Nidaa Tounes

tunesische Partei
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Nidaa Tounes (arabisch نداء تونس, DMG Nidāʾ Tūnis, übersetzt „Ruf Tunesiens“) ist eine säkulare Sammlungspartei in Tunesien. 2012 gegründet, wurde sie bei der Parlamentswahl im Oktober 2014 auf Anhieb zur stärksten Kraft in der Volksrepräsentantenversammlung gewählt. Gründungsvorsitzender Beji Caid Essebsi siegte zudem Ende 2014 im zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahl gegen Amtsinhaber Moncef Marzouki.

نداء تونس
Nidaa Tounes
Ruf Tunesiens
Partei­vorsitzender Mohamed Ennaceur (interim)
General­sekretär Mohsen Marzouk
Gründung Juni 2012
Ausrichtung Säkularismus[1]
Sozialdemokratie[1]
Progressivismus[2]
Sitze Volksrepräsentanten-
versammlung
0 / 161 (0 %)
(2023)
Mitglieder­zahl 110.000 (2014)[3]

Geschichte

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Gründung

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Nidaa Tounes wurde durch den ehemaligen Premierminister Beji Caid Essebsi nach den postrevolutionären Wahlen 2011 gegründet. Die Partei zielt darauf ab, die säkularen Kräfte des Landes zu einen und gegen die nach der tunesischen Revolution und der ersten freien Wahl dominierende islamistische Partei Ennahda anzuwirken.[2] Dem zehnköpfigen Gründungskomitee gehörten unter anderem Taieb Baccouche und Selma Elloumi Rekik an.

Der Ruf Tunesiens vereinigt ehemalige Mitglieder der Konstitutionellen Demokratischen Sammlung (RCD) des gestürzten Präsidenten Ben Ali, säkulare Linke, und fortschrittliche Liberale. Außerdem hat die Partei die Unterstützung von zahlreichen Mitgliedern sowohl des tunesischen Gewerkschaftsbunds UGTT als auch des nationalen Arbeitgeberverbands UTICA. Führende Mitglieder der Partei identifizieren sich als Destouriens, sie berufen sich also auf die Tradition der Neo-Destur-Partei beziehungsweise Sozialistischen Destur-Partei des ersten tunesischen Präsidenten und „Staatsgründers“ Habib Bourguiba. Von Kritikern wird sie als Sammelbecken von Vertretern des alten Regimes angesehen.[4][2] Der Parteivorsitzende Essebsi war unter Bourguiba Innen-, Verteidigungs- und Außenminister und während der ersten Präsidentschaftsjahre Ben Alis Parlamentspräsident. Im Zuge der revolutionären Ereignisse 2010/11 wurde er Premierminister und führte während der Transformationszeit eine Übergangsregierung.

Verfassunggebende Versammlung

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In der Verfassunggebenden Versammlung war Nidaa Tounes ab August 2012 durch Überläufer von anderen Parteien vertreten.[5] Im Oktober 2012 starb ein Funktionär der Partei in Tataouine, angeblich nachdem er von Regierungsanhängern bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Ennahda- und Nidaa-Unterstützern zusammengeschlagen worden war.[6] Im Juli 2013 hatte sie 11 Abgeordnete,[7] von denen mehrere die Partei aber wieder verließen. Bei Auflösung der Versammlung im Herbst 2014 hatte sie noch 6 Parlamentarier.[8]

Bündnisse 2013

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Im Februar 2013 gründete sie zusammen mit der Republikanischen Partei und mehreren kleineren oppositionellen und säkularen Parteien das Bündnis Union für Tunesien.[9] Im Juli 2013 schlossen sie sich mit weiteren Parteien, darunter die linke Volksfront, zur noch breiteren Nationalen Rettungsfront zusammen, die die Opposition gegen die Regierung der sogenannten Troika koordinieren wollte.[10] Sie zerfiel aber bald wieder.

Wahlen 2014 und Regierungsverantwortung seit 2015

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Zur Parlamentswahl im Oktober 2014 trat sie dann nicht als Teil der Union für Tunesien, sondern mit einer eigenen Liste an.[11] Dabei wurde sie mit 86 der insgesamt 217 Sitze stärkste Kraft und stellt mit Mohamed Ennaceur seit der Konstituierung am 2./4. Dezember den Parlamentspräsidenten.

Ennaceur übernahm am 31. Dezember 2014 interimistisch die Führung der Partei, weil an diesem Tag der Gründungsvorsitzende Beji Caid Essebsi zum Präsidenten Tunesiens wurde, nachdem er die Präsidentschaftswahl im November und Dezember 2014 gewonnen hatte. Die im Januar 2014 verabschiedete Verfassung Tunesiens sieht vor, dass der Präsident keiner Partei angehören darf. Auch im daraufhin gebildeten Kabinett Essid unter dem parteilosen Ministerpräsidenten Habib Essid stellte Nidaa Tounes acht Minister, sodass die Partei ab 2015 die führende Position in der tunesischen Politik einnahm.

Am 9. November 2015 spaltete sich die Partei. 31 ihrer bisherigen Abgeordneten gaben ihren Austritt aus der Partei bekannt, womit sie auch ihre Parlamentsmehrheit verlor. Die 31 Abgeordneten begründeten ihren Austritt damit, die Präsidentenfamilie versuche eine Dynastie und den Präsidentensohn Hafedh als Nachfolger seines Vaters aufzubauen, und kritisierten den zunehmend autoritären Charakter der Partei, den Aufbau einer parteieigenen Miliz, Korruption, Hetzkampagnen durch Medienverlage, die sich in der Hand von Parteimitgliedern befänden, sowie einem versuchten Putsch gegen die neue demokratische Verfassung.[12] Seit dem 10. November 2015 stellt somit wieder die gemäßigt islamistische Ennahda die stärkste Fraktion im tunesischen Parlament.[13]

Nachdem das Kabinett Essid am 3. August 2016 im Parlament die Vertrauensfrage verloren hatte, bildete der Nidaa-Tounes-Politiker Youssef Chahed im Auftrag Essebsis ein neues Kabinett, das sich wiederum auf einer breiten parlamentarischen Mehrheit zusammen mit der Ennahda stützt. Nidaa Tounes stellt neben dem Regierungschef vier Minister und vier Staatssekretäre im Kabinett Chahed, das seit dem 27. August 2016 regiert.

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Einzelnachweise

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  1. a b Daniel Tavana, Alex Russell: Previewing Tunisia’s Parliamentary & Presidential Elections. Project on Middle East Democracy, Oktober 2014, S. 9, abgerufen am 23. Dezember 2014.
  2. a b c Monica Marks, Omar Belhaj Salah: Uniting for Tunisia? Sada, 28. März 2013, abgerufen am 21. Juli 2012.
  3. L’interview intégrale de Béji Caïd Essebsi à Leaders: J’irai jusqu’au bout! 1. September 2014, abgerufen am 24. Dezember 2014 (französisch).
  4. Erik Churchill: The ‘Call for Tunisia’. In: Foreign Policy. 27. Juni 2012.
  5. Brahim Qassas et Mouldi Zidi rejoignent officiellement Nidaa Tounes. BusinessNews.com.tn, 8. August 2012.
  6. Tunisia clash leaves opposition official dead. AlJazeera, 19. Oktober 2012.
  7. Deux élus d’Ettakatol rejoignent Nidaa Tounès. Tunisie Numerique, 9. Juli 2013.
  8. Website der Verfassunggebenden Versammlung, abgerufen am 29. Oktober 2014.
  9. Union for Tunisia. Jebali’s initiative „step forward on right path“. (Memento des Originals vom 17. Februar 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tap.info.tn TAP, 12. Februar 2013
  10. Tunisia: Political Parties and Civil Society Components Announce Formation of National Salvation Front, allAfrica.com, 26. Juli 2013
  11. Après la défection de Nidaa Tounès: L’Union pour la Tunisie dans l’expectative! (Memento des Originals vom 5. Juni 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.letemps.com.tn Le Temps, 28. Juni 2014
  12. Thirty-One Deputies Resign as Nidaa Tounes Loses Majority. (Memento des Originals vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tunisia-live.net In: Tunisialive, 9. November 2015 (englisch); Regierungspartei Nidaa Tounes steht vor der Spaltung.@1@2Vorlage:Toter Link/www.deutschlandfunk.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Deutschlandfunk, 9. November 2015.
  13. MP resignations lead Ennhada to gain majority in Tunisian Parliament. In: Middle East Monitor, 10. November 2015 (englisch).