Buhrufe sind demonstrative Äußerungen des Missfallens, mit denen enttäuschte oder entrüstete Publikumsmitglieder Darbietungen wie Theaterstücke, Konzerte, Filmpremieren oder andere Performances beurteilen. Als eine Partikel gehört Buh zur Wortart der Interjektionen.
Vorgang
BearbeitenHierbei wird in der Regel tatsächlich laut „Buh“ gerufen. Dies geschieht entweder in einem konkreten Moment des Anstoßes (als negatives Pendant zum Szenenapplaus) oder anstelle des Beifalls am Ende der Darbietung. Kommt es zu mehreren Buhrufen, oder überwiegen diese gar, so spricht man oft davon, dass eine Darbietung „ausgebuht“ wurde. In jedem Fall gilt das Buhrufen als unhöflich und rücksichtslos gegenüber den Mitwirkenden, allerdings ist es insbesondere bei Premieren in Schauspiel und Oper verbreitet. Buhrufe gegen Regisseure (und seltener auch Dirigenten) sind dort erheblich häufiger als solche gegen Schauspieler oder Sänger. Schon die Zuschauer bei römischen Gladiatorenkämpfen sollen durch Buhrufe ihrem Missmut gegen die Politik des jeweiligen Herrschers Ausdruck gegeben haben.[1]
Alternativen
BearbeitenEine andere Art der Missfallensäußerung aus dem Publikum stellt das Auspfeifen dar. Hierbei versuchen Publikumsmitglieder, durch lautes Pfeifen eine missliebige Person am Reden zu hindern, indem sie deren Äußerungen übertönen. Nehmen hieran viele Personen teil, wird oft von einem Pfeifkonzert gesprochen. Das Auspfeifen ist eher bei Reden und politischen Veranstaltungen verbreitet, aber auch in Stadien während Sportveranstaltungen.
Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war im Theater auch das Auszischen üblich.
Buhtest
BearbeitenDa das Ausbuhen einer Person eine öffentliche Meinungsäußerung gegen diese Person darstellt, wird in der Meinungsforschung der sogenannte „Buhtest“ verwendet, um dasjenige Meinungslager zu identifizieren, gegen das die öffentliche Meinung gerichtet ist.[2] Dabei wird dem Befragten von einem Vorfall erzählt, bei dem einer von zwei Rednern zu einem Thema ausgebuht wird, und gefragt, was der Befragte glaubt, welcher der Redner ausgebuht wurde: derjenige, der sich für, oder der, der sich gegen einen bestimmten Standpunkt ausgesprochen hat. Vor dem Hintergrund der Theorie der Schweigespirale kann so ermittelt werden, welches Meinungslager öffentlich unter Druck gerät.[3]
Literatur
Bearbeiten- Steven E. Clayman: Booing: The Anatomy of a Disaffiliative Response. In: American Sociological Review, 58, 1993, S. 110–130, JSTOR:2096221
- Donald L. Greer: Spectator Booing and the Home Advantage: A Study of Social Influence in the Basketball Arena. In: Social Psychology Quarterly, 46, 1983, S. 252–261, JSTOR:3033796
- Daniel C. O’Connell, Sabine Kowal: Applause and Other Audience Reactions. (PDF; 2,1 MB) In: Communicating with One Another – Toward a Psychology of Spontaneous Spoken Discourse, S. 175 ff.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Stefan Rebenich: Die 101 wichtigsten Fragen – Antike. Verlag C.H.Beck, München 2006, ISBN 3-406-54105-4, S. 129.
- ↑ Elisabeth Noelle-Neumann: Öffentliche Meinung – unsere soziale Haut. Langen Müller, München 2001, ISBN 3-7844-2835-5, hier S. 368
- ↑ Thomas Roessing: Öffentliche Meinung – die Erforschung der Schweigespirale. Nomos, Baden-Baden 2009, ISBN 978-3-8329-4054-6, hier S. 83