Kennzeichnung der Häftlinge in den Konzentrationslagern

Gruppierung und Kenntlichmachung der Gefangenen in den Konzentrationslagern
(Weitergeleitet von Lila Winkel)

Die Kennzeichnung der Häftlinge in den Konzentrationslagern wurde 1936 eingeführt und diente zur Gruppierung und Kenntlichmachung der Gefangenen in den Konzentrationslagern im Machtbereich des NS-Staates. Sie diente dem Wachpersonal zur Erkennung der von der SS verwendeten Gruppierung der KZ-Häftlinge nach Ländern, „Rasse“, Vorverurteilungen etc. (vgl. nationalsozialistische Rassenhygiene). Die Häftlingsnummer ersetzte im Lager den Namen der gefangenen Personen.

Niederländische Juden, die mit einem gelben Stern und N markiert wurden, auf dem Appellplatz im KZ Mauthausen (Juni 1941)[1]

Kurzbeschreibung

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Schautafel: „Kennzeichen für Schutzhäftlinge in den Konzentrationslagern“; Lehrmaterial für SS-Wachmannschaften

Die Kennzeichnung geschah mit Hilfe von farbigen Stoff-Dreiecken, deren Spitzen nach unten, oder unterlegt, nach oben zeigten. Die Abzeichen, auch „Winkel“ genannt, wurden auf die gestreifte KZ-Häftlingskleidung genäht (Jacken und Hemd), damit die Wächter den Grund ihrer Inhaftierung erkennen konnten.

Weitere Differenzierungen wurden nach Nationalitäten und den Aufgaben als Funktionshäftling (beispielsweise Kapos, Stubenältester bzw. Block- oder Barackenältester) vorgenommen. In den ersten KZ-Jahren und zum Teil auch später wurden die Häftlingsnummern auch auf der Kleidung angebracht.

Die Prägung wurde entsprechend den Gefahrenschildern in Deutschland gewählt. Zusätzlich zur Farbkodierung wurden Häftlingsgruppen Buchstaben in dem Dreieck eingefügt, um ihr Herkunftsland anzuzeigen. Ein rotes Dreieck mit einem „F“ zum Beispiel wies auf einen politischen Gefangenen aus Frankreich hin. Die verschiedenen Markierungen wurden von einem Häftling gleichzeitig getragen, gelegentlich sogar mehr als sechs.

Die häufigsten „Winkel“ waren:

Die Kürzel zur Kennzeichnung des Herkunftslandes waren:

Form und Farbe der Markierung von Lagerhäftlingen in den Konzentrationslagern
Politisch Kriminell Emigrant Bibelforscher Homosexuell Asozial
Einfache Winkel            
Wiederholte Insassen            
Angehörige einer Strafkompanie            
Markierungen für Juden            
Spezielle Markierungen  
„Jüd. Rasseschänder
 
„Rasseschänderin“
 
Fluchtgefahr
 
Häftlingsnummer
 
Die anwendbaren Markierungen wurden in folgender Reihenfolge getragen: Häftlingsnummer, Streifen für wiederholte Insassen, Winkel oder Stern, Mitglied einer Strafkompanie, Fluchtverdächtiger
 
Pole: „P“ auf einem roten Winkel
 
Tscheche: „T“ auf einem roten Winkel
 
Wehrmachtsangehöriger: Umgedrehter roter Winkel
 
Besonderer Häftling: Braunes Armband

Häftlingsnummern

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Jeder Häftling erhielt bei der Aufnahme in ein KZ-Stammlager eine Registrierungsnummer (Häftlingsnummer). Ab sofort hatte er im Lager keinen Namen mehr, sondern wurde mit dieser Nummer genannt und musste sich jedem Vorgesetzten mit dieser Nummer melden, bei abgenommener Kappe und in strammer Hab-acht-Haltung.

 
Alex Deutsch, ehemaliger KZ-Häftling, zeigt seine eintätowierte KZ-Nummer (2006)
 
Tätowierte Nummer eines Auschwitz-Häftlings

In Auschwitz gab es zusätzlich noch andere Einstufungen, beispielsweise die „Z-Serie“. Diese Nummern nutzte man ab 26. Februar 1943 für das „Zigeunerlager“. Die „R-Reihe“ bekamen sowjetische Kriegsgefangene ab 7. Oktober 1941. Weiterhin gab es dort von Mai bis August 1944 für Männer die „A-Serie“ und anschließend bis November die „B-Serie“. Außerdem führte man die „A- und B-Serie“ ab Mai 1944 für so genannte „Transport-Juden“ ein.[3]

Im Normalfall wurden die Häftlingsnummern an der Kleidung angebracht. Nur in Auschwitz wurden Häftlinge auch tätowiert, einerseits um Verwechslungen von entkleideten Leichen auszuschließen und andererseits um geflohene Häftlinge leichter identifizieren zu können. Normalerweise wurde die Häftlingsnummer auf den linken Unterarm tätowiert. Eine Ausnahme bildeten Säuglinge und im Lager geborene Kinder, denen aus Platzmangel z. B. Oberschenkel tätowiert wurden.

Die Tätowierung erfolgte unmittelbar nach der Registratur. In der Aufnahme wurde für den Häftling eine Karteikarte erstellt und die Häftlingsnummer vergeben. Diese wurde in einen Aufnahmebogen eingetragen, der als Laufzettel diente, und der Häftling wurde unmittelbar von der Aufnahme dem Tätowierer des Lagers überstellt.[4] Die mit extra breiten Nadeln versehenen Stempel wurden den Häftlingen in die Haut gepresst und anschließend Tinte in die Wunde eingerieben.[5] Im Jahr 2015 wurden dem Museum Auschwitz-Birkenau anonym fünf äußerst seltene Metallstempel übergeben, mit denen den Insassen Nummern eintätowiert wurden. Die Authentizität der Stempel wurde durch Untersuchungen bestätigt. Es handelt sich um fünf Metallstempel – einmal die Ziffer „0“, zweimal die „3“ und zweimal die „6“ oder „9“.[6]

Buchhaltung

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Häftlingskarte aus dem KZ Buchenwald mit Häftlingsnummer und (rot gestempelt) Hinweis auf die maschinelle Erfassung

Die Nummern der so erfassten Häftlinge wurden in einer Buchhaltung in jedem Lager erfasst und bei den zwei täglichen Appellen auf dem Appellplatz vorgelesen. Vor und nach dem Ausrücken zu Arbeitskommandos wurden Veränderungen (Tod, Übergang ins Revier, Entlassungen) anhand dieser Nummern kontrolliert. Sie dienten auch zur Inrechnungstellung der Häftlingsarbeit bei beteiligten Firmen, Kleinbetrieben oder Behörden.

Anhand der Nummern in den verschiedenen Lagerbuchhaltungen war in der Nachkriegszeit teilweise eine Verfolgung einzelner Gefangenentransporte zwischen den Konzentrationslagern auch dann möglich, wenn die Häftlinge später getötet wurden oder als vermisst galten. Besonders bei Gefangenentransporten aus den besetzten Ländern Europas war dies oft die einzige Möglichkeit, Todesort und wahrscheinlichen Todeszeitpunkt zu bestimmen.

Zum Teil enthielten die Nummernserien einzelner KZ Zusätze für bestimmte Häftlingsgruppen. Bei einer Verlegung in ein anderes Stammlager wurden zum Teil neue Nummern vergeben.

Wie der Historiker Edwin Black in seinem Buch IBM und der Holocaust darlegt, machte die NS-Bürokratie bei der Judenvernichtung intensiven Gebrauch von Lochkarten und Tabelliermaschinen („Hollerith-Maschinen“) der US-amerikanischen Firma IBM und deren deutscher Tochter DEHOMAG. Dabei wurden die Opfer individuell auf Karten erfasst, von der Auffindung über die Verschleppung bis hin zur Ermordung. Dabei wurde entsprechende Technik auch direkt in den Konzentrationslagern installiert und betrieben. Nach Blacks Auffassung wäre der Holocaust ohne diese Technik nicht im gegebenen Umfang zu organisieren gewesen.[7]

Literatur

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  • Eugen Kogon: Der SS-Staat – Das System der deutschen Konzentrationslager. (= Heyne-Bücher 19 = Heyne-Sachbuch 9). Genehmigte, ungekürzte Taschenbuchausgabe, 43. Auflage. Heyne, München 2006, ISBN 3-453-02978-X.
  • Christa Schikorra: Kontinuitäten der Ausgrenzung. „Asoziale“ Häftlinge im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück (= Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin. Reihe Dokumente, Texte, Materialien. Bd. 41). Metropol, Berlin 2001, ISBN 3-932482-60-3.
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Wiktionary: KZ-Häftlingsnummer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: KZ-Nummer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Harry Stein: Konzentrationslager Buchenwald 1937-1945. Begleitband zur ständigen historischen Ausstellung. Hrsg.: Gedenkstätte Buchenwald. 4. Auflage. Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-222-3, S. 81–83 (Vorschau von S. 83 auf books.google.de, 5. Auflage 2007).
  2. Zum Thema lesbische Frauen, die angeblich mit schwarzem Winkel gekennzeichnet wurden, siehe Homosexuelle während der Zeit des Nationalsozialismus.
  3. Gelsenzentrum – Portal für Stadt- und Zeitgeschichte
  4. Zeuge Johan Frederik Beckmann, Major der Niederländischen Armee. Aussage im ersten Auschwitzprozess am 136. Verhandlungstag, 12. Februar 1965.
  5. Brutale Tätowierungen für InsassenUnbekannter gibt Nazi-Stempel von KZ Auschwitz ab. FOCUS online vom 9. September 2015.
  6. Tätowierungen in Auschwitz Metallstempel der Nazis für Insassen Nummern gefunden. In: focus. Abgerufen am 12. Dezember 2023 (deutsch).
  7. Edwin Black: IBM und der Holocaust. Deutsche Ausgabe, Propyläen Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-549-07130-2.