Dimethylacetamid (nach IUPAC-Nomenklatur: N,N-Dimethylacetamid, abgekürzt auch DMAC oder DMA genannt) ist eine organisch-chemische Verbindung aus der Stoffgruppe der Carbonsäureamide. Es ist ein hochsiedendes, polares und aprotisches Lösungsmittel mit hervorragendem Lösevermögen, welches daneben als Zwischenprodukt in der Chemischen Industrie Verwendung findet.
Strukturformel | |||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Dimethylacetamid | ||||||||||||||||||
Andere Namen |
| ||||||||||||||||||
Summenformel | C4H9NO | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose bis gelbliche, ölige Flüssigkeit mit aminartigem Geruch[1] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||
Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 87,12 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
flüssig[1] | ||||||||||||||||||
Dichte |
0,94 g·cm−3 (20 °C)[1] | ||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||||||||
Siedepunkt |
165 °C[1] | ||||||||||||||||||
Dampfdruck | |||||||||||||||||||
Löslichkeit | |||||||||||||||||||
Brechungsindex |
1,4341 (25 °C)[3] | ||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||
Zulassungsverfahren unter REACH |
besonders besorgniserregend: fortpflanzungsgefährdend (CMR)[5] | ||||||||||||||||||
MAK | |||||||||||||||||||
Toxikologische Daten | |||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C |
Gewinnung und Darstellung
BearbeitenDie technische Herstellung von Dimethylacetamid erfolgt durch Umsetzung von Methylacetat mit Dimethylamin bei Temperaturen von 90–110 °C und Drücken von 12–25 bar in Gegenwart von Natriummethanolat in Strahlschlaufenreaktoren.[6]
Die Reinigung und Aufarbeitung des Produkts erfolgt durch mehrstufige Destillation in Rektifikationskolonnen. Die Ausbeute bei dieser Reaktion beträgt mehr als 99 % bezogen auf Methylacetat. Alternativ kann neben Methylacetat auch Essigsäure eingesetzt werden und statt Methanol, Wasser abgespalten werden.[2] Als Katalysatorsysteme eignen sich prinzipiell alle basischen Katalysatoren wie Alkali- oder Erdalkalihydroxide, Alkoholate oder Carbonate.[6]
Eigenschaften
BearbeitenPhysikalische Eigenschaften
BearbeitenDimethylacetamid hat eine relative Gasdichte von 3,01 (Dichteverhältnis zu trockener Luft bei gleicher Temperatur und gleichem Druck) und eine relative Dichte des Dampf-Luft-Gemisches von 1,01 (Dichteverhältnis zu trockener Luft bei 20 °C und Normaldruck). Außerdem weist Dimethylacetamid einen Dampfdruck von 3,3 hPa bei 20 °C, 7,4 hPa bei 30 °C und 44 hPa bei 50 °C auf. Die dynamische Viskosität beträgt 1,02 mPa·s bei 20 °C. Die Dampfdruckkurve lässt sich mit der Antoine-Gleichung als log10(p) = A−(B/(T+C)) (p in bar, T in K) mit A = 4,88722, B = 1889,1 und C = −52,15 beschreiben.[7] Als kritische Daten sind die kritische Temperatur mit Tc = 384,85 °C, der kritische Druck mit pc = 40,3 bar und ein azentrischer Faktor mit ωc = 0,36351 bekannt.[8]
Chemische Eigenschaften
BearbeitenN,N-Dimethylacetamid ist eine brennbare, jedoch schwer entzündbare Flüssigkeit aus der Stoffgruppe der Carbonsäureamide. Sie ist mit Wasser und auch den gebräuchlichen organischen Lösungsmitteln mischbar. Dimethylacetamid ist schwer bzw. sehr schwer flüchtig und hygroskopisch. Bei Kontakt mit Oxidationsmitteln, Hexachlorcyclohexan und Tetrachlormethan können gefährliche Reaktionen stattfinden. Durch Hitze tritt eine thermische Zersetzung des Stoffes ein. Des Weiteren reagiert Dimethylacetamid sauer. Eine wässrige Lösung der Konzentration 200 g/l weist bei einer Temperatur von 20 °C einen pH-Wert von ca. 4 auf.
Verwendung
BearbeitenDimethylacetamid (DMAC) wird vorwiegend als polares, aprotisches Lösungsmittel in der Chemischen Industrie eingesetzt. Es besitzt ein hervorragendes Lösevermögen für Cellulosenitrat, einige Celluloseether, Chlorkautschuk, einige Polyvinylchlorid-Typen, Polyvinylacetat, Polyvinylether, Polyacrylate, Polystyrol, Styrol-Maleinsäureester-Harze, Maleinat-Harze, Cyclohexanon-Harze, Harnstoff- und Melamin-Formaldehyd-Harze, Alkydharze, Kolophonium und zahlreiche Weichmacher. Daneben findet es Anwendung als Abbeiz- und Extraktionsmittel, Katalysator und als Kristallisationshilfsmittel. Des Weiteren wird es im hochreinen Zustand als Lösungsmittel in der Spektroskopie eingesetzt. Ferner wird es auch in der Lackindustrie als Zusatzstoff von speziellen Beschichtungsstoffen auf der Bindemittelbasis von Polyamiden, Polyamidimiden, Polyamidcarbonsäuren, Polyurethanen und Polyvinylchlorid verwendet. Ein wesentlicher Teil des N,N-Dimethylacetamid wird zur Herstellung von Fasern und Folien verwendet.[2] In dem Arzneimittel Busulfan ist Dimethylacetamid zu 33 % als pharmazeutischer Hilfsstoff, respektive Lösungsmittel, enthalten.[9][10][11]
Sicherheitshinweise
BearbeitenDie Dämpfe von Dimethylacetamid können mit Luft beim Erhitzen des Stoffes über den Flammpunkt explosive Gemische bilden. Hauptsächlich wird Dimethylacetamid über den Atemtrakt und die Haut aufgenommen. Dabei kommt es akut zu Reizungen auf die Schleimhäute der Augen und des Atemtrakts sowie auf die Haut. Des Weiteren ist neurotoxische Wirkung nach massiver Exposition bestätigt. Chronisch kann es neben den Reizungen auch zu Störungen im Magen-Darm-Trakt, Leberschädigungen und Gelenkschmerzen kommen. Außerdem wird aufgrund der Ergebnisse zahlreicher Tests eine reproduktionstoxische und teratogene Wirkung stark vermutet. Eine Mutagenität und Kanzerogenität konnte jedoch ausgeschlossen werden. Dimethylacetamid weist eine untere Explosionsgrenze (UEG) von 1,8 Vol.‑% (64 g/m3) und eine obere Explosionsgrenze (OEG) von 11,5 Vol.‑% (415 g/m3) auf. Die Zündtemperatur beträgt ca. 400 °C. Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2. Mit einem Flammpunkt von ca. 66 °C gilt Dimethylacetamid als schwer entzündbar.[1]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o Eintrag zu N,N-Dimethylacetamid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 17. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
- ↑ a b c Eintrag zu N,N-Dimethylacetamid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 29. September 2014.
- ↑ David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-190.
- ↑ Eintrag zu N,N-dimethylacetamide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 6. Mai 2019. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
- ↑ Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 6. Mai 2019.
- ↑ a b Patent EP1828102B1: Verfahren zur Herstellung von N,N-Dimethylacetamid (DMAC). Veröffentlicht am 7. Mai 2014, Anmelder: BASF SE, Erfinder: Horst Grafmans, Steffen Maas, Alexander Weck, Heinz Rütter, Michael Schulz, Karl-Heinz Ross.
- ↑ I. M. Smallwood: Handbook of Organic Solvent Properties. Arnold, London 1996, ISBN 0-340-64578-4, S. 249.
- ↑ J. Schmidt: Auslegung von Sicherheitsventilen für Mehrzweckanlagen nach ISO 4126-10. In: Chem. Ing. Techn. Band 83, 2011, S. 796–812, doi:10.1002/cite.201000202.
- ↑ NDA 20-954 Busulfex (busulfan) Injection (PDF)
- ↑ G. Hempel, D. Oechtering u. a.: Cytotoxicity of dimethylacetamide and pharmacokinetics in children receiving intravenous busulfan. In: Journal of Clinical Oncology. Band 25, Nummer 13, Mai 2007, S. 1772–1778, doi:10.1200/JCO.2006.08.8807. PMID 17470868.
- ↑ D. Oechtering, J. Boos, G. Hempel: Monitoring of N,N-dimethylacetamide in children during i.v.-busulfan therapy by liquid chromatography-mass spectrometry. In: Journal of Chromatography B. Band 838, Nummer 2, Juli 2006, S. 129–134, doi:10.1016/j.jchromb.2006.04.034. PMID 16725388.