Nina Andrejewna Statkewitsch

russische Eisschnellläuferin
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Nina Andrejewna Statkewitsch (russisch Нина Андреевна Статкевич; * 16. Februar 1944 in Moskau[1]) ist eine ehemalige sowjetische Eisschnellläuferin. Sie wurde 1971 Weltmeisterin im Mehrkampf und gewann zwischen 1970 und 1974 insgesamt acht Medaillen bei internationalen Meisterschaften.

Nina Statkewitsch
Nina Statkewitsch bei den Weltmeisterschaften 1972
Voller Name Nina Andrejewna Statkewitsch
Nation Sowjetunion Sowjetunion
Geburtstag 16. Februar 1944
Geburtsort Moskau[1]RSFSR
Größe 165 cm
Gewicht 61 kg
Karriere
Trainer Wiktor Solowjew, Lidija Selichowa
Nationalkader seit 1968
Status zurückgetreten
Karriereende 1976
Medaillenspiegel
Mehrkampf-WM-Medaillen 1 × Goldmedaille 0 × Silbermedaille 1 × Bronzemedaille
Sprint-WM-Medaillen 0 × Goldmedaille 1 × Silbermedaille 0 × Bronzemedaille
Mehrkampf-EM-Medaillen 2 × Goldmedaille 2 × Silbermedaille 1 × Bronzemedaille
Universiade 3 × Goldmedaille 1 × Silbermedaille 0 × Bronzemedaille
Nationale MK-Medaillen 5 × Goldmedaille 1 × Silbermedaille 1 × Bronzemedaille
 Mehrkampfweltmeisterschaften
Gold 1971 Helsinki Mehrkampf
Bronze 1974 Heerenveen Mehrkampf
 Sprintweltmeisterschaften
Silber 1970 West-Allis Sprint
 Mehrkampfeuropameisterschaften
Gold 1970 Heerenveen Mehrkampf
Gold 1971 Leningrad Mehrkampf
Silber 1972 Inzell Mehrkampf
Bronze 1973 Gran Mehrkampf
Silber 1974 Alma-Ata Mehrkampf
 Universiade
Gold 1970 Rovaniemi 500 m
Gold 1970 Rovaniemi 1000 m
Gold 1970 Rovaniemi 1500 m
Silber 1970 Rovaniemi 3000 m

Laufbahn

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Aufstieg ins Nationalteam (bis 1968)

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Statkewitsch wuchs im Leningrader Bezirk Kolomjagi auf und übte – obwohl an Rachitis erkrankt[2] – in ihrer Schulzeit mehrere Sportarten aus. Während sie im Sommer unter anderem im Volleyball und in der Leichtathletik aktiv war, lief sie im Winter auf Schlittschuhen. Ab dem Alter von 16 Jahren arbeitete sie in der Glühlampenproduktion der Leningrader Elektronikfirma Swetlana. Sie wurde in die Sportabteilung des Werks aufgenommen und im Eisschnelllauf von Wiktor Solowjew betreut, den sie in späteren Interviews als zentrale Figur für ihren Erfolg bezeichnete. Einige Trainingseinheiten absolvierte sie zudem bei der Sportvereinigung Trud unter der zweimaligen Weltmeisterin Lidija Selichowa. Im Verlauf der 1960er-Jahre feierte Statkewitsch Erfolge auf lokaler Ebene und errang 1963 den Titel der Stadtmeisterin. Im Frühjahr 1968 wurde die zu diesem Zeitpunkt 24-Jährige in die Nationalmannschaft der Sowjetunion aufgenommen und kündigte ihre Stelle bei Swetlana.[2][3] Die sowjetischen Sportlerinnen hatten vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis Mitte der 1960er-Jahre den internationalen Eisschnelllauf geprägt und 15 Weltmeistertitel am Stück gewonnen, waren aber seitdem bei mehreren Titelkämpfen vor allem von den Niederländerinnen geschlagen worden.

Internationale Erfolge (1968 bis 1976)

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Statkewitsch während der Europameisterschaft 1970

Im Januar 1970 gewann Statkewitsch die nationalen Meistertitel sowohl im Sprint- als auch im Allround-Vierkampf (über Strecken von 500 m bis 3000 m). Sie setzte sich unter anderem gegen die Olympiasiegerin Ljudmila Titowa und die Weltmeisterin Lāsma Kauniste durch.[4] Während des Allround-Mehrkampfes auf der Bahn von Medeo verbesserte sie den 1500-Meter-Weltrekord auf eine Zeit von 2:17,8 Minuten und erreichte die beste Punktzahl, die bis dahin in einem Vierkampf auf diesen Strecken erzielt worden war. Wenige Wochen nach den UdSSR-Meisterschaften schlug Statkewitsch bei der erstmals ausgetragenen Europameisterschaft im Mehrkampf auch die niederländischen Konkurrentinnen um Stien Kaiser und Ans Schut und gewann ihren ersten internationalen Titel. Bei den Sprintweltmeisterschaften im Februar 1970 im US-amerikanischen West Allis wurde Statkewitsch Zweite hinter Titowa, während sie bei der Mehrkampf-WM am gleichen Ort eine Woche später stürzte und im Gesamtklassement die vorderen Ränge verpasste.[3] Zum Abschluss des Winters 1970 entschied sie drei Wettkämpfe bei der Winter-Universiade in Rovaniemi für sich. Die Europameisterschaft 1971 fand im Leningrader Petrowski-Stadion statt, wo Statkewitsch – neben Kapitolina Serjogina eine von zwei aus der Stadt stammenden Athletinnen im sowjetischen Nationalteam[5] – besondere Publikumsunterstützung erhielt.[2] Sie gewann den Wettkampf mit knapp drei Punkten Vorsprung auf Ljudmila Titowa und Serjogina. Bei der Mehrkampf-WM Anfang Februar 1971 in Helsinki schlug Statkewitsch Stien Kaiser ebenfalls um mehr als zwei Punkte und sicherte sich damit den einzigen Weltmeistertitel ihrer Karriere.

Statkewitsch behielt im weiteren Verlauf der 1970er-Jahre ihre Position in der Weltspitze. Bis 1974 gewann sie vier weitere Mehrkampfmedaillen bei Welt- und Europameisterschaften, jeweils bei Siegen von Atje Keulen-Deelstra. Bei ihren Olympiateilnahmen 1972 und 1976 blieb Statkewitsch hingegen ohne Medaille. Ihr bestes Ergebnis waren zwei fünfte Ränge, die sie bei den Winterspielen 1972 in Sapporo über 1000 m und 3000 m belegte. Ihren Misserfolg machte sie vor allem an der in ihren Augen fehlerhaften Vorbereitung des sowjetischen Teams fest, das erst wenige Tage vor Beginn der Wettkämpfe nach Japan flog und dementsprechend Probleme mit der Akklimatisation gehabt habe.[3] Im März 1973 lief Statkewitsch bei einem nationalen Rennen in Medeo über 3000 m eine Zeit von 4:43,0 Minuten,[6] die schneller als der Weltrekord war, aber (gemäß einer zeitgenössischen Agenturmeldung wegen eines Formfehlers) nicht als internationale Bestmarke anerkannt wurde.[7] 1974 errang Statkewitsch ihren vierten sowjetischen Meistertitel im Allround-Mehrkampf – neben dem Sprinterfolg 1970 war das ihr insgesamt fünfter nationaler Mehrkampftitel.[8] Nach dem olympischen Winter 1976 beendete sie ihre aktive Laufbahn. Sie arbeitete in den folgenden vier Jahren als Trainerin in Leningrad, unter anderem in der Nachfolge Lidija Selichowas bei Trud, ehe sie sich nach der Geburt ihrer zweiten Tochter aus dem Leistungssport zurückzog.[3]

Persönliches

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Statkewitsch studierte ab 1968 an der Lesgaft-Akademie für Leibesübungen in Leningrad, das eine frühere Bewerbung mit Verweis auf ihre gesundheitlichen Probleme abgelehnt hatte.[2] Im Juni 1973 heiratete sie den Eisschnellläufer und mehrmaligen WM-Teilnehmer Wladimir Kaschtschei, den sie über den Sport kennengelernt hatte. Das Paar bekam zwei Töchter (* 1975;[3] * 1980/81), die beide ebenfalls im Eisschnelllauf aktiv waren.[5]

Statistik

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Olympische Winterspiele

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Nina Statkewitsch war 1972 und 1976 Teil des sowjetischen Olympiaaufgebots. Sie nahm an fünf Wettkämpfen teil.[8]

Olympische Winterspiele 1000 m 1500 m 3000 m
Jahr Ort
1972 Japan  Sapporo 5. 6. 5.
1976 Osterreich  Innsbruck 15. 13.

Mehrkampfweltmeisterschaften

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Von 1970 bis 1974 nahm Statkewitsch an fünf Mehrkampfweltmeisterschaften teil und gewann dabei eine Gold- und eine Bronzemedaille. Die folgende Tabelle zeigt ihre Zeiten – und in Klammern jeweils dahinter ihre Platzierungen – auf den vier gelaufenen Einzelstrecken sowie die sich daraus errechnende Gesamtpunktzahl nach dem Samalog und die Endplatzierung. Die Anordnung der Distanzen entspricht ihrer Reihenfolge im Programm der Mehrkampf-WM zur aktiven Zeit Statkewitschs.[8]

Mehrkampf-WM 500 m
(in Sekunden)
1500 m
(in Minuten)
1000 m
(in Minuten)
3000 m
(in Minuten)
Punkte Platz
Jahr Ort
1970 Vereinigte Staaten  West Allis 46,31 0(8) 2:32,20 (17) 1:33,60 (5) DNQ 143,843 17.
1971 Finnland  Helsinki 46,80 0(4) 2:23,20 0(1) 1:34,00 (3) 4:59,20 (3) 191,399   1.
1972 Niederlande  Heerenveen 45,04 (12) 2:20,71 0(4) 1:32,55 (4) 5:03,68 (4) 188,831 4.
1973 Schweden  Strömsund 46,21 (13) 2:22,04 0(6) 1:31,76 (4) 4:55,49 (3) 188,685 4.
1974 Niederlande  Heerenveen 45,67 0(6) 2:22,56 0(5) 1:31,38 (6) 4:51,03 (3) 187,385   3.

Sprintweltmeisterschaften

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Von 1970 bis 1974 nahm Statkewitsch an drei Sprintweltmeisterschaften teil und gewann dabei eine Silbermedaille. Die folgende Tabelle zeigt ihre Zeiten – und in Klammern jeweils dahinter ihre Platzierungen – auf den vier gelaufenen Einzelstrecken sowie die sich daraus errechnende Gesamtpunktzahl nach dem Samalog und die Endplatzierung. Die Anordnung der Distanzen entspricht ihrer Reihenfolge im Programm der Sprint-WM zur aktiven Zeit Statkewitschs.[8]

Sprint-WM 500 m
1. Rennen
(in Sekunden)
1000 m
1. Rennen
(in Minuten)
500 m
2. Rennen
(in Sekunden)
1000 m
2. Rennen
(in Minuten)
Punkte Platz
Jahr Ort
1970 Vereinigte Staaten  West Allis 46,26 0(9) 1:34,70 (2) 45,67 0(2) 1:31,80 0(1) 185,180   2.
1971 Deutschland  Inzell 45,16 (11) 1:30,10 (5) 45,52 (15) 1:30,80 0(8) 181,130 7.
1974 Osterreich  Innsbruck 44,38 0(7) 1:34,01 (2) 45,88 (18) 1:31,21 (11) 182,870 5.

Mehrkampfeuropameisterschaften

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Von 1970 bis 1974 nahm Statkewitsch an fünf Mehrkampfeuropameisterschaften teil und gewann dabei zwei Goldmedaillen sowie zweimal Silber und einmal Bronze. Die folgende Tabelle zeigt ihre Zeiten – und in Klammern jeweils dahinter ihre Platzierungen – auf den vier gelaufenen Einzelstrecken sowie die sich daraus errechnende Gesamtpunktzahl nach dem Samalog und die Endplatzierung. Die Anordnung der Distanzen entspricht ihrer Reihenfolge im Programm der Mehrkampf-EM zur aktiven Zeit Statkewitschs.[8]

Mehrkampf-EM 500 m
(in Sekunden)
1500 m
(in Minuten)
1000 m
(in Minuten)
3000 m
(in Minuten)
Punkte Platz
Jahr Ort
1970 Niederlande  Heerenveen 45,69 0(2) 2:24,90 (1) 1:36,30 (2) 5:13,90 (5) 194,457   1.
1971 Sowjetunion 1955  Leningrad 46,23 0(4) 2:25,50 (1) 1:37,00 (2) 5:23,20 (2) 197,097   1.
1972 Deutschland  Inzell 44,62 (10) 2:17,90 (5) 1:28,82 (2) 4:48,83 (1) 183,135   2.
1973 Norwegen  Gran 45,60 0(6) 2:22,70 (5) 1:32,56 (4) 4:56,17 (2) 188,809   3.
1974 Sowjetunion 1955  Medeo 44,53 0(4) 2:17,41 (2) 1:29,46 (4) 4:54,98 (1) 184,226   2.

Persönliche Bestzeiten

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Ihre persönlichen Karrierebestzeiten lief Statkewitsch – mit Ausnahme der selten gelaufenen 5000-Meter-Distanz – allesamt auf der Bahn in Medeo.[8]

Distanz Zeit Datum Ort
500 m 43,32 s 17. Januar 1970 Medeo
1000 m 1:28,10 min 20. März 1973 Medeo
1500 m 2:16,48 min 27. Januar 1973 Medeo
3000 m 4:43,00 min 20. März 1973 Medeo
3000 m 8:36,50 min 18. Dezember 1975 Budapest
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Commons: Nina Statkewitsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b An mehreren Stellen heißt es, Statkewitsch sei in Leningrad (dem heutigen Sankt Petersburg) geboren, vgl. etwa Nina Andrejewna Statkewitsch in der Datenbank von Olympedia.org (englisch). Ein Bericht über sie aus dem Jahr 2020 erklärt aber ausdrücklich, sie sei in Moskau zur Welt gekommen und 1946 mit ihrer Familie nach Leningrad zurückgekehrt. Von 1941 bis 1944 hatten deutsche Soldaten Leningrad belagert. Dmitri Mirski/PoKatit: Чемпионка мира по конькам Нина Статкевич: «Кондуктор меня оштрафовал, я прибежала на стадион и побила два рекорда» auf sports.ru. 21. Februar 2020. (Englische Übersetzung: World Champion Nina Statkevich: “The ticket collector fined me, I ran to the stadium and broke two records”. In: Olympic Reserve Nr. 5/2020, S. 38–41. Abgerufen via yumpu.com am 5. Januar 2021.)
  2. a b c d Dmitri Mirski/PoKatit: Чемпионка мира по конькам Нина Статкевич: «Кондуктор меня оштрафовал, я прибежала на стадион и побила два рекорда» auf sports.ru. 21. Februar 2020. (Englische Übersetzung: World Champion Nina Statkevich: “The ticket collector fined me, I ran to the stadium and broke two records”. In: Olympic Reserve Nr. 5/2020, S. 38–41. Abgerufen via yumpu.com am 5. Januar 2021.)
  3. a b c d e Alexei Petrow: Нина Статкевич: Японцы закапывали нас в опилки, и мы не могли ничего сделать auf sportsdaily.ru. 14. August 2015.
  4. Competition: USSR Allround Championships 1970 auf speedskatingnews.info. Abgerufen am 5. Januar 2021.
  5. a b Alexander Issurin: ЗВЕЗДА ЛЕДЯНОЙ ДОРОЖКИ auf nvspb.ru. 17. Februar 2004.
  6. Competition: Memorial Jakov Melnikov auf speedskatingnews.info. Abgerufen am 6. Januar 2021.
  7. 3000-m-Weltrekord von Tamara Kusnezowa. In: Thuner Tagblatt. 14. Januar 1975, S. 12.
  8. a b c d e f Statistik auf der Seite speedskatingnews.info. Abgerufen am 6. Januar 2021.