Wiederansiedlung von Bartgeiern in Österreich

Wikimedia-Liste

Das Projekt zur Wiederansiedlung von Bartgeiern in Österreich versucht den um die Wende zum 20. Jahrhundert im Alpenraum ausgerotteten Bartgeier wieder auszuwildern. Seit 1978 werden Tiere gezüchtet, seit 1986 an verschiedenen Orten freigelassen. Das Projekt in Österreich wird eng koordiniert mit weiteren Versuchen in Frankreich, der Schweiz und Italien und der 2021 hinzugekommenen Wiederansiedlung von Bartgeiern in Bayern.

Wiederansiedlung von Bartgeiern in Österreich (Österreich)
Wiederansiedlung von Bartgeiern in Österreich (Österreich)
Haringsee
Alpenzoo Innsbruck
Tiergarten Schönbrunn
Wildpark Grünau
Zuchtstation in Österreich Freilassung in Österreich

Geschichte

Bearbeiten

Bartgeier waren im 18. Jahrhundert in fast allen Gebirgen Europas, Asiens und Afrikas heimisch. Im 19. Jahrhundert wurden sie in den Alpen stark bejagt und schließlich ausgerottet. Die letzte Brut wurde 1910 in den Westalpen nachgewiesen und 1913 wurde der letzte Bartgeier im Aosta-Tal erlegt.[1][2]

 
Bartgeier im Alpenzoo Innsbruck.
 
Bartgeier im Flug.

Wiederansiedlung

Bearbeiten

Schon in den 1970er Jahren gab es Versuche, die Bartgeier wieder in den Alpen anzusiedeln. Dazu wurden Tiere in Afghanistan eingefangen und in den französischen Alpen freigelassen. Die Versuche scheiterten jedoch.

Nachdem im Alpenzoo Innsbruck eine Nachzucht von Bartgeiern gelungen war, wurde 1978 ein internationales Projekt gestartet. Ziel war die Wiederansiedlung der Bartgeier nach der Hacking-Methode. Dabei werden junge Bartgeier in Zuchtstationen erbrütet, in Gehegehaltung aufgezogen und ausgesetzt, knapp bevor sie flugfähig werden. Die erste Auswilderung erfolgte im Jahr 1986 im Nationalpark Hohe Tauern. Bis zum Jahr 2020 wurden im Alpenbereich 229 junge Bartgeier ausgesetzt, davon 63 in Österreich.[3][4][5]

Den Erfolg des Projektes zeigte die erste erfolgreiche Brut im Jahr 1997 in Frankreich.[6] In Österreich wurde 2010 der erste Junggeier flügge.[7][8] Im besonders erfolgreichen Jahr 2019 flogen insgesamt 39 Junggeier aus. Mit 272 Wildbruten seit dem Projektstart wurden bereits mehr Bartgeier in Freiheit geboren als ausgewildert (Stand 2020).[9]

Zuchtzentren

Bearbeiten

Am Bartgeier-Zuchtprogramm beteiligen sich:[10]

Auswilderungsplätze in Österreich

Bearbeiten
Ort Gemeinde Anzahl
Rauris (Krumltal, Seidlwinkltal) Rauris 33
Mallnitz Mallnitz 10
Gschlößtal Matrei 2
Anlauftal[11] Bad Gastein 2
Kals Kals 8
Habachtal Bramberg am Wildkogel 2
Fleißtal Heiligenblut 2
Debanttal Nußdorf-Debant 2
Untersulzbachtal Neukirchen am Großvenediger 2
Summe 63

Liste der freigelassenen Bartgeier in Österreich

Bearbeiten

Die folgende Liste enthält alle zwischen 1986 und 2020 in Österreich freigelassenen Bartgeier:[12][13][14][15]

Nr Name BG/BV
(Bartgeier / bearded vulture)
Geschlecht Jahr Freilassung Geburtsort Anmerkung
1 Hans 84 männlich 1986 Rauris Wassenaar Freilassung im Krumltal.
2 Fritz 88 weiblich 1986 Rauris Alpenzoo Innsbruck (A) Freilassung im Krumltal.
3 Ellen 89 weiblich 1986 Rauris Alpenzoo Innsbruck (A) Freilassung im Krumltal.
4 Winnie 91 weiblich 1986 Rauris Grünau Freilassung im Krumltal, wurde wieder eingefangen[12]
5 Heinz 92 männlich 1987 Rauris Wassenaar Freilassung im Krumltal, vermisst seit 1987.
6 Nina 96 weiblich 1987 Rauris La Garenne Wurde 1988 bis 1993 in den südlichen französischen Alpen gesichtet. Tod durch Abschuss 1993.[12]
7 Alexa 100 weiblich 1988 Rauris Alpenzoo Innsbruck (A) Weibchen von Andreas Hofer (BG 260) im Krumltal.[16]
8 Ulli 102 männlich 1988 Rauris Haringsee Freilassung im Krumltal, vermisst seit 1992.
9 Paradatsch 106 weiblich 1988 Rauris Grünau Wird seit 1997 vermisst.
10 Karl 109 weiblich 1989 Rauris Haringsee
11 Joey 110 1989 Rauris Haringsee
12 Colleen 112 weiblich 1989 Rauris Alpenzoo Innsbruck (A)
13 Basilisk 117 weiblich 1989 Rauris Haringsee
14 Hubsi 121 männlich 1990 Rauris Haringsee Wurde 1990 wieder eingefangen.
15 Lotte 123 weiblich 1990 Rauris Haringsee
16 Nicola 138 weiblich 1991 Rauris Haringsee Tod durch Bleivergiftung 2012.
17 Diana 139 weiblich 1991 Rauris Haringsee
18 Bernhard 167 männlich 1992 Rauris Haringsee Wird seit 1992 vermisst.
19 Fulvio 168 männlich 1992 Rauris Berlin
20 Helmut 183 männlich 1993 Rauris Haringsee Wurde im Juni 1994 nördlich von Bordeaux geschwächt eingefangen und nach einem Monat in Hoch-Savoyen wieder freigelassen.[12]
21 Winfried 191 männlich 1993 Rauris Haringsee Wird seit 1993 vermisst.
22 Hans Rupert 208 weiblich 1994 Rauris Haringsee
23 Jackpot 214 weiblich 1994 Rauris La Garenne Tod durch Lawine 1995.[12]
24 Andreas Hofer 260 männlich 1996 Rauris Alpenzoo Innsbruck Erfolgreiche Bruten mit unbekanntem Weibchen (vermutlich Alexa, BG 100) 2010, 2011, 2014, 2016 im Krumltal.[16][17]
25 Marga 261 weiblich 1996 Rauris Berlin
26 Daniel 291 männlich 1998 Rauris Alpenzoo Innsbruck
27 Jackpot3 296 männlich 1998 Rauris Haringsee
28 Zonta 316 weiblich 1999 Rauris Alpenzoo Innsbruck
29 Keno 329 weiblich 1999 Rauris Zoo Wuppertal Wurde kurz nach dem Aussetzen wieder eingefangen.
30 Bingo 350 weiblich 2000 Mallnitz Haringsee
31 Georg 355 männlich 2000 Mallnitz La Garenne
32 ElDorado 372 weiblich 2001 Gschlößtal Haringsee
33 Christa 373 weiblich 2001 Gschlößtal Haringsee Unfalltod (Hochspannungsleitung) 2010 in der Schweiz.[18]
34 Franz 387 männlich 2002 Gastein Prag Flug an die Nordsee und wieder zurück in die Alpen 2003.[18]
35 Ambo 392 weiblich 2002 Gastein Haringsee
36 Joker 420 weiblich 2003 Mallnitz CCG
37 Kasati 422 männlich 2003 Mallnitz Zoo Hannover
38 Toto 444 männlich 2004 Kals Zoo Hannover Wieder eingefangen.
39 Hubertus2 446 männlich 2004 Kals Goldau Erfolgreiche Bruten 2012 mit Ambo (BG 392) und 2014, 2015, 2016, 2017 mit Romaris (BG 528) im Gebiet Katschberg.[17]
40 Escalero 462 weiblich 2005 Rauris Freilassung im Seidlwinkltal.
41 Doraja 465 weiblich 2005 Rauris Freilassung im Seidlwinkltal. Wurde im ersten Winter wegen einer Bleivergiftung eingefangen, konnte aber wieder freigelassen werden. Starb 2013 an einer Bleivergiftung.
42 Portobello 497 männlich 2006 Mallnitz RFZ
43 Tauernwind 498 männlich 2006 Mallnitz Goldau Erschossen.
44 Romaris 528 weiblich 2007 Kals La Garenne Brütet seit 2012 mit Hubertus 2 (BG 446) im Katschberggebiet.[19]
45 Calce 530 männlich 2007 Kals Fauconery du Puy
46 Pinzgarus 558 männlich 2008 Rauris Freilassung im Krumltal.
47 Rurese 559 männlich 2008 Rauris Freilassung im Krumltal.
48 Maseta 585 weiblich 2009 Mallnitz Hält sich 2010 in der Toskana auf.
49 Eustachius 587 weiblich 2009 Mallnitz
50 Figol 628 weiblich 2010 Kals Centro de Cria Valcallent (E) Freilassung im Dorfertal.
51 Tschadin 629 weiblich 2010 Kals Tierpark Berlin (D) Freilassung im Dorfertal.
52 Smaragd 675 männlich 2011 Habachtal
53 Jakob 676 männlich 2011 Habachtal Ausflug nach Holland 2012.[18]
54 Glocknerlady 718 weiblich 2012 Heiligenblut Bleivergiftung, konnte in Haringsee gesundgepflegt und 2013 wieder freigelassen werden. Erste Brut (nicht erfolgreich) mit Pinzgarus (BG 558) im Jahr 2017 im Gschlößl.[17]
55 Inge 720 weiblich 2012 Heiligenblut
56 Kilian 790 männlich 2014 Debanttal Zoo Liberec (CZ)
57 Felix2 793 männlich 2014 Debanttal Centro de Cria Valcallent (E) Felix2 befliegt hauptsächlich die Hohen Tauern zwischen Katschberg im Osten und dem Oberen Iseltal mit längeren Aufenthalten nördlich von Bruneck und nordwestlich von Meran. Ein Ausflug 2016 ging bis westlich von Chur.
58 Lea 840 männlich 2015 Kals Haringsee (A) Freilassung im Dorfertal. Im Jahr 2016 beflog Lea beinahe den ganzen Alpenbogen. Juli und August 2016 verbrachte er in den Bergen zwischen Turin und Grenoble. Auf dem Rückweg kollidierte er im März 2017 westlich von Bozen mit einer Leitung, wurde verletzt eingefangen, gepflegt und 09/2017 wieder freigelassen. Er befliegt seitdem wieder die Hohen Tauern.[20][21]
59 Fortuna 843 männlich 2015 Kals Zoo Ostrava Freilassung im Dorfertal. Fortuna befliegt hauptsächlich die Ostalpen mit den Schwerpunkten Hohe Tauern und dem Gebiet zwischen Meran und Arlberg. Im August 2015 machte er einen Ausflug über Ulm bis westlich von Stuttgart, im Juni 2016 überflog er Basel nach Westen. Im August 2018 war er mehrere Wochen großflächig in der südlichen Schweiz unterwegs, ehe er wieder in die Ostalpen zurückkehrte.[20]
60 Lucky 909 männlich 2016 Neukirchen Tierpark Berlin (D) Lucky flog am 16. Mai 2017 in die Allgäuer Alpen. In den folgenden Tagen in den Schwarzwald und weiter bis in den Harz. Dann flog er in den Raum Heidelberg zurück, bog nach Westen ab, um dann nordwestwärts über Luxemburg und Belgien bis zu den Texelinseln in den Niederlanden zu fliegen. Der Rückflug führte nahe Paris vorbei, dann nach Osten bis Tschechien und schließlich nach Süden über Linz nach Slowenien, von wo er wieder am 18. Juni zurück in die Hohen Tauern flog.[22]
61 Charlie 910 weiblich 2016 Neukirchen Tierpark Berlin (D) Wegen des Ausfalles ihres Senders kann Charlie nicht online lokalisiert werden. Sie wurde aber 2019 im Lungau gesichtet und fotografiert.[23]
62 Kasimir 991 männlich 2018 Mallnitz Haringsee (A) Freilassung im Seebachtal. Kasimir beflog im Jahr 2020 überwiegend die Hohen Tauern und die Karnischen Alpen mit Ausflügen zum Dachstein, dem Königssee und dem Raum nördlich und südlich von Innsbruck.[20]
63 Caeli 998 männlich 2018 Mallnitz Guadalentin (E) Freilassung im Seebachtal. Caeli hält sich überwiegend im Gebiet nordwestlich von Bozen auf, machte aber im Frühling 2020 einen Kurzbesuch in die Hohen Tauern.[20]

Siehe auch

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Wiederansiedlung von Bartgeiern in Österreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Zum Geier! Zwei weitere Vögel ausgewildert - derStandard.at. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (österreichisches Deutsch).
  2. Bartgeier - Die Giganten der Lüfte kehren zurück. Abgerufen am 1. Januar 2021 (deutsch).
  3. Bartgeier: Die große Rückkehr. Abgerufen am 1. Januar 2021.
  4. Wiederansiedlung | Stiftung Pro Bartgeier. Abgerufen am 1. Januar 2021.
  5. a b Wolfgang Fremuth, Hans Frey, Winfried Walter: Der Bartgeier in den Alpen zurück. 30 Jahre Zucht und Wiederansiedlung. 2008, S. 121–122, abgerufen am 1. Januar 2021.
  6. Bartgeier im Nationalpark Hohe Tauern freigelassen. Abgerufen am 28. Dezember 2020.
  7. Der Bartgeier in Österreich, Newsletter Nr. 29, 12/2010. (PDF) Nationalpark Hohe Tauern, Dezember 2010, S. 2, abgerufen am 1. Januar 2021.
  8. Der Bartgeier in Österreich, Newsletter Nr. 40. (PDF) April 2014, S. 4, abgerufen am 1. Januar 2021.
  9. Newsletter Greifvögel März 2020 - Nationalpark Hohe Tauern. Abgerufen am 1. Januar 2021.
  10. Jovan Andevski: Vulture Conservation in Europe". (PDF) Vulture Conservtion Foundation, 30. Juni 2016, S. 29, abgerufen am 1. Januar 2021.
  11. Zwei junge Bartgeier werden im Gasteiner Anlauftal freigelassen. Land Salzburg, abgerufen am 1. Januar 2021.
  12. a b c d e Knut Niebuhr, Richard Zink: Das Bartgeier-Wiederansiedlungsprojekt im österreichisch/bayerischen Teil der Alpen. In: Nationalpark Hohe Tauern (Hrsg.): Wissenschaftliche Mitteilungen aus dem Nationalpark Hohe Tauern. Band 4, 5. Februar 1998, S. 249–251 (zobodat.at [PDF; 761 kB; abgerufen am 28. Dezember 2020]).
  13. Reintroducing Bearded Vultures into the Alps - one of the greatest wildlife comeback sotries of all times. In: EEP Reports 2001 bis 2007. Abgerufen am 2. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
  14. Index der Bartgeier-Newsletter 1 bis 43. Abgerufen am 2. Januar 2021.
  15. Bearded Vulture European Endangered Species Programme (EEP) Annual Report 2019. Vulture Conservation Foundation, 23. Juli 2020, abgerufen am 2. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
  16. a b Natur Land Salzburg. (PDF) Land Salzburg, Februar 2018, S. 7–8, abgerufen am 28. Dezember 2020.
  17. a b c Könige der Lüfte. (PDF) Nationalpark Hohe Tauern, 2017, S. 5, abgerufen am 27. Dezember 2020.
  18. a b c Der Bartgeier in Österreich. (PDF) In: Monitoring Newsletter Nr. 35 2/2012. Abgerufen am 28. Dezember 2020.
  19. Newsletter Greifvögel September 2019 - Nationalpark Hohe Tauern. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
  20. a b c d Bartgeier Online - Nationalpark Hohe Tauern. Abgerufen am 2. Januar 2021.
  21. Freiheit für Bartgeier Lea - Nationalpark Gesäuse. Abgerufen am 2. Januar 2021.
  22. Könige der Lüfte. (PDF) Nationalpark Hohe Tauern, S. 11, abgerufen am 27. Dezember 2020.
  23. Newsletter Greifvögel Mai 2019 - Nationalpark Hohe Tauern. Abgerufen am 2. Januar 2021.