Parteiverbot

Verbot einer politischen Partei
(Weitergeleitet von Parteiverbotsverfahren)

Ein Parteiverbot ist das Verbot einer politischen Partei, deren politischer Tätigkeiten und deren Unter- und Nachfolgeorganisationen. Die Konsequenzen daraus sind die Auflösung aller Strukturen, die Einziehung des Parteivermögens und der Mandatsverlust. Das Parteiverbot ist ein Werkzeug einer wehrhaften Demokratie und stellt laut Bundesverfassungsgericht von 2017 die „schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats“ dar.[1]

Deutschland

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In Deutschland dient das verfassungsgerichtliche Verfahren gemäß Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz (GG) dem präventiven Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, eines der tragenden Fundamente des Staatswesens. Im Strafprozess wegen politisch motivierter Kriminalität geht es dagegen um die Feststellung schuldhaften und strafbaren individuellen Verhaltens und um die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs, also primär um repressiven staatlichen Rechtsgüterschutz.[2]

Grundlagen

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Politische Parteien stellen das tragende Element der parlamentarischen Arbeit dar und sind maßgeblich an der politischen Willensbildung in der Demokratie beteiligt. Die besondere Bedeutung der Parteien wird verfassungsrechtlich durch das in Art. 21 GG verankerte Parteienprivileg verdeutlicht. Aus diesen und vor allem auch aus historischen Gründen ist ein Parteiverbot ein politisch sensibles Thema und wird zum Teil als widersprüchlich zur Demokratie angesehen.

Aufgrund der mit einem Verbot verbundenen Intensität des Eingriffs und um einem (politischen) Missbrauch vorzubeugen, ist in der Bundesrepublik ausschließlich das Bundesverfassungsgericht berechtigt, in dem in Art. 21 Abs. 2 GG i. V. m. § 13 Nr. 2, §§ 43 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) geregelten Verfahren die Verfassungswidrigkeit einer Partei festzustellen und im ergehenden Urteil ein Verbot dieser auszusprechen. Die Entscheidung führt nicht nur zu einem Verbot der Partei und ihrer Nachfolgeorganisationen, sondern auch zu einem sofortigen Mandatsverlust, zum Verbot ihrer Kennzeichen und Propagandamittel sowie in der Regel zum Einzug des Parteivermögens.

Aufgrund der Ähnlichkeit des Parteiverbotsverfahrens zum Strafprozess und der historisch bedingten Besorgnis vor einem Missbrauch bedarf nicht nur das Urteil als solches, sondern auch alle sonstigen der Antragsgegnerin, d. h. der betreffenden Partei, nachteiligen Entscheidungen einer qualifizierten Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des zuständigen Senats beim Bundesverfassungsgericht. Zuständig für Parteiverbotsverfahren ist beim Bundesverfassungsgericht der zweite Senat.

Antragsberechtigung für ein Parteiverbotsverfahren

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Antragsberechtigt sind gemäß § 43 Abs. 1 BVerfGG nur folgende Verfassungsorgane:

Beschränkt sich die Organisation einer Partei auf ein Bundesland, so kann nach § 43 Abs. 2 BVerfGG auch die Landesregierung dieses Landes den Antrag stellen.

Voraussetzungen

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Soweit ein Antrag vorliegt, ergeben sich die Voraussetzungen für ein Parteiverbot aus dem Wortlaut des Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

bzw. faktisch seiner Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht:

Freiheitliche demokratische Grundordnung beeinträchtigen oder beseitigen

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Das Bundesverfassungsgericht orientiert sich bei einem Parteiverbot zusätzlich an dem Kriterium des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach ein „dringendes soziales Bedürfnis“ Voraussetzung ist. Das Bundesverfassungsgericht begrenzte im NPD-Urteil von 2017 die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Parteiverbotes auf die drei Grundprinzipien der Würde des Menschen, des Demokratieprinzips und des Rechtsstaatsgebotes.[3] „Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit“.[4] Als Kern des Demokratieprinzips sieht das Bundesverfassungsgericht die „Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk“.[5] Zum Rechtsstaatsprinzip in diesem Sinne zählt das Bundesverfassungsgericht die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt, die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte und das staatliche Gewaltmonopol.[6] Nicht zur geschützten freiheitlich demokratischen Grundordnung zählte das Bundesverfassungsgericht das Republik- und das Bundesstaats-Prinzip, „da auch konstitutionelle Monarchien und Zentralstaaten dem Leitbild einer freiheitlichen Demokratie entsprechen können“.[7] Weitere Kriterien enthalten die „Guidelines on prohibition“ der Venedig-Kommission des Europarates.

Zudem muss die Partei darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. Beseitigen meint „die Abschaffung zumindest eines der Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder deren Ersetzung durch eine andere Verfassungsordnung oder ein anderes Regierungssystem“.[8] Von einem Beeinträchtigen ist nach dem Bundesverfassungsgericht auszugehen, „wenn eine Partei nach ihrem politischen Konzept mit hinreichender Intensität eine spürbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirkt“. Bloße verfassungsfeindliche Forderungen reichen nicht aus.[9]

Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden

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Alternative Voraussetzung ist, dass die Partei darauf aus ist, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.

Bestand der Bundesrepublik Deutschland meint dabei die territoriale Integrität Deutschlands. Dagegen wenden sich beispielsweise solche Parteien, die separatistische Ziele verfolgen oder einzelne Bundesländer aus der Bundesrepublik herauslösen wollen.[10] Für eine Gefährdung in diesem Sinne ist keine konkrete Gefahr im polizeirechtlichen Sinne erforderlich, somit keine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts.[11]

Darauf Ausgehen

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Über den Wortlaut des Art. 21 Abs. 2 GG hinaus forderte das Bundesverfassungsgericht zunächst, dass neben einer verfassungsfeindlichen Einstellung auch ein aggressiv-kämpferisches Vorgehen gegen die bestehende Ordnung hinzukommen müsse.[12] Das Bundesverfassungsgericht fasste dies in seinem Urteil zum KPD-Verbotsverfahren[13] von 1956 so zusammen:

„Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung […] nicht anerkennt; es muß vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen.“

Im zweiten NPD-Verbotsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht diese Formel weiterentwickelt, indem es aus dem Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ abgeleitet hat, dies setze ein planvolles Handeln voraus, das im Sinne einer qualifizierten Vorbereitungshandlung auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder auf die Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.[14]

Darüber hinaus kann ein „Darauf Ausgehen“ nach dem NPD-Urteil vom 2017 nur angenommen werden, „wenn konkrete Anhaltspunkte von Gewicht vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG gerichtete Handeln einer Partei erfolgreich sein kann (Potentialität)“.[15] Nicht erforderlich ist dabei allerdings eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG.[16][17]

Rechtsstaatliches Verfahren

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Eine weitere Voraussetzung für ein erfolgreiches Parteiverbot ist schließlich, dass dieses in einem rechtsstaatlichen Verfahren zustande kommen muss.[12] So wurde das erste NPD-Verbotsverfahren 2003 eingestellt,[18] weil nach Ansicht dreier Verfassungsrichter aufgrund des Einsatzes zahlreicher V-Leute ein Verfahrenshindernis bestand. Aufgrund der dadurch bedingten „fehlenden Staatsferne“ der Partei könne ein rechtsstaatliches Verfahren nicht gewährleistet werden. Das Bundesverfassungsgericht führt in diesem Zusammenhang aus:

„Die Beobachtung einer politischen Partei durch V-Leute staatlicher Behörden, die als Mitglieder des Bundesvorstands oder eines Landesvorstands fungieren, unmittelbar vor und während der Durchführung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Partei ist in der Regel unvereinbar mit den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren, die sich aus Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, ergeben.“

Als Quellen bzw. Belege für die Tatbestandsmerkmale können öffentlich gewonnene Informationen herangezogen werden. Dazu zählen eigene Publikationen der Partei, Interviews, Großveranstaltungen und Demonstrationen, Urteile und polizeiliche Ermittlungen. Alle Belege müssen der Staatsfreiheit unterliegen. Dies bedeutet, dass keine V-Leute, Under-Cover-Agents und Verdeckte Ermittler an der Gewinnung der Informationen mitgewirkt oder die Information selbst beeinflusst haben dürfen. Dies muss durch Testate und Untertestate nachgewiesen werden.

Das Urteil in einem Parteiverbotsverfahren trifft eine Feststellung zur Verfassungswidrigkeit der Partei (§ 46 Abs. 1 BVerfGG). Diese kann auch auf einen rechtlich selbständigen Teil der Partei beschränkt werden (§ 46 Abs. 2 BVerfGG). Damit sind auch die Auflösung der Partei bzw. selbständigen Teilorganisation sowie das Verbot, Ersatzorganisationen zu schaffen, zu verbinden (§ 46 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG). Zudem kann das Bundesverfassungsgericht die Einziehung des Vermögens der Partei bzw. selbständigen Ersatzorganisation aussprechen (§ 46 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG).

Nach diesem Tenor erfolgt eine ausführliche Begründung.

Rechtsfolgen

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Die Rechtsfolgen eines erfolgreichen Parteiverbotsverfahrens ergeben sich neben denen gemäß Urteilstenors aus dem Parteiengesetz (ParteiG) und dem Strafgesetzbuch Deutschlands (StGB). Die Gründung von Ersatzorganisationen und die Umwandlung bestehender Organisationen in Ersatzorganisationen ist gemäß § 33 ParteiG verboten. Die Fortführung einer für verfassungswidrig erklärten Partei ist gemäß § 84 StGB strafbar. Zudem greifen ab einem Parteiverbot die Straftatbestände Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gemäß § 86 StGB und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gemäß § 86a StGB.

Vollstreckung

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Die Vollstreckung des Urteils richtet sich nach § 32 ParteiG.

Außerordentliche Rechtsmittel

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Eine Partei kann nach einem erfolgreichen Verbotsverfahren den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen.

Parteiverbote in Deutschland

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Deutsches Reich

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Im Deutschen Kaiserreich waren mit dem Sozialistengesetz vom 22. Oktober 1878 bis zum 30. September 1890 alle sozialistischen und sozialdemokratischen Organisationen und deren Aktivitäten illegal. Allerdings konnten die Sozialdemokraten weiterhin an Wahlen teilnehmen und gingen letztlich gestärkt aus der Verbotszeit hervor.

In der Weimarer Republik wurde die NSDAP infolge des Hitlerputsches in der Zeit vom 23. November 1923 bis zur Neugründung am 27. Februar 1925 verboten. Auch die Deutschvölkische Freiheitspartei war von dem Verbot betroffen; Ende Februar 1924 wurde es wieder aufgehoben.[19]

Die KPD wurde im Frühjahr 1919 und erneut am 23. November 1923 (bis 28. Februar 1924) verboten.[20][21]

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten (siehe NS-Staat) wurde die SPD am 22. Juni 1933 zur „volks- und staatsfeindlichen Organisation“ erklärt und damit verboten, mit dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien waren ab dem 16. Juli 1933[22] auch alle übrigen Parteien neben der NSDAP untersagt.

Im Nachkriegsdeutschland wurde am 10. Oktober 1945 die NSDAP mit allen Gliederungen und angeschlossenen Verbänden durch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 des Alliierten Kontrollrates verboten. Die Partei wurde in den Nürnberger Prozessen 1946 zur „verbrecherischen Organisation“ erklärt.

Bundesrepublik Deutschland

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Auch wenn es mehrere entsprechende Eröffnungsanträge gegeben hat, sind durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Bundesrepublik Deutschland bisher erst zwei Parteienverbote ausgesprochen worden: gegen die SRP, eine Nachfolgeorganisation der NSDAP, am 23. Oktober 1952[23] und die KPD am 17. August 1956 (siehe KPD-Verbot)[24].

Daneben gab es drei weitere Verfahren: Die Verfahren gegen die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) und die auf den Hamburger Raum beschränkte Nationale Liste (NL) scheiterten daran, dass das Bundesverfassungsgericht der FAP und der NL die Parteieigenschaft absprach. Die Verbote erfolgten daraufhin nach den vereinsrechtlichen Regelungen durch den jeweils zuständigen Innenminister.[25]

Das NPD-Verbotsverfahren, das 2001 gemeinschaftlich von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung (Kabinett Schröder I) eingeleitet wurde, wurde vom Bundesverfassungsgericht am 18. März 2003 aus Verfahrensgründen eingestellt, weil V-Leute des Verfassungsschutzes auch in der Führungsebene der Partei tätig waren. Die Frage, ob die NPD damals eine verfassungswidrige Partei war, wurde nicht geprüft.

Im Dezember 2013 beantragte der Bundesrat erneut ein Verbot der NPD beim Bundesverfassungsgericht. Diesmal beteiligten sich Bundesregierung (Kabinett Merkel II) und Bundestag allerdings nicht. Vor dem Bundesverfassungsgericht wurde vom 1. bis 3. März 2016 über die Frage der Verfassungswidrigkeit der NPD verhandelt.[26] Bei der Urteilsverkündung am 17. Januar 2017 konnte das Gericht in der Frage der Verfassungswidrigkeit der NPD keine „Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele“[27] feststellen. „Es fehlen hinreichende Anhaltspunkte von Gewicht, die eine Durchsetzung der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele möglich erscheinen lassen. Weder steht eine erfolgreiche Durchsetzung dieser Ziele im Rahmen der Beteiligung am Prozess der politischen Willensbildung in Aussicht (a), noch ist der Versuch einer Erreichung dieser Ziele durch eine der Antragsgegnerin zurechenbare Beeinträchtigung der Freiheit der politischen Willensbildung in hinreichendem Umfang feststellbar (b)“, schreibt das Bundesverfassungsgericht in der Urteilsbegründung.[28] So wurde die Partei nicht verboten, aber ihre Verfassungsfeindlichkeit festgehalten. In der Folge änderte der Gesetzgeber das Grundgesetz so, dass ein Verfahren besteht, um verfassungsfeindliche Parteien von der Parteienfinanzierung auszuschließen, ohne sie zu verbieten (Artikel 21 Abs. 3 und 4 GG).[29] Das Bundesverfassungsgericht entzog der zwischenzeitlich in Die Heimat umbenannten Partei auf Antrag des Deutschen Bundestages, des Bundesrates und der Bundesregierung im Januar 2024 für sechs Jahre die Teilnahme an der staatlichen Parteienfinanzierung.[30][31]

Österreich

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Austrofaschismus

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Mangels Handhabe durch das bis 1934 geltende Bundes-Verfassungsgesetz von 1920 wurden Parteien mit Verordnung jeweils mit einem „Betätigungsverbot“ belegt und dabei auf ein Gesetz aus der Monarchie vom 24. Juli 1917 verwiesen, das der (damaligen) Regierung „aus Anlass der durch den Kriegszustand verursachten außerordentlichen Verhältnisse die notwendigen Verfügungen“ ermöglicht – BGBl. 307/1917.[32]

Kurz nach der Gründung der Einheitspartei „Vaterländische Front“ wurde der Kommunistischen Partei mit Bezugnahme auf dieses Gesetz von 1917 per Verordnung vom 26. Mai 1933[33] jede Betätigung verboten.[34] Die KPÖ wirkte in der Illegalität weiter, jede Zuwiderhandlung wurde gemäß Verordnung mit einer Geldstrafe oder Arrest bis zu sechs Monaten geahndet.

Die bis Anfang 1930 nur marginale NSDAP (Hitlerbewegung) verübte ab der Machtübernahme Hitlers in Deutschland eine Reihe von Anschlägen. Nach gescheiterten Verhandlungen zwischen dem Bundesstaat Österreich und dem NS-Reich im Mai 1933 und der Verhängung der den österreichischen Tourismus schädigenden 1000 Mark Sperre gipfelten diese Anschläge im Juni 1933 in einer „regelrechten Gewaltwelle“.[35] Das Regime Dollfuß reagierte mit einem Verbot der NSDAP und des „Steirischen Heimatschutzes“ (Führung Kammerhofer) per Verordnung vom 20. Juni 1933.[36] Viele Nationalsozialisten flohen ins Ausland (Österreichische Legion), die meisten blieben als Illegale in Österreich und unterwanderten die Verwaltung. Mit dem bilaterale Abkommen vom Juli 1936 (Juliabkommen) mussten 17.000 Nationalsozialisten amnestiert werden, dies gab der Hitlerbewegung erneut großen Aufschwung,[37] das Betätigungsverbot blieb jedoch aufrecht, konnte aber nicht mehr so strikt durchgeführt werden.

Bei der letzten freien Nationalratswahl im November 1930 erhielt die Sozialdemokratische Arbeiterpartei mit 41,1 % relativ die meisten Stimmen und zog mit 66 Mandataren (von 165) als stärkste Fraktion in den Nationalrat ein. Den Kanzler stellten weiter die Christlichsozialen, die gemeinsam mit rechten Parteien eine Koalition bildeten. Einen Tag nach Beginn der Februarkämpfe 1934 wurde den gewählten Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei per Verordnung (BGBl.78/1934)[38] jede Betätigung und somit auch die Ausübung des Mandats verboten. Das Parlament war bereits durch „Selbstausschaltung“ seit dem 4. März 1933 handlungsunfähig und am 30. April 1934 ließ die Regierung Engelbert Dollfuß durch das Rumpf-Parlament (ohne Sozialdemokraten) die autoritäre Maiverfassung beschließen. Diese „Verfassung“ sah keine Parteien mehr vor.[39]

Als Folge des erzwungenen Berchtesgadener Abkommens vom 12. Februar 1938 wurde die politische Betätigung von Nationalsozialisten wieder zugelassen und alle inhaftierten Nationalsozialisten amnestiert. Zudem mussten Vertrauensleute der Nationalsozialisten in die Regierung aufgenommen werden – so auch der Nationalsozialist Arthur Seyß-Inquart als Innenminister.[40]

„Land Österreich“, Ostmark

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Wenige Tage nach den Einmarsch deutscher Truppen und Polizeiverbände („Anschluss Österreichs“) wurde am 15. März 1938 das am 14. Juli 1933 erlassene Gesetz gegen die Neubildung von Parteien, das alle Parteien außer der NSDAP verbot, auch auf das annektierte „Land Österreich“ übertragen.

Zweite Republik

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Mit Kriegsende erließ die provisorische Staatsregierung Renner das „Verfassungsgesetz vom 8. Mai über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz)“; es wurde am 6. Juni 1945 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.[41] Jede Wiederbetätigung wurde untersagt. Das Verbot gilt derzeit in der Fassung des Verbotsgesetzes 1947.[42] Auf dieser Grundlage wurde der 1967 gegründeten Nationaldemokratischen Partei im Jahre 1988 die Rechtspersönlichkeit als Partei aberkannt und auch der gleichnamige Verein wurde am 21. November 1988 behördlich aufgelöst.

Der Bundesrat der Schweiz verbot im November 1940 die Kommunistische Partei der Schweiz und ihr nahestehende Organisationen sowie die Nationale Bewegung der Schweiz (NBS).[43] Zur Begründung des Verbotes hieß es, diese extremistischen Parteien strebten die Umgestaltung der staatlichen Ordnung außerhalb der Verfassungsordnung an; beide Verbote wurden am 27. Februar 1945 aufgehoben.[44]

Ein Gericht in Spanien verbot im März 2003 die baskische Batasuna-Partei, die als politischer Arm der ETA angesehen wurde. Das Verbot basierte auf einem Gesetz vom 27. Juni 2002.[45]

Die erste Oppositionspartei nach der Gründung der modernen Türkei, die 1924 gegründete Terakkiperver Cumhuriyet Fırkası, wurde bereits 1925 verboten. 1954 wurde die Millet Partisi als anti-laizistisch verboten. Nach dem Putsch von 1960 wurde die Demokrat Parti verboten. 1971 wurde die Millî Nizam Partisi als islamistisch und anti-laizistisch verboten. Ebenfalls 1971 wurde die Türkiye İşçi Partisi verboten, eine sozialistische Partei, die als erste Partei der Türkei Fragen der Minderheiten, insbesondere der Kurden ansprach.

1993 verbot das türkische Verfassungsgericht die kurdische Halkın Emek Partisi, ihre Abgeordneten wechselten zur Demokrasi Partisi, die 1994 ebenfalls verboten wurde. Die Nachfolgepartei Halkın Demokrasi Partisi (HADEP) wurde 2003 verboten. Am 14. Dezember 2010 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass der Verbot der HADEP gegen die in Artikel 11 der Europäischen Konvention für Menschenrechte gewährte Organisationsfreiheit verstoßen habe.[46] 2009 wurde die 2005 im Zuge der zeitweiligen Liberalisierung als Interessenvertretung der Kurden gegründete Demokratik Toplum Partisi als Tarnorganisation der PKK verboten.

1998 verbot das türkische Verfassungsgericht die türkische Wohlfahrtspartei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte akzeptierte dieses Verbot.[47] Die als Ersatz gegründete Fazilet Partisi wurde 2001 verboten.

Literatur

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  • Friderike Stiehr: Das Parteiverbotsverfahren. JuS 2015, S. 994–996.
  • Martin Will: Ephorale Verfassung. Das Parteiverbot der rechtsextremen SRP von 1952, Thomas Dehlers Rosenburg und die Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland. Mohr Siebeck, Tübingen 2017, ISBN 978-3-16-155893-1.
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Einzelnachweise

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  1. BVerfG, Urteil 17. Januar 2017, Az. 2 BvB 1/13 Rn. 586, abgerufen am 17. Januar 2024
  2. BVerfG, Beschluss vom 18. März 2003 - 2 BvB 1, 2, 3/01, Rdnr. 84.
  3. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 535 ff.
  4. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 539.
  5. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 543.
  6. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 547.
  7. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 537.
  8. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 550.
  9. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 556.
  10. Foroud Shirvani: Parteiverbot und Parteienfinanzierungsausschluss. In: Jura 2019. S. 448–456 (450).
  11. Foroud Shirvani: Parteiverbot und Parteienfinanzierungsausschluss. In: Jura 2019. S. 448–456 (451).
  12. a b Stephan Pötters, NPD-Verbot: Verfassungsrechtliche Hürden in: juraexamen.info 2. April 2012.
  13. BVerfGE 5, 85, 2. Leitsatz.
  14. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 570
  15. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 585
  16. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2017, Az. 2 BvB 1/13, Rn. 581 ff.
  17. Foroud Shirvani: "Parteiverbot und Parteienfinanzierungsausschluss.Jura 2020, S. 448–456.
  18. BVerfG, Beschluss vom 18. März 2003, Az. 2 BvB 1/01, 2 BvB 2/01, 2 BvB 3/01, BVerfGE 107, 339.
  19. Reimer Wulff: Die Deutschvölkische Freiheitspartei 1922–1928. Hochschulschrift, Marburg 1968, S. 35 f.
  20. Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Stiftung Deutsches Historisches Museum, 8. September 2014, abgerufen am 18. September 2016.
  21. Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), 1919-1933/1945-1956. Historisches Lexikon Bayerns, abgerufen am 18. September 2016.
  22. Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes gegen die Neubildung von Parteien.
  23. SRP-Verbotsurteil des BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1952, Az. 1 BvB 1/51.
  24. KPD-Verbotsurteil des BVerfG, Urteil vom 17. August 1956, Az. 1 BvB 2/51.
  25. Vgl. Robert van Ooyen: Die Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht; in: Martin Möllers/ Robert van Ooyen (Hrsg.), Parteiverbotsverfahren, 3. Aufl., Frankfurt a. M. 2011, S. 139–160, ISBN 978-3-86676-137-7.
  26. Vgl. Claus Leggewie, Johannes Lichdi, Horst Meier: „Was sollen wir damit anfangen?“ Das abermalige Verbotsverfahren gegen die NPD. Der Prozess (Teil 2). In: Recht und Politik, Heft 2/2016, S. 86–97; zur ganzen Problematik Horst Meier: Verbot der NPD - ein deutsches Staatstheater in zwei Akten. Analysen und Kritik 2001 – 2014. Berliner Wissenschafts-Verlag 2015.
  27. Bundesverfassungsgericht - Presse - Kein Verbot der NPD wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele. In: www.bundesverfassungsgericht.de. Abgerufen am 17. Januar 2017.
  28. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017, Az. 2 BvB 1/13, Rn. 896.
  29. Überblick Gesetzgebungsverfahren beim Bundestag.
  30. Bundesverfassungsgericht - Presse - Die Partei Die Heimat (vormals NPD) ist für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Abgerufen am 28. Januar 2024.
  31. Bundesverfassungsgericht, zweiter Senat: Urteil vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19. 23. Januar 2024, abgerufen am 28. Januar 2024.
  32. https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=rgb&datum=1917&page=811&size=45
  33. https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=bgb&datum=19330004&seite=00000526
  34. Isabella Ackerl: Geschichte Österreichs in Daten. Von 1809 bis heute, 2008, ISBN 978-3-86539-945-8, S. 105.
  35. Kurt Bauer: Zwischen Loyalität, Opportunismus und Nazifizierung. In: Barbara Stelzl-Marx, Andreas Kranebitter, Gregor Holzinger (Hrsg.): Exekutive der Gewalt. Die österreichische Polizei und der Nationalsozialismus. Wien 2024, S. 36.
  36. https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=bgb&datum=19330004&seite=00000569
  37. Winfried Garscha: Nationalsozialismus in Österreich 1933-1938. In: Emmerich Tálos, Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Austrofaschismus. Politik - Ökonomie - Kultur 1993-1938. S. 111.
  38. https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=bgb&datum=1934&page=175&size=45
  39. https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=bgl&datum=19340004&seite=00000001
  40. Isabella Ackerl: Geschichte Österreichs in Daten. Von 1809 bis heute, 2008, S. 112.
  41. ris.bka.gv.at (PDF).
  42. www.ris.bka.gv.at (PDF).
  43. Als der Bundesrat sogar Parteien verbot. In: NZZ. 27. November 2014, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 30. März 2019]).
  44. Interpellation 98.3613 vom 17. Dezember 1998 der sozialdemokratischen Fraktion und Stellungnahme des Bundesrates vom 26. Mai 1999.
  45. Ley Orgánica 6/2002, de 27 de junio, de Partidos Políticos (spanisch).
  46. Presseerklärung. (PDF) echr.coe.int (englisch); abgerufen am 10. Juli 2015
  47. Europäischer Gerichtshof: Richter akzeptieren Verbot türkischer Wohlfahrtspartei. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31. Juli 2001, abgerufen am 27. Mai 2013.