Mauerraute

Art der Gattung Streifenfarne (Asplenium)
(Weitergeleitet von Mauer-Streifenfarn)

Die Mauerraute oder der Mauer-Streifenfarn (Asplenium ruta-muraria) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Streifenfarne (Asplenium) innerhalb der Familie der Streifenfarngewächse (Aspleniaceae).

Mauerraute

Mauerraute (Asplenium ruta-muraria)

Systematik
Farne
Klasse: Echte Farne (Polypodiopsida)
Ordnung: Tüpfelfarnartige (Polypodiales)
Familie: Streifenfarngewächse (Aspleniaceae)
Gattung: Streifenfarne (Asplenium)
Art: Mauerraute
Wissenschaftlicher Name
Asplenium ruta-muraria
L.

Beschreibung

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Illustration
 
Unterseite eines fertilen Wedels
 
Habitus und Blattwedel

Bei der Mauerraute handelt sich um eine kleine, immergrüne, ausdauernde krautige Pflanze. Das kriechende Rhizom ist mit schwarz-braunen, linealisch-lanzettlichen, borstenförmig zugespitzten Spreuschuppen besetzt.[1] Die Blätter sind in Stiel sowie Spreite gegliedert und 3 bis 10, selten bis zu 25 Zentimeter lang. Der meist drüsig behaarte Blattstiel ist so lang wie oder länger als die Spreite und nur am Grund schwarz- oder dunkel-braun und sonst grün.[1] Die zwei- bis dreifach gefiederte Spreite ist im Umriss unregelmäßig dreieckig bis oval. Die Blattspreite besitzt auf jeder Seite vier oder fünf gestielte, einfach bis doppelt gefiederte Fiedern.[1] Die namensgebenden Fiederchen sind bei einer Länge von 2 bis 3 Millimetern rautenförmig, am Grund keilig verschmälert und vorne gekerbt bis eingeschnitten. Auf der Unterseite des Fiederchens befinden sich spitzwinklig bis fast parallel zur Mittelrippe ein bis drei linealische Sori.[1] Sind die Sori reif, so bedecken sie die ganze Unterseite der Fiederchen, diese ist dann braun.

Sporenreife erfolgt von Juli bis Oktober.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 72 oder 144.[2] Die autotetraploide Unterart Asplenium ruta-muraria subsp. ruta-muraria ist entstanden durch Chromosomenverdoppelung aus der Unterart Asplenium ruta-muraria subsp. dolomiticum.[1]

Ökologie

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Die Mauerraute ist eine immergrüne Rosettenpflanze, die auch einige Zeit Trockenheit aushalten kann. Als Trockenheitsanpassungen gelten die Drüsen am Blattstiel und das verdickte Rhizom.

Wie bei anderen Farnen wird die Befruchtung durch einen Wassertropfen auf der Unterseite des Prothalliums vermittelt. Die Spermatozoiden werden dabei von den Eizellen chemisch angelockt. Die Vorkeime sind etwa linsengroß und wachsen in feuchten Nischen. Im Anschluss an die Befruchtung entwickeln sich die Sporophyten. Diese dienen sowohl der Photosynthese als auch der Vermehrung. Die Sporenbildung erfolgt bei dieser Art fast ganzjährig. Die Sporangien sind in langen Streifen auf der Unterseite der Wedel, entlang der Leitbündel angeordnet, und sie werden von einem durchscheinenden Indusium bedeckt. Die Sporangien sind Selbstausstreuer mit Kohäsionsmechanismus. Die Sporen werden durch den Wind als Körnchenflieger ausgebreitet.

Bedeutung als Futterpflanze (Auswahl)

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Die Raupen folgender Schmetterlingsart sind von der Mauerraute als Nahrungsquelle abhängig:[3]

Vorkommen

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Geschützte Mauerraute an Mauer der Bahnhofstreppe des Bahnhofs Flensburg (Foto 2014)

Die Mauerraute ist in allen gemäßigten Gebieten der Nordhemisphäre verbreitet. Ursprünglich wuchs sie in Felsritzen in den Gebirgen und Mittelgebirgen. Dabei toleriert sie sowohl kalkhaltige wie saure Gesteine. Allerdings zieht sie kalkhaltige und nährstoffreiche Standorte vor. In Europa kommt sie in fast allen Ländern vor und fehlt nur in Island und Belarus. In Österreich ist die Mauerraute kollin bis subalpin verbreitet und sehr häufig in allen Bundesländern.

Sie wächst als Kulturfolger häufig in den Ritzen und Mörtelfugen alter Mauern[4]. Wegen dieser Standortvorlieben findet man die Mauerraute auch sehr häufig in Mauerfugen, und zwar bis in die Innenstädte. Während sie an ihren natürlichen Standorten nur als Begleiter anderer Felsspaltenpflanzen vorkommt, ist sie außerhalb der Mittelgebirge die Charakterart einer eigenen Pflanzengesellschaft (Asplenietum trichomano-rutae-murariae; Mauerrautenflur). In den Allgäuer Alpen steigt sie zwischen Schüsser und Oberstdorfer Hammerspitze in Bayern bis in eine Höhenlage von 2160 Meter auf.[5] In der Allalingruppe im Kanton Wallis steigt sie bis 3050 Meter auf.[1]

In Schleswig-Holstein kommt die Mauerraute jedoch nur sehr selten vor, beispielsweise am Bahnhof Flensburg. Sie steht dort auf der Roten Liste.[6]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2 (mäßig trocken), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 5 (basisch), Temperaturzahl T = 2+ (unter-subalpin und ober-montan), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[7]

Systematik

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Die Erstveröffentlichung von Asplenium ruta-muraria erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, Seite 1081.[8][9][10]

Je nach Autor gibt es einige Unterarten und/oder Varietäten:[9][10]

  • Asplenium ruta-muraria L. subsp. ruta-muraria: Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 144.[2] Es gibt wenige Varietäten:[10]
    • Asplenium ruta-muraria var. cryptolepis (Fernald) Wherry: Sie kommt in Kanada und in den Vereinigten Staaten vor.[10]
    • Asplenium ruta-muraria var. eberlei (D.E.Mey.) Rasbach, K.Rasbach, Reichst. & Viane (Syn.: Asplenium eberlei D.E.Mey.): 1984 wurde berichtet, dass sie nur an einer einzigen Stelle in den Dolomiten in Italien beobachtet wurde.[1] Die Chromosomenzahl ist 2n = 144.[1]
    • Asplenium ruta-muraria var. lanceolum Christ: Sie kommt in den Vereinigten Staaten vor.[10]
    • Asplenium ruta-muraria var. schriesheimense Röhner & Bujnoch: Dieser Endemit kommt nur in Südwestdeutschland vor.[10]
  • Dolomiten-Mauer-Streifenfarn (Asplenium ruta-muraria subsp. dolomiticum Lovis & Reichst.; Syn.: Asplenium dolomiticum (Lovis & Reichst.) Á.Löve & D.Löve): Er kommt in Frankreich, Italien, Österreich, Slowenien, Albanien und Bulgarien vor.[9] Seine Fiederchen besitzen einen Knorpelrand.[11] Er kommt in Österreich nur in Kärnten und in Osttirol vor.[11] Nach der Flora of China kommt diese Unterart auch in Südwestasien, in Afghanistan, in der Mongolei, im östlichen Sibirien und in China vor.[12] Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 72.[2] Nach Euro+Med ist hierher auch die Varietät Asplenium ruta-muraria var. eberlei (D.E.Mey.) Rasbach, K.Rasbach, Reichst. & Viane (Syn.: Asplenium eberlei D.E.Mey.) zu stellen.[9]
  • Asplenium ruta-muraria nothosubsp. baldense (Sleep, Vida & Reichst.) Muñoz Garm. = Asplenium ruta-muraria subsp. ruta-muraria × Asplenium ruta-muraria subsp. dolomiticum Lovis & Reichst. (Syn.: Asplenium deqenense Ching, Asplenium dolomiticum (Lovis & Reichst.) Á.Löve & D.Löve, Asplenium suborbiculare Ching): Es gibt Fundortangaben für den Iran; das nordöstliche Afghanistan, das nördliche Pakistan, die chinesischen Provinzen Hebei, Sichuan sowie Yunnan, (vielleicht Tibet sowie die Mongolei), Frankreich, Slowenien, Bulgarien, in Georgien nur im Kaukasus, in der Türkei nur in Anatolien und Italien[10] am Monte Baldo. 1984 wurde sie noch in den Bayerischen Alpen bei Reit im Winkl und in Osttirol bei Mittewald an der Drau beobachtet.[1]

Trivialnamen

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In alten Texten wurde diese Art lateinisch auch als Adiantum album („Weißer Frauenhaarfarn“) und Ruta muraria[13] bezeichnet.[14]

In Niederösterreich wird diese Art im Volksmund als „Stoanneidkraut“ bezeichnet. Es sollte durch seine magischen Kräfte gegen das „Verneiden“ (Verhexen) helfen und wurde an das Vieh verfüttert. Dem Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm zufolge heißt die Mauerraute auch „Eselsfarn“.

Im deutschsprachigen Raum werden oder wurden für diese, im Mittelalter lateinisch auch als capillus veneris[15] bezeichnete Pflanzenart, zum Teil nur regional, auch die folgenden weiteren Trivialnamen verwandt: Capelleken, Capelliche, Chappachläre (Appenzell), Chappilläre (Appenzell), Erdbrauen, Erdhar, Eselfarlin, Weiss Frauenhaar, Frauenlockkraut, Harngras (Tirol bei Lienz), Harterleib, Juncvrowenhaar, Jungfrauenhaar, Mauerrauten, Meichelkraut, Murrutten, Steenruet, Steinrute, Stenvarn (mittelniederdeutsch), Venushaar, Wedertam (althochdeutsch), Weinkräutl (Pongau, Pinzgau), Widderdan, Widertate (mittelhochdeutsch), Widertat (mittelhochdeutsch) und Widertot (mittelhochdeutsch).[16]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i Tadeus Reichstein: Asplenium. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 1. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1984, ISBN 3-489-50020-2. S. 236–237.
  2. a b c Asplenium ruta-muraria bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  3. Heiko Bellmann: Der neue Kosmos-Schmetterlingsführer. Schmetterlinge, Raupen und Futterpflanzen. 2. Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-440-11965-5.
  4. Plinius der Ältere: Naturalis historia 27,17,34 (hier nach: C. Plinii Secundi Naturalis historia. Hrsg. von D. Detlefsen, I–VI (in 3 Bänden), Berlin 1866–1882, hier: Band 4, S. 145): „Asplenon […] nascitur in petris parietibusque opacis, umidis, laudatissime in Creta“.
  5. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 86.
  6. Flensburger Tageblatt: Der neue Feind der Bahnhofstreppe vom 11. September 2013; abgerufen am 1. März 2014
  7. Asplenium ruta-muraria L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 25. Februar 2022.
  8. Asplenium ruta-muraria bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 11. April 2024.
  9. a b c d M. Christenhusz, E. von Raab-Straube (2013+): Polypodiopsida. Datenblatt Asplenium ruta-muraria In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  10. a b c d e f g Michael Hassler: Taxon in Suchmaske eintragen bei World Ferns. - Synonymic Checklist and Distribution of Ferns and Lycophytes of the World. Version 19.2 vom März 2024.
  11. a b Michael Koltzenburg: Asplenium. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024. ISBN 978-3-494-01943-7. S. 137.
  12. Youxing Lin, Ronald Viane: Aspleniaceae.: Asplenium Linnaeus, S. 267–287 – textgleich online wie gedrucktes Werk, In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 2–3: Lycopodiaceae through Polypodiaceae. Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 2013, ISBN 978-1-935641-11-7.
  13. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 153.
  14. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 133.
  15. Vgl. etwa Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 34.
  16. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 49, eingescannt.
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