Faktorisierung von Polynomen

(Weitergeleitet von Linearfaktor)

Als Faktorisierung von Polynomen in der Algebra versteht man analog zur Primfaktorzerlegung von ganzen Zahlen das Zerlegen von Polynomen in ein Produkt aus irreduziblen Polynomen.

Mathematische Beschreibung

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Ziel der Faktorisierung ist es, für ein gegebenes Polynom   aus einem Polynomring   eine endliche Menge irreduzibler Polynome  ,   zu finden mit

 .

Die Faktoren   müssen dabei nicht alle verschieden sein, das heißt, die Faktoren können mit einer Vielfachheit größer als 1 in dieser Zerlegung auftauchen.

Ist der Koeffizientenring   ein faktorieller Ring, dann ist nach einem Satz von Gauß auch   faktoriell. In diesem Fall existiert ein System von Primelementen, sodass diese Darstellung bis auf die Reihenfolge und Assoziiertheit eindeutig ist und jedes   ein Element des Primsystems ist. In Ringen, die nicht faktoriell sind, ist es im Allgemeinen nicht möglich, eine eindeutige Faktorisierung zu finden.

Über dem Körper der komplexen Zahlen   lässt sich jedes Polynom  -ten Grades als Produkt von genau   Linearfaktoren  

 

schreiben. Dies ist eine der Aussagen des Fundamentalsatzes der Algebra. Man sagt, das Polynom zerfällt in seine Linearfaktoren. Die   sind genau die Nullstellen der zugehörigen Polynomfunktion.

Erklärung und Beispiele

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Manche Polynome lassen sich als Produkt einfacherer Polynome kleineren Grades schreiben. Beispielsweise ergibt sich durch Ausklammern und Anwendung einer binomischen Formel die Zerlegung

 .

Die Faktoren   (tritt zweifach auf),   und   lassen sich nicht weiter zerlegen: Sie sind irreduzibel. Das Polynom   ist zwar ein Teiler des gegebenen Polynoms, aber es lässt sich selbst noch weiter zerlegen.

Ob ein Polynom irreduzibel ist oder sich noch weiter faktorisieren lässt, hängt vom betrachteten Definitionsbereich seiner Koeffizienten ab: So lässt sich   in den rationalen Zahlen nicht weiter zerlegen, in den reellen Zahlen hat es die Faktorisierung  . Ein weiteres Beispiel ist das Polynom  : In den reellen Zahlen ist es irreduzibel, in den komplexen Zahlen gilt hingegen   mit der imaginären Einheit  .

Allgemein gilt: Hat ein Polynom   eine Nullstelle  , so ist es ohne Rest durch   teilbar, das heißt, es gilt

 

mit einem Polynom  , dessen Grad um eins kleiner ist und das z. B. durch Polynomdivision oder mit dem Horner-Schema berechnet werden kann. Hat nun   wieder eine Nullstelle, dann lässt sich diese wiederum als Linearfaktor abspalten. Da in den komplexen Zahlen nach dem Fundamentalsatz der Algebra ein nichtkonstantes Polynom stets eine Nullstelle besitzt, führt bei komplexer Rechnung dieses Vorgehen schließlich zu einer Faktorisierung durch Zerlegung in Linearfaktoren.

Reelle Polynome

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Ein reelles Polynom hat dagegen nicht immer eine reelle Nullstelle. Es lässt sich jedoch als komplexes Polynom mit reellen Koeffizienten auffassen. Als solches zerfällt es in Linearfaktoren und besitzt zusätzlich die Eigenschaft, dass mit jeder Nullstelle   auch die konjugiert komplexe Zahl   eine Nullstelle ist. Die beiden zugehörigen Linearfaktoren   lassen sich zu dem reellen quadratischen Polynom

 

zusammenfassen. Damit ist gezeigt, dass sich in den reellen Zahlen jedes Polynom in ein Produkt aus linearen und quadratischen Faktoren zerlegen lässt. Zum Beispiel hat das Polynom   die reelle Nullstelle   und die konjugiert komplexen Nullstellen  . In den reellen Zahlen lautet seine Faktorisierung  .

Rationale und ganzzahlige Polynome

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Für Polynome mit ganzzahligen Koeffizienten existieren verschiedene Irreduzibilitätskriterien, wie zum Beispiel das Eisensteinkriterium, um festzustellen, ob sie in   irreduzibel sind. Die Bestimmung der rationalen Nullstellen eines Polynoms

 

lässt sich algorithmisch in endlich vielen Schritten lösen, denn für jede Nullstelle   gilt, dass   ein Teiler von   und   ein Teiler von   ist (siehe Satz über rationale Nullstellen).

Beispielsweise findet man bei dem Polynom   durch Ausprobieren aller Möglichkeiten die rationale Nullstelle  . Polynomdivision ergibt

 

und das Polynom   ist nach dem Eisensteinkriterium (mit der Primzahl 2) irreduzibel, so dass sich schließlich die ganzzahlige Faktorisierung

 

ergibt.

Algorithmen

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B. A. Hausmann beschrieb 1937 eine Anwendung des Algorithmus von Kronecker. Elwyn Berlekamp veröffentlichte 1967 den Berlekamp-Algorithmus, mit dem Polynome über dem Restklassenkörper   faktorisiert werden können. 1992 entdeckte Harald Niederreiter eine weitere Möglichkeit, Polynome über endlichen Körpern zu faktorisieren, auf ihn geht der Niederreiter-Algorithmus zurück.

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