Als Burgenländische Küche bezeichnet man allgemein die Koch- und Esstradition des gleichnamigen Bundeslandes, dem seit 1921 zu Österreich gehörenden Teil von Deutsch-Westungarn. Teilweise wird sie unter Bezug auf die umgebende europäische Großlandschaft als Pannonische Küche bezeichnet.
Geschichte
BearbeitenUrsprünglich ist die Burgenländische Küche eine Regionalküche des Königreichs Ungarn. Dort wurde sie stark von den Landesküchen der Ungarn, der Kroaten, der Serben und Slowaken beeinflusst. Ebenso durch die Heanzen, deutsche Bauern aus bayrischen und alemannischen Gebieten. Davon leitet sich vermeintlich der Spitzname „Suppenschwaben“ ab, der den Burgenländern früher wegen ihrer Vorliebe für Kraut-, Eintropf- und Gemüsesuppen zu allen Hauptmahlzeiten gegeben wurde. Kulturell wurde die Küche auch durch die Wiener Küche beeinflusst, was sich durch Variationen typischer Gerichte der angrenzenden Landesküchen zeigt.[1][2]
Typische Gerichte
BearbeitenVor allem der Sterz, zubereitet mit Weizenmehl, flüssigem Schweineschmalz und entweder mit gerösteten Kartoffeln (Bettlersterz) oder gekochten Bohnen (Bohnensterz), ist ein typisch burgenländisches Gericht. Zu den traditionellen Gerichten zählen außerdem verschiedene Strudel, Suppen und Gulaschvariationen mit viel Zwiebel, Knoblauch und Paprika.[3]
Suppen
BearbeitenDie Bewohner im Land am Neusiedler See haben von alters her eine besondere Vorliebe für Suppe in diversen Variationen. Die Vorfahren der heutigen Burgenländer wurden deshalb von deren Nachbarn spöttisch „Suppenschwaben“ genannt.[4]
- Einbrennsuppe – Suppe mit Mehlschwitze („Einbrenn“) aus Mehl, Butter und Wasser (oder klarer Suppe)[5]
- Fischsuppe[6]
- Knoufüsuppm – Knoblauchsuppe[7]
- Mülifoafal (Farferlsuppe) – Suppe auf Milchbasis mit Mehlnockerln. Das Mülifoafal galt laut Franz Maier-Bruck von alters her als eine Art Nationalspeise der Burgenländer („Hienzen“). Das ehedem vor allem bei den ärmeren Schichten häufig aufgetischte Gericht verschwand nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem zunehmenden Wohlstand nahezu vollständig vom Speiseplan der Burgenländer.[8][9][10]
- Weinsuppe[11]
Hauptspeisen
Bearbeiten- Baou(ñ)schdeaz – Bohnensterz, ein Sterz aus Schmalz, Mehl, Wasser und Bohnen[12][13]
- Fischgulasch[14]
- Gefüllte Paprika – gefüllt mit Faschiertem und Reis. Beilage: Salzerdäpfel und Paradeissauce
- Grammeltascherln – mit faschierten Grammeln gefüllte Teigtaschen[15]
- Grenadiermarsch – ein Gericht aus Kartoffeln, Fleckerln, Zwiebel, Paprikapulver und Wurststücken.
- Grumpangulasch – Erdäpfelgulasch (burgenländisch Grumpan bedeutet wörtlich „Grundbirne“)
- Gulasch – Mit Gulasch wird im Burgenland ausschließlich das Rindsgulasch bezeichnet.
- Lekwatatschkarln – mit Powidl gefüllte Teigtaschen (von ungarisch lekvár = Marmelade). Diese Speise entspricht den böhmischen Powidltatschkerln[16]
- Letscho[17]
- Martinigansl – Gebratene Gans. Wird vor allem zu Martini (11. November) gegessen. Da der heilige Martin Landespatron des Burgenlandes ist, hat das Gansl-Essen in diesem Bundesland eine ganz besondere Tradition.
- Strudelvarietäten – von alters her war in den bäuerlichen Haushalten des Burgenlandes – nicht bloß als Nachspeise, sondern als Hauptspeise – die Zubereitung einer Anzahl an Strudeln üblich.[18] Laut Franz Maier-Bruck war Strudel in diversen Varietäten immer schon die Lieblingsspeise der im heutigen Burgenland beheimateten Heanzen.[19] Als „Strudeltag“ galt der Freitag, an dem aus religiösen Gründen kein Fleisch konsumiert werden durfte.[18] In Großhöflein wurde der „Strudeltag“, ebenso wie der „Knödeltag“, sogar in einem Volkslied besungen.[20] Bohnenstrudel, Topfenstrudel und Kartoffelstrudel kamen in Bauernhaushalten ganzjährig auf den Tisch, andere Strudel wie Kirschstrudel, Apfelstrudel etc. werden – bis heute – saisonal zubereitet. (Als typischer Festtagsstrudel gilt im Burgenland der Nussstrudel, der dort allerdings als Nachspeise serviert wird).[18]
- Zander – in Butterschmalz gebraten und gewürzt
Zuspeisen
BearbeitenAls „Zuspeise“ (burgenländisch: Zuischpeis) zu Fleisch kennt die burgenländische Hausfrauenküche eine stattliche Anzahl an Varietäten, zubereitet aus Gemüse.[21] Zu ihnen zählen etwa:
- Erbsenzuspeise (burgenländisch: Oawasbatzl – wörtlich: „Erbsenbatzerl“)[21]
- Kartoffelzuspeise (burgenländisch: Sauri Grumpan – wörtlich: „Saure Grundbirnen“), zubereitet mit Einbrenn[21]
- Kohlzuspeise (burgenländisch: Köch), zubereitet aus einem Kohlkopf (Wirsing), Erdäpfeln, Butter, Mehl, Salz, Pfeffer und Muskatnuss[22]
- Kürbiszuspeise (burgenländisch: Kiawaszuischpeis), zubereitet mit nudelig gehacheltem Kürbis, Zwiebel, Paprikapulver und Sauerrahm[21]
- Rübenzuspeise (burgenländisch: Ruimzuischpeis), zubereitet aus Halmrüben[21]
- Süßes Kraut (burgenländisch: Siass Kraut), zubereitet mit Einbrenn, Kraut und Kartoffeln[21]
Von alters her werden solche gemüsige Beilagen im Burgenland als „Zuspeise“ bezeichnet, jedoch ist mit dem fortschreitenden Abkommen der traditionellen Hausfrauenküche seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert auch der Gebrauch dieses Wortes seltener geworden.[21]
Süße Speisen
Bearbeiten- Burgenländerkipferl – Kipferl mit einer Nussbaiserfüllung
- Hullaschoiba'l – Gebackene Holunderblüten, bestreut mit Zucker und Zimt. Laut Franz Maier-Bruck sind „Schoiba'l“ generell im Burgenland eine beliebte Speise. Auch „Apfelschoiba'l“ (aus Apfelscheiben) und „Akazienschoiba'l“ (aus Akazienblüten) sind eine typisch burgenländische Speise. Gebackene Brennesselblätter, Salbeiblätter oder Zwetschgen werden auf die gleiche Weise bereitet.[23]
- Martinikipfel – Kipferl aus Germteig. Diese Kipferl werden am Martinstag (11. November) gebacken (der heilige Martin ist der Landespatron des Burgenlandes).[24]
- Schmerkrapferl – zubereitet mit Schmer (Bauchfett vom Schwein), gefüllt mit Marmelade[25]
- Spitzbuben – zubereitet mit Mehl, Kakao, geriebenen Haselnüssen, Schmalz, Eiern, Milch und Staubzucker, bestrichen mit Zwetschkenmarmelade[26]
Backwerk
Bearbeiten- Grammelpogatscherl – zubereitet aus faschierten Grammeln und Germteig, werden gern zu Wein gereicht[27]
Literatur
Bearbeiten- Dagmar Dickhaut: 99 x burgenländisch kochen. Verlag Johannes Heyn, Klagenfurt 1996, ISBN 978-3-85366-813-9.
- Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 9–68.
- Gunnar Strunz: Burgenland. Natur und Kultur zwischen Neusiedler See und Alpen. 4. Auflage, Trescher Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-89794-451-0, S. 47–49.
- Hianznkuchl ...iwa Foafal, Fosn und Bogadschal. 2. Auflage, Hianzenverein, Oberschützen 2013, ISBN 978-3-95035-014-2.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Klassiker der burgenländischen Küche auf tourist-information.at
- ↑ Burgenländische Küche auf ichkoche.at
- ↑ Vgl. Gunnar Strunz: Burgenland. Natur und Kultur zwischen Neusiedler See und Alpen. 4. Auflage, Trescher Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-89794-451-0, S. 47 f.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 12.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 13.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 17.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 14.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 13.
- ↑ Johann Werfring: Die Bauernsprache der Sieggrabener. edition lex liszt 12, Oberwart 2022, ISBN 978-3-99016-222-4, S. 78 f.
- ↑ Mülifoafal auf burgenland.orf.at
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 13.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 36.
- ↑ Johann Werfring: Die Bauernsprache der Sieggrabener. Kapitel 3: Kulinarische Wörter, edition lex liszt 12, Oberwart 2022, ISBN 978-3-99016-222-4, S. 73.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 21.
- ↑ Johann Werfring: Die Bauernsprache der Sieggrabener. Kapitel 3: Kulinarische Wörter, edition lex liszt 12, Oberwart 2022, ISBN 978-3-99016-222-4, S. 75.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 40.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 33.
- ↑ a b c Johann Werfring: Die Bauernsprache der Sieggrabener. Kapitel 3: Kulinarische Wörter, edition lex liszt 12, Oberwart 2022, ISBN 978-3-99016-222-4, S. 81.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 41–44.
- ↑ Johann Werfring: Der Weinbaupionier Anton Kollwentz. Die Geschichte einer burgenländischen Winzerdynastie. edition lex liszt 12, Oberwart 2021, ISBN 978-3-99016-179-1, S. 64.
- ↑ a b c d e f g Johann Werfring: Die Bauernsprache der Sieggrabener. Kapitel 3: Kulinarische Wörter, edition lex liszt 12, Oberwart 2022, ISBN 978-3-99016-222-4, S. 71–84.
- ↑ Kohlzuspeise auf dasmundwerk.at
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 46.
- ↑ Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Klassische Bauernküche und Hausmannskost. Buchverlage Kremayr und Scheriau/Orac, Wien 2006, ISBN 978-3-7015-0493-0, S. 58.
- ↑ Johann Werfring: Die Bauernsprache der Sieggrabener. Kapitel 3: Kulinarische Wörter, edition lex liszt 12, Oberwart 2022, ISBN 978-3-99016-222-4, S. 82.
- ↑ Karin Losert: Spitzbuben. In: Bernhard Wieser, Michael Rathmayer (Hrsg.): Kuchen und Torten von den Burgenländischen Hochzeitsbäckerinnen. Pichler Verlag, Wien/Graz/Klagenfurt, ISBN 978-3-222-14009-9, S. 66 f.
- ↑ So gut isst Österreich: Grammelpogatscherl Artikel vom 23. April 2019 auf burgenland.orf.at