Kabinett Letta

62. Kabinett der Italienischen Republik
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Das Kabinett Letta regierte Italien vom 28. April 2013 bis zum 22. Februar 2014; davor regierte das Kabinett Monti, danach das Kabinett Renzi. Die Regierung von Ministerpräsident Enrico Letta wurde bis November 2013 von einer großen Koalition aus Partito Democratico (PD), Popolo della Libertà (PdL) und der Bürgerliste Scelta Civica (SC) getragen. Diese politische Konstellation ergab sich wegen der Pattsituation nach der Parlamentswahl Ende Februar 2013. Der im November 2013 von Silvio Berlusconi wiedergegründeten Partei Forza Italia schlossen sich etliche konservative PdL-Parlamentarier um Vizepremier Angelino Alfano nicht an. Sie unterstützten mit ihrer neuen Mitte-rechts-Bewegung Nuovo Centrodestra (NCD) die Regierung Letta weiter. Forza Italia ging dagegen in die Opposition.

Kabinett Letta
62. Kabinett der Italienischen Republik
Kabinett Letta
Präsident des Ministerrats Enrico Letta
Wahl 2013
Legislaturperiode 17.
Ernannt durch Präsident der Italienischen Republik Giorgio Napolitano
Bildung 28. April 2013
Ende 14. Februar 2014
Dauer 292 Tage
Vorgänger Kabinett Monti
Nachfolger Kabinett Renzi
Zusammensetzung
Partei(en) PD, NCD, UdC, SC, PSI, Demo.S, CD
Minister 16
Repräsentation
Abgeordnetenkammer
388/630
Senat der Republik
173/320

Enrico Letta trat mit seinem Kabinett am 14. Februar 2014 zurück, nachdem seine Demokratische Partei am Vortag einer neuen Regierung unter dem neuen Parteivorsitzenden Matteo Renzi zugestimmt hatte. Staatspräsident Giorgio Napolitano beauftragte das Kabinett Letta mit der Fortführung der laufenden Amtsgeschäfte bis zur Vereidigung der neuen Regierung.

Minister und Staatssekretäre

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Amt Bild Minister Vizeminister[1] (Unter-)Staatssekretäre[2]
Ministerpräsident   Enrico Letta (PD) Filippo Patroni Griffi (parteilos),
Giovanni Legnini (PD), Marco Minniti (PD)
Stellvertretender Ministerpräsident   Angelino Alfano (PdL, NCD ab 15. Nov. 2013)
Ministerien
Auswärtige Angelegenheiten   Emma Bonino (RI) Lapo Pistelli (PD), Bruno Archi (FI), Marta Dassù (parteilos) Mario Giro (SC)
Inneres   Angelino Alfano (PdL, danach NCD) Filippo Bubbico (PD) Domenico Manzione (parteilos), Giampiero Bocci (PD)
Justiz   Annamaria Cancellieri (parteilos) Giuseppe Berretta (PD), Cosimo Maria Ferri (parteilos)
Wirtschaft und Finanzen   Fabrizio Saccomanni (parteilos) Stefano Fassina (PD) (bis 4. Januar 2014), Luigi Casero (PdL, danach NCD) Pier Paolo Baretta (PD), Alberto Giorgetti (PdL, danach NCD)
Verteidigung   Mario Mauro (SC) Roberta Pinotti (PD), Gioacchino Alfano (PdL, danach NCD)
Infrastruktur und Verkehr   Maurizio Lupi (PdL, danach NCD) Vincenzo de Luca (PD) Erasmo D’Angelis (PD), Rocco Girlanda (FI)
Wirtschaftliche Entwicklung   Flavio Zanonato (PD) Carlo Calenda (SC), Antonio Catricalà (parteilos) Simona Vicari (PdL, danach NCD), Claudio De Vincenti (PD)
Land- und Forstwirtschaft   Nunzia De Girolamo (PdL, danach NCD) (bis zum 27. Januar 2014) Maurizio Martina (PD), Giuseppe Castiglione (PdL, danach NCD)
Bildung und Forschung   Maria Chiara Carrozza (PD) Gabriele Toccafondi (PdL, danach NCD), Marco Rossi-Doria (parteilos), Gian Luca Galetti (UDC)
Kultur und Tourismus   Massimo Bray (PD) Simonetta Giordani (parteilos), Ilaria Borletti Buitoni (SC)
Gesundheit   Beatrice Lorenzin (PdL, danach NCD) Paolo Fadda (PD)
Arbeit und Soziales   Enrico Giovannini (parteilos) Maria Cecilia Guerra (PD) Jole Santelli (FI) (bis zum 6. Dezember 2013), Carlo Dell’Aringa (PD)
Umwelt, Landschafts- und Meeresschutz   Andrea Orlando (PD) Marco Flavio Cirillo (PdL, danach NCD)
Minister ohne Geschäftsbereich
Europapolitik   Enzo Moavero Milanesi (SC)
Verfassungsreformen   Gaetano Quagliariello (PdL, danach NCD)
Territorialer Zusammenhalt   Carlo Trigilia (PD)
Regionale Angelegenheiten und Sport   Graziano Delrio (PD) Walter Ferrazza
Chancengleichheit, Sport und Jugend
(bis zum 24. Juni 2013)
  Josefa Idem (PD)
(bis zum 24. Juni 2013)
Beziehungen zum Parlament   Dario Franceschini (PD) Sesa Amici (PD), Sabrina de Camillis (PdL, danach NCD)
Integration und Jugend   Cécile Kyenge (PD)
Öffentliche Verwaltung   Giampiero D’Alia (UDC) Gianfranco Miccichè (Grande Sud), Michaela Biancofiore (PdL) (bis zum 4. Oktober 2013)

Anna Maria Cancellieri und Enzo Moavero Milanesi gehörten bereits der Regierung Monti an, Cancellieri als Innenministerin und Moavero als Minister für Europapolitik. Angelino Alfano war in der Regierung Berlusconi von 2008 bis 2011 Justizminister und Emma Bonino war von 2006 bis 2008 in der Regierung Prodi Handelsministerin. Mit sechs beziehungsweise sieben Ministerinnen hat das Kabinett den höchsten Frauenanteil aller bisherigen Regierungen Italiens. Mit Cecile Kyenge gehört zum ersten Mal eine aus Afrika stammende Politikerin einer italienischen Regierung an.

Veränderungen

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Das Kabinett mit Staatspräsident Giorgio Napolitano nach seiner Vereidigung im Quirinalspalast

Die Ernennung der Südtiroler Abgeordneten Michaela Biancofiore zur Staatssekretärin im Ressort für Gleichberechtigung, Sport und Jugend sorgte für Proteste, da sie in der Vergangenheit durch zahlreiche homophobe Äußerungen für Aufsehen gesorgt hatte. Enrico Letta versetzte sie daraufhin bereits zwei Tage nach ihrer Ernennung in das Ministerium für Öffentliche Verwaltung.[3]

Am 17. Mai 2013 wurde mit dem Senator Marco Minniti (PD) ein weiterer Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten ernannt. Er übernimmt dort die Zuständigkeit für die zivilen Nachrichtendienste Italiens. Minniti gründete im Jahr 2009 in Rom die Denkfabrik Intelligence Culture and Strategic Analysis (ICSAS). Auf der Kabinettssitzung vom 17. Mai wurde auch beschlossen, dass der Ministerpräsident, die Minister, Vizeminister und Staatssekretäre keine Amtsbezüge mehr erhalten, sofern sie ins Parlament gewählt wurden und von dort Abgeordnetenbezüge erhalten.[4]

Am 24. Juni 2013 trat die aus Deutschland stammende Ministerin für Gleichberechtigung, Sport und Jugend, Josefa Idem, wegen einer Steueraffäre zurück. Ihr Zuständigkeitsbereich wurde an die Minister Delrio (Sport), Kyenge (Jugend) und Guerra (Gleichberechtigung) vergeben.

Am 28. September 2013 reichte Staatssekretärin Michaela Biancofiore auf Wunsch von Silvio Berlusconi ihren Rücktritt ein, der am 4. Oktober 2013 von Enrico Letta angenommen wurde.[5]

Besondere Vorkommnisse

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Ende Juli 2013 wurde Silvio Berlusconi letztinstanzlich wegen Steuerbetrugs zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt. Parteichef Angelino Alfano und führende Mitglieder der PdL (die Partei Berlusconis) kamen zu einer Krisensitzung zusammen. Sie erwogen, die PdL-Minister zurücktreten zu lassen, was dann früher oder später wohl Neuwahlen zur Folge hätte, da die Regierung keine parlamentarische Mehrheit mehr hätte. Offenbar sollte so auf Staatspräsident Giorgio Napolitano Druck ausgeübt werden, damit er eine Amnestie für Berlusconi ausspricht.[6]

Silvio Berlusconi forderte am 28. September 2013 die fünf Minister und die Staatssekretäre seiner Partei PdL auf, die Regierung zu verlassen um seinen Ausschluss aus dem Senat zu verhindern.[7] Premierminister Letta stellte darauf im Parlament die Vertrauensfrage.[8] Nach internen Auseinandersetzungen im PdL und der Ankündigung von PdL-Abgeordneten, für Letta zu stimmen, vollzog Berlusconi selbst kurz vor der Abstimmung die Kehrtwendung und rief im Senat dazu auf, Letta das Vertrauen auszusprechen, was mit großer Mehrheit geschah.[9] Die PdL-Mitglieder blieben damit in der Regierung. Lediglich das Rücktrittsgesuch von Michaela Biancofiore wurde von Enrico Letta angenommen.[10]

Die unüberbrückbaren Differenzen zwischen Berlusconi und seinen engsten Vertrauten einerseits und Alfano mit seinen regierungstreuen Ministern und Abgeordneten andererseits führten im November 2013 zur Spaltung des PdL, zur Wiedergründung von Berlusconis Partei Forza Italia und zur Gründung der neuen Mitte-rechts-Bewegung Nuovo Centrodestra. Während Berlusconi mit seinen Hardlinern weiterhin für den Sturz der Regierung Letta eintrat, weil diese ihn mit der Koalition nicht ausreichend vor der „kommunistischen Justiz“ geschützt habe, unterstützte Angelino Alfano mit seiner NCD die Regierung weiter, bis sie ein PD-interner Beschluss zu Fall brachte.

Siehe auch

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Fußnoten

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  1. „Vizeminister“ ist in Italien seit 2001 eine zusätzliche Bezeichnung für (Unter-)Staatssekretäre in herausgehobener Stellung, die den jeweiligen Minister in besonderer Weise entlasten. Die Zahl der Vizeminister ist auf zehn begrenzt. Siehe Ministerium (Italien) und Rechtsgrundlagen
  2. Das Äquivalent deutscher oder österreichischer Staatssekretäre wird in Italien Sottosegretario di Stato oder „Unterstaatssekretär“ genannt. Segretario di Stato oder „Staatssekretär“ ist in Italien ein wenig gebräuchliches Synonym für Minister (mit Geschäftsbereich). In seltenen Fällen wird es als zusätzliche Amtsbezeichnung genannt (Ministro – Segretario di Stato).
  3. Wirbel um Südtirolerin Biancofiore: Letta zieht die Reißleine. Tiroler Tageszeitung, 4. Mai 2013, abgerufen am 3. März 2020.
  4. Consiglio dei ministri n. 4. Ministerratspräsidium (Italien), 17. Mai 2013, abgerufen am 17. Mai 2013.
  5. Ciao, Michaela. Die Neue Südtiroler Tageszeitung, 6. Oktober 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. Oktober 2013; abgerufen am 7. Oktober 2013.
  6. faz.net 2. August 2013: Drohgebärden nach Berlusconis Verurteilung
  7. Polit-Chaos in Italien: Berlusconis Minister verlassen Regierung auf Spiegel Online vom 28. September 2013, abgerufen am 29. September 2013.
  8. Streit um Berlusconi: Italiens Premier Letta will Vertrauensfrage stellen. Spiegel Online, 27. September 2013, abgerufen am 29. September 2013.
  9. Tobias Bayer: Berlusconi macht Rückzieher – Sieg für Letta. Die Welt, 2. Oktober 2013, abgerufen am 7. Oktober 2013.
  10. Ciao, Michaela. Die Neue Südtiroler Tageszeitung, 6. Oktober 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. Oktober 2013; abgerufen am 7. Oktober 2013.
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