Melker Klosterreform
Die Melker Klosterreform oder kurz Melker Reform war eine im 15. Jahrhundert von Stift Melk in Niederösterreich ausgehende monastische Reformbewegung, die bald die übrigen Benediktinerklöster in Österreich und im Süden Bayerns erfasste.
Ursprung, Geschichte und Ziele der Reform
BearbeitenDas Konzil von Konstanz (1414–1418) war bestrebt, eine allgemeine Reform der Kirche einzuleiten. Dazu gehörte auch die Kritik an der Verweltlichung der Mönche und an damit verbundenen Missständen in den Klöstern. Deshalb formulierte das Konzil auch die Forderung nach einer Erneuerung des Klosterlebens. Zum Ausgangspunkt und Modell dieser Reform wurde die italienische Benediktinerabtei Subiaco. Nach dem Vorbild dieses italienischen Klosters sollten alle Benediktinerklöster ihr Leben neu an den Idealen der Benediktsregel ausrichten.
Herzog Albrecht V. von Österreich wollte mit der Reform der Klöster seines Herrschaftsgebietes in der Abtei Melk in Niederösterreich beginnen. Bei einer Visitation des Klosters Melk wurde 1418 Abt Johannes III. Flämming abgesetzt. Mit einer Pension ausgestattet verließ er das Kloster. Als neuer Abt wurde in Melk Nikolaus Seyringer eingesetzt (1418–25), der aus dem Kloster S. Anna in Rocca di Mondragona, einem von der Abtei Subiaco abhängigen Priorat, stammte. Gleichzeitig wurden in Melk die Consuetudines (Lebensgewohnheiten) des Klosters Subiaco eingeführt. Unter ihm und seinen Nachfolgern wurde Melk zu einem Musterbeispiel strenger monastischer Disziplin.
Prinzipien der Reform:
- Versuch, streng nach der Benediktsregel zu leben, d. h. Ausrichtung des klösterlichen Lebens auf die gemeinsamen Gebetszeiten sowie Kampf gegen die Verweltlichung der Mönche und Äbte
- Beseitigung der Beschränkung der Aufnahme ins Kloster auf Adlige
- Förderung der wissenschaftlichen Arbeit im Geiste des Humanismus (Studium der alten Quellentexte)
Durch die intensiven Kontakte des Klosters Melk mit der Universität Wien verband sich in der Melker Reform das monastische Erneuerungsprogramm mit dem Anliegen des Konziliarismus, d. h. mit der Überzeugung, dass zur notwendigen Reform der Kirche an Haupt und Gliedern regelmäßig allgemeine Konzilien abgehalten werden müssen. Der Wiener Theologe Nikolaus von Dinkelsbühl spielte eine wichtige Rolle für die Reformbewegung.
Die Reformbemühungen im Kloster Melk strahlten rasch auf alle Benediktinerklöster in Österreich und in Südbayern aus. Zahlreiche Klöster übernahmen nicht nur die Lebensgewohnheiten des Klosters Melk, sondern erhielten Mönche aus Melk als Abt. Durch die Einführung und Umsetzung der Melker Reform kam es in vielen Klöstern zu einem neuen Aufblühen und zu einer echten Erneuerung des Klosterlebens. Der erstrebte Zusammenschluss der reformierten Klöster zu einer Kongregation gelang jedoch nicht (anders als bei der Bursfelder Reformbewegung im Norden Deutschlands). Dies mag ein Grund sein, warum schon bald im Zeitalter der Reformation (nach 1520) das monastische Leben in den eben erst reformierten Klöstern ungewöhnlich schnell wieder zusammenbrach.
Einzelmaßnahmen der Melker Klosterreform
Bearbeiten- Wiederbelebung der benediktinischen Regel, insbesondere der „Vita communis“
- Strenge Beachtung der Fastenordnung
- Strikte Einhaltung des Armutsgelöbnisses
- Hebung der Klosterdisziplin
- Einführung neuer Statuten und Konstitutionen
- Einführung neuer und strengerer Consuetudines (Bräuche)
- Reform der Liturgie und der Messfeier nach dem römischen Missale
- Wiederaufnahme der Schriftlesung im Konvent
- Vergrößerung der Anzahl der Klostermitglieder durch Aufhebung von Eintrittsbeschränkungen
- Beseitigung des Adelsprivileges bei der Aufnahme neuer Mönche
- Förderung der Aufnahme von nichtadeligen Mönchen
- Förderung des Eintrittes von Doktoren und Professoren der Theologie
- Aufnahme von gut ausgebildeten Mönchen
- Aufnahme von Laienbrüdern
- Sendung der Jungmönche an die Universitäten
- Versetzung widerspenstiger Mönche in kleine Konvente
- Entfernung von ausschließlich fremdsprachigen Mönchen z. B. im Schottenkloster in Wien
- Einsetzung von Reformäbten
- Trennung von geistlichen und weltlichen Klosterämtern
- Einführung eines Novizenmeisters
- Einführung eines „magister studentium“ (Lehrers) für das Trivium der Klosteranwärter
- Erneuerung des Schulbetriebes in den Klöstern
- Erneuerung des Bibliothekswesens
- Vermehrung der Bücherbestände
- Wiedereinführung der Scriptorien
- Bau von neuen Klostergebäuden, insbesondere von Klosterbibliotheken
- Verbreiterung der wirtschaftlichen Basis der Klöster
Verbreitung der Melker Klosterreform
BearbeitenHauptsächlich durch Klostervisitationen verbreitete sich die Reform vom Stift Melk aus über ganz Süddeutschland.
Die Melker Reform wurde von folgenden Klöstern übernommen:
Männerklöster
Bearbeiten- Melk
- Göttweig
- Altenburg
- Schottenstift in Wien
- Kleinmariazell
- Seitenstetten
- Gleink
- Garsten
- Kremsmünster
- Lambach
- Mondsee
- Michaelbeuern
- St. Peter in Salzburg
- Vornbach
- Oberalteich
- Biburg bei Abensberg/Niederbayern
- Scheyern
- Ebersberg
- Rott
- Tegernsee
- St. Georgenberg in Tirol
- Ettal: Einführung der Reform 1441 durch Johannes Schlitpacher und Johannes von Speyer im Auftrag des Herzogs von Bayern
- Benediktbeuern
- Wessobrunn
- Andechs
- Irsee
- St. Ulrich und Afra in Augsburg: Einführung der Reform 1441 durch Johannes Schlitpacher im Auftrag des Bischofs von Augsburg
- Thierhaupten
- Fultenbach
- Heilig Kreuz in Donauwörth
- Mönchsdeggingen im Ries
- Anhausen
- Elchingen
- Wiblingen
- Blaubeuren
- Lorch
- St. Blasien
- Kloster Allerheiligen in Schaffhausen
- Stift Millstatt
- Sankt Paul im Lavanttal
Benediktinische Frauenklöster
Bearbeiten- Nonnberg in Salzburg
- Geisenfeld
- Göss[1]
- Hohenwart
- Kühbach
- Bergen
- Holzen
- St. Nikolaus bei Augsburg
- Sonnenburg (Südtirol)
Von der Melker Reform beeinflusste Klöster
Bearbeiten- Metten
- Mallersdorf
- Prüfening
- Weihenstephan
- St. Stephan in Würzburg
- Neresheim
- Ottobeuren
- St. Mang in Füssen
- Fürstabtei St. Gallen
Zur Bursfelder Reform umgeschwenkte Klöster
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Karl Suso Frank: Grundzüge der Geschichte des christlichen Mönchtums (= Grundzüge. 25). 3., unveränderte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1979, ISBN 3-534-06034-2.
- Albert Groiß: Spätmittelalterliche Lebensformen der Benediktiner von der Melker Observanz vor dem Hintergrund ihrer Bräuche. Ein darstellender Kommentar zum Caeremoniale Melicense des Jahres 1460 (= Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Beneditinertums. 46). Aschendorff, Münster 1999, ISBN 3-402-04080-8 (Zugleich: Rom, Pontificio Ateneo di Sant’Anselmo, Dissertation, 1996).
- Meta Niederkorn: Melker Reform. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.
- Meta Niederkorn-Bruck: Die Melker Reform im Spiegel der Visitationen (= Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband. 30). Oldenbourg, Wien u. a. 1994, ISBN 3-7029-0375-5.
- Philibert Schmitz: Geschichte des Benediktinerordens. 4 Bände. Benziger, Einsiedeln u. a. 1947–1960.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Tina Padlesak: Stift Göß und die Melker Reform. wien 2012 (univie.ac.at [abgerufen am 25. April 2019] uniwien).