Gewöhnliche Pechnelke
Die Gewöhnliche Pechnelke (Silene viscaria) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Leimkräuter (Silene) innerhalb der Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae). Sie ist in Europa weitverbreitet.[1]
Gewöhnliche Pechnelke | ||||||||||||
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Gewöhnliche Pechnelke (Silene viscaria) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Silene viscaria | ||||||||||||
(L.) Borkh. |
Beschreibung
BearbeitenErscheinungsbild und Blatt
BearbeitenDie Gewöhnliche Pechnelke wächst als überwinternd grüne, ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 30 bis 60[2], selten bis zu 90 Zentimetern.[3] Es werden grundständige nicht blühende Blattrosetten gebildet. Der Stängel und der meist rötliche Blütenstand ist unter den Knoten stark klebrig.[2][3] Die gegenständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind lineallisch-lanzettlich[3] und am Grund etwas behaart und gewimpert.[2]
Blütenstand, Blüte und Frucht
BearbeitenDie Blütezeit reicht von Mai bis Juni oder Juli[2] und liegt damit hauptsächlich am Beginn des Frühsommers[3]. Die Gewöhnliche Pechnelke ist manchmal zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch).[2] Der traubig-rispige[3] Blütenstand hat die Form einer lockeren Thyrse.[2]
Die radiärsymmetrischen Blüten sind fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Der kahle Kelch ist je nach Quelle 9 bis 13[3] oder 10 bis 16 Millimeter lang[2] mit Quernerven[3]. Die rosa- bis purpurfarbenen Kronblätter sind meist 12 bis 18 (10 bis 20) Millimeter lang, gestutzt oder leicht ausgerandet.[2][3] Es sind zweispaltige Kronschuppen vorhanden, die ein Nebenkrönchen bilden.[3] Bei zwittrigen und männlichen Blüten sind zwei Kreise mit je fünf Staubblätter am Androgynophor vorhanden. Fünf Fruchtblätter sind zu einem Fruchtknoten verwachsen, der viele Samenanlagen enthält. Es sind fünf Griffel vorhanden.[3]
Die reife Kapselfrucht öffnet sich fünfzähnig.[3]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 24.[4]
Ökologie
BearbeitenDie Gewöhnliche Pechnelke ist ein skleromorpher oder mesomorpher Chamaephyt oder ein Hemikryptophyt.[5][3] Der Name Pechnelke rührt daher, dass die Stängel unterhalb der Knoten eine dunkle, klebrige Beschichtung aufweisen. Von diesen Bereichen wird angenommen, dass sie zum Schutz vor phytophagen Insekten wie Blattläusen evolviert sind, welchen dadurch der Weg entlang des Stängels versperrt wird. Blütenökologisch handelt es sich um vormännliche „Stieltellerblumen“, deren Nebenkrone als Einkriechsperre dient. Es liegt eine typische Falterblume vor.[5]
Die Kapselfrüchte sind Austrocknungsstreuer, Wind- und Tierstreuer. Fruchtreife ist von Juni bis Juli.[5]
Vorkommen und Gefährdung
BearbeitenSilene viscaria ist beispielsweise von Südwest-, über Mittel- und Nord- bis Ost- sowie Südosteuropa und in der Türkei sowie in Sibirien verbreitet.[1] Es gibt in Europa Fundortangaben von Spanien, Frankreich, Belgien bis Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Vereinigtes Königreich, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Polen, Belarus, Estland, Lettland, Litauen, Moldawien, vom europäischen Teil Russlands, Ukraine, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Serbien, Kroatien, Bosnien und Herzegovina, Montenegro, Bulgarien, Rumänien, Albanien, Mazedonien, Griechenland und von der Türkei.[1][6]
Sie ist in den nordöstlichen US-Bundesstaaten Connecticut, Maine, Massachusetts, New Hampshire, New York, Ohio ein Neophyt.[1]
Die Gewöhnliche Pechnelke ist kalkmeidend. In Mitteleuropa gedeiht sie am besten auf kalkarmen, trockenen, mageren Böden.
In Deutschland kommt die Gewöhnliche Pechnelke mäßig häufig im zentralen sowie nördlichen Franken, im Bayerischen Wald, in Niederbayern, Sachsen, im Harz, im Pfälzerwald vor. In der restlichen Mitte und Süden Deutschlands ist sie selten. Sie fehlt in den deutschen Alpen und Alpenvorland. Sehr zerstreut bis selten kommt sie im nordöstlichen Deutschland, Schleswig-Holstein und Brandenburg vor. Sie fehlt im nordwestlichen Deutschland und am Niederrhein.[7] In der roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten Deutschlands gilt sie 1993 als nicht gefährdet. In den deutschen Bundesländern gibt es unterschiedliche Gefährdungsstufen: sie gilt in Rheinland-Pfalz sowie Sachsen als „nicht gefährdet“; in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, im Saarland, in Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein sowie Thüringen wird sie mit Stufe 3 = „gefährdet“ bewertet; in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern sowie Nordrhein-Westfalen wird sie mit Stufe 2 = „stark gefährdet“ bewertet; in Berlin sowie Niedersachsen ist sie „vom Aussterben bedroht“; in Hamburg gilt sie als ausgestorben.[7][3] In der Schweiz gilt sie als „potentiell gefährdet“.[8]
Sie kommt in Deutschland an lichten Gebüschen und Wälder, Heiden, Trockenrasen, offenen Standorten oder am Waldrand in der kollin-montanen (-subalpinen) Höhenstufe vor. Sie ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Teucrio-Polygonatetum odorati aus dem Verband Geranion sanguinei, kommt aber auch in anderen Gesellschaften, z. B. im Viscario-Festucetum vor.[4] Sie steigt in Baden-Württemberg nur bis etwa 800 Meter Meereshöhe auf.[9]
Sie gedeiht in Österreich in trockenen, bodensauren Eichenwäldern und Magerrasen, Wiesen- und Wegrainen in der collinen bis montanen Höhenstufe. Sie kommt in Österreich häufig bis selten vor und fehlt in Vorarlberg. In Österreich ist sie im pannonischen Gebiet und in den Westalpen gefährdet.[2]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+ (frisch), Lichtzahl L = 5 (sehr hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[8]
Taxonomie
BearbeitenDie Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Lychnis viscaria durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus 1, Seite 436.[10] Das Artepitheton viscaria bedeutet „klebrig“. Die Neukombination zu Silene viscaria (L.) Borkh. wurde 1793 vom deutschen Botaniker Moritz Balthasar Borkhausen in Rheinisches Magazin zur Erweiterung der Naturkunde, 1, Seite 520 veröffentlicht.[11] Weitere Synonyme für Silene viscaria (L.) Borkh. sind: Steris viscaria (L.) Raf., Viscaria viscosa Asch. nom. illeg., Viscaria vulgaris Bernh.[1][11]
Nutzung
BearbeitenEinige Sorten werden in gemäßigten Gebieten als Zierpflanzen verwendet.[1] Im Zander werden 2008 folgende Sorten genannt: ‘Alba’, ‘Feuer’, ‘Plena’, ‘Splendens’.[12]
Der Gewöhnlichen Pechnelke wird nachgesagt, dass sie die Abwehrkräfte der sie umgebenden Pflanzen stärke und unter anderem gegen Braunfäule helfe. Pechnelkenextrakt ist in Deutschland als Pflanzenstärkungsmittel zugelassen. Ein Extrakt der Gewöhnlichen Pechnelke enthält relativ viele Brassinosteroiden[13], welche sich nachweislich positiv auf das Wachstum anderer Pflanzen auswirken.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f Silene viscaria im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 3. Oktober 2024.
- ↑ a b c d e f g h i Steckbrief: Viscaria vulgaris (Lychnis viscaria, Steris viscaria) bei Botanik im Bild / Flora von Österreich, 6. November 2005.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m Lychnis viscaria L., Pechnelke. auf FloraWeb.de
- ↑ a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 360.
- ↑ a b c Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
- ↑ Karol Marhold (2011+): Caryophyllaceae: Datenblatt Silene viscaria In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
- ↑ a b Michael Hassler, Bernd Schmitt Silene viscaria - Datenblatt bei Pflanzenwelt von Deutschland.
- ↑ a b Silene viscaria (L.) Borkh. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 30. September 2024.
- ↑ Siegmund Seybold: "Caryophyllaceae." In: Oskar Sebald et al.: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. 2. Auflage, Band 1, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1993. ISBN 3-8001-3322-9, S. 428–429.
- ↑ Linné 1753 eingescannt bei biodiversitylibrary.org.
- ↑ a b Božo Frajman, Mikael Thollesson, Bengt Oxelman: Taxonomic revision of Atocion and Viscaria (Sileneae, Caryophyllaceae). In: Botanical Journal of the Linnean Society. Volume 173, Issue 2, 2013, S. 194–210. online. doi:10.1111/boj.12090
- ↑ Walter Erhardt et al.: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2, S. 1746. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7.
- ↑ 17.05.2000 - (idw) Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn: Bonner Wissenschaftler entschlüsseln biochemisches Geheimnis der Mittelmeerpflanze. Ertragsteigerung durch Pflanzen-Extrakt. Forschungsbericht Universität Bonn.
Weblinks
Bearbeiten- Gewöhnliche Pechnelke. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).
- Datenblatt mit Fotos.
- Günther Blaich: Datenblatt mit Fotos.