Beanspruchung (Technische Mechanik)

Auswirkung einer äußeren Belastung auf das Innere eines Körpers
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Unter Beanspruchung wird in der Technik die Gesamtheit der äußeren physikalischen und/oder chemischen Einwirkungen einer äußeren Belastung auf einen Körper verstanden. Diese Einwirkungen können grundsätzlich mechanischer, thermischer, medialer, klimatischer, radiologischer oder anderweitiger Art sein.

Beanspruchung in der technischen Mechanik

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Beanspruchung ist in der technischen Mechanik die Einwirkung der äußeren Kräfte auf einen in der Regel festen Körper bzw. ein Bauteil. Es ist zu unterscheiden zwischen einer Oberflächenbeanspruchung, z. B. durch Druck und/oder Reibungskräfte, und der Beanspruchung des Inneren des Körpers. Die Beanspruchung ist eine maßgebende Größe bei der Auslegung bzw. Dimensionierung von Bauteilen.

 
Schnittprinzip: Innere Kräfte (Beanspruchung) im belasteten Körper

Die Beanspruchung im Inneren des Körpers kann nach dem Schnittprinzip durch die Dyname aus einem Kraftvektor   und einem Momentvektor   im Schwerpunkt der gedachten Schnittfläche dargestellt werden.[1] Diese Dyname repräsentiert gleichzeitig die resultierende Wirkung der als mechanische Spannungen über die Schnittfläche verteilten inneren Kräfte bzw. Schnittkräfte; denen sie statisch äquivalent ist.

Bei Anwendung des Schnittprinzips auf einen belasteten Körper liegen drei Gleichgewichtssysteme vor, nämlich das Gleichgewicht der äußeren Kräfte (Belastung) am Körper als Ganzes sowie das Gleichgewicht der äußeren und der inneren Kräfte an den beiden durch den Schnitt getrennten Teilkörper.[2]

Ermittlung der Beanspruchung

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Für die Ermittlung der Beanspruchung gibt es zwei Möglichkeiten: Aufstellen und Lösen der Gleichgewichtsbedingungen am betrachteten Teilkörper mit Einbezug der im Schnitt wirkenden Dyname oder durch Reduktion der „abgeschnittenen“ äußeren Kräfte in den Schnittflächenschwerpunkt. Bei statisch bestimmten Problemen reichen die Gleichgewichtsbedingungen dafür aus. Statisch unbestimmte Probleme erfordern zusätzlich Aussagen über den Zusammenhang der Verformung des Körpers in Abhängigkeit der äußeren Kräfte.[3]

Für die Beanspruchungermittlung in der technischen Mechanik werden in vielen praktischen Fällen Modellannahmen getroffen, bei denen Körpern ein linearelastisches Verhalten unterstellt wird, auf deren Grundlage dann die Verformungen berechnet werden. Im linearelastischen Fall werden die Verformungen idealisiert als voll reversibel angenommen – man spricht dann auch von „vollelastischen Körpern“ –, womit sich ein linearer Zusammenhang zwischen Belastung, Beanspruchung und Verformung ergibt. So etwas wie „bleibende Dehnungen“ gibt es in einer solchen Theorie nicht. Diese sogenannte „Theorie 1. Ordnung“ führt in der Regel, insbesondere bei kleinen Verformungen, zu hinreichend genauen Ergebnissen. Wird die Beanspruchung in einer Theorie 2. Ordnung am verformt gedachten Körper ermittelt, wie dies bei bestimmten Problemstellungen wie z. B. Knicken oder anderen Instabilitätserscheinungen erforderlich ist, entstehen Differentialgleichungen, bei denen der Zusammenhang zwischen Beanspruchung und Verformung nichtlinear wird. Teilplastische und vollplastische Modellannahmen für Körper sind ebenfalls prinzipiell möglich; solche führen dann zu anderen Berechnungsmethoden wie im Fall linearelastischer Körper.

Beanspruchungsarten

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Dyname der inneren Kräfte mit ihren Komponenten im Querschnitt eines belasteten Körpers

Die Zerlegung der beiden Vektoren der Dyname in je eine Komponente normal und tangential zur Schnittfläche ergibt die vier in der Festigkeitslehre relevanten statischen Größen bzw. Beanspruchungsarten

Zug- und Druckkräfte werden oft durch ein positives bzw. negatives Vorzeichen gekennzeichnet.[4] Die Unterscheidung zwischen Zug und Druck ist werkstoffmechanisch relevant, da sich die Werkstoffe diesbezüglich unterschiedlich verhalten. Zudem besteht bei Druckbeanspruchung schlanker Stäbe oder dünnwandiger Flächentragwerke das Risiko des Versagens durch Instabilität (Knicken, Beulen).[5]
Abscheren ist ein Spezialfall des Schubes in Querschnitten, die durch äußere Kräfte direkt in der Schnittebene beansprucht werden.
Torsion wird auch etwa als Verdrehung bezeichnet.

Je nach der Anzahl gleichzeitig wirkender Beanspruchungen wird zwischen einfachen und zusammengesetzten Beanspruchungen unterschieden. Verbreitete zusammengesetzte Beanspruchungen sind z. B. Biegung und Schub bei Balken oder Biegung und Torsion bei Kurbelwelle.

Beanspruchungsverläufe

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Der zeitliche Verlauf einer Beanspruchung, der jenem der äußeren Belastung, folgt, ist für die Beurteilung des Festigkeitsverhaltens der Werkstoffe von Bedeutung.

Eine allgemein anerkannte Klassifizierung der Beanspruchungsverläufe liegt bislang nicht vor. Allgemein wird unterschieden zwischen statischer und dynamischer Beanspruchung[6]

  • Statisch oder ruhend ist die Beanspruchung, wenn sie keine dynamischen Effekte wie z. B. Geschwindigkeitversprödung oder Materialermüdung auslöst. Dazu können also auch quasistatische Vorgänge gerechnet werden, die zwar zeitabhängig, aber hinreichend langsam unter zügiger Belastung ablaufen[7] wie z. B. ein Zug- oder ein Biegeversuch.
  • Dynamische Beanspruchungen verlaufen zeitabhängig und beeinflussen das Festigkeitsverhalten der Werkstoffe. Es kann primär unterschieden werden zwischen schwingender Beanspruchung, gekennzeichnet durch einen andauernden, vorzugsweise periodisch wiederkehrenden Verlauf[6], und einer Beanspruchung, die stoß- oder schlagartig, also kurzzeitig erfolgt.[8] Schwingende Beanspruchungen können harmonisch, allgemein periodisch oder stochastisch verlaufen. Spezialfälle der harmonischen Verläufe sind die wechselnde und die schwellende Beanspruchung. Erstere ist charakterisiert durch den periodischen Wechsel zwischen Zug und Druck beim Mittelwert Null, letztere durch von Null ausgehendes periodischen An- und Abschwellen im Zug- oder Druckbereich.[9]

Beanspruchungsverläufe mit konstanten Parametern, z. B. Beanspruchungsgeschwindigkeit, Mittelwert, Amplitude, Periode usw. finden sich wegen ihrer Reproduzierbarkeit vorwiegend in der Werkstoffprüfung. In der Realität liegen meist komplexere Verläufe vor, die Anteile aus verschiedenen idealen Verläufen aufweisen oder regellos erscheinen, und die auch Unterbrechungen unterschiedlicher Zeitdauer enthalten können. Bei der Beschreibung derartiger Beanspruchungsverläufe kann versucht werden, die charakterisierenden Anteile zu erkennen oder sie mit Methoden der Statistik zu erfassen.[10]

Bei zusammengesetzter Beanspruchung können die einzelnen Beanspruchungsarten unterschiedliche Zeitverläufe aufweisen, was zu mehrachsigen, synchron oder asynchron schwingenden Spannungszuständen führt.[11][12]

Beanspruchungsgerechte Gestaltung

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Die Beanspruchung eines Körpers hängt von der Geometrie, der Lagerung, der Belastung und allgemein auch von seinem Verformungsverhalten ab. Die aus den theoretischen Überlegungen gewonnenen qualitativen und quantitativen Erkenntnisse können dazu dienen, die Bauteilgestalt möglichst gut auf die Beanspruchung abzustimmen. Die beanspruchungsgerechte Gestaltung zielt darauf ab, die Bauteilgeometrie so auf seine Funktion abzustimmen, dass sie diese mit einem minimalen Werkstoffaufwand erfüllen kann. Hinter diesem Grundsatz stehen auch ökonomische und ökologische Zielsetzungen.[13][14]

Einzelnachweise

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  1. Hans Ziegler: Vorlesungen über Mechanik. Birkhäuser Verlag Basel und Stuttgart, 1970, S. 152–163.
  2. Lothar Issler, Hans Ruoss, Peter Häfele: Festigkeitslehre – Grundlagen. 2. Aufl., Springer Verlag Berlin 2005, S. 46.
  3. Otto Wetzell, Wolfgang Krings: Verformungen und statisch unbestimmte Systeme. 3. Aufl., Springer Vieweg Wiesbaden 2015.
  4. Hans Göldner: Leitfaden der Technischen Mechanik. 2. Aufl., VEB Fachbuchverlag Leipzig‘‘ 1967, S. 36.
  5. István Szabó: ‚Höhere Technische Mechanik. 5. Aufl., Springer Verlag Berlin 1972, S. 312 ff.
  6. a b Karl Wellinger, Herbert Dietmann: Festigkeitsberechnung. 3. Aufl., Alfred Kröner Verlag Stuttgart 1976, S. 108 ff.
  7. Lothar Issler, Hans Ruoss, Peter Häfele: Festigkeitslehre – Grundlagen. 2. Aufl., Springer Verlag Berlin 2005, S. 134 ff.
  8. Karl Wellinger, Herbert Dietmann: Festigkeitsberechnung. 3. Aufl., Alfred Kröner Verlag Stuttgart, 1976, S. 195 ff.
  9. DIN 50100:2022-12: Schwingfestigkeitsversuch – Durchführung und Auswertung von zyklischen Versuchen mit konstanter Lastamplitude für metallische Werkstoffproben und Bauteile.
  10. DIN 45‘667:1969: Klassierverfahren für das Erfassen regelloser Schwingungen.
  11. Hans Dietmann: Festigkeitsberechnung bei mehrachsiger Schwingbeanspruchung. In: Konstruktion 21(1973)5, S. 181–189.
  12. Hans Dietmann, Lothar Issler: Festigkeitsberechnung bei mehrachsiger phasenverschobener Schwingbeanspruchung mit körperfesten Hauptspannungsrichtungen. In: Konstruktion 18(1976)1, S. 23–30.
  13. Gerhard Hoenow, Thomas Meissner: Entwerfen und Gestalten im Maschinenbau. Fachbuchverlag Leipzig 2004, S. 27–76.
  14. Johannes Kunz: Beanspruchungsgerechte Gestaltung. In: Christian Hopmann, Johannes Kunz et al. (Hrsg.): Kunststoffpraxis: Konstruktion. TDS Herrlich Kirchhain, 2021.