont: Gauguin, les XX et La Libre Esthétique Gauguin und Belgien bei der Gruppe der XX und der Libre Ésthetique. Paris, 1994
- Paul Gauguin, Les XX (Vingt) et la Libre Esthétique. Ausstellungskatalog, Musée d’Art Moderne et d’Art Contemporain de Liège. Liège (Lüttich, Luik) 1995
- Pierre Sanchez: Le Salon des "XX" et de La Libre Esthétique. Répertoire des exposants et liste de leurs oeuvres (Bruxelles 1884–1914), Dijon, 2012.
- Jane Block: Ein Treibhaus für symbolistische Kunst : die Ausstellungen von "Les XX" und "La Libre Ésthétique". Dekadenz und dunkle Träume. Für die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin herausgegeben von Ralph Gleis, Berlin, 2020
Weblinks
Bearbeiten- Les Vingt bei Palais des beaux-arts de Bruxelles (2004)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Russell T. Clement, Annick Houzé: Neo-impressionist Painters: A Sourcebook on Georges Seurat, Camille Pissarro, Paul Signac, Théo Van Rysselberghe, Henri Edmond Cross, Charles Angrand, Maximilien Luce, and Albert Dubois-Pillet, Greenwood, London 1999, ISBN 0-313-30382-7, S. 270.
- ↑ Henry van de Velde: 1888 Aufnahme in die Société des Vingt. Seite 42–44. In: dbnl.org. Abgerufen am 17. April 2020.
- ↑ Henry van de Velde: 1894 La Libre Esthétique. S. 86. In: dbnl.org. Abgerufen am 17. April 2020.