Luda Tymoschenko

ukrainische Dramatikerin, Drehbuchautorin, Künstlerin und Universitätsdozentin
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Luda Tymoschenko (ukrainisch Людмила Вікторівна Тимошенко; * 1978 in Kasachstan) ist eine ukrainische Dramatikerin, Drehbuchautorin, Künstlerin und Universitätsdozentin. Seit dem Frühjahr 2022 lebt sie in Deutschland und ist in Stuttgart künstlerisch tätig.[1]

Luda Tymoschenko wurde 1978 in Kasachstan geboren. Im Jahr 2000 schloss sie ihr Studium der Philosophie an der Franko National University in Lwiw ab. 2004 verteidigte sie ihre Doktorarbeit zum Thema „Die sozio-epistemologische Natur der modernen Mythenbildung“ und 2014 ihre Dissertation „Die Herausbildung der politischen und unternehmerischen Elite in der Ukraine“. Sie arbeitete als Dozentin für Soziologie und Politikwissenschaft an der National University of Life and Environmental Sciences of Ukraine. Im Jahr 2013 begann sie mit dem Schreiben von Drehbüchern und Theaterstücken sowie dem Zeichnen. Seit dem Frühjahr 2022 ist sie Artist in Residence am Schauspiel Stuttgart.[1]

Künstlerisches Schaffen in der Ukraine

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Im Jahr 2013 besuchte Luda Tymoschenko ein Festival für moderne Dramatik in Kiew, das einen Wendepunkt in ihrer Karriere darstellte. Noch im selben Jahr schrieb sie ihr erstes Theaterstück mit dem Titel Golden Leggings, das die Geschichte zweier Teenager-Mädchen erzählt, die ein Pionierlager besuchen. Bereits im darauffolgenden Jahr wurde das Stück in die Auswahl desselben Festivals aufgenommen und diente später als Grundlage für einen Kurzfilm.[2]

Die seit 2013 von Luda Tymoschenko verfassten Stücke wurden in mehrere Sprachen übersetzt[3] und auf verschiedenen ukrainischen und internationalen Festivals aufgeführt. Ihr erfolgreichstes Stück, Fünf Lieder aus Polesien (2021), wurde mit dem Grand Prix des Wettbewerbs July Honey (Ukraine) ausgezeichnet, gewann den Wettbewerb Drama on the Move des Ukrainian Institute, kam in die engere Auswahl des Theaterwettbewerbs Drama UA und gehörte zu den Finalisten des Theaterwettbewerbs Aurora (Polen, 2022).[4][5]

2013 begann Luda Tymoschenko ihre Texte mit eigenen Zeichnungen zu illustrieren.[2]

Luda Tymoschenko arbeitete als Drehbuchautorin mit dem Regisseur Arkadij Nepitaljuk an dem Kurzfilm “Golden Leggings”, der für „Best Live Action“ auf dem Berlin Interfilm Festival (2023) ausgezeichnet wurde.[6] Der zweite gemeinsame Film von Tymoschenko und Nepitaljuk „Lessons of Tolerance“ lief auf dem Filmfestival „Off Camera“ (2024) in Krakau, Polen.[7]

Gründung des Theater of Playwrights

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Logo des Theater of Playwrights, gezeichnet von Luda Tymoshenko

In 2020 hat Luda Tymoschenko, zusammen mit 19 anderen Autoren ein freies Theater in Kiew, Ukraine, gegründet – das Theater of Playwrights (ukrainisch: Teatr Dramaturhiv).[8] Seit dem Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 wurden die Texte der Autoren des Theater of Playwrights, darunter auch Luda Tymoschenkos, im Rahmen der internationalen Theaternetzwerke mehrmals gelesen.[9][10][11]

Theaterstücke, Performances, Installationen in Deutschland

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Seit Frühjahr 2022 kooperiert Luda Tymoschenko als Artist in Residence[12] mit dem Schauspiel Stuttgart. In den Jahren 2022–2024 beteiligte sie sich an mehreren Produktionen in Deutschland, u. a.:

  • Zal’ot / Fliegen feierte seine Exilpremiere im Stuttgarter Kammertheater im Juni 2022, nachdem die Premiere in Kiew wegen des russischen Angriffs nicht stattfinden konnte. Das Stück erzählt die Coming-of-Age-Geschichte der jungen Lida in der Ukraine der 1990er Jahre, die von einer Karriere als Flugbegleiterin träumt, aber mit den harten Realitäten des post-sowjetischen Lebens konfrontiert wird. Basierend auf Tymoschenkos eigenen Erfahrungen behandelt das Stück auch sexuelle Erpressung durch einen Professor. Die Aufführungen, die vor einem überwiegend ukrainischen Publikum stattfanden, wurden begeistert aufgenommen. Das minimalistische Bühnenbild und die starke schauspielerische Leistung schufen eine eindringliche Atmosphäre. Nach den Vorstellungen kehrte das Ensemble in die Ukraine zurück, wo sie planen, in Bunkern oder U-Bahn-Stationen weiterzuspielen.[13][14][15][16]
  • Kein Kirschgarten ist eine audiovisuelle Installation, die den Krieg in der Ukraine durch Geschichten, die sich mit Bäumen befassen, beschreibt. Die Bäume Rotbuche, Pappel und Birne bezeichnen ein russisches strategisches Raketensystem, einen Marschflugkörper und ein Atom-U-Boot. Fünfzehn Kurztexte ukrainischer Autorinnen des Theater of Playwrights gelesen von Schauspielern des Schauspiel Stuttgart erzählen von Menschen, die wie Bäume entwurzelt wurden und ihre Heimat verloren haben.[17]
  • Katzen auf der Flucht ist ein Theaterstück, das von Luda Tymoschenko und Maryna Smilianets konzipiert wurde. Es basiert auf vier Geschichten über ukrainische Katzen, die infolge des Krieges – im Stück als „Unglück“ bezeichnet – gezwungen waren, viele Kilometer von ihrem Zuhause entfernt zu überleben. Das Stück thematisiert den Umgang mit außergewöhnlichen Umständen und die Fähigkeit, inmitten dieser Herausforderungen nicht zu verzweifeln. Das Stück feierte seine Premiere im Juli 2022 im Rahmen des Sommerfests „Hidden Traces“ der Akademie Schloss Solitude und wurde in das Programm des Wiesbadener Theaterfestivals „Kulturtage Ukraine“ (2024) aufgenommen.[18][19]
  • Ship.Bridge.Body. ist eine Musikperformance, die auf Texten von Luda Tymoschenko, Oksana Sawtschenko und Julija Hontschar basiert, und unter der Regie von Roza Sarkisian im Rahmen des Theaterfestivals „Hellerau - Nebenan“ (2023) gezeigt wurde. Das Stück behandelt den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und verbindet dramatische Texte, persönliche Geschichten, Musik aus den 1990er Jahren sowie visuelle Elemente, wie die Darstellung der Sprengung der Krim-Brücke. Die Performance wurde von 16 Künstlern aus der Ukraine, Deutschland, Italien und Georgien in Residenzen in den ukrainischen Karpaten, Leipzig und Dresden entwickelt und entstand auf Initiative des Theatre of Playwrights. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem Theatre of Playwrights, der Schaubühne Lindenfels und Hellerau.[20][21]
  • City X ist eine Audioführung von Gernot Grünewald mit Texten von Maryna Smilianets und Luda Tymoschenko, die den russischen Angriff auf die Ukraine thematisiert. Luftschutzkeller werden in einem Parkhaus symbolisch sichtbar, begleitet von Sirenengeheul, das eine ständige Bedrohung vermittelt. Berichte von Betroffenen zeichnen ein Bild vom Alltag im Krieg und dem Kampf um Unabhängigkeit. Der Stuttgarter Stadtraum wird zur Projektionsfläche für Kriegswirklichkeiten, wodurch die Zerbrechlichkeit des Friedens spürbar wird. Die Führung verbindet die vertraute Umgebung mit den Erlebnissen aus ukrainischen Städten und soll eine tiefere Auseinandersetzung mit den Schicksalen der Betroffenen ermöglichen.[22][23][24]
  • Fünf Lieder aus Polesien erzählt in fünf Episoden Geschichten von 1940 bis 2020. Diese umfassen den Zweiten Weltkrieg, die Sowjetzeit, die Tschernobyl-Katastrophe und die Unabhängigkeit der Ukraine bis zum Vorabend des russischen Angriffskrieges. Das Stück basiert auf dokumentarischen Berichten Familie von Luda Tymoshenko und wurde 2023 in Lwiw uraufgeführt, bevor es an mehreren Theatern in der Ukraine und erstmals 2024 am Schauspiel Stuttgart gezeigt wurde.[25]
  • Migrant Birds ist eine Geschichtensammlung von Luda Tymoshenko, die auf Gesprächen mit geflüchteten Kindern, die nach Stuttgart aus der Ukraine kamen, basiert. Kinder erzählten von ihren traumatischen Erlebnissen, den Herausforderungen, sich in einem fremden Land einzuleben, und ihrem unerschütterlichen Willen, eine bessere Zukunft zu finden. Die Geschichten spiegeln sowohl die Anpassungsfähigkeit der Betroffenen als auch ihre Hoffnung auf eine Rückkehr wider. Die Audioinstallation fand 2004 im Schauspielhaus Stuttgart unter der Leitung von Philipp Schulze statt.[26]

Publikationen

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Texte von Luda Tymoschenko erschienen in Sammlungen „Zeitreisen durch die Gegenwart - Theatertexte aus der Ukraine“ (2024) auf Deutsch[27], „A Dictionary of Emotions in a Time of War“ (2023), auf Englisch[28], „Pokydki ta inshi piesy“ (2023) auf Ukrainisch[29], sowie in diversen internationalen Theaterzeitschriften[30][31].

Auszeichnungen

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  • 2023: Finnischer Theaterpreis von TINFO für die Sammlung ukrainischer Stücke “Talo horjahti”, die Luda Tymoschenkos Text “Meine Tara” beinhaltete[32]

Einzelnachweise

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  1. a b Schauspiel Stuttgart: Luda Tymoshenko | Schauspiel Stuttgart. Abgerufen am 3. Oktober 2024.
  2. a b Spotlight: Luda Tymoshenko | Burgtheater. Abgerufen am 3. Oktober 2024.
  3. Luda Tymoshenko. Abgerufen am 3. Oktober 2024 (englisch).
  4. П'ять Пісень Полісся. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (ukrainisch).
  5. Festiwal Prapremier 2021. 30. Juni 2024, abgerufen am 5. Oktober 2024 (polnisch).
  6. Irina Mak, Ruslan Miroshnychenko, Oleg Stefan: Golden leggings. Family Production, 19. Oktober 2022, abgerufen am 3. Oktober 2024.
  7. Olena Uzlyuk, Oleksandr Yarema, Akmal Gurezov: Uroky tolerantnosti. 14. Februar 2024, abgerufen am 3. Oktober 2024.
  8. Theatre Dramaturhiv - die Autor:innen. Abgerufen am 5. Oktober 2024.
  9. Theater of Playwrights Intro. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (amerikanisches Englisch).
  10. On the War. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (amerikanisches Englisch).
  11. Hanna Veselovska: Living in the War: the Ukrainian Theatre Since the Russian Invasion. In: Critical Stages/Scènes critiques. 26. Dezember 2022, abgerufen am 4. Oktober 2024 (amerikanisches Englisch).
  12. Ukrainische Dramatikerinnen werden Artists in Residence, Schauspiel Stuttgart, abgerufen am 5. Oktober 2024
  13. Schauspiel Stuttgart: ZAL‘OT, Luftfahrtdrama nach dem Stück Onkel Mischa geht vorbei der ukrainischen Dramatikerin Luda Tymoshenko Eine Produktion des Malyi Teatr Kyjiw | Schauspiel Stuttgart. Abgerufen am 4. Oktober 2024.
  14. Thomas Rothschild: Zal’ot – Schauspiel Stuttgart – Exilpremiere von Yuri Radionovs Inszenierung von Luda Tymoshenkos Coming-of-Age-Story, die am Malyi Teatr Kyijw entstand. 9. Juni 2022, abgerufen am 4. Oktober 2024 (deutsch).
  15. Die Deutsche Bühne: Kritik: Malyi Teatr Kiew: Zal'ot | Stuttgart. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (deutsch).
  16. Christiane Lutz: Staatstheater Stuttgart: Exilpremiere aus Kiew. 7. Juni 2022, abgerufen am 5. Oktober 2024.
  17. Schauspiel Stuttgart: Kein Kirschgarten, Eine audiovisuelle Installation Illustrationen: Anna Scherbyna Mit Texten der Dramatiker:innen des Playwrights Theatre | Schauspiel Stuttgart. Abgerufen am 4. Oktober 2024.
  18. Schauspiel Stuttgart: Katzen auf der Flucht, von Luda Tymoshenko und Maryna Smilianets | Schauspiel Stuttgart. Abgerufen am 4. Oktober 2024.
  19. Katzen auf der Flucht. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (englisch).
  20. Tobias Prüwer: Ship. Bridge. Body. – Festspielhaus Hellerau Dresden – Das Theatre of Playwrights Kyiv eröffnet das Festival. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (deutsch).
  21. Ship. Bridge. Body: Unveiling the Impact of War at the Dresden Art Centre. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (englisch).
  22. Schauspiel Stuttgart: City X, Eine Audioführung von Gernot Grünewald Mit Texten von Luda Tymoshenko und Maryna Smilianets Übersetzung von Lydia Nagel | Schauspiel Stuttgart. Abgerufen am 4. Oktober 2024.
  23. CITY X by Luda Tymoshenko and Maryna Smilianets premieres at Schauspiel Stuttgart. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (englisch).
  24. STUTTGART/Schauspielhaus: CITY X - Fragmente eines Krieges" als Audioführung. Abgerufen am 5. Oktober 2024.
  25. Schauspiel Stuttgart: Fünf Lieder aus Polesien | Schauspiel Stuttgart. Abgerufen am 4. Oktober 2024.
  26. Schauspiel Stuttgart: Migrant Birds, Eine Audioinstallation von Luda Tymoshenko Aus dem Ukrainischen übersetzt von Lydia Nagel | Schauspiel Stuttgart. Abgerufen am 4. Oktober 2024.
  27. Neofelis Verlag: Zeitreisen durch die Gegenwart. Abgerufen am 4. Oktober 2024.
  28. A DICTIONARY OF EMOTIONS IN A TIME OF WAR: 20 SHORT WORKS BY UKRAINIAN PLAYWRIGHTS. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (amerikanisches Englisch).
  29. Покидьки та інші пєси. Сучасна українська драматургія. ISBN 978-6-17551413-9 (com.ua [abgerufen am 4. Oktober 2024]).
  30. Äitini on teepannu. 15. Dezember 2022, abgerufen am 5. Oktober 2024 (finnisch).
  31. Luda Tymoshenko: Moja mama jest dinozaurem. In: Konteksty. Band 343, Nr. 4, 2023, ISSN 1230-6142, S. 16–17 (ceeol.com [abgerufen am 5. Oktober 2024]).
  32. TINFO Theatre Info Finland | 75 Amazing Plays from Around the World. Abgerufen am 4. Oktober 2024 (englisch).