Das Modernistische Zentrum von Gdynia – Beispiel des Aufbaus einer integrierten Gemeinschaft (polnisch Modernistyczne śródmieście Gdyni – przykład budowy zintegrowanej społeczności) ist gegenwärtig ein Welterbe-Kandidat in Polen. Die Kandidatur betrifft die Innenstadt von Gdynia (deutsch Gdingen) in der Woiwodschaft Pommern. Der Antrag umfasst ein Gebiet von 88 Hektar mit mehreren hundert Gebäuden im Stil der Moderne. Er steht seit September 2019 unter der Nummer 6431 auf der Tentativliste der UNESCO.[1]

Ehemaliges ZUS-Gebäude, 1936
Dom Żeglarza Polskiego, 1939

Geschichte

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Das Fischerdorf Gdynia wurde mit der ersten Teilung Polens 1772 vom Königreich Preußen annektiert. – Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Ostseeküste von der Mündung der Piaśnica (Piasnitza) bis zur Stadtgrenze von Zoppot an die Zweite Polnische Republik abgetreten.

Gdynia hatte 1920 etwa 1200 Einwohner, bot sich aber dank seiner Lage an der Danziger Bucht, zur Einrichtung eines Seehafens an. Der polnische Korridor ermöglichte den Bau der Kohlenmagistrale, um Kohle aus den Abbaugebieten Oberschlesiens nach Übersee zu verschiffen, ohne den Danziger Hafen und die Bahn im Freistaat Danzig zu berühren.

 
Bau der Markthalle von Gdynia (Foto: Annemarie Schwarzenbach, 1937)

Der Bau des Marine- und Handelshafens war ausschlaggebend für das dynamische Wachstum von Gdynia. Die ersten Planungen für die Innenstadt erfolgten 1925–1926 durch Roman Feliński und Adam Kuncewicz. Ihr Entwurf gliederte den Ort in Zonen für Wohnen, Verwaltung, Dienstleistungen, Industrie und Freizeit. Durch das schnelle Wachstum musste der Plan häufig und wesentlich angepasst werden.[2] In zwölf Jahren wuchs Gdynia auf etwa 120.000 Einwohner.

Der Aufbau Gdynias war Teil eines ehrgeizigen Wirtschaftsplans. Als Polens „Fenster zur Welt“ (okno na świat) wurde sie ein Arbeitsfeld für junge Architekten, Stadtplaner und Baumeister.[3] Mit dem Überfall auf Polen und dem Beschuss der Westerplatte in der Nachbarstadt Danzig endete im September 1939 die Entwicklung der Stadt. Unter der deutschen Besetzung Polens wurde sie in Gotenhafen umbenannt und eine Basis der Reichsmarine.

Die Entwicklung der Stadt wurde nach Ende des Weltkriegs in der Volksrepublik Polen bis in die 1960er Jahre weitergeführt. – Die Werftarbeiter hatten einen großen Anteil am Dezember-Aufstand von 1970, bei dem an der Ostseeküste 45 Menschen getötet wurden. Die August-Streiks von 1980 führten zur Zulassung freier Gewerkschaften und der Solidarność.

Auf Erlass des polnischen Präsidenten Bronisław Komorowski wurde die Innenstadt von Gdynia mit Datum 17. März 2015 zum Pomnik historii (Geschichtsdenkmal) erklärt.[4]

Bauwerke (Auswahl)

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  • Kreisgericht und Staatsanwaltschaft, 1936
  • ZUS-Gebäude, 1936 (Foto oben)
  • Wohn- und Geschäftshaus der Familie Orłowski, 1936
  • Markthalle, 1935–1938
  • Dom Żeglarza Polskiego (Haus des polnischen Seglers), 1939 (Foto oben)

Siehe auch

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Commons: Architektur von Gdynia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

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  • Wojciech Antoszkiewicz, Mariusz Jablonski, Bogdan Kwiatkowski u. a.: Gdynia. Touristen-Vademekum. Jerzy Dąbrowski (Übers.), Gdynia Turystyczna, Gdingen 2009. ISBN 978-83-929211-0-3. S. 13–30.

Fußnoten

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  1. https://whc.unesco.org/en/tentativelists/6431
  2. whc.unesco.org: Modernist Centre of Gdynia — the example of building an integrated community. (englisch, abgerufen am 25. Juni 2020)
  3. modernizmgdyni.pl: Gdynia to unikalny miejski zespół. (polnisch, abgerufen am 25. Juni 2020)
  4. isap.sejm.gov.pl: Rozporządzenie Prezydenta Rzeczypospolitej Polskiej z dnia 23 lutego 2015 r. w sprawie uznania za pomnik historii „Gdynia – historyczny układ urbanistyczny śródmieścia“. (polnisch, im Dokumentenserver des Sejm, abgerufen am 31. Juli 2020)

Koordinaten: 54° 31′ N, 18° 32′ O